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Full text of "Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften in Berlin"

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Abhandlungen 


der 
Königlichen 
Akademie der Wissenschaften 
zu Berlin. 


1854. 


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der 
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Königlichen 


Akademie der Weseihäfen 


zu Berlin. 


=——ananan—nannonnanonoenenen 


Aus dem Jahre 
1854. 


n.nnnunannnnononnnnenoeoaenoe 


Berlin. 


Gedruckt in der Druckerei der Königlichen Akademie 
der Wissenschaften. 


185). 


In Commission bei F. Dümmler’s Verlags - Buchhandlung. 


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nm 


Historische Einleitung... 4.0.0... nee ee rennen een 
Verzeichnils der Mitglieder und Correspondenten der Akademie...» +... 


vo Physikalische Abhandlungen. 
M 


ÜLLER über die Gattungen der Seeigellarven. (Siebente Abhandlung über die 
Metamorphose der Echinodermen) ...... 2 .e.rr.... 

ij eich über die Lagerung der Kreideformation im schlesischen Gebirge... . . - 
v YH. LichTENSTEIN und W+PETERS über neue merkwürdige Säugethiere des König- 
‚ lichen zoologischen Museums ..... 2-22... 0rer.0. 
E Yan. PETERS über die an der Küste von Mossambique beobachteten Seeigel und 
insbesondere über die Gruppe der Diademen ..........- 


% KLoTzsch: Begoniaceen- Gattungen und Arten... ...- ver rrern0n. 


; Mathematische Abhandlungen. 
VENcxe über den Cometen von Pons. (Siebente Abhandlung) .....-.......- 
v Y HAGEN über den Einflufs der Temperatur auf die Bewegung des Wassers in Röhren 
v JLESIEUNE"DIRICHLET: Vereinfachung der Theorie der binären quadratischen Formen 


von positiver Determinante ....-». se. er0c0ennn.. 


Y Philologische und historische Abhandlungen. 
v. p Hacken: Die romantische und Volks-Litteratur der Juden in Jüdisch-Deutscher 
Sprache: (Kirsten, Dheib)yentanehen. ebenen hateree ee eher 
VRıeDEL: Die Ahnherren des Preulsischen Königshauses bis gegen das Ende des 
Pose Taltchündertsce Ne snanan oe ehaetehshener sei en« 
“ HomEYER: Der Prolog zur Glosse des sächsischen Landrechts . ....... +» - 
Y Currıus: Zur Geschichte des Wegebaus bei den Griechen... .. --..». +.» 


PR GRIMM üher die namen des donners. 2. 2.20 ec oa eoedenenn. 


Seite 


Seite 


1 
17 


1 


155 
211 
305 


“ RıTTER über einige verschiedenartige charakteristische Denkmale des nördlichen 


SYTIENSW. 12 2: 30 Berker  e  er Seite 333 

' RıEDEL über den Ursprung und die Natur der Burggrafschaft Nürnberg ....... - - 365 
" RANKE: Zur Kritik fränkisch - deutscher Reichsannalisten ..... 2... 2222.20. - 415 
Bopp über das Albanesische in seinen verwandtschaftlichen Beziehungen ..... . - 459 

“ PANOFKA: Archäologischer Commentar zu Pausanias B. II. Kap. 24... ...... 591 


Die Abhandlung des Herrn Dove: 
Über die Darstellung der Wärmeerscheinungen durch fünftägige Mittel 


erscheint als ein besonderer Supplementband zum Jahrgang 1854. 


—— un nun 


Jahr 185H. 


ie 26. Januar beging die Akademie der Wissenschaften den Jahres- 
tag des Königs Friederichs des Zweiten in einer öffentlichen 
Sitzung. Herr Böckh hielt als vorsitzender Sekretar einen einlei- 
tenden Vortrag, von dessen Inhalt in den Monatsberichten der Aka- 
demie Nachricht gegeben ist, und schlols ihn den Statuten gemäls 
mit einem Überblick über die im abgelaufenen Jahre bei der Akademie 
erfolgten Personalveränderungen. Sodann las Herr Homeyer über 
das germanische Loosen. 

Am 3. Juli wurde die öffentliche Sitzung zur Feier des Leib- 
nizischen Jahrestages gehalten. In dem einleitenden Vortrag er- 
örterte der vorsitzende Sekretar Herr Encke besonders die wissen- 
schaftlichen Beziehungen zwischen der Königin Sophie Charlotte und 
Leibniz und ihre Wichtigkeit für die Stiftung der Akademie. Hier- 
auf hielten die seit dem Leibniztage des vorigen Jahres neu einge- 
tretenen Mitglieder ihre Antrittsreden und zwar zunächst aus der 
philosophisch -historischen Klasse Herr Haupt und Herr Kiepert, 
welche im Namen der Akademie Herr Böckh, sodann aus der phy- 
sikalisch-mathematischen Klasse Herr Beyrich und Herr Ewald, 
welche Herr Ehrenberg bewillkommnete. Diese Reden sind sämmt- 
lich in den Monatsberichten der Akademie erschienen. 

Herr Ehrenberg machte hierauf als Sekretar bekannt, dals 
die physikalisch -mathematische Klasse folgende Preisaufgabe, welche 
im Jahre 1851 für die Entscheidung des Preises in der heutigen 
Sitzung aufgegeben war, aber keine Beantwortung erhalten hatte, auf 
weitere drei Jahre bis zum Jahre 1857 verlängert habe: 

„Die Theorie des hydraulischen Mörtels ist bereits in vieler Hin- 
sicht aufgeklärt worden. Sie beruht offenbar auf einer Bildung 


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zeolithartiger Silicate.e. Noch kennt man aber das chemische Ver- 
halten der Verbindungen, die sich bei Anwendung der verschiede- 
nen Mörtel bilden, nicht genau genug, Die Akademie wünscht 
eine umfassende Arbeit über diesen Gegenstand, und besonders 
eine nach zweckmälsigen Methoden angestellte Untersuchung der 
Producte der Mörtelbildung.” 

Die ausschlielsende Frist für die Einsendung der Beantwortun- 
gen dieser Aufgabe, welche nach der Wahl der Bewerber in deut- 
scher, lateinischer oder französischer Sprache geschrieben sein können, 
ist der 1. März 1857. Jede Bewerbungsschrift ist mit einem Motto 
zu versehen und dieses auf dem Äufsern des versiegelten Zeitels, 
welcher den Namen des Verfassers enthält, zu wiederholen. Die Er- 
theilung des Preises von 100 Dukaten geschieht in der öffentlichen 
Sitzung am Leibnizischen Jahrestage im Monat Juli des gedachten 
Jahres. 

Herr Böckh verkündigte dann als Sekretar folgende neue 
Preisaufgabe der philosophisch-historischen Klasse: 

Über die Aussprache des Lateinischen im Alterthum selbst ist 
sowohl in früheren Zeiten als von den neueren Bearbeitern der latei- 
nischen Sprachlehre vielfach gehandelt; meistentheils hat sich jedoch 
die Betrachtung auf die phonetische Bedeutung der einzelnen Buch- 
staben beschränkt, worüber in mehreren Werken reicher Stoff nieder- 
gelegt ist. Dagegen sind die von der gewöhnlichen Schreibweise ab- 
weichenden Besonderheiten, welche theils nach anderen Spuren, theils 
nach dem Gebrauche der ältern römischen Poesie, vorzüglich der 
komischen, entweder überhaupt oder im gemeinen Leben in der 
Aussprache vieler Formen oder Wörter stattgefunden haben, noch 
nicht erschöpfend ermittelt, begründet und erklärt, und das Urtheil 
über manche Stellen in den altrömischen Gedichten und über die 
Gesetze des Versmalses derselben, welches von der Aussprache der 
Wörter theilweise abhängt, ist daher noch schwankend und streitig. 
Da sich die Philologie jetzt wieder der römischen Litteratur mit er- 


1001 


neutem Eifer zuwendet, hält es die philosophisch - historische Klasse 
der Akademie für angemessen, eine umfassende und zusammenhän- 
gende Erörterung dieses Gegenstandes zu veranlassen, und stellt daher 
folgende Preisaufgabe: 
„Nachdem über die antike Aussprache der Vocale und Consonanten 
und ihrer Verbindungen und über das Accentsystem der Römer 
je nach dem Ermessen des Verfassers kürzer oder ausführlicher 
gehandelt worden, soll untersucht werden, welche Besonderheiten 
der Aussprache, vorzüglich Zusammenziehungen und Abkürzungen 
in gewissen Wortformen und einzelnen Wörtern entweder allge- 
mein oder in der Sprache des gewöhnlichen Lebens, namentlich 
auch unter der geringern Volksklasse, stattgefunden haben. Hierbei 
sollen die Etymologie, die Zeugnisse der Alten selbst, die verschie- 
denen Schreibweisen in Inschriften und Handschriften, die Formen 
welche die lateinischen Wörter in der Übertragung ins Griechische 
erhalten haben, die altitalischen Dialekte, und die, aus dem Latei- 
nischen stammenden neueren Sprachen benutzt werden, endlich 
besonders die altrömischen Dichtungen, vorzüglich die Komödien. 
Dabei ist auch auf die Accentuation wie auf die Quantität Rück- 
sicht zu nehmen. Da das Urtheil über die Aussprache zum Theil 
von dem Gebrauche der Dichter abhängt, dieses aber sehr ver- 
schieden ausfallen kann, je nachdem man andere metrische Gesetze 
zu Grunde legt, und umgekehrt das Urtheil über die letzteren in 
manchen Fällen sich anders gestaltet, wenn eine andere Aussprache 
vorausgesetzt wird, so muls zugleich das der altrömischen Poesie 
zu Grunde liegende metrische System in die Untersuchung hinein- 
gezogen werden und namentlich zur Sprache und zur Entschei- 
dung kommen, ob oder in wie weit der Sprachaccent auf den alt- 
römischen Versbau Einfluls gehabt habe. Endlich sind die aus der 
ganzen Untersuchung sich ergebenden Folgerungen für die philo- 
logisch-kritische Behandlung der altrömischen Poesie darzulegen. 
b 


IV 


Man erwartet eine übersichtliche und möglichst systematische An- 
ordnung des gesammten Stoffes.” 

Die ausschlielsende Frist für die Einsendung der Beantwortun- 
gen dieser Aufgabe, welche nach der Wahl der Bewerber in deut- 
scher, lateinischer oder französischer Sprache abgefalst sein können, 
ist der erste März 1857. Jede Bewerbungsschrift ist mit einem Motto 
zu versehen, und dieses auf dem Äufsern des versiegelten Zettels, 
welcher den Namen des Verfassers enthält, zu wiederholen. 

Die Entscheidung über die Zuerkennung des Preises von hun- 
dert Ducaten geschieht in der öffentlichen Sitzung am Leibnizischen 
Jahrestage im Monate Juli des Jahres 1857. 

Am Schlusse hielt Herr Ewald eine Gedächtnifsrede auf Leo- 
pold von Buch. 

Die öffentliche Sitzung zur Feier des Geburtstages Sr. Majestät 
des Königs leitete der vorsitzende Sekretar Herr Ehrenberg mit 
einigen Festbetrachtungen ein, welche in den Monatsbericht der Aka- 
demie aufgenommen sind und erstattete demnächst den in den Sta- 
tuten geforderten Bericht über die Thätigkeit der Akademie im letz- 
ten Jahre. | 

Herr Ehrenberg erfüllte sodann die der Akademie übertra- 
gene erfreuliche Pflicht, die Ertheilung des durch das Allerhöchste 
Patent vom 18. Juni 1844 für ein Werk der deutschen Geschichte 
von fünf zu fünf Jahren gestifteten Preises zu verkünden. Für diese 
Angelegenheit hatte dem gedachten Allerhöchsten Patente gemäls 
Se. Excellenz der Herr Staatsminister von Raumer eine Commission 
von neun Mitgliedern aus ordentlichen Mitgliedern der Akademie der 
Wissenschaften und ordentlichen Professoren der hiesigen Universität 
gebildet und dieser Ausschuls hatte unter Beobachtung der vorge- 
schriebenen Normen aus den von dem Jahre 1848 bis Ende 1852 
über deutsche Geschichte erschienenen Arbeiten das des Preises wür- 
digste Werk ausgewählt und bezeichnet. Nach erfolgter Allerhöch- 
ster Bestätigung wurde nun verkündigt, dafs Se. Majestät der König 


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geruht haben, dem Werke des Königl. Generalmajors und Directors 
der Königl. allgemeinen Kriegsschule Eduard von Höpfner „Der 
Krieg von 1806 und 1807" den im Allerhöchsten Patente vom 18. Juni 
1844 bestimmten Preis von Ein Tausend Thalern Gold nebst einer 
goldenen Denkmünze auf den Vertrag zu Verdun zu ertheilen. 

Herr Dove trug schlielslich seine von der Akademie aus den 
gehaltenen Vorträgen ausgewählte Abhandlung vor: über die Verthei- 
lung der Regen in der gemälsigten Zone. 


Zu wissenschaftlichen Zwecken hat die Akademie in diesem 

Jahre folgende Summen bewilligt: 

200 Rthlr. an Herrn Dr. Caspary hierselbst zur Unterstützung der 
Herausgabe seiner Monographie über Fietoria regia. 

100  „ an Herrn Dase Remuneration für Ausführung physi- 
kalischer Berechnungen. 

20:2, an Herrn Oberlehrer Dellmann in Kreuznach Beitrag 
zu den Kosten der Errichtung seines Lokals für die 
Beobachtung des elektrischen Zustandes der Atmosphäre. 

200  „ an Herrn Professor Henzen in Rom für seine Redak- 
tionsarbeiten und zur Bestreitung von Hülfsleistungen 
am Corpus inscriplionum latinarum im ersten Halb- 
jahr 1854. 

200 ,„ an Herrn Kiepert zur Unterstützung seiner grolsen 
Karte der europäischen Türkei. 

600 „ an Herrn Professor Ritschl in Bonn zur Unterstützung 
der Herausgabe seines Werkes Priscae latinitatis monu- 
menta epigraphica für das Corpus inscriptionum  latı- 
narurn. 

200  „ an Herrn Dr. Schacht hierselbst zur Bereisung des 
Thüringer Waldes behufs der Beendigung seiner Unter- 
suchungen über die einheimischen Waldbäume. 

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VI 


60 Rihlr. an Herrn Dr. A. Weber hierselbst für 10 Exemplare 


300 


260 


150 


200 


150 


Herr 


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der 6. Lieferung seiner kritischen Ausgabe des White 
Yajurveda. 

an Herrn Dr. Woepcke in Bonn zur Unterstützung 
der Herausgabe der arabischen Übersetzung des Com- 
mentars zum 10. Buche des Euclides. 

zur Anfertigung der nöthigen Typen eines von Herrn 
Lepsius entworfenen allgemeinen linguistischen Alpha- 
bets. 

zur Herausgabe der akademischen Sternkarten. 

an Herrn Professor Goeppert in Breslau zur Unter- 
stützung der Herausgabe seiner Bernsteinflora. 

an Herrn Dr. Gerhardt hierselbst zur Unterstützung 
der Herausgabe des Pappus. 


Personal-Veränderungen im Jahre 1854. 


Erwählt wurden: 


iedrich Tiedemann in Frankfurt a. M. zum auswärtigen 


Mitgliede der physikalisch-mathematischen Klasse am 1. Juni 
und bestätigt durch die Königl. Kabinetsordre vom 15. Juli. 
Johannes Schulze zum Ehrenmitgliede der Akademie am 
15. Juni und bestätigt durch die Königl. Kabinetsordre vom 
22. Juli. 

Rudolf Freiherr von Stillfried-Rattonitz zum Ehrenmit- 
gliede der Akademie am 15. Juni und bestätigt durch die 
Königl. Kabinetsordre vom 22. Juli. 

Angelo Mai in Rom zum Ehrenmitgliede der Akademie am 
15. Juni und bestätigt durch die Königl. Kabinetsordre vom 
22. Juli. 


Herr 


Vo 


Theodor Bischoff in Gielsen zum correspondirenden Mit- 
gliede der physikalisch-mathematischen Klasse am 27. April. 

Ernst Brücke in Wien zum correspondirenden Mitgliede der 
physikalisch-mathematischen Klasse am 27. April. 

George Louis Duvernoy in Paris zum correspondirenden 
Mitgliede der physikalisch-mathematischen Klasse am 27. April. 

Theodor Schwann in Lüttich zum correspondirenden Mit- 
gliede der physikalisch-mathematischen Klasse am 27. April. 

Elias Fries in Upsala zum correspondirenden Mitgliede der 
physikalisch-mathematischen Klasse am 1. Juni. 

Joseph Hooker in Kew zum correspondirenden Mitgliede 
der physikalisch-mathematischen Klasse am 1. Juni. 

Emmanuel Vicomte de Rouge in Paris zum correspondirenden 
Mitgliede der philosophisch-historischen Klasse am 2. März. 

Konrad Gislason in Kopenhagen zum correspondirenden 
Mitgliede der philosophisch-historischen Klasse am 2. März. 

Georg Ludwig von Maurer in München zum correspondi- 
renden Mitgliede der philosophisch-historischen Klasse am 
15. Juni. 

Alfred von Reumont in Florenz zum correspondirenden 
Mitgliede der philosophisch-historischen Klasse am 15. Juni. 


Gestorben sind: 

Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling, ordentliches 
Mitglied der philosophisch-historischen Klasse, am 20. August. 

Friedrich Karl Eichhorn in Ammerhof bei Tübingen, aus- 
wärtiges Mitglied der philosophisch -historischen Klasse, am 
4. Juli. 

Bernhard Freiherr von Lindenau in Altenburg, Ehrenmit- 
glied der Akademie, am 21. Mai. 

Heinrich Wilhelm Gebhard von Scharnhorst, Ehren- 
mitglied der Akademie, am 13. Juni. 


VIII 


Herr Angelo Mai in Rom, Ehrenmitglied der Akademie, am 9. Sept. 


” 


Gustav Adolf Stentzel in Breslau, correspondirendes Mit- 
glied der philosophisch-historischen Klasse, am 2. Januar. 
Charles Gaudichaud in Paris, correspondirendes Mitglied 
der physikalisch-mathematischen Klasse, am 25. Januar. 
Benjamin Edmond Charles Guerard in Paris, correspon- 
direndes Mitglied der philosophisch-historischen Klasse, am 
12. März. 

Robert Jameson in Edinburg, correspondirendes Mitglied der 
physikalisch-mathematischen Klasse, am 19. April. 

Nathanael Wallich in London, correspondirendes Mitglied 
der physikalisch-mathematischen Klasse, am 28. April. 

Friedrich Ernst Ludwig von Fischer in St. Petersburg, 
correspondirendes Mitglied der physikalisch -mathematischen 
Klasse, am 17. Juni. 

Desire Raoul-Rochette in Paris, correspondirendes Mitglied 
der philosophisch-historischen Klasse, am 5. Juli. 

Georg Simon Ohm in München, correspondirendes Mitglied 
der physikalisch-mathematischen Klasse, am 6. Juli. 

Macedonio Melloni in Neapel, correspondirendes Mitglied 
der physikalisch - mathematischen Klasse, am 11. August. 


der Mitglieder der Akademie der Wissenschaften 


der physikalisch- mathematischen der philosophisch - historischen 


Herr Grüson, Veteran . 
vw. Humboldt . 


am Schlusse des Jahres 1854. 


Verzeichnifs 


I. Beständige Secretare 


Herr Encke, Secr. der phys.-math. Klasse. 
-  Böckh, Secr. der philos.-hist. Klasse. 


-  Ehrenberg, Secr. der phys.-math. Klasse. 
-  Trendelenburg, Secr. der philos.-hist. Klasse. 


IH. Ordentliche Mitglieder 


Klasse. 


Lichtenstein, Veteran . 


W: eiß, Veteran 
Mitscherlich 


Encke . 

Ehrenberg . 
Crelle, Veteran 
Blue: . 


Dirichlet . 
H. Rose 


Müller . 
G. Rose 


Klasse. 


Herr ®. Savigny, Veteran . 


Böckh, Veteran , 
Bekker, Veteran „ 


Ritter . 
Bopp 


Meineke . 


Ranke . 


Jacob Grimm . 


Datum d. Königl. 
Bestätigung. 


m 


1798 Febr. 22. 


1800 Aug. 4. 
1811 April 29. 
1814 Mai 14. 
1814 Mai 14. 
1815 Mai 3. 
1815 Mai 3. 
1822 Febr. 7. 
1822 April 18. 
1822 April 18. 
1825 Juni 21. 
1827 Juni 18. 
1827 Aug. 23. 
1830 Jan. 11. 
1830 Juni 11. 
1832 Febr. 13. 
1832 Febr. 13. 
1832 Febr. 13. 
1832 Mai 7. 
1534 Juli 16. 
1834 Juli 16. 


IX 


der physikalisch - mathematischen der philosophisch historischen Datum d. Königl. 


Klasse. 


Klasse. 


Bestätigung. 


el RE 


Herr Steiner . » 


-  ®v. Olfers 
- Dove 


-  Poggendorff 
- Magnus 


- Hagen 
- Rieß 


- du Bois-Reymond 


- Peters 


- Braun . 
- Klotzsch . 


-  Beyrich 
- Ewald. 


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Panofka....... 


won der Hagen . 
Wilh. Grimm . . 
ISCHOTERR 
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BErtzI EN 
Trendelenburg.. - 
Dieterici . 
Lepsuus 
Homeyer 
Petermann 


Pinder . 
Buschmann . 
Riedel’; 


Curtius . 
Haupt. . 
Kiepert . 


. 


1834 Juli 16. 
1835 März 12. 
1836 April 5. 
1837 Jan. 4. 
1837 Jan. 4. 
1839 Febr. 4. 
1840 Jan. 27. 
1841 März 9. 
1841 März 9. 
1841 März 9. 
1841 März 9. 
1842 Juni 28. 
1842 Juni 28. 
1843 Jan. 23. 
1846 März 11. 
1847 Jan. 20. 
1850 Mai 18. 
1850 Mai 18. 
1850 Mai 18. 
1851 März 5. 
1851 März 5. 
1851 Mai 24. 
1851 Mai 24. 
1851 Mai 24. 
1851 Juli 16. 
1851 Juli 16. 
1852 Nov. 29. 
1853 Juli 25. 
1853 Juli 25. 
1853 Aug. 15. 
1853 Aug. 15. 


II. Auswärtige Mitglieder 


der physikalisch - mathematischen Klasse. der philosophisch -historischen Klasse. 


Se 


Herr Carl Friedrich Gaufs in 
GEOLHNSEHBE 2 22 ven ener see 


- Robert Brown in London. 

- Augustin Louis Cauchy in Paris 
Sir John Herschel in Hawkhurst 
in der Grafschaft Kent . 


Herr Michael Faraday in London . 


Sir David Brewster in St. Andrews . 


Herr Jean Baptiste Biot in Paris 


- Friedrich Tiedemann in 
Frankfurt a. M. 


Herr Heinrich Ritter in Göttingen 


Victor Cousin in Paris 
Christian August Lobeck in 
Känjgsberg nu. nötıch „um: 


Horace FPilson in Oxford 

Francois Guizot in Paris 

Friedrich Gottlieb Welcker 
in Bonn . . 


Friedrich Creuzer in 
Heidelberg 


Henry Rawlinson in Bagdad 
Karl Hase in Paris 


XI 


Datum d. Königl. 
Bestätigung. 


u —— 


1810 Juli 18. 
1832 Febr. 13. 
1832 Mai 7. 


1832 Mai 7. 
1534 März 20. 
1836 April 5. 


1839 Febr. 4. 
1839 April 21. 
1840 Dec. 14. 
1842 Juni 28. 


1846 März 11. 


1846 März 11. 
1846 März 11. 
1850 Febr. 27. 
1850 Mai 18. 
1850 Mai 18. 


1854 Juni 1. 


Xu 


IV; Ehren-Mitglieder. 


Herr /mbert Delonnes in Paris 


William Hamilton in London . 

William Martin Leake in London 

Karl Josias Bunsen in Bonn £ 
Herzog Domenico di Serradifalco in Palerns 
Freiherr Anton von Prokesch-Osten in Frankfurt a. M. 
Herzog Honore de Luynes in Paris ... 

Carl Lucian Bonaparte, Prinz von Canino . 

Peter Merian in Basel . R 

Garabed Artin Davoud-Oghlou in N ayien 

Fürst di San Giorgio Domenico Spinelli in Neapel 
Prinz Maximilian zu Wied- Neuwied 

Peter von Tschichatschef . ER 

Johannes Schulze in Berlin . ö 5 

Rudolph Freiherr von Stillfried- Etnde in 1 Berlin 


Datum d. Königl. 
Bestätigung. 
TT —u— 
1801 Oct. 22. 


1815 Juni 22. 
1815 Juni 22. 
1835 Jan. 7. 
1836 Juli 29. 
1839 März 14. 
1840 Dec. 14. 
1843 März 27. 
1845 März 8. 
1847 Juli 24. 
1850 Mai 18. 
1853 Aug. 15. 
1853 Aug. 22. 
1854 Juli 22. 
1854 Juli 22. 


V. Correspondirende Mitglieder. 


Physikalisch-mathematische Klasse. 


Herr Louis Agassiz in Boston 


Sir 


George Airy in Greenwich 
Giovanni Battista Amici in Florenz 


Friedrich Wilhelm August Argelander in we 


Karl Ernst v. Baer in St. Petersburg 
Antoine Cesar Becquerel in Paris . 
Pierre Berthier in Paris . 

Theodor Bischoff in Gielsen . 


Johann Friedrich Brandt in St. Peförskhrg 


Adolphe Brongniart in Paris : 
Heinrich Georg Bronn in Heidelberg . 
Ernst Brücke in Wien 

Robert Wilhelm Bunsen in Heideibötg". 
Francisco Carlini in Mailand . 

Karl Gustav Carus in Dresden 

Michel Eugene Chevreul in Paris 

Ernst Heinrich Karl v. Dechen in Bonn 
Pierre Armand Dufrenoy in Paris. . . 
Jean Marie Constant Duhamel in Paris 
Jean Baptiste Dumas in Paris 

George Louis Duyernoy in Paris 

Jean Baptiste Elie de Beaumont in Paris 


Daniel Friedrich Eschricht in Kopenhagen . 


Gustav Theodor Fechner in Leipzig. 

Vincenzo Flauti in Neapel . 

Elias Fries in Upsala > 

Johann Nepomuk Fuchs in München i 

J. D. Gergonne in Montpellier 

Christian Gottlob Gmelin in Tübingen 

Heinrich Robert Göppert in Breslau 

Thomas Graham in London 

Wilhelm Haidinger in Wien . 
William Hamilton in Dublin 


Herr Peter Andreas Hansen in Gotha 


Christopher Hansteen in Christiania 


Datum der Wahl. 
me en 
1834 März 24. 


1834 Juni 5. 
1836 Dec. 1. 
1836 März 24. 
1834 Febr. 13. 
1835 Febr. 19. 
1829 Dec. 10. 
1854 April 27. 
1839 Dec. 19. 
1835 Mai 7. 
1851 Febr. 6. 
1854 April 27. 
1846 März 19. 
1826 Juni 22. 
1827 Dec. 13. 
1834 Juni 5. 
1842 Febr. 3. 


1835 Febr. 19. 


1847 April 15. 
1834 Juni 5. 


1854 April 27. 


1827 Dec. 13. 
1842 April 7. 
1841 März 25. 
1829 Dec. 10. 
1854 Juni l. 


1834 Febr. 13. 


1832 Jan. 19. 


1834 Febr. 13. 


1839 Juni 6. 


1835 Febr. 19. 


1842 April 7. 
1839 Juni 6. 

1832 Jan. 19. 
1827 Dec. 13. 


c2 


XII 


XIV 


Herr Johann Friedrich Ludwig Hausmann in Göttingen 


August Wilhelm Hofmann in London 


Sir William Hooker in Kew 
Herr Joseph Hooker in Kew 


Sir 


Ludwig Friedrich Kämtz in Dospat SR 


Ernst Eduard Kummer in Breslau . 
Gabriel Lame in Paris 

Emil Lenz in St. Petersburg . 
Urbain Joseph Le Verrier in Paris 
Graf Guiglielmo Libri in London . 
Justus ®. Liebig in München . 
John Lindley in London 

Joseph Liouyille in Paris 


Karl Friedrich Philipp w. iii in Münthen 


Henri Milne Edwards in Paris . 
August Ferdinand Möbius in Leipzig 
Hugo v. Mohl in Tübingen 

Arthur Jules Morin in Paris . 
Ludwig Moser in Königsberg 

J. G. Mulder in Utrecht 


Roderick Murchison in London 


Herr Karl Friedrich Naumann in Leipzig 


Franz Ernst Neumann in Königsberg 
Richard Owen in London . 


Francois Marie de Pambour in Paris 


Theophile Jules Pelouze in Paris 
Giovanni Plana in Turin 

Jean Victor Poncelet in Paris 
George de Pontecoulant in Paris 
Johann Evangelista Purkinje in Prag 


Lambert Adolphe Jacques Quetelet in Brüssel . 


Heinrich Rathke in Königsberg . 
Henri Victor Regnault in Paris 
Anders Adolph Retzius in Stockholm 


Friedrich Julius Richelot in Königsberg 


Auguste de la Rive in Genf 


Dietrich Franz Leonhard v. an in Halle 


Theodor Schwann in Lüttich . 
Marcel de Serres in Montpellier 


Datum der Wahl. 
m een, 
1812 


1853 Juli 28. 
1834 Febr. 13. 
1854 Juni 1. 
1841 März 25. 
1839 Juni 6. 
1838 Dec. 20. 
1853 Febr. 24. 
1846 Dec. 17. 
1832 Jan. 19. 
1833 Juni 20. 
1834 Febr. 13. 
1839 Dec. 19. 
1832 Jan. 19. 
1847 April 15. 
1829 Dec. 10. 
1847 April 15. 
1839 Juni 6. 
1843 Febr. 16. 
1845 Jan. 23. 
1847 April 15. 
1846 März 19. 
1833 Juni 20. 
1836 März 24. 
1839 Juni 6. 
1851 Febr. 6. 
1832 Jan. 19. 
1832 Jan. 19. 
1832 Jan. 19. 
1832 Jan. 19. 
1832 Jan. 19. 
1834 Febr. 13. 
1847 April 15. 
1842 Dec. 8. 
1842 Dec. 8. 
1835 Febr. 19. 
1834 Febr. 13. 
1854 April 27. 
1826 April 13. 


Herr Karl Theodor Ernst v. Siebold in München. 


Friedrich Georg FWilhelm Struve in St. Petersburg 
Bernhard Studer in Bern 

Jacob Karl Franz Sturm in Paris . 
Michele Tenore in Neapel . 

Louis Jacques Thenard in Paris : 
Wilhelm Gottlieb Tilesius in Mühlhausen . 
LZudolf Christian Treyiranus in Bonn 
Auguste Valenciennes in Paris 

Rudolph FWagner in Göttingen . 

Ernst Heinrich Weber in Leipzig . 
Wilhelm Weber in Göttingen 

Wilhelm Wertheim in Paris . 

Charles FWheatstone in London 

Friedrich Wöhler in Göttingen . 


Philosophisch-historische Klasse. 


Herr Joseph Arneth in Wien . 


George Bancroft in New York . 

Christian Bartholmess in Strafsburg . 
Theodor Bergk in Freiburg 

Gottfried Bernhardy in Halle 

Ludwig Konrad Bethmann in Wolfenbüttel . 
Samuel Birch in London 

Johann Friedrich Böhmer in Erankfint, a. M. 
Graf Bartolomeo Borghesi in San Marino . 
Christian August Brandis in Bonn 

Emil Braun in Rom 

Luigi Canina in Rom . 

Celestino Cavedoni in Modena 

Joseph Chmel in Wien 

Charles Cooper in London . i 
Friedrich Christoph Dahlmann in Box) 
Friedrich Diez in Bonn . 

Wilhelm Dindorf in Leipzig . 

Adolphe Dureau de la Malle in Paris, 
Heinrich Lebrecht Fleischer in Leipzig . 
Georg Wilhelm F. reytag in Bonn 

Del Furia in Florenz 


Datum der Wahl. 
— 
1841 März 25. 
1832 Jan. 19. 
1845 Jan. 23. 
1835 Febr. 19. 
1812 
1812 
1812 


1834 Febr. 13. 


1836 März 24. 
1841 März 25. 
1527 Dec. 13. 


1834 Febr. 13. 
1853 Febr. 24. 


1551 Mai 8. 
1833 Juni 20. 


1853 Juni 16. 


1845 Febr. 27. 


1847 Juni 10. 


1845 Febr. 27. 
1846 März 19. 


1852 Juni 17. 


1851 April 10. 
1845 Febr. 27. 


1836 Juni 23. 


1832 April 12. 


1843 Aug. 3. 
1852 Juni 17. 


1845 Febr. 27. 
1846 März 19. 
1536 Febr. 18. 
1845 Febr. 27. 
1845 Febr. 27. 


1846 Dec. 17. 


1847 April 15. 
1851 April 10, 


1829 Dec. 10. 
1819 Febr. 4. 


XV 


XVI 


Herr Jacob Geel in Leyden.. 


Si 


- 


r 


Georg Gottfried Gervinus in Hödelberg' 
Konrad Gislason in Kopenhagen 
Karl Wilhelm Göttling in Jena... . 
Freih. Joseph v. Hammer-Purgstall in Wien 
Wilhelm Henzen in Rom eh 
Karl Friedrich Hermann in Göttingen ANNE 
Brör Emil Hildebrand in Stockholm 
Otto Jahn in Bonn . iR HE Dre 
Edme Francois Jomard m Paris ...... 
‘Stanislas Julien in Paris . : 
Theodor Georg v. Karajan in Wien. 
John Kemble in London 
J. E. Kopp in Luzern i 
Hans Gottfried Ludwig Kosegarini in Greiiwall 
Jean Baptiste Felix Lajard in Paris . 
Johann Martin Lappenberg in Hamburg 
Christian Lassen nBom ..... 
Konrad Leemanns in Leyden 
K. Lehrs in Königsberg . 
Charles Lenormant in Paris 
Johann FVilhelm Löbell in Bonn 
Elias Lönnrot in Helsingfors . x ‘ 
Joaquim Jose da Costa de Macedo in se 
Johann Nicolaus Madvig in Kopenhagen 
Graf Alberto della Marmora in Genua . 
Georg Ludwig v. Maurer in München 
Moritz Hermann Eduard Meier in Halle . 
Giulio Minervini in Neapel 
Julius Mohl in Paris 
Christian Molbech in Kopenharen 
Theodor Mommsen in Breslau. 
P. A. Munch in Christiania . . 
Andreas Mustoxides in Corfu 
Karl Friedrich Neumann in München 
Constantinus Oeconomus in Athen . 
Giovanni Girolamo Orti Manara in Verona. 
Franz Palacky in Prag . 

Francis Palgrave in London 


Datum der Wahl. 
m mn, 
1836 Juni 23. 


1845 Febr. 27. 
1854 März 2. 
1844 Mai 9. 
1814 März 17. 
1853 Juni 16. 
1840 Nov. 5. 
1845 Febr. 27. 
1851 April 10. 
1821 Aug. 16. 
1842 April 14. 
1853 Juni 16. 
1845 Febr. 27. 
1846 März 19. 
1829 Dec. 10. 
1846 Dec. 17. 
1845 Febr. 27. 
1846 Dec. 17. 
1844 Mai 9. 
1845 Febr. 27. 
1845 Febr. 27. 
1846 Dec. 17. 
1850 April 25. 
1838 Febr. 15. 
1836 Juni 23. 
1844 Mai 9. 
1854 Juni 15. 
1824 Juni 17. 
1852 Juni 17. 
1850 April 25. 
1845 Febr. 27. 
1853 Juni 16. 
1847 Juni 10. 
1815 Juni 22. 
1829 Dec. 10. 
1832 Dec. 13. 
1842 Dec. 22. 
1845 Febr. 27. 
1836 Febr. 18. 


Herr Amadeo Peyron in Turin 
Sir Thomas Philipps in Middlehill . 
Herr Zugust Friedrich Pott in Halle . 


William H. Prescott in Boston . 
Etienne Quatremere in Paris . 


Karl Christian Rafn in Kopenhagen . 


Rizo Rangabe in Athen . 

Felix Ravaisson in Paris h 
Joseph Toussaint Reinaud in Paris 
Alfred v. Reumont in Florenz 


Friedrich Wilhelm Ritschl in Bonn . 


Eduard Robinson in New York . 
Ludwig Rofs in Halle . . 
Giovanni Battista de Rossi in Rom 
Emmanuel de Rouge in Paris . 

de Santarem in Paris . 

Paul Joseph Schaffarik in Brass 
Konstantin Schinas in München . 

G. J. Schömann in Greifswald . 
Pietro Giovanni Secchi in Rom . 


Jared Sparks in Cambridge bei Eden : 


Leonhard Spengel in München 


Christoph Friedrich Stälin in Stuttgart . 


Friedrich von Thiersch in München . 
Ludwig Uhland in Tübingen . 


Th. Hersart de la Villemarque in Paris 


Johannes Voigt in Königsberg 
Wilhelm Wackernagel in Basel . 
Georg Waitz in Göttingen . 


Jean Joseph Marie Antoine de Witte in A 
Wuk Stephanowitsch Karadschitsch in Wien 


en D rm 


Datum der Wahl. 
— — 


1836 Febr. 18. 
1845 Febr. 27. 
1850 April 25. 
1845 Febr. 27. 


1812 


1845 Febr. 27. 
1851 April 10. 


1847 Juni 10. 


1850 April 25. 


1854 Juni 15. 


1845 Febr. 27. 


1852 Juni 17. 


1836 Febr. 18. 


1853 Juni 16. 
1854 März 2. 
1847 Juni 10. 


1840 Febr. 13. 
1851 April 10. 


1824 Juni 17. 


1846 März 19. 
1845 Febr. 27. 


1842 Dec. 22. 
1846 Dec. 17. 
1825 Juni 9. 


1845 Febr. 27. 
1851 April 10. 


1846 Dec. 17. 


1851 April 10. 
18412 April 14. 
1845 Febr. 27. 


1850 April 25. 


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Physikalische 


Abhandlungen 


der 


Königlichen 


Akademie der Wissenschaften 


zu Berlin. 


aan onen 


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Berlin. 


Gedruckt in der Druckerei der Königlichen Akademie 
der Wissenschaften. 


1855. 


In Commission in F. Dümmler’s Verlagsbuchhandlung. 


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Die 


F:nahra it. 


MÜLLER über die Gattungen der Seeigellarven. (Siebente Abhandlung über die 
Metamorphose der Echinodermen) ..... eo. .eor..0o..- 
BEYRICH über die Lagerung der Kreideformation im schlesischen Gebirge .. . . - 
H. LicHTENSTEIN und W. PETERS über neue merkwürdige Säugethiere des König- 
lichen zoologischen Museums .........-.- 2.200... 
W.PETers über die an der Küste von Mossambique beobachteten Seeigel und 
insbesondere über die Gruppe der Diademen ..........- 


KLoTzscH: Begoniaceen- Gattungen und Arten... ... 2.222 0eoren. 


Die Abhandlung des Herrn Dove: 
Über die Darstellung der Wärmeerscheinungen durch fünftägige Mittel 


erscheint als ein besonderer Supplementband zum Jahrgang 1854. 


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Seite 1 


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Über 


die Gattungen der Seeigellarven. 


Siebente Abhandlung über die Metamorphose der Echinodermen. 


“Von 
H" MÜLLER. 


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[Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 17. November 1853.] (') 


D. Beobachtungen über die Entwickelung und Metamorphose der Echi- 
nodermen sind schon so weit ausgeführt, dafs diese Vorgänge jetzt vollstän- 
dig bekannt sind. Wenn jene-Untersuchungen bei den Seeigeln bereits in 
das Stadium getreten sind, dafs es sich um die Eigenschaften der Larven in 
den verschiedenen Gattungen der Seeigel und um die Unterscheidung und 
Bestimmung der Arten und ihre Geschichte handelt, so ist dies vorzüglich 
dem wichtigen Antheil zu danken, welchen Krohn unausgesetzt an diesen 
Arbeiten genommen hat. Zur Bestimmung der Larven waren künstliche Be- 
fruchtungen der Seeigel nothwendig; da die Beobachtung indefs an den auf 
diesem Wege erzielten Larven nicht weit genug fortgeführt werden kann, 
so kam es darauf an, die späteren Alterzustände der verschiedenen Arten in 
der See aufzusuchen. Bei einem zweimonatlichen Aufenthalt in Messina bis 
zur Mitte des October 1853 in der Gesellschaft der Herren Professor Tro- 
schel, Dr. Max Müller und Studirenden J. Althaus hatte ich wieder 
eine reiche Gelegenheit, die Beobachtungen über die Echinodermen fortzu- 
setzen und namentlich diejenigen über die Seeigel in der letztgenannten 
Richtung zu erweitern. 

Die bei Messina gemeinen Arten der Seeigel sind Echinus lividus, E. 
brevispinosus, Echinocidaris aequiluberculala, Spatangus purpureus, Echino- 
cyamus larenlinus. Die Seeigellarven gehörten theils den eben erwähnten 


(‘) Einen Auszug dieser Abhandlung enthält das Archiv f. Anat. u. Physiol. 1853. p. 472. 
Phys. Kl. 1854. A 


9 MÜLLER 


Arten von Echinus, theils Echinocidaris, theils Spatangoiden an. Von an- 
deren Larven erschienen wieder dıe beiden bekannten Holothurienlarven, 
Pluteus paradoxus, bimaculatus, die Larve der Ophiothrix fragilis, die Bi- 
pinnaria von Triest, Tornaria, und eine neue Art von Brachiolaria ('), de- 
ren 3 der Gattung eigene Arme auf der ventralen Seite in ganzer Länge von 
Papillen eingefafst sind (?). 

Aus der Gattung Echinus sind durch künstliche Befruchtung bis jetzt 
die Larven dreier Arten auf die Species bekannt und bestimmt worden. Die 
Befruchtung ist an Echinus lividus Lam. durch Krohn, auch durch Busch 
und mich selbst ausgeführt und steht nunmehr fest, dafs der von Derbes 
befruchtete Seeigel, welchen er esculentus nannte, wie ich vermuthet hatte, 
ebenfalls E. lividus Lam. war. Die Larve des E. brevispinosus Risso (escu- 
lentus Blainv.) ist von Krohn nach künstlicher Befruchtung beschrieben 
Arch. f. Anat. u. Physiol. 1853. p. 139 u. p. 361, bei E. pulchellus Ag. ist 
diese durch mich ausgeführt. Die Helgoländischen Seeigellarven mitWimper- 
epauletien sind schon auf die Gattung Eehinus bestimmt, die Arten noch 
unbestimmt. Bei Echinocidaris aequituberculata Des M. haben Busch und 
Krohn, bei Spatangus purpureus Krohn (a. a. Ö. p. 255) die Befruchtung 
ausgeführt. Hierdurch sind auch die Seeigellarven mit Scheitelfortsätzen 
von Helgoland, Nizza und Triest als Spatangoiden bestimmt worden. 

Alle Seeigellarven aus den verschiedenen Gattungen Echinus, Echino- 
cidaris, Spatangus haben einen ventralen Theil des Schirms, die Markise 
und einen dorsalen Theil desselben, welcher sich auf das Mundgestell ver- 
längert. Alle haben im ausgewachsenen Zustande mindestens 8 Arme, näm- 
lich 4 Schirmarme (2 ventrale und 2 dorsale) und 4 Arme des Mundgestells 
(die 2 primären und 2 secundären desselben). Im jüngern Zustande sind 
statt dieser 8 Arme nur 4 vorhanden, nämlich die ventralen Schirmarme 
oder Markisenarme und die primären Arme des Mundgestells, deren Kalkstäbe 
bogenförmig von den Kalkstäben der Markisenarme ausgehen. Die Kalk- 


(') Eine Beschreibung der Brachiolaria von Messina enthält der Monatsbericht der 
Akademie, 16. März 1854. 

(?) Eine weitere Beobachtungsreihe über Seeigellarven und Asteridlarven lieferte ein 
abermaliger Besuch der Insel Helgoland mit Max Müller im September 1854. Siehe die 
Nachträge zur gegenwärtigen Abhandlung. 


über die Gattungen der Seeigellarven. 3 


stäbe der Markisenarme sind in die Kuppel verlängert, ebenso geht ein Ast 
aus dem Bogen für die ersten Arme des Mundgestells mehr oder weniger 
weit im Körper der Larve fort gegen die Kuppel hin oder selbst bis in die- 
selbe. Beide sind in der Kuppel zuweilen zu einem Rahmen verbunden, wie 
bei einigen Echinen und bei den Spatangoiden. Wenn die dorsalen Seiten- 
arme oder dorsalen Schirmarme entstehen, so wird ein Ast ihrer Wurzel 
allmählig mehr oder weniger weit an der Rückseite des Körpers nach der 
Kuppel verlängert, entsprechend den Leibesästen der ventralen Schirmarme. 
Sie verbinden sich selten mit dem primitiven Kalkgerüst, wie bei der 
sehr eigenthümlichen Seeigellarve von Helgoland, I. Abhandlung, Taf. IV. 
Fig. 1.2, laufen vielmehr meist frei aus bei den Echinen und bei den Spa- 
tangen. Dann ist wenigstens ein querer Ast aus der Wurzel dieser Stäbe 
am Rücken der Larve entwickelt, dem Querast der Markisenstäbe entspre- 
chend. In einigen Fällen verschwindet jetzt das frühere Kalkgerüst der Kup- 
pel, wie bei Echinus brevispinosus und den Spatangoiden. Die Kalkstäbe 
der Nebenarme des Mundgestelis entwickeln sich bei allen Seeigellarven aus 
einem eigenen Kalkbogen in der Rückenwand des Mundgestells. 


I. Über die Gattung Echinus und über Echinus breeispinosus R. 


Die verschiedenen Seeigelgattungen sind durch einige eigene Charak- 
tere ausgezeichnet; diese Charaktere sind aber an den jungen Larven, wie 
sie durch künstliche Befruchtung und Zucht erhalten werden, noch nicht 
ausgeprägt, so z. B. sind die Wimperepauletten der Gattung Echinus eigen- 
thümliche von der allgemeinen Wimperschnur unabhängige Bildungen, aber 
diese entstehen erst nach der Entwickelung aller Fortsätze, also an den Echi- 
nuslarven mit 8 Fortsätzen. In diesem Zustande trifft man die Larven meist 
nur im Meere an. Am vollständigsten sind die Beobachtungen an den Lar- 
ven des Echinus lividus, deren spätere Zustände indefs gänzlich mit den in 
Helgoland beobachteten Seeigellarven mit Wimperepauletten übereinstim- 
men. Die Arten der Gattung Echinus weichen theils in der Form der Kup- 
pel und ihrem Kalkgerüste, theils in den Kalkstäben der Schirmarme ab, 
welche meist einfach, zuweilen, wie nach Krohn’s Beobachtungen an der 
Larve des Echinus brevispinosus, auch gegittert sind. 


A2 


4 MÜLLER 


Mehrere Arten der Gattung haben einen pyramidalen Scheitel, so 
Echinus lieidus, pulchellus und die Helgoländische Echinuslarve I. Abhand- 
lung, Taf. IV. Fig. 3, Taf. V. Fig. 9. Bei diesen sind allein die Kalkstäbe 
der Markisenarme bis in den Scheitel verlängert, bald keulenförmig (E. livi- 
dus), bald verästelt (E. pulchellus), bald krückenförmig, wie bei der eben- 
erwähnten Helgoländischen Larve. 

Andere Echinuslarven haben eine niedrige runde Kuppel, wie E. brevi- 
spinosus und die Helgoländische Larve, I. Abhandlung Taf. IV. Fig. 4.5. 
Taf. V. Fig. 1—8. Bei der Larve des Echinus brevispinosus sind die Körper- 
äste aus den Kalkstäben der ersten Mundarme am Rücken bis zur Kuppel ver- 
längert, symmetrisch mit den ventralen Kalkleisten aus den Markisenarmen 
und beide die ventralen und dorsalen Kalkleisten in der Kuppel zu einem 
vierseitigen Kalkrahmen verbunden. Bei diesen Larven vergeht der primi- 
tive oder provisorische Kalkrahmen, wie er der vierarmigen Larve eigen war, 
nach begonnener Entwickelung der dorsalen Schirmarme allmählig ganz, bis 
auf die freien Enden der Leibesstäbe aus den ventralen Schirmarmen, wel- 
chen analog der Ausläufer der nachentstandenen dorsalen Schirmarme bis 
in die Kuppel verlängert worden ist. So enden auch die Kalkstäbe in der 
Helgoländischen Larve; diese ist in ihrem jüngern vierarmigen Stadium 
noch nicht gesehen. 

Die Larven der mehrsten Arten von Echinus sind an den Seiten des 
Schirms sehr stark ausgeschnitten und geht die Wimperschnur ohne Verlän- 
gerung auf einen Fortsatz vom dorsalen zum ventralen Rande des Schirms, 
so dafs ihnen die Auricularfortsätze anderer Larven von Echinodermen feh- 
len. Aurikeln oder Auricularfortsätze nannte ich die Fortsätze am Übergang 
der Wimperschnur von der Rückseite zur Bauchseite am hintern Theil des 
Körpers oder Schirm, VI. Abhandlung. Die Larve des E. brevispinosus 
macht nun eine Ausnahme von den übrigen Echinen, dafs sie in ihrem spä- 
tern von Krohn beschriebenen Zustand kurze Auricularfortsätze an der 
Kuppel besitzt. Diese Larve weicht überhaupt von den Larven anderer 
Echinus mehr ab, als diese von einander abzuweichen pflegen, so dafs es 
sich verlohnt, die Phasen, welche sie durchläuft, vollständig kennen zu ler- 
nen. Das mehrste ist daran schon von Krohn gesehen und beschrieben und 
es ist mir nur übrig geblieben, die Gegenwart vollständiger Wimperepau- 
letten, welche dieser Larve zu fehlen schienen, festzustellen. Die Eigen- 


über die Gattungen der Seeigellarven. d 
thümlichkeiten dieser Larve geben aber auch den Schlüssel zum Verständ- 
nifs der Larven der Echinocidaris und Spatangen, und darum halte ich es 
für nöthig, in das ganze Detail ihrer successiven Veränderung einzugehen. 

Die von Krohn durch künstliche Befruchtung erzielten jüngeren Lar- 
ven von E. brevispinosus sind schon dadurch ausgezeichnet, dafs die Mar- 
kisenarme einen gegitterten Kalkstab enthalten. So wie diese Stäbe, so ge- 
ben auch die davon ausgehenden ersten Kalkstäbe des Mundgestells einen 
Ast in das bauchige Hinterende des Körpers oder die Kuppel, so dafs ein 
Gestell von 4 Kalkleisten, 2 ventral, 2 dorsal nach der Kuppel dringt und 
hier wieder durch Querleisten mehr oder weniger vollständig verbunden ist. 
Hierdurch wurde nunmehr eine von mir schon abgebildete Seeigellarve von 
Nizza, IV. Abh. Taf. VII. Fig.5—8. auf diese Species bestimmt. 

Als weitere Entwickelungsstufen liefsen sich nach Krohn mit glei- 
chem Recht zwei einander überaus ähnliche Larvenarten beanspruchen, die 
bis zur Vollzahl der Fortsätze häufig im Meer bei Messina vorkamen. Sie 
unterscheiden sich hauptsächlich nur durch die Beschaffenheit der Kalkstäbe 
in den dorsalen Seitenfortsätzen, während das Kalkgerüst sonst völlig über- 
einstimmt. Bei der einen Art A sind diese Stäbe einfach cylindrisch, bei 
der andern B gegittert, wie diejenigen der Markisenarme. Beiderlei Larven 
habe ich bei Messina wiederholt und bis zur vollendeten Entwickelung ge- 
sehen. 

Die Gitterstäbe der Seeigellarven sind überall, wo sie vorkommen, 
dreikantig. So ist es auch bei der Form B mit den Kalkstäben in beiden, 
den ventralen und dorsalen Schirmarmen; die Maschen des Gitters sind 
ziemlich gleichförmig vom obern bis untern Theil des Stabs. Bei der Form 
A sind die einfachen Kalkstäbe in den dorsalen Seitenarmen einfach rund, 
nicht dreikantig, die Gitterstäbe in den Markisenarmen von A sind dreikan- 
kantig, hören aber am letzten Drittel des ausgewachsenen Arms auf, gegit- 
tert und dreikantig zu sein und, sich plötzlich verdünnend, werden sie ein- 
fach walzig. Die Maschen des Gitters sind in diesen Stäben am innern an- 
gewachsenen Theil viel grölser als weiter ab, sie werden allmählig immer 
kürzer, so dafs auf eine Strecke, die oben 3 Maschen umfalst, weiter unten 
5 Maschen kommen. Zuletzt werden die Löcherchen überhaupt sehr klein, 
bis am letzten Drittel alle Spur derselben verloren ıst. 


6 / MürLrEr 


So grofs die Unterschiede in diesen Kalkstäben bei beiden Formen 
sind, so ist doch die gedrungene Gestalt der Larven mit sehr kurzen dicken 
Armen, die Form der Aurikeln, welche sie erhalten, und eine noch zu be- 
schreibende eigene Gestaltung des Schirms an den reiferen Larven so völlig 
übereinstimmend, dafs sie vielleicht nur Varietäten einer Species, nämlich 
des E. brevispinosus sind. Hiefür läfst sich anführen, dafs bei der Ophiuren- 
larve von Helgoland, Pluteus paradoxus, in seltenen Fällen die Stäbe der 
Auriculararme, statt einfach zu sein, ein Maschenwerk entwickeln, wie die 
Abbildung im Archiv 1846 Taf. VI. Fig. 3 zeigt, und dafs es unter den Spa- 
tangoidlarven grofse Verschiedenheiten in der Ausbildung des Gitters giebt, 
während aber die dreikantige Beschaffenheit der Stäbe in den Schirmarmen 
dieser Larven constant ist. 

Am kuppelförmigen Ende entwickeln sich bei beiden auf E. drevi- 
spinosus bezüglichen Larven in ihrem reifern Zustande die seitlichen Arka- 
den der Wimperschnur zu Aurikeln oder Auricularfortsätzen. Es sind die 
von Gegenbaur an einer Larve von Messina mit 8 Armen gesehenen hand- 
habenförmigen Fortsätze. v. Siebold und Kölliker Zeitschrift für wissen- 
schaftl. Zoologie 4. Bd. p. 329. Krohn hat sie als Aurikeln oder Auricular- 
fortsätze bezeichnet. 

Der letztgenannte Forscher hat auch schon bemerkt, dafs zu dieser 
Zeit der viereckige Kalkrahmen der Kuppel, den die jüngeren Larven be- 
safsen, in der reiferen Larve wieder verschwindet; dagegen sich in der Kup- 
pel ein starker querer Balken entwickelt, dessen beide Enden in zwei diver- 
girende Zacken auflaufen. Da der aufsteigende Zweig die Aurikel stützt, so 
kann man ihn als Kalkstab eines Auriculararms ansehen. Nachdem der frü- 
here Kalkrahmen in der Kuppel ganz verschwunden, endigt der longitudi- 
nale Ast der Markisenstäbe zu diesem Rahmen frei, der longitudinale dor- 
sale Ast eben dahin aus dem Kalkbogen für das Mundgestell ist ganz ver- 
schwunden. Statt dessen hat sich ein Ast aus der Wurzel des dorsalen Sei- 
tenarms bis in die Kuppel verlängert. Die Leibesstäbe aus den 4 Schirm- 
armen reichen also symmetrisch bis zur Kuppel; auch gleichen sich die von 
denselben Stellen ausgehenden queren Zweige. 

In diesem Stadium der Larve gehen einige Veränderungen an dem 
Schirm vor sich, mit welchen der Lauf der Wimperschnur am Rand des 
Schirms mehr Biegungen erhält. Die Markise ist durch Ein - und Ausbuch- 


über die Gattungen der Seeigellarven. 7 


ten, verbunden mit Biegungen gleich einem Darmgekröse, in 3 Abtheilun- 
gen gebracht, wovon die seitlichen ausgebogen und aufgewendet epaulett- 
artig erscheinen, die mittlere aber tief niedergedrückt ist. Der mittlere Theil 
der Markise ist schnabelartig verlängert und hängt lang herab bis nahe zum 
Munde. Dies ist der Vorsprung des Schirms, welchen Krohn dem Steg 
einer Geige vergleicht. Bei der Bipinnaria asterigera verlängert sich der 
analoge Theil der Körperwand ebenfalls schnabelartig. Die Form dieses 
Schnabels ist bei der Larve des Echinus brevispinosus manchen Veränderun- 
gen unterworfen, meist ist er auf der äufsern Oberfläche etwas ausgehöhlt 
und gleicht dann einer hervorstehenden Hohlkehle. Auf diesem Schnabel 
und zwar an der Wurzel der Hohlkehle öffnet sich der After. An der Rück- 
seite des Körpers treten jederseits zwischen dem Schirmarm und dem Mund- 
gestell ganz ähnliche epaulettartige Ausbiegungen hervor, wie auf der ven- 
tralen Seite, wie dort, von der Wimperschnur besetzt. Dem Schnabel der 
Markise gleicht aber ein auf dem Rücken des Mundgestells hervortretender 
Vorsprung der Haut, gleichfalls von der Gestalt einer Hohlkehle. Die Sei- 
tenränder dieses Vorsprunges sind von der Wimperschnur besetzt, der vor- 
dere Rand ist frei davon. Auf diese Seitenränder des Vorsprungs geht die 
Wimperschnur von den epaulettenartigen Buchten über und setzt sich dann 
erst in nochmaliger Biegung zurück und wieder vorwärts auf die Arme des 
Mundgestells fort. Diese Vorsprünge finden sich in gleicher Weise an bei- 
derlei Formen der Larve mit einfachen und gegitterten dorsalen Seitenstä- 
ben, gleichwie auch die Auricularfortsätze. In diesem Zustande sind die 
Larven $&” großs. 

Die Larve erhält zur Zeit der Entwickelung der Seeigelanlage auch 
noch selbständige Wimperepauletten, welche in diesem Fall aufserordentlich 
breit sind, so dafs sie einander an der Mitte der Bauchseite und Rückseite 
sehr nahe kommen und beinahe aneinander stofsen. 

Bei allen bisher bekannt gewordenen Seeigellarven mit Wimperepau- 
letten sind diese selbständige Bildungen, d.h. unabhängig von der allgemei- 
nen Wimperschnur. Bei der in Rede stehenden Larve schien davon eine 
Ausnahme statt zu finden. Krohn bemerkte, dafs es zweifelhaft sei, ob die 
Wimperepauletten des E. brevispinosus sich so wie bei anderen Seeigellarven 
verhalten, denn sie schienen nicht neu hinzugekommene Theile, sondern 
blofs stärker entwickelte Parthien der bestehenden Wimperschnur zu sein. 


b) MÜLLER 


Dies war auch meine Vorstellung, als ich der ersten Larve dieser Art von 
der Form mit gegitterten Stäben der dorsalen Seitenarme ansichtig wurde, 
bei welcher der Umbo der Seeigelanlage schon die fünfblättrige Figur in 
seinem Innern erhalten hatte. Später sind mir öfter Exemplare der Form 
mit einfachen Stäben der dorsalen Seitenarme vorgekommen, bei denen die 
Seeigelanlage noch weiter entwickelt war. 

An diesen habe ich mich wiederholt auf das vollkommenste überzeu- 
gen können, dafs die Wimperepauletten hier ebenso selbständig als in den 
andern Arten von Echinus sind. Die wahren Wimperepauletten entwickeln 
sich über den epaulettartigen Ausbiegungen des Schirms und bedecken dann 
bei der Ansicht auf den Hintertheil der Larve leicht den Lauf der allgemei- 
nen Wimperschnur. In andern Lagen sieht man die Bogen der allgemeinen 
Wimperschnur, welche unter den selbständigen Wimperepauletten und ih- 
nen parallel laufen, übrigens durch einen deutlichen Zwischenraum davon 
davon getrennt sind ('). 

Es bleibt daher Gattungscharakter für die Larven der Echinusarten, 
dafs sie Wimperepauletten aufser der allgemeinen Wimperschnur erhalten, 
welche dagegen anderen Seeigellarven fehlen. 

Zur Zeit der Vergröfserung der Seeigelanlage stehen mehrere Pedi- 
cellarien auf der Kuppel der Larve; sie sind gestielt und entwickeln sich 
aus blasenförmigen Auswüchsen auf der Oberfläche des Körpers; eine steht 
gewöhnlich auf dem jetzt zwischen den Aurikeln versteckten Scheitel der 
Larve. 

Die Wimperschnur und die Haut des durchsichtigen Körpers der 
Larve sind hin und wieder mit rothen Punkten besetzt. Die Larven bewe- 
gen in diesem Stadium zuweilen die Hauptarme oder Schirmarme gegenein- 
ander, eine Bewegung, welche ich noch nicht an andern Echinuslarven, wohl 
aber an einer auf Echinocidaris aequituberculata bezüglichen Larve gesehen 
habe. Es scheinen daher in dem Körper der Seeigellarven auch Muskelbün- 
del angelegt zu sein, worauf vielleicht die an der ausgehöhlten Seite des Kör- 
pers sichtbaren und in der 4ten Abhandlung bezeichneten gebogenen Linien 


zu deuten sind. 


(') Hiervon hat sich Krohn neuerlich selbst überzeugt. Archiv für Anat. u. Physiol. 
1854. p. 211. | 


über die Gattungen der Seeigellarven. 9 


II. Über eine Larve mit Gitterstäben, Auricularfortsätzen und 


Wimpeln des Schirms. 


Ein einzigesmal kam in Messina die in einer Abbildung vorgelegte 
Seeigellarve mit Gitterstäben der 4 äufserst langen Schirmarme vor. Sie 
gleicht der reifen Larve des E. brevispinosus durch ihre breiten Auricular- 
fortsätze an dem Scheitel, welche, wie dort, durch einen Querstab verbun- 
den sind, der sich an den Enden in einen auf- und einen absteigenden Ast 
theilt. Die Aurikeln sind gröfser als bei jener. Der Schirm der Larve ist 
durch 4 grofse symmetrische Lappen oder Wimpel ausgezeichnet, welchen 
die Wimperschnur folgt. Von diesen Lappen gehören 2 der Markise und 
zwischen ihnen befindet sich eine mittlere schnabelförmige oder hohlkehlen- 
förmige Verlängerung der Markise von derselben Form, wie bei der Larve 
des E. brevispinosus. Die andern Lappen befinden sich zwischen den dorsa- 
len Seitenarmen und der Verlängerung des Schirms zum Mundgestell. Ei- 
gentliche Wimperepauletten waren nicht vorhanden. 

Auf der Rückseite des Mundgestells waren zwei fernere Lappen ent- 
wickelt, zwischen dem dorsalen Seitenfortsatz und dem ersten Arm des 
Mundgestells, und auf diese Lappen die Wimperschnur ausgezogen, welche 
von dem dorsalen Wimpel des Schirms auf den eben erwähnten Lappen und 
von diesem erst auf den ersten Arm des Mundgestells überging. Diese Bil- 
dung erinnert auch an den dorsalen Vorsprung an der Larve des Echinus 
brevispinosus ('). Die Stäbe der 4 Schirmarme sind bis ans Ende gegittert, 
die Maschen sind gegen das freie Ende der Stäbe länger als am mittlern und 
entgegengesetzten Theil und gegen das freie Ende hin doppelt so lang als 
am entgegengesetzten Theil. Die Länge der Schirmarme (1) ist auffällig 
grofs. Sie sind doppelt so lang als die ganze übrige Larve von den Aurikeln 
bis zum Ende der Mundgestellarme. In dem einzigen beobachteten Fall 
waren die 4 symmetrischen Schirmarme sehr divergirend und klafterten 
bis 2”. 

Diese Larve hat einige Ähnlichkeit mit der Larve des E. brevispinosus, 
sie unterscheidet sich davon durch die äufserst langen und viel dünneren 


(') Man kann diese Vorsprünge als erste Andeutungen des zweiten Paars der dorsalen 
Seitenarme ansehen, welches bei den Echinocidaris - und Spatangoidlarven auftritt und dort 
mit Kalkstäben versehen ist. 


Phys. Kl. 1854. B 


10 MÜLLER 


Schirmarme und die grofse Ausbildung der Schirmlappen oder Wimpel. Es 
bleibt dermalen zweifelhaft, ob sie eine Varietät derselben oder die Larve 
eines andern Echinus oder gar einer andern Gattung ist. Die Entscheidung 
der letzten Frage wird davon abhängen, ob die Larve noch auf ihren 4 
Schirmlappen Wimperepauletten erhält, oder ob diese ausbleiben und es 
bei den Schirmlappen sein Bewenden hat; es wird noch an Cidaris und 
Diadema zu denken sein, von deren Larvenform man vermuthen kann, dafs 
sie den Echinocidaris näher stehe als den Echinus. Da die Larve der Echi- 
nocidaris aequituberculata nach Krohn mit Gitterstäben versehen ist, so 
scheint es, dafs an sie zunächst gedacht werden müsse; ich glaube jedoch, 
dafs mit gröfserer Wahrscheinlichkeit die im folgenden Artikel beschriebe- 
nen Larven zu Echinocidaris gerechnet werden. 


II. Über eine der Gattung Echinocidaris verwandte Larve. 


Busch hat den Jugendzustand der Larve von Echinocidaris aequi- 
tuberculata nach künstlicher Befruchtung dieses Seeigels beschrieben und 
abgebildet. Sie gleicht in ihrer Gestalt ganz den jungen Echinuslarven und 
schien nur darin eigenthümlich zu sein, dafs die Kalkstäbe der Markisen- 
arme dreifach waren. Auch Krohn hat durch künstliche Befruchtung die 
Larve dieses Seeigels erhalten und bis zur Bildung der 4 ersten Arme er- 
zogen. Statt aber dreier einfacher Kalkstäbchen in jedem der Markisenarme 
sah Krohn in denselben einen ganz schön geformten Gitterstab. Die wider- 
sprechenden Beobachtungen von Busch und Krohn sind ohne Zweifel 
nicht an verschiedenen Arten von Seeigeln, sondern beide an derselben Art 
angestellt. Die von dem ersteren mitgebrachten Exemplare der benutzten 
Art sind in der That Echinocidaris aequituberculata Desm. Die Identität 
des Objects wird auch durch die Beschaffenheit der Gitterstäbe wahrschein- 
lich. Diese sind nämlich, wo sie bei Seeigellarven vorkommen, immer drei- 
kantig und zwischen den drei vorspringenden Leisten vertieft, so dafs in die 
Mitte zwischen den Leisten die Löcher des Gitterwerks fallen. 

Bei Messina war eine Larve in allen Stadien der Entwickelung häufig, 
welche ich als die Larve der Echinoeidaris aequituberculata deute, sowohl 
wegen des Verhaltens der Kalkstäbe in der Kuppel und wegen der Beschaf- 
fenheit ihrer Markisenarme, als wegen der Form der Stacheln des Seeigels, 


über die Gattungen der Seeigellarven. 11 


in welchen sie sich verwandelt. Die Hauptkalkstäbe, welche sich in die Mar- 
kisenarme fortsetzen, breiten sich nämlich in der abgerundeten Kuppel zu 
einem Bausch von Ästen aus, welche quer denjenigen der andern Seite ent- 
gegenkommen, so dafs der Anschein entsteht, als ob sie sich von rechts und 
links verbinden, welches jedoch nicht der Fall ist. Dieses Verhalten erin- 
nert sogleich an die Abbildung von Busch. Unsere Larve von Messina hat 
hat ferner die Kalkstäbe in den Markisenarmen so gebildet, dafs darauf so- 
wohl die Angabe von Busch als die widersprechende von Krohn pafst. 
Der Kalkstab der Markisenarme ist nämlich dreikantig, mit tiefen Furchen 
zwischen den drei Leisten. An allen jüngeren Exemplaren waren diese Stäbe 
einfach dreikantig, ohne Durchbrechung der Mitte, d.h. ohne Gitterwerk;; 
nur an der Abgangsstelle des dreikantigen Stabs befindet sich darin ein Loch. 
Bei älteren Exemplaren, deren Markisenarme viel länger geworden, war je- 
doch das Endtheil dieser Stäbe von feinen Löcherchen durchbrochen, also 
gegittert. Dagegen enthalten die dorsalen Seitenarme, welche sich wie ge- 
wöhnlich viel später als die ersten Fortsätze entwickeln, immer einen in gan- 
zer Länge gegitterten Kalkstab. Da in allen jüngern Exemplaren dieser sehr 
häufigen Larve die Markisenarme noch ohne Gitter waren, so könnte es 
zweifelhaft scheinen, ob meine Larven dieselben, wie die von Krohn nach 
Befruchtung der Echinocidaris aequituberculata erhaltenen Larven seien. 
Ich halte aber den Übergang dieser Larve in Echinocidaris aequituberculata 
für wahrscheinlich und werde die Gründe dafür hernach anführen (!). Das 
Verhalten der Kalkleisten im Körper der Larve ist so wie bei den andern 
Seeigeln. An der ventralen Seite geht von den Hauptstäben ein Ast, welcher 
sich mit dem der andern Seite kreuzt. Der Balken des Mundgestells geht 
wie gewönlich von den Stäben ab, die sich in die Markisenarme fortsetzen. 
Aus diesem Bogen geht ein Ast zur Rückseite über dem Magen einem glei- 
chen der andern Seite entgegen. Diese Äste sind in ihrem Verlauf gebo- 
gen, so dafs die gegeneinander stofsenden Enden zuletzt nach vorn, d.h. 


(') Nach einer neueren Mittheilung von Krohn, welche sich auf einen wiederholten 
Befruchtungsversuch gründet, sind die Stäbe der Markisenarme der Echinocidarislarve nicht 
regelmälsig gegittert. Die Löcher waren in einem Theil der Larven vorhanden, fehlten da- 
gegen bei einer ebenso grofsen Anzahl anderer Larven völlig. Archiv f. Anat. u. Physiol. 
1854. p. 211. Hierdurch wird es bestätigt, dafs die von mir bis zur Vollendung des See- 
igels beschriebenen Entwickelungsphasen auf Echinocidaris aequituberculata bezüglich sind. 


B2 


12 MüuLLeERr 


von der Kuppel abgewendet sind, was für diesen Seeigel sehr charakteri. 
stisch. ist. 

Noch ehe die dorsalen Seitenarme hervorbrechen, erhält diese Larve 
auf der Kuppel Auriculararme, welche schnell zu einer aufserordentlichen 
Länge auswachsen und am Ende gleich den Schirmarmen mit einem dunkel- 
violetten Fleck versehen sind. Im Innern dieser Arme befindet sich ein ein- 
facher Kalkstab. Die Kalkstäbe der Auriculararme sind in der Kuppel durch 
einen queren Balken verbunden, welcher, in der Mitte sich erweiternd, hier 
durch eine Öffnung durchbrochen ist. Die Lage der Querleiste ist hinter 
den Enden der in die Kuppel tretenden Kalkstäbe. Der quere Balken theilt 
sich an den Aurikeln in einen kurzen absteigenden Ast und den Kalkstab 
des Auricularfortsatzes. Die Richtung der Auriculararme ist dieselbe schiefe, 
wie an den seitlichen Kuppelarmen der Spatangoidlarven. Diesen Armen 
entsprechen offenbar die Auriculararme der fraglichen Larve; auch ent- 
spricht die gemeinschaftliche Querleiste der Auricularkalkstäbe dieser Larve 
dem Kalkbogen der Spatangoidlarven, von welchem die Kalkstäbe der seit- 
lichen Kuppelarme ausgehen. Die Wimperschnur, welche vor der Erschei- 
nung der Auriculararme ganz einfach ihren Bogen an den Seiten des Schirms 
der Larve bildete, bekleidet jetzt die ganze Länge der Auriculararme auf 
beiden Seiten. Die Larven sind reichlich mit violetten Flecken besäet. 

Die dorsalen Seitenarme entwickeln sich bei dieser Larve später als 
die Auriculararme. Ihre Kalkstäbe sind immer gegittert. An ihrer Wurzel 
gehen von ihnen drei divergirende einfache Äste in den Körper der Larve, 
welche nicht mit den andern Kalkstäben verbunden sind. Die Nebenarme 
des Mundgestells entstehen und verhalten sich wie bei andern Seeigellarven, 
ihre Kalkstäbe sind wie gewöhnlich bogenförmig auf dem Rücken der Larve 
verbunden, aus welchem Bogen sich ein mittlerer gerader Ast erhebt. Die 
Larve hat jetzt 10 Arme; in diesem Zustand ist sie von Gegenbaur ge- 
sehen und als Seeigellarve mit 8 gewöhnlichen und: 2 überzähligen langen 
Scheitelarmen erwähnt. Sie erhält aber noch zwei Arme mehr, im reifen 
Zustande hat sie nämlich 12 Arme. Die 2 zuletzt entstehenden Arme mit 
Kalkstäben fehlen den Echinuslarven, dagegen sie bei den reifen Spatangoid- 
larven vorkommen. Sie befinden sich zwischen den dorsalen Seitenarmen 


und dem Mundgestell. Ihre Kalkstäbe sind Äste aus dem Kalkbogen, wel- 


über die Gattungen der Seeigellarven. 13 


cher die Kalkstäbe der Nebenarme des Mundgestells verbindet, ganz wie bei 
den Spatangoidlarven., 

Diesen gleicht die fragliche nn auch darin, dafs sie keine Wimper- 
epauletten erhält. Von u verschieden sind 4 symmetrisch stehende Zi- 
pfel, die sich am Rande des Schirms entwickeln, und welche nach der Kup- 
pel hin aufgeschlagen sind; auf diese Zipfel ist die Wimperschnur mit aus- 
gezogen. Die beiden ventralen Zipfel befinden sich am ventralen Schirm, 
zwischen dem mittleren Theil der Markise und den Markisenarmen, die dor- 
salen zwischen den dorsalen Seitenarmen und dem zweiten Paar der dorsa- 
len Seitenarme. 

Durch den Besitz dieser Zipfel und den Mangel des mittleren Kup- 
pelarmes unterscheidet sich die fragliche Larve von der Larve der Spa- 
tangoiden ('). 

Ich habe diese Larve auch im Zustande der Entwickelung des See- 
igels gesehen, welcher auf der linken Seite des Magens gelagert war. Die 
Larve war auch schon mit gestielten Pedicellarien versehen. Bei den am 
weitesten entwickelten Larven ist die Kalkkrone der Hauptstäbe in der Kup- 
pel verschwunden und diese Stäbe enden jetzt einfach. Dagegen hat sich 
von ihnen an den Stellen, wo früher die einfachen Äste abgingen und wei- 
ter hinaus, eine netzförmige Kalkplatte entwickelt, und zwar sowohl nach der 
ventralen Seite hin als nach dem seitlichen Umfang der Larve. 

Auch die gegitterten Kalkstäbe der dorsalen Seitenarme, deren Wur- 
zel früher aus mehreren einfachen divergirenden Ästen bestand, haben jetzt 
an ihrer bis zur Kuppel verlängerten Wurzel und von ihren Rändern sich in 
durchlöcherte Kalkplatten ausgebreitet, sowohl nach der dorsalen als late- 
ralen Seite des TODD 

Junge Seeigel von #" Gröfse, welche von dieser Larve stammen und 
deren Abkunft einmal ech an den Resten der dreikantigen Kalkstäbe und 
des charakteristischen Auricularkalkgerüstes erkennbar war, wurden öfter 
gefischt. Sie waren rund und stark abgeplattet. Auf der ventralen Seite wa- 
ren 5 grofse Saugfülse von der Form wie bei Echinus entwickelt, mit ring- 
förmigen Kalkscheibchen am Ende wie bei den Echinen und Echinocidaris. 


(') Mit jenen Zipfeln lassen sich jedoch gewisse Falten am Schirm der Larve von Spa- 
tangus purpureus vergleichen. Siehe Krohn im Archiv f. Anat. u. Physiol. 1854. p- 209. 


14 MÜLLER 


Auf der Rückseite waren dünne nadelförmige Stacheln aus feinen Kalk- 
netzen, am Rande aber dicke Stacheln mit plattem breiterem abgerunde- 
tem Ende, deren Kalknetz mit weiten Maschen versehen war. Auch standen 
auf dem Rücken gestielte Pedicellarien. Die platten Stacheln scheinen den 
platten ventralen Stacheln mit spatelförmigem Ende bei Echinocidaris aequi- 
Zuberculata zu entsprechen. Zu Diadema würden wohl die Saugfüfse, aber 
nicht die spatelförmigen Stacheln, zu Cidaris auch nicht die Form der Saug- 
füfse, zu Echinus nicht der Mangel der Wimperepauletten und die secun- 
dären dorsalen Seitenarme, zu Spatangoiden nicht Form und Bau der Sau- 
ger passen. 

Die Verwandtschaft der Echinocidaris und Spatangen ist bei den 
ausgebildeten Seeigeln in dem Verhalten der Saugfüfse zu erkennen, wel- 
che bei den Echinocidaris auf der Rückseite des Seeigels gefiedert und 
kiemenartig werden. Es läfst sich erwarten, dafs die den Echinocidaris in 
dieser Hinsicht nahestehenden Diadema und Cidaris in den Larven dem Ty- 
pus der Echinocidaris folgen werden. 

Eine von Kölliker bei Messina gesehene Seeigellarve hat zehn von 
Gitterstäben gestützte Arme, von denen die zwei überzähligen bedeutend 
langen und rechtwinklig zu einander gestellten vom Scheitel abgehen und 
hat ferner seitlich am obern Leibesende zwei handhabenförmige weiche Fort- 
sätze, über welchen die Wimperschnur hinläuft. Die Scheitelarme würden 
den Armen der letztbeschriebenen Larve gleichen, mit welcher die Beschaf- 
fenheit der Kalkstäbe und die Handhaben indefs nicht stimmen wollen; die 
letztere hat zur Zeit, wo die 4 Schirmlappen ganz entwickelt sind, 12 Arme. 


IV. Über die Larven der Spatangoiden. 


Obgleich die Larve eines Spatangoiden im vollkommen ausgebildeten 
reifsten Zustande schon in den Helgoländischen Beobachtungen von 1846 
aufgetreten ist, so hat doch die Deutung dieser Larven lange auf sich warten 
lassen. Die Larven der Spatangoiden sind in der Regel mit dreikantigen 
Gitterstäben des Schirms versehen und am meisten durch ihren unpaaren 
Scheitelfortsatz mit gegittertem Kalkstab ausgezeichnet. In ihrem reiferen 
Zustande besitzen sie auch Seitenarme der Kuppel, aber zu keiner Zeit 
Wimperepauletten. 


über die Gattungen der Seeigellarven. 15 


Die Bestimmung der Larven mit Gitterstäben war ohne die Hülfe der 
künstlichen Befruchtung nicht möglich und konnte ohne diese höchstens zu 
der Überzeugung führen, dafs es unter diesen Larven mehrere Arten geben 
müsse. Alle Seeigellarven mit Gitterstäben ohne Wimperepauletten schie- 
nen wenigstens zu derselben Gattung zu gehören. Als ich daher 1947 im 
Sunde einen jungen Seeigel mit Zähnen beobachtete, an dem noch Reste 
von Gitterstäben hafteten und der von einer Larve ohne Wimperepauletten 
abstammte, so schien es, dafs die Larven mit Gitterstäben und ohne Wim- 
perepauletten auf die zahnlosen Seeigel der Spatangoiden nicht bezogen wer- 
den können. 

In Nizza und Triest waren die Beobachtungen über die Seeigellarven 
mit Gitterstäben fortgesetzt worden und es sind die Beobachtungen und Ab- 
bildungen darüber in der IV. Abhandlung Taf. VIII und VI. Abhandlung 
‚ Taf. VOI niedergelegt. Diese führten mich wohl zu der Unterscheidung 
mehrerer unter sich und von der Helgoländischen Art abweichenden For- 
men mit Gitterstäben; aber es wollte nicht gelingen, die Gattung derselben 
festzustellen. Der in Helsingör beobachtete junge Seeigel mit Gitterstäben 
war ein bezahnter gewesen und gleichwohl deutete der Mangel der Wimper- 
epauletten bei der Larve dieses und bei den andern von mir im reifen Zu- 
stande beobachteten Seeigellarven mit Gitterstäben auf eine von Echinus ver- 
schiedene Gattung hin. Erst durch die künstlichen Befruchtungen von Krohn 
wurde es möglich, verschiedene Gattungen unter den Seeigellarven mit Git- 
terstäben zu unterscheiden. Durch die Mittheilung desselben aus Messina, 
Archiv 1853. S. 137, sind Seeigellarven mit Gitterstäben ohne unpaaren 
Scheitelstab bestimmt worden in Folge der Befruchtung von Echinus brevi- 
spinosus und Echinocidaris aequituberculata. Nachdem nun abermals durch 
diesen Forscher vermöge der künstlichen Befruchtung eine der Formen mit 
Gitterstäben und einem Scheitelstab bei Spatangus purpureus beobachtet ist, 
Archiv 1853. p. 255, so halte ich es für höchst wahrscheinlich, dafs alle mit 
Gitterstäben und zugleich mit einem Scheitelstab versehenen Seeigellarven 
den Spatangoiden angehören. Das wichtigste Merkmal scheint für die Spa- 
tangoiden aufser dem Mangel der Wimperepauletten in der Gegenwart des 
unpaaren Arms auf der Kuppel, weniger in der gegitterten Beschaffenheit 
der Stäbe des Schirms zu bestehen. Es ist mir nämlich in Messina wieder- 
holt auch eine Form dieser Larven mit unpaarem Scheitelstab vorgekom- 


16 MürLter 


men, bei welcher die Stäbe der Arme des Schirms zwar dreikantig, aber 
nicht gegittert sind ('). 

In Messina hatte ich die reichste Gelegenheit, die Beobachtungen über 
die Spatangoiden wieder aufzunehmen. Die Aufgabe, die ich mir gesetzt 
habe, war die Deutung ihrer verschiedenen Formen, wie weit sie auf Alters- 
unterschiede, wie weit auf Gattungsunterschiede der Spatangoiden zu be- 
ziehen. Die Unterschiede der von mir in Helgoland, Nizza und Triest be- 
obachteten Formen mit Scheitelstäben und der von Krohn beobachteten 
Entwickelung des Spatangus purpureus, welche bis zur Erscheinung der 
dorsalen Seitenarme und der Nebenarme des Mundgestells fortgeführt ist, 
mufsten hierbei ihre Erklärung finden. 

Am einfachsten ist die Gestalt der jüngeren Larve vor der Zeit der 
Entwickelung des Scheitelfortsatzes. Krohn Archiv f. Anat. u. Phys. 1853. 
Taf. VO. Fig. 1. Sie hat jetzt nur die Markisenarme oder Arme des ventra- 
len Schirms und den dorsalen Schirm. In der zweiten Abbildung Krohns 
ist der Scheitelfortsatz mit seinem Stab hervorgetreten und die Arme des 
Mundgestells angedeutet, die Figur also fünfarmig; in der dritten und vier- 
ten Abbildung sind die dorsalen Seitenarme und die Nebenarme des Mund- 
gestells hervorgetreten. Meine Abbildungen von Nizza, Abh. IV. Taf. VII. 
Fig. 10—13, und von Triest, Abh. VI. Taf. VII. Fig.7—9, enthalten ana- 
loge Formen, welche darin abweichen, dafs der Scheitelstab und die Gitter- 
stäbe des Körpers in ganzer Länge gegittert sind, während in Krohns Form 
der dem Ursprung nähere Theil in einer grofsen Strecke ungegittert ist.. Die 
Form von Triest ist auch in der dreischenkligen Basis des Scheitelstabs ab- 
weichend. Bis dahin besitzen diese Formen 9 Arme. Die am weitesten ent- 
wickelte Form ist dann die bei Helgoland bis zur Metamorphose beobach- 
tete mit 13 Armen; es sind nun hinzugetreten das zweite Paar der dorsalen 
Seitenarme und die Seitenarme der Kuppel, deren Stäbe sich aus einer bo- 
genförmigen Verlängerung des Scheitelstabes entwickelt haben. Erwägt man 
noch, dafs es eine Form von Spatangoidenlarven giebt, deren Scheitelstab 
zum Theil gegittert, und deren übrige Kalkstäbe völlig ungegittert sind, 
so fehlt es nicht an Verschiedenheiten der Formen unter den Spatangoid- 


(') Die Erörterungen über die in Helsingör beobachteten jungen Seeigel mit Zähnen 
und Resten von Gitterstäben sind auf den Nachtrag dieser Abhandlung verwiesen. 


über die Gattungen der Seeigellarven. 17 


larven, welche auf die in den Europäischen Meeren vorkommenden Gat- 
tungen von Spatangoiden: Spatangus, Amphidetus, Brissus, Brissopsis, 
Schizaster, bezogen werden könnten. Ich habe indefs in der Beobach- 
tungsreihe von Messina durch Aufzeichnung aller Übergangsstufen die 
Überzeugung gewonnen, dafs die in Helgoland beobachtete vollendete Form 
das Ziel ist, welchem alle bis jetzt bekannten Spatangoidlarven mit we- 
niger als 13 Armen zugeführt werden, d.h. dafs alle Spatangoidlarven 
zuletzt Seitenarme des Scheitels und das zweite Paar der dorsalen Seiten- 
arme erhalten, und dafs das mehrste, was bisher von den Unterschieden der 
Spatangoidlarven beobachtet ist, auf Altersunterschiede zu beziehen ist. 

Aus der Zeit, wo der unpaare Scheitelarm noch nicht ausgebildet ist, 
das Hinterende der Larve vielmehr einfach spitz endigt, ist eine von mir ge- 
zeichnete Larve von +” Gröfse. Der Kalkstab des Markisenarms theilt sich 
im Körper der Larve wie gewöhnlich in 3 Äste, der eine geht quer hin und 
begegnet dem gleichnamigen der andern Seite, mit dem er sich bald kreuzet. 
Der zweite Ast geht bogenförmig nach der Rückseite in den Mundschirm 
und verlängert sich in den Arm des Mundgestells, der dritte Ast des Mar- 
kisenstabs setzt sich in die spitze Kuppel fort; diesem Ast analog ist an der 
Rückseite des Larvenkörpers jederseits eine Kalkleiste, welche sich aus dem 
Kalkbogen für das Mundgestell erhebt. 

Es gehen also an der ventralen Seite und in gleicher Weise an der 
dorsalen Seite zwei, im Ganzen 4 Kalkleisten in die Kuppel, die beiden seit- 
lichen sind hier durch eine Querleiste verbunden, so dafs auf jeder Seite des 
Larvenkörpers ein viereckiger Rahmen entsteht; die Längsleisten setzen sich 
noch etwas weiter fort, indem die entsprechenden beider Seiten bis zur Be- 
rührung convergiren, die ventralen Leisten dringen bis in die Spitze der 
Kuppel und legen sich dort an einander; die beiden anderen begegnen sich 
sogleich. 

Dieses Stadium ist etwas älter als das von Krohn von Spatangus pur- 
pureus abgebildete a. a. O. Taf. VII. Fig. 1. Während aber beim Spatangus 
purpureus die Kalkstäbe der Markisenarme, so weit sie bis jetzt entwickelt 
sind, noch nichts vom Gitter enthalten und der gegitterte Theil derselben 
sich erst später anzubilden hat, so sind die Kalkstäbe der Markisenarme in 
unserm Fall von der Abgangsstelle der Äste bis ans Ende gegittert. 

Phys. Kl. 1854. C 


18 MüLrLıer 


Wenn der Scheitelfortsatz und sein Kalkstab sich ausgebildet hat, so 
läuft seine Basis in 3 fast horizontale Schenkel aus, wovon zwei divergirend 
nach aufsen, der dritte dorsal gerichtet ist. Die ventralen Kalkleisten der 
viereckigen Kalkrahmen begegnen sich dann vor dem Anfang des Scheitel- 
stabs, bald mehr, bald weniger hoch. 

Eine dreischenklige Basis des Scheitelstabs habe ich bei allen von 
mir in Triest und Messina beobachteten Spatangoidenlarven dieses Sta- 
diums wahrgenommen und sie mag in dieser Zeit wohl allgemein sein. 
So bleibt die Basis des Scheitelstabs aber nicht, vielmehr sind die beiden 
seitlichen Schenkel der Basis bestimmt sich in die Bogen zu verlängern, 
welche in den Helgoländischen Larven ausgebildet sind und von welchen 
erst wieder die Kalkstäbe der Seitenarme der Kuppel ausgehen sollen. Da 
die beiden Schenkel der Basis des Scheitelstabs divergiren, die Schenkel des 
Kalkbogens aber in einer gemeinschaftlichen Ebene liegen, so ist die Verlän- 
gerung in dieser Richtung erst dadurch möglich, dafs sich an den Enden der 
frühern Schenkel der Basis des Scheitelstabs ein Winkel oder Knie ausbil- 
det. Dafs aber die genannten Schenkel sich in die spätern Bogen verlän- 
gern, davon habe ich mich durch alle Übergangsstufen überzeugt. Wenn 
die Bogen sich ausgebildet haben, ist der dorsale der drei früheren Schen- 
kel der Basis unverändert geblieben, zuweilen findet sich diesem gegenüber 
jetzt noch ein ihm entgegengesetzter ventraler Dorn an der Basis des 
Scheitelstabs. 

Zur Zeit, wo sich der Bogen der Basis des Scheitelstabs über der 
Kuppel entwickelt, geht der frühere Rahmen von Kalkleisten in der Kuppel 
durch Resorption ganz verloren. Die quere Verbindung der ventralen und 
dorsalen Leiste in der Kuppel, wovon die erstere die Fortsetzung des Mar- 
kisenarmes, die letztere ein Ast des Kalkbogens für den ersten Arm des 
Mundgestells war, ist nicht mehr vorhanden, die Längsleisten sind nicht 
blofs verkürzt, sondern die dorsale Längsleiste verschwindet ganz, während 
der Stumpf der ventralen bleibt. Dieser entsprechend ist aber an der Rück- 
seite des Körpers und der Kuppel der Larve jederseits eine ähnliche Längs- 
leiste entstanden, welche die Verlängerung des Gitterstabs des später ent- 
standenen dorsalen Seitenarms ist, von welchem zugleich unter einem rech- 
ten Winkel ein querer Ast an der Rückseite des Körpers hingeht. 

Früher war der Körper durch 4 Längsleisten und ihre Verbindung in 


über die Gattungen der Seeigellarven. 19 


der Kuppel gestützt, welche die Verlängerung der Gitterstäbe der Markisen- 
arme und der einfachen Stäbe des Mundgestells waren, jetzt ist der Körper 
gestützt durch die Verlängerung der gitterigen Markisenstäbe und die Ver- 
längerung der gitterigen Stäbe der dorsalen Seitenarme. Indem die früher 
völlig fehlenden dorsalen Seitenarme ihre Kalkleisten nach der Kuppel ver- 
längern und diese Arme selbst den Markisenarmen in Länge gleich gewor- 
den sind, so istnun erst die Symmetrie der 4 Arme des Schirms und ihrer 
Gitterstäbe hergestellt. 

Auch gleicht sich der Körper an der Ventral- und Dorsalseite durch 
die Querleisten, welche von den Kalkstäben der 4 Arme ausgehen, und wel- 
che an der ventralen und dorsalen Körperwand hingehend denen der andern 
Seite begegnen. Die Querleisten an der ventralen Wand sind noch vor dem 
Darm, nicht wie die Querleisten dieser Stäbe bei den Echinen, welche un- 
ter dem Darm hingehen. Ich habe indefs in einzelnen Fällen einen tiefen 
queren und einen oberflächlichen queren nach der Haut gerichteten Ast der 
Stäbe der Markisenarme wahrgenommen und Krohn hat bei der Larve des 
Spantangus purpureus auch 2 Querleisten abgebildet, wovon die eine sich 
nach der Aftergegend erstreckt. Die Entwickelung der Nebenarme des 
Mundgestells mit ihrem Kalkbogen hat nichts eignes und verhält sich wie bei 
allen Seeigellarven; sehr spät entwickelt !sich das zweite Paar der dorsalen 
Seitenarme mit einfachen Kalkstäben, welche Äste des mittlern Kalkbogens 
des Mundgestells, d. h. des Kalkbogens der beiden Nebenarme des Mund- 
gestells sind. 

Das successive Hervorwachsen der Seitenarme der Kuppel und ihrer 
Kalkstäbe aus dem Kalkbogen des Scheitelstabs habe ich in vielen Fällen 
gesehen. Wichtig war mir die neu gewonnene Belehrung, dafs die Seiten- 
arme der Kuppel wie bei Echinocidaris Auriculararme sind, was ich bei den 
fraglichen Larven von Helgoland nicht bemerkt hatte, an denen überhaupt 
. in diesem Stadium der Lauf der Wimperschnur so wenig deutlich war, dafs 
ich sie bei diesen Larven in der Zeichnung gar nicht anzugeben im Stande 
war. Es hat daher in der sechsten Abhandlung in der Erklärung der sche- 
matischen Abbildung Taf. II. Fig. III. 5 ein Irrthum stattgefunden, dafs die 
Seitenarme des Scheitels dieser Larve in gleicher Bedeutung wie der Mittel- 
arm des Scheitels genommen vom Lauf der Wimperschnur ausgeschlossen 
angesehen sind. Nachdem die Aurikeln des E. brevispinosus bekannt gewor- 


C2 


20 MÜLLER 


den, war es mir sogleich gewifs, dafs die Deutung der fraglichen Arme bei 
den Larven mit Scheitelstäben einer Revision bedürfe, ob sie nämlich gleich- 
bedeutend mit dem unpaaren Scheitelstab sind oder sich bei dem Lauf der 
Wimperschnur betheiligen. Ich habe mich in Messina an geeigneten Exem- 
plaren von Spatangoidlarven überzeugen können, dafs die Wimperschnur 
auf die sich entwickelnden Seitenarme des Scheitels mit ausgezogen wird. 

An allen in Messina beobachteten Spatangoidenlarven dieses Stadiums 
habe ich ferner ein eigenthümliches Verhalten der Kalkstäbe in den Auricu- 
lararmen beobachtet, welches mir bis dahin unbekannt war. Diese Stäbe, 
Äste des Kalkbogens des Scheitelstabes sind nämlich zwar einfach ohne Git- 
ter und im gröfsten Theil ihrer Länge von cylindrischer Gestalt, ihr Anfang 
dicht am Ursprung aus dem Kalkbogen ist dagegen auf eine kurze Strecke 
spindelförmig erweitert und an dieser Stelle meist dreikantig. Die Kanten 
sind hohe dünne Leisten mit tiefen Furchen dazwischen. 

Der Scheitelarm, die Markisenarme und die dorsalen Seitenarme ent- 
halten bei allen Spatangoidlarven dreikantige Kalkstäbe mit hohen Kanten 
und tiefen einspringenden Winkeln, und immer ist der Anfang dieser Kanten 
nicht ganz gerade, sondern beschreibt vom Ursprung an eine leichte allmälige 
Wendung, z. B. entspringt am Scheitelstab eine der Kanten ventral seitlich 
über dem rechten Schenkel der Basis und steigt von da schief über die ven- 
trale Fläche des Scheitelstabs nach der linken Seite. Dieselbe Wendung be- 
merkt man am Ursprung der Kanten der Kalkstäbe der Schirmarme. 

Noch sind in den reiferen Larven die Ausbreitungen der Kalkbildung 
zu erwähnen, welche von den Kalkstäben ausgehen, so ein Kalknetz, welches 
sich von dem mittlern Kalkbogen des Mundgestells und seiner Mittelleiste 
aus entwickelt, ferner durchlöcherte Platten, welche sich aus den ventralen 
und dorsalen Leibesstäben nach der Seite des Körpers hin entwickeln. 

Zuletzt entsteht die Frage, ob man neben der Larve des Spatangus 
purpureus noch mehrere andere Arten oder Gattungen von Spatangoidlarven 
unterscheiden könne. Nachdem ich die Gewifsheit erlangt habe, dafs die 
dreischenkliche Basis des Scheitelstabs sich in den Bogen für die spätern 
Auriculararme entwickelt, so ist diese Unterscheidung sehr unsicher gewor- 
den und es bleiben als verlässigere Anhaltpunkte nur die Unterschiede in 
den Kalkstäben selbst übrig. Bei den von Krohn beobachteten Larven des 
Spatangus purpureus war der Anfang aller Gitterstäbe auf eine gute Strecke 


über die Gattungen der Seeigellarven. pA | 


von Gitter frei, die in seiner 3. Figur gegen“ der Länge der Stäbe beträgt, der 
übrige Theil der Länge der betreffenden Stäbe ist gegittert, und dies war, wie 
auch aus den Abbildungen der verschiedenen Alterszustände zu ersehen, ohne 
Zweifel Regel bei der ganzen Brut, welche Krohn aus einer künstlichen 
Befruchtung erzogen hatte. Wenn dieser Fall allgemeine Regel für Spatangus 
purpureus wäre, so würde ich weder in Messina noch an irgend einem andern 
Ort eine Larve dieses Spatangoiden beobachtet haben '); denn in den von 
mir beobachteten Spatangoidlarven waren die betreffenden Gitterstäbe ent- 
weder in ganzer Länge gegittert, oder doch nur ein äufserst kleiner Theil 
der Wurzel von der Gitterbildung ausgeschlossen. Dagegen habe ich unter 
vielen Spatangoidlarven von Messina vier gesehen, deren 4 lange Schirmarme 
zwar wie gewöhnlich dreikantige Stäbe aber ohne alles Gitterwerk ein- 
schlossen; denn dafs der Kalkstab bei seiner Theilung im Körper zwei Lö- 
cherchen enthielt, kann wohl nicht in Betracht kommen. Der Scheitelstab 
dieser Larven war im untersten Viertel ungegittert, im übrigen gegittert. Eine 
dieser Larven hat noch den frühern Kalkrahmen der Kuppel. Sie zeichnet 
sich durch die ungewöhnliche Stärke dieses Kalkgestells in der Kuppel aus, 
auf welchem die 3 Schenkel des Scheitelstabs ruhen. 

Dieselbige Larve mit ungegitterten dreikantigen Schirmstäben sah ich 
auch mit entwickelten Auricularfortsätzen und mit der ersten Anlage des 
Seeigels. Die Verwandlung beginnt, wenn die Larve alle 13 Fortsätze er- 
halten und die Auriculararme, deren Kalkstäbe wie bei der Spatangoidlarve 
mit gegitterten Kalkstäben der Schirmarme am Anfang erweitert sind, eben 
angefangen haben, hervorzutreten, mit der ersten Anlage des Seeigels als 
Umbo auf der linken Seite bei Magen und Schlund; die davon ausgehende 
Röhre öffnet sich auf dem Rücken, links zwischen Magen und Schlund mit 
einem deutlichen Porus. Der Scheitel der Larve wird hierbei nach hinten 
gerichtet gedacht. 

Die Länge der Auriculararme und ihrer Kalkstäbe nimmt mit der Aus- 
bildung der Larven zu; sie werden an den vorher beschriebenen Spatangoid- 
larven von Messina mit gegitterten Kalkstäben der 4 Schirmarme und des 


(') So ist es in der That. Siehe über die spätere Ausbildung der Larve des Spatan- 
gus purpureus Krohn im Archiv 1854 p. 208. Aufser andern Merkmalen sind die Auricu- 
larfortsätze dieser Larve darin ausgezeichnet, dals sie äulserst kurz, breit und abgerundet 
sind und keine Kalkstäbe enthalten. 


92 MÜLLER 


Scheitelfortsatzes zuletzt sehr lang und zuweilen selbst länger als die andern 
Arme(!). Zuweilen ist der unpaare Scheitelfortsatz bei diesen Larven von 
aufserordentlicher Länge, so dafs er in einzelnen Fällen die Länge der ganzen 
übrigen Larve um das Doppelte übertrifft. Seine Länge ist übrigens grofsen 
Variationen unterworfen. 

Die Divergenz der Auriculararme variirt innerhalb einer gewissen Breite, 
in einzelnen seltneren Fällen sind sie beinahe horinzontal gestellt; auch der 
Kalkbogen an der Basis des Scheitelstabs für die Aurikeln variirt und giebt 
es Fälle, wo seine beiden Hälften statt gebogen zu sein, vielmehr einen Win- 
kel mit einander bilden. 

Die in der ersten Abhandlung beschriebenen Spatangoidlarven gehö- 
ren ohne Zweifel dem um Helgoland gemeinen Amphidetus cordalus Ag. an. 

Die bei Triest beobachtete Art dieser Larven ist dagegen wahrschein- 
lich auf den dort gemeinen Schizaster canaliferus Ag. zu beziehen. 


Nachtrag vom J. 185% 
zu den Seeigellarven der Nordsee und des Sundes. 


Im J. 1847 beobachtete ich in Helsingör einen äufserst jungen See- 
igel, der noch mit den Gitterstäben der Larve versehen war und bereits die 
Anlagen der 5 Schmelzzähne hatte. Erste Abhandlung. Taf. VII. Fig. 9. 
Dämals kannte man schon eine Seeigellarve mit Gitterstäben, nämlich die in 
Helgoland beobachtete, welche sich von verschiedenen andern Helgoländi- 
schen Seeigellarven dadurch auszeichnete, dafs sie niemals Wimperepauletten 
erhält und im reifen Zustande statt 8 vielmehr 13 Fortsätze, unter diesen 
aber einen unpaaren Scheitelfortsatz besitzt. Von dieser Larve stammte der 


(!) Bei einer von Professor Leuckart bei Nizza beobachteten Spatangoidlarve, wo- 
von ich durch ihn eine Skizze erhalten, sind die Auriculararme sogar doppelt so lang 
als die längsten andern Schirmarme. Diese hat auch 13 Arme, die 4 Schirmarme ent- 
halten gegitterte Kalkstäbe, der unpaare Scheitelarm ist von Gitter frei, doch war das 
Ende abgebrochen. 


über die Gattungen der Seeigellarven. 23 


in Helsingör beobachtete junge Seeigel mit Zähnen nicht ab, sondern von 
einer Larve mit nur 8 Fortsätzen ohne Scheitelstab und ohne Wimperepau- 
letten. Diese Larve glich der vorhin erwähnten nur in dem Mangel der 
Wimperepauletten und in dem Besitz der gegitterten Stäbe des Schirms; 
ich stellte sie wegen des Mangels der Wimperepauletten und des Mangels 
des Scheitelfortsatzes und wegen des Besitzes von nur 8 Fortsätzen, so wie 
wegen der Übereinstimmung in der Gestalt mit einer in Helgoland selten be- 
obachteten Larve zusammen, die keine Gitterstäbe, sondern einfache Stäbe 
des Schirms hatte. Leider hatte ich, mich mit der Beziehung auf die Abbil- 
dungen der Helgoländischen Larven beruhigend, unterlassen die Larven von 
Helsingör zu zeichnen. Auf die Unterschiede der Larven in dem Besitz oder 
Mangel der Wimperepauletten mufste ich gleich anfangs den gröfsten Werth 
legen, und in der That stehen diese Unterschiede, wie wir jetzt sicher wis- 
sen, in erster Linie, weil sie sich nicht blofs auf die Unterscheidung der Ar- 
ten, sondern der Gattungen der Seeigellarven beziehen. 

Diese von mir in Helgoland und Helsingör beobachteten Seeigellarven 
mit und ohne Scheitelstab stimmten also darin überein, dafs sie keine Wim- 
perepauletten besafsen. Nachdem sich ergeben, dafs die Echinuslarven 
gerade mit diesen Wimperepauletten versehen sind, so schienen mir die Ar- 
ten von Seeigellarven mit Gitterstäben, welche ich in der sechsten Abhand- 
lung unterschied, einer eigenen von Echinus verschiedenen Gattung anzu- 
gehören. 

Als Krohn durch Befruchtung des Echinus brevispinosus eine Larve 
mit Gitterstäben ohne unpaaren Scheitelfortsatz erhalten hatte, war es gewils, 
dafs es auch Echinus mit Gitterstäben geben könne. Dies schien einiges 
Licht auf den räthselhaften Seeigel von Helsingör zu werfen, in welchem 
Zähne mit Gitterstäben zusammentreffen. Die Vermuthung Krohn’s, dieser 
könne von einem Echinus herstammen, dessen Larve gleich der des Echinus 
brevispinosus mit Gitterstäben versehen sei, war unter diesen Umständen so 
wahrscheinlich , dafs ich mich selbst von dieser Auflösung der Verwickelung 
angezogen fühlte. Aber zu dieser Erklärung pafste nicht, dafs jene Seeigel 
wie ich ausdrücklich bemerkt hatte, aus Larven ohne Wimperepauletten ver- 
folgt waren. Erste Abhandlung p. 295 (23). Dafs der muthmafsliche Echinus 
sich ohne Wimperepauletten entwickele, wäre mit allem, was über die Larven 
der Echinus festgestellt ist, unvereinbar. Es ist daher mit der Deutung des See- 


24 MÜLLER 


igels von Helsingör auf einen Echinus stillschweigend entweder diese Annahme 
oder die Voraussetzung verbunden, dafs ich mich in der Ableitung.dieses Seeigels 
von einer Larve ohne Wimperepauletten geirrt haben könne. Es lag noch 
die Möglichkeit vor, dafs vielleicht die jungen Spatangen mit vergänglichen 
Zahnrudimenten versehen seien. Obgleich dıes nichts weniger als wahr- 
scheinlich ist, so schien es mir doch nöthig hierauf zu achten und ich em- 
pfahl dies der ferneren Beobachtung in dem Auszuge dieser Abhandlung, 
der im Archiv für Anatom. Physiolog. 1853 mitgetheilt ist. Seitdem ist 
es schon direct an den jüngsten Spatangen von Krohn beobachtet, dafs sie 
keine Rudimente von Zähnen besitzen. Archiv f. Anat. Physiol. 1854. 
p- 211. Die Lage dieses Gegenstandes war anziehend genug, die nordischen 
Seeigel abermals in Angriff zu nehmen. Bei meinem letzten Aufenthalt in 
Helgoland im September 1854 erhielt ich Gelegenheit, die Untersuchung 
über den räthselhaften Seeigel von Helsingör wieder aufzunehmen und zur 
Entscheidung zu bringen. Sie ist dahin ausgefallen, dafs die Charaktere 
dieses Seeigels und seiner Larve weder mit denen der Spatangen noch mit 
denen der Echinus zusammenfallen. 

In diesem Jahre kamen die Helgoländischen Spatangoidlarven mit 
Scheitelfortsätzen gar nicht vor. Die beiden Echinuslarven mit Wim- 
perepauletten , diejenige mit stumpfem und diejenige mit conischem 
Scheitel erschienen einigemale wieder(!). Die auf Taf. IV. Fig. 1. 2 
der ersten Abhandlung abgebildete Seeigellarve ohne Wimperepauletten 
mit 8 Fortsätzen und charakteristischer Vertheilung der Kalkleisten in der 
Kuppel wurde nicht wiedergeschen. Dagegen erschien eine andere Larve 
ohne Wimperepauletten mit 8 Fortsätzen häufig, welche zwar eine ganz 
ähnliche Vertheilung der Kalkbalken in der Kuppel hatte, deren Kalkstäbe 
der Markisenarme und der dorsalen Seitenarme aber nicht einfach, sondern 
immer gegittert waren. Diese Larve war schon in Helsingör oft vorgekom- 
men, sie ist es, von der ich den Seeigel von Helsingör ableitete. Sie ist der 
vorhin erwähnten auf Taf. IV. Fig. 1. 2 der ersten Abhandlung abgebilde- 


(!) Die Helgoländische Echinuslarve mit conischem Scheitel erhält sehr frühe schon 
ihre Wimperepauletten. Ein Exemplar, bei dem die dorsalen Seitenarme noch nicht ent- 
standen, hatte bereits die Wimperepauletten. An dieser Larve wurden die queren Kalk- 
leisten unter dem Darm, wie sie bei Echinus lividus, pulchellus, breeispinosus u. a. VOr- 


kommen, vermilst. 


über die Gattungen der Seeigellarven. 95 


ten Larve so ähnlich wie Varietäten einer und derselben Art. Ich hatte und 
habe noch keine Mittel ihre Abweichung in der Beschaffenheit der Schirm- 
stäbe (einfach oder gegittert) zu erklären. Es können verschiedene Arten, 
es können auch Varietäten derselben Art sein. Vielleicht auch, sage ich mir, 
war die wahre Beschaffenheit der Stäbe bei der Beobachtung von Helgoland 


vom Jahre 1846 übersehen, diese Annahme ist jedoch schon deswegen 


etwas bedenklich, weil ich 3 ausgeführte Zeichnungen in verschiedenen in: 
sichten von jenem Exemplar besitze ; es wäre auch, falls es sich um dieselbe 
Species handeln sollte, nicht nöthig, einen Irrthum anzunehmen, da es Bei- 
spiele ähnlicher Varietäten giebt, wie z. B. bei Echinus brevispinosus und 
beim Pluteus paradoxus. 

Im Mittelmeer bei Nizza lebt eine ganz ähnliche Larve ohne Wimper- 
epauletten mit 8 Fortsätzen, von denen diejenigen des Schirms mit gegitterten 
Kalkstäben versehen sind. Taf. VIII. Fig. 9 der vierten Abhandlung. Die 
Vertheilung der Kalkleisten in der Kuppel ist ganz ähnlich wie bei der nor- 
dischen Larve, die uns jetzt beschäftigt. Übrigens ist die‘ ähnliche Verthei- 
lung der Kalkleisten in der Kuppel dieser Larven jenen Formen nicht al- 
lein eigen, sie wiederholt sich vielmehr mit geringen Modificationen in den 
jüngern Larven des Echinus brevispinosus und in den jüngern Spatangoidlar- 
ven. In den Larven, um die es sich jetzt handelt, bleibt aber dieses Balken- 
werk der Kuppel bis zur Ausbildung des Seeigels unverändert, während es 
beim Echinus brevispinosus und bei den Spatangoidlarven später bis auf seine 
Stützen zu Grunde geht, zur Zeit, wo der Scheitel dieser Larven sich zu 
seiner spätern Form und ihren neuen Kalkgebilden entwickelt. 

Die Larve mit $ Armen ohne Wimperepauletten, mit Gitterstäben 
der Schirmarme ist in Helgoland diesmal in allen Stufen ihrer Entwickelung 
bis zum ausgebildeten Seeigel beobachtet; und dieses ist der Seeigel, bei 
welchem sowohl in Helsingör als diesmal in Helgoland die Zähne beob- 
achtet worden sind. 

Diese Seeigel zeichnen sich dadurch aus, dafs sie, obgleich mit Zäh- 
nen versehen, doch Tentakeln, d.h. Füfschen mit blasigen Enden ohne Kalk- 
ring besitzen, die Larve aber zeichnet sich dadurch aus, dafs sie wie die 
Echinuslarven 8 Fortsätze und keinen Scheitelfortsatz erhält; sie weicht 
dagegen von den Echinus ab, dafs sie niemals Wimperepauletten besitzt, 
worin sie den Echinocidaris und den Spatangoiden gleicht, von diesen weicht 


Phys. Kl.1854. D 


26 Mürrer 


sie wieder ab durch ihre 8 Fortsätze und dafs ihr das zweite Paar der dor- 
salen Seitenfortsätze, auch die Aurikeln oder Auricularfortsätze abgehen. 
Aus allem diesem kann man schliefsen, dafs diese Larve und ihre Fortsetzung 
der Seeigel von den Eigenschaften der Echinus sowohl als Echinocidaris und 
den Spatangoiden sich gleich stark entfernt. Die Form der Tentakelenden 
an den bei Helgoland gefischten mit Zähnen und Resten von Gitterstäben 
versehenen. jungen Seeigeln von 4-” Gröfse sowohl, wie an den bis zum See- 
igel ausgebildeten Larven, dessen Tentakeln bereits spielten, erfordert noch 
eine bestimmtere Bezeichnung. An dem an der Larve ausgebildeten jungen 
Seeigel haben schon die blasig angeschwollenen Enden vorn eine kleine 
spitze Hervorragung, an dem jungen Seeigel hat sich der Tentakel so weit 
ausgebildet, dafs das blasige Endstück oft länglich ausgezogen und der 
Gipfel quer abgeschnitten ist, so dafs eine Art Hals am Ende des blasigen 
Theils hervorragt, über das quer abgeschnittene Ende der Blase erhebt 
sich wieder in der Mitte ein ganz kleines spitzes Wärzchen, entsprechend 
dem Ende des Wassergefässes. Taf. VII. Fig. 10. Kalkige Theilchen 
sind gar nicht vorhanden. Der quer abgeschnittene Gipfel ist der brei- 
ten Saugscheibe der Füfschen der Echinus zu vergleichen, das Wärz- 
chen in der Mitte des Endes gleicht aber dem Wärzchen in der Mitte 
der Saugscheibe der Echinen. Solche Füfschen habe ich weder bei Echinen 
noch Spatangoiden gesehen. Die Saugfüfse der Cidaris sind auch abwei- 
chend ; zwar sind die dorsalen Füfschen der Cidaris ohne Saugscheibe und ohne 
Kalkring, aber die Füfschen der allein hier in Betracht kommenden Ven- 
tralseite der Cidaris sind mit Saugnapf und Kalkskelet versehen. Übrigens 
bleiben die Cidaris schon wegen ihrer ganz abweichenden hohl-kehlenförmi- 
gen Zähne aufser Betracht. Ich erinnere mich aus der Beobachtung des le- 
benden Echinocyamus tarentinus (= Echinocyamus pusillus) in Messina, 
dafs die Echinocyamus gerade mit solchen des Kalkrings ermangelnden Füfs- 
chen, wie sie vorher beschrieben worden, versehen sind. An Weingeist- 
exemplaren dieses Seeigels finde ich den Knopf am Ende der Füfschen brei- 
ter als lang von der Form eines Ellipsoids, die Mitte von dem spitzen Ende 
des Wassergefässes überragt und ich vermisse wieder gänzlich den Kalkring 
der Echinen. Taf. VIH. Fig. 12. Bedenkt man ferner, dafs unsere reife Larve 
und der dazu gehörende junge Seeigel immer grün sind, so könnten sie wohl 
auf Echinocyamus pusillus bezogen werden, welcher in der Nordsee weit ver- 


über die Gattungen der Seeigellarven. 97 


breitet ist. Zwar habe ich diesen Seeigel nicht selbst bei Helgoland gefischt, es 
ergiebt sich aber aus den Nachrichten der Fischer, dafs er in der Nähe der Insel 
vorkommen mufs, auch hat man den gemeinten kleinen platten länglichen 
Seeigel dort öfter im Magen der Schellfische gefunden. Dafs Echinocyamus 
pusillus im Sunde vorkömmt, weils ich aus den Nachrichten, die ich zur Zeit 
meines Aufenthalts am Sunde in Copenhagen erhalten. Auch führen 
v. Düben und Koren diesen Seeigel von Kullen an. Kongl. Vet. Acad. 
Handl. f. 1844. p.279. Der gesuchte Seeigel mufs jedenfalls bei Helgoland 
und Helsingör häufig sein. Echinus neglectus scheint nach den zuletzt an- 
geführten Beobachtern der einzige Echinus zu sein, der bis in den Sund hin- 
untergeht, dieser wird bei Helgoland nicht gesehen. Der bei Helgoland häu- 
fige Echinus sphaera soll bei Kullen aufhören und nicht im Sunde vor- 
kommen. 

Was die Zähne unseres Seeigels betrifft, so schienen sie bei früherer 
Vergleichung mit den hohen und stark zusammengedrückten Zähnen der See- 
igel aus der Familie der Clypeastriden nicht zu stimmen. Die Zähne des 
Echinocyamus pusillus laufen nach Forbes Beschreibung in comprimirte 
Spitzen aus, welche an den Rändern abgerundet und gerinnt sind. Ich finde 
die Zähne der Echinocyamus und Fibularia viel weniger hoch als die der 
Clypeaster, Mellita, Arachnoides, Echinarachnius, doch sind die Zähne des 
Echinocyamus pusillus immer noch eomprimirt und gegen 1.—15mal so 
hoch als breit, sie sind übrigens dreikantig, an den Seiten etwas ausgehöhlt 
oder gerinnt; von den Zähnen der Echinus, welche ohngefähr so hoch als 
breit sind, unterscheiden sie sich hauptsächlich durch ihre gröfsere Schmal- 
heit oder gröfsere Höhe. Mit dem auf Taf. VII. Fig. 9° und Fig. 10° der 
der ersten Abhandlung abgebildeten Zahnrudiment verglichen, würden die 
Zähne eines Echinus oder vielmehr dessen Zahnspitze sehr gut stimmen, die 
Zähne von Echinocyamus sind beim erwachsenen merklich höher, indessen 
werden die Zähne von Echinocyamus nicht ausgeschlossen. Wir müssen 
nämlich bedenken, dafs wir in den abgebildeten jungen Zähnen nur die 
Zahnspitzen, nicht den zu seiner vollkommenen Höhe ausgebildeten Zahn 
vor uns haben und dafs die Höhe des Kiels an der Spitze von vorn nach 
hinten zunimmt, beim Wachsthum wird sich dieser Kiel daher leicht bis zu 
derjenigen Stärke erhöhen, welche der Zahn des Echinocyamus pusillus 
besitzt. 

D2 


28 MüLLERr 


Wenn die fraglichen Larven und Seeigel dem Echinocyamus pusillus 
also einem Clypeastriden angehören, so würde es sich erklären, warum ihre 
Charaktere so gänzlich von den Eigenschaften der Echinus und Spatangus 
abweichen oder vielmehr eine Fusion eines Theils der einen und andern sind. 
Übrigens ist der junge Seeigel dem Echinocyamus dermalen in der Gestalt 
wenig ähnlich, denn er ist nicht länglich platt, sondern rund und der von 
Stacheln freie Theil sogar stark erhaben. Die Stacheln würden ganz gut 
passen. Taf. VIH. Fig. 9. 

An dieser Stelle bleibt es zu erwägen, dafs alle solche Deutungen 
ohne die Controlle der künstlichen Befruchtung immer nicht völlig sicher 
sind und auch durch manche bei einzelnen Larven vorkommende Ab- 
weichungen gefährdet werden. Dahin gehört z. B. dafs es Ophiuren und 
Holothurien mit und ohne Metamorphose giebt, dafs Aurikeln beim Echinus 
brevispinosus erscheinen, dafs derselbe auch eine Andeutung des zweiten 
Paars der dorsalen Seitenarme der Echinoeidaris und Spatangen freilich ohne 
Kalkstäbe besitzt, dafs die Aurikeln der Larve des Spatangus purpureus 
nach Krohn keine Kalkstäbe enthalten, indem der Kalkbogen am Scheitel 
der Larve sich nicht bis in die Aurikeln fortsetzt. Mangel, Vorkommen und 
Ausbildung der Aurikeln beruhen indefs nur auf Variationen eines Theils, 
den alle Larven besitzen, während der Besitz oder Mangel der Wimper- 
epauletten etwas ganz Positives ist, welches auf die Entwickelung der Wim- 
perschnüre nicht redueirt werden kann. Der Mangel der Wimperepauletten 
bei den Larven von Echinocidaris kann hier nicht wohl in Betracht kommen, 
da die Gattungen Echinus und Echinocidaris in wichtigen Beziehungen 
gänzlich abweichen. Dann ist aber die Beschaffenheit der Sauger an unserm 
jungen Seeigel etwas, das sich mit einem Echinus nicht wohl verträgt. 

Lassen wir nun die Beschreibung der Larve in ihren verschiedenen 
Entwickelungszuständen folgen. 

Im jüngeren Zustande (2, 
Fortsätze, diejenigen der Markise und die ersten Fortsätze des Mundgestells, 
die Fortsätze der Markise enthalten einen gegitterten, die Fortsätze des 


) hat unsere Larve wie gewöhnlich nur 4 


Mundgestells einen einfachen Kalkstab, welcher mit dem erstern durch einen 
Bogen zusammenhängt, da wo das Gitter aufhört. Von da geht ein Ast lon- 
gitudinal im Körper der Larve gegen die Kuppel hin, ein zweiter longitudi- 
naler Ast geht von dem Kalkbogen des Mundgestells gleichfalls im Körper 


über die Gattungen der Seeigellarven. 29 


der Larve fort zur Kuppel, beide hängen im obersten Theil der Kuppel durch 
eine quere Leiste zusammen, so dafs auf jeder Seite des Larvenkörpers ein 
Kalkrahmen entsteht, der auf den Stützen der Markise und des Mundgestells 
ruht, wie bei der jüngeren Spatangoidlarve und bei der jüngeren Larve des 
Echinus brevispinosus. Aus den obern Ecken des Rahmens in der Kuppel 
setzt sich wieder, wie bei diesen Larven, ein Ast fort, einer nach der ventra- 
len Seite, der andere nach der dorsalen Seite der Kuppel. Die entsprechen- 
den Zweige beider Seiten begegnen sich sowohl an dem ventralen als an dem 
dorsalen Theil der Kuppel, ohne sich zu verbinden. Es entsteht dadurch 
an unserer Larve eine ventrale und dorsale mittlere Ecke der Kuppel. Aus 
dieser Beschreibung ergiebt sich, dafs der oberste Theil der Kuppel einen 
Kranz von Kalkbalken enthält, der aus 2 symmetrischen Hälften besteht und 
mit zugleich zu den seitlichen Kalkrahmen des Körpers der Larve gehört. 
Dadurch dafs die entgegenstrebenden Aste von rechts und links nicht ver- 
bunden sind, ist eine Erweiterung der Kuppel unter Verlängerung dieser 
Äste möglich. Unter dem Darm gehen die gewöhnlichen queren Kalkleisten 
hin, vom obern Ende der Gitterstäbe entspringend. Bis dahin gleicht das 
Kalkgerüste der Kuppel einigermafsen dem der jüngern Spatangoidlarve. Bei 
dieser geht der Kalkbogen zum Mundgestell mehr quer ab und ist daher die 
untere Seite des seitlichen Kalkrahmens des Larvenkörpers der oberen mehr 
parallel, somit dieser Rahmen regelmäfsiger viereckig. Bei unserer Larve 
dagegen ist der Anfang jenes Bogens gegen die Fortsetzung des Markisen- 
stabs in den Körper der Larve geneigt. Am meisten ähnlich sind unsere 
Larven jetzt der in der sechsten Abhandlung Taf. VII. Fig. 3—6. abgebil- 
deten Triestiner Larve, welche Krohn auf Echinus brevispinosus bezo- 
gen hat. 

Wenn die dorsalen Seitenarme entstehen, nimmt auch der Körper der 
Larve an Umfang zu, die dorsalen Seitenarme sind gegittert. Die Maschen 
ihres Gitters sind kürzer als an dem Gitter der Markisenarme, die letztern 
haben am Anfang der Stäbe sehr grofse lange Maschen, entfernter vom Ur- 
sprung sind diese Maschen nur halb so lang als am Anfang. Die Gitterstäbe 
sind wie gewöhnlich bei Seeigellarven dreikantig, es fehlt ihnen die leichte 
Drehung der Kanten, die man am Anfang der Gitterstäbe bei Echinocidaris 
und verschiedenen Spatangoiden bemerkt. 

Zu dieser Zeit hat der longitudinale Balken zur Kuppel aus den Mar- 


30 MÜürLter 


kisenarmen einen neuen Zweig aus seiner halben Länge entwickelt, dieser 
begiebt sich quer zur ventralen Seite des Larvenkörpers demjenigen der an- 
der andern Seite entgegen, ohne sich mit ihm zu verbinden, dieser Ast liegt 
oberflächlich noch über dem Darm, ähnlich wie bei Spatangen. Bei man- 
chen Exemplaren entsteht durch die starke Ausbildung der letztgenannten 
Kalkleisten eine buckelförmige Hervorragung der Körperwand auf der Ven- 
tralseite des Larvenkörpers über der Markise und über dem After. In allen 
ist der Körper von rechts nach links zusammengedrückt, dagegen breit von 
der Dorsalseite zur Ventralseite. 

Die dorsalen Gitterstäbe theilen sich am Ursprung in zwei Wurzeln, 
die eine derselben ist kurz, liegt in der Nähe des Kalkbogens für das Mund- 
gestel und breitet sich später in eine durchlöcherte Platte aus, die andere 
ist viel länger und theilt sich am Rücken des Larvenkörpers wieder in zwei 
Äste, wovon der eine nach dem Gipfel der Kuppel aufsteigt, der andere 
dem entsprechenden der andern Seite gekreuzt entgegengeht. Eine Ver- 
wachsung der Wurzel der dorsalen Gitterstäbe mit dem Kalkbogen für 
das Mundgestell tritt in der Regel nicht ein, doch habe ich unter mehreren 
einen Fall beobachtet, den ich mir nicht anders als durch eine Verbindung 
erklären konnte, welche übrigens schon einmal bei der ähnlichen Larve 
mit einfachen Schirmstäben gesehen ist. 

Die Entwickelung der Nebenarme und ihrer Kalkstäbe erfolgt wie 
gewöhnlich aus einem besondern gemeinsamen Kalkbogen der Rückseite, 
dessen Mitte wieder wie immer einen medianen Ast in die Rückenwand 
ausschickt. 


om 
g= 


m 
schon an der Seite innerhalb des Larvenkörpers mit den Anfängen der 


Reife Larven haben Zu dieser Zeit findet man den Seeigel 
Tentakeln und Stacheln angelegt und die Larve verändert sich nicht weı- 
ter, während der Seeigel seine Stacheln und Tentakeln ausbildet. Es 
kommt also weder zur Bildung von Wimperepauletten noch von Aurikel- 
fortsätzen und bildet die Wimperschnur nur einfach ihren Bogen an den 
Seiten des Körpers. 

Die reife Larve und der Seeigel sind grün und schwärzlich gespren- 
kelt, auch auf den Tentakeln sind langgezogene schmale schwärzliche 
Flecken. 

Beim Zerdrücken des freien Seeigels kommen noch einige Reste 


über die Gattungen der Seeigellarven. 31 


von dem Balkenwerk der Kuppel zum Vorschein, gleich wie auch die 
Wurzeln der Stäbe der dorsalen Seitenarme mit den ersten Maschen des 
frühern Gitters. In einem Kreise standen 10 netzförmige Kalkstücke und 
bei ihnen lagen die Zähne mit den Spitzen nach der Mitte gerichtet, 
sonst weit auseinander. Die Stacheln haben die bei jungen Seeigeln ge- 
wöhnliche Form und sind sechskantig ganz wie ich sie von diesem See- 
igel schon früher abgebildet habe. Sie hatten in einem Fall auf die ganze 
Länge bis zu ihrer Basis erst 7 Maschen in einer Längsreihe von Maschen, 
weniger als in den zu Helsingör abgebildeten Fällen, auch waren die Zahn- 
spitzen noch verhältnifsmäfsig kürzer als in jenen, so dafs die in Helsin- 
gör abgebildeten Exemplare sich um ein ganz geringes im Alter unter- 
scheiden. Die Füfschen hatten dieselbe Form wie zur Zeit, als der See- 
igel noch mit der ganzen Larve verbunden war und enthielten keine Spur 
eines Kalkringes. Der schon an der Larve sichtbare Gipfel des blasigen 
Endes der Füfschen ist jetzt noch bestimmter ausgebildet und lassen sich 
daran die charakteristische quere Abstutzung des Gipfels und das auf der 
Abstutzung befindliche, winzige spitze Wärzchen erkennen; die blasigen 
Knöpfe der Fühler sind übrigens jetzt etwas länglicher geworden als sie 
zur Zeit waren, als der Seeigel noch mit der Larve verbunden war. 


Nachträge zu den Asteri.larven. 


1. Ophiurenlarven. Rückenporus derselben. 


Bei Helgoland fanden sich diesmal 2 Ophiurenlarven, Pluteus para- 
doxus und die Larye der Ophiothrix fragilis; der erstere in einer erstaunli- 
chen Menge, so dafs an manchen Tagen viele Tausende durch das feine Netz 
zusammengebracht waren. Unter ihnen war die Varietät mit gegitterten 
Kalkstäben der Auriculararme nicht selten. Bei dieser Form war die Scheitel- 
spitze meist etwas schlanker und länger, die Seitenarme gerader und nicht 


32 MÜLLER 


platt, sondern abgerundet, so dafs man sie leicht für eine eigene Art neh- 
men könnte. Aber die Gröfse ist dieselbe, der Magen ist wie bei der andern 
grün und auch bei «der gewöhnlichen Form verlieren die Arme später zur 
Zeit der Entwickelung der Ophiure ihre Abplattung und werden vielmehr 
walzenförmig; auch giebt es hinsichtlich der bald mehr geraden bald gebo- 
genen Form der Auriculararme Übergänge. 

Bei den Ophiurenlarven des adriatischen Meeres hatte ich mich über- 
zeugt, dafs die Verbindungsbogen der Kalkstäbe an dem Scheitel der Larve 
in der Mitte nicht geschlossen sind, vielmehr die Zweige von beiden Seiten 
nur auf einander stofsen. Auch beim Pluteus paradoxus ist der Schlufs der 
der Bogen nur scheinbar, bei starken Vergröfserungen erkennt man vielmehr 
die solutio continui zwischen den dicht aneinander stofsenden Enden. Das 
Kalkskelet besteht daher nur aus zwei symmetrischen ganz von einander ge- 
trennten Hälften, wodurch das Wachsthum der Larve gesichert ist. Bisher 
fehlte noch die Beobachtung des Rückenporus in den Ophiurenlarven. Zur 
Zeit der ersten Beobachtung des Pluteus paradoxus war mir der Rücken- 
porus der Echinodermenlarven überhaupt noch unbekannt; derselbe wurde 
erst im J. 1849 an den Larven der Holothurien und Asterien, d. h. bei den 
Auricularien und Tornarien und bald darauf bei den Bipinnarien, zuletzt an 
den Seeigellarven aufgefunden, dagegen wollte es nicht gelingen diesen Porus 
an den Ophiurenlarven sicher zu beobachten. Ich suchte ihn an den adriati- 
schen Ophiurenlarven an der Rückseite des Larvenkörpers über dem in 5 
Blinddärmchen getheilten Säckchen, das seitwärts vom Schlunde liegt und 
die erste Anlage des Wassergefäfssystems ist. Ich glaubte auch beim Plu- 
teus bimaculatus zuweilen hier am Rücken, seitwärts von der Verbindung 
von Schlund und Magen einen kleinen Porus zu erkennen; aber bei der 
Schwierigkeit, diese verhältnifsmäfsig grofsen Larven in schiefer Stellung 
schwebend zu erhalten, konnte ich mich von der Verbindung des Säckchens 
mit einem Porus durch eine Röhre nicht überzeugen, und ich überging die- 
sen unsicher gebliebenen Punkt lieber ganz mit Stillschweigen. Den Plu- 
teus paradoxus fand ich zu diesen Beobachtungen viel mehr geeignet. Zur 
Zeit wo die erste Anlage des Wassergefälssystems in Form eines in 5 Blind- 
därmchen getheilten Säckchens zur Seite des Schlundes erschienen ist, be- 
merkt man auch immer einen kleinen Porus über dem Säckchen in der 
Rückenwand, seitwärts von der Mitte, in der Gegend zwischen Schlund und 


über die Gattungen der Sceigellarven. 33 


Magen. Um den Hals des Säckchens zum Porus zu sehen, ist es nöthig, den 


& 
Larven eine schiefe Stellung im Wasser zu geben, welches bei diesen kleinen 
Larven mit wenig langen Armen ziemlich leicht gelingt. Hat man die An- 
sicht auf den Rücken der Larve so, dafs die Fortsätze nach vorwärts, der 
Scheitel nach rückwärts gerichtet ist, so liegt der Porus constant auf der lin- 
ken Seite des Rückens zwischen Schlund und Magen. Taf. IX. Fig. 1. 

Der Rückenporus des Wassergefäfssystems ist nunmehr in den Larven 
der Holothurien, Seeigel, Asterien und Ophiuren beobachtet. 

Kürzlich war ich so glücklich, den Porus des Wassergefäfssystems in 
der erwachsenen Ophiolepis ciliata M. T. aufzufinden(!). Schon im Jahre 
1850 hatte ich den Steincanal der Ophiuren gefunden. Archiv f. Anat. Physiol. 
1850 p.121. Uber den Bau der Echinodermen. Abh. d. Akad. a. d. J. 1853. 
p- 201 (81), Taf. VI. Fig. 10.11. Dieser Canal entspringt aus einer kleinen 
Aushöhlung auf der innern Seite eines der 5 grofsen Mundschilder. Es ist 
dasjenige Mundschild, welches sich bei Ophiolepis ciliata durch einen erha- 
benen Umbo, bei Ophioderma longicauda durch einen vertieften Umbo aus- 
zeichnet. Dieses Schild war im System der Asteriden von Müller und Tro- 
schel, Braunschweig 1842 p. 3, als Ersatz der Madreporenplatte erklärt wor- 
den, und schon enthält der Vorläufer unserer Arbeit im Monatsbericht der 
Akademie von 1840 p. 106 diese ganz richtige Auffassung, die damals 
schwer begreiflich war und auch nicht allgemein angenommen worden ist. 
Aber es war niemals gelungen, eine Mündung an diesem Schilde zu bemer- 
ken. Daher ich schon vermuthete, dafs die Offnungen des Steinsacks viel- 
leicht innerliche im Eingeweideraum wie bei den Holothurien sein werden 
oder auch von den Genitalspalten ihren Zugang haben. Über den Bau der 
Echinodermen p. 202 (82). Nachdem ich kürzlich den Rückenporus der 
ÖOphiurenlaryen erkannt hatte, habe ich die Aufgabe nochmals in Angriff ge- 
nommen, diesen Porus in der erwachsenen Ophiure wiederzufinden. Sie ist 
bei Ophiolepis ciliata gelöst worden. Der Porus liegt in dem fraglichen 
Mundschild auf dem linken Rande desselben, dicht bei dem vordern Ende 
der angrenzenden Genitalspalte, und läfst sich an jedem trocknen Exem- 
plar dieser Ophiure mit der Lupe sogleich erkennen; er führt ins Innere 


G ) Der Monatsbericht der Akademie 1854 2. November enthält unter den Nachträgen 
über Echinodermenlarven auch hieyvon eine Anzeige. 


Phys. Kl. 1854. E 


34 MÜLLER 


des Schildes, nämlich in ein in der Substanz des Schildes versteckt liegendes 
Madreporenlabyrinth, welches sich in die auf der innern Seite des Schildes 
befindliche Aushöhlung oder den Anfang des Steincanals öffnet. Der äufsere 
Porus gehört dem Rande des Schildes selbst an, ist gänzlich äufserlich und 
setzt daher den Steincanal und das Tentakelsystem mit dem Seewasser in 
Verbindung. 


2. Bipinnaria von Helsingör und Ostende. Wassergefäfs- 
system und Rückenporus. 


Von Asterienlarven fand sich diesmal bei Helgoland die Bipinnaria 


von Helsingör in verschiedenen Stadien ihrer Entwickelung von. 4 — a 


Bei Exemplaren von 5” waren die beiden Blinddärme mit innerer Strömung, 
welche zu den Seiten des Magens und Schlundes liegen, schon vor dem 
Munde zur Form eines V verbunden, wie es auf Taf. I. Fig. 7 meiner zwei- 
ten Abhandlung abgebildet ist. Diese Verbindung ist in gleicher Weise von 
Van Beneden bei derselbigen Larve in Ostende beobachtet, welcher die 
beiden Säcke an jüngern Larven jedoch ganz getrennt gesehen hat. Bull. de 
l’Acad. Roy. de Belgique T. XVII. n. 6. Bei der Bipinnaria von Triest ist 
immer nur ein einziger wimpernder Sack entwickelt, der mit dem Rücken- 
porus zusammenhängt, dagegen liegen anfangs zu den Seiten des Magens wie 
bei den Larven der Ophiuren, Holothurien und Seeigel 2 längliche Körper, 
welche man überall von dem Sack mit innerer Wimperbewegung unter- 
scheiden kann. Vierte Abhandlung Taf. II. Fig. 6. Bipinnaria. Taf. I. Fig. 
1. 3. 9. Auricularia. Ich war geneigt, die Beobachtung von Van Beneden 
von ursprünglich zweien Säcken aus diesem Verhalten zu deuten. Daher 
hat es mich überrascht bei den Helgoländischen jungen Exemplaren der 
Bipinnaria von Helsingör und Östende von ” in der That 2 noch ganz 
getrennte Säcke, jeden mit innerer Strömung zu beobachten, und es schien, 
dafs sie auch am entgegengesetzten Ende ohne allen Zusammenhang waren. 
Sobald sie sich vor dem Munde vereinigt haben, so kann man die Strö- 
mung von Kügelchen aus dem einen in den andern Sack durch das Mittel- 
stück sehen und es ist daher die Scheidewand zwischen beiden verloren ge- 
gangen. Die innern Wände der Säcke sind mit Zellen belegt, in welchen 
auf Anwendung von Essigsäure die Kerne sichtbar werden. 


Der Rückenporus, welcher schon bei der Bipinnaria von Triest zur Be- 


über die Galtungen der Seeigellarven. 35 


obachtung kam, wurde jetzt auch bei der Bipinnaria von Helsingör beobachtet, 
wo er viel schwieriger wahrzunehmen ist. So lange noch zwei Säcke sind, 
ist nur der eine derselben mit dem Porus durch einen Hals verbunden (!). 
Wenn die Larve auf der Bauchseite liegt, und man die Ansicht der Rück- 
seite hat, das Flossenende der Larve nach vorn gerichtet ist, so ist es immer 
der linke Sack, der diesen Hals und seine Ötfnung besitzt, und hier bleibt 
diese Verbindung auch wenn die Säcke sich später an dem andern Ende ver- 
einigt haben, jetzt für beide zugleich. Die Larven widerstreben der Lage 
auf der Bauchseite und selbst der schwebenden Stellung mit der Bauchseite 
nach unten sehr und suchen immer wieder vermöge der Wimperbewegung 
die Bauchseite nach oben zu kehren. 

Sobald sich die Säcke vereinigt haben, wächst das Mittelstück des 
Sackes immer weiter bis zu den beiden Endilossen hin. so dafs es diese 
zuweilen fast ganz ausfüllt. Die übrigen Wimpel der Bipinnaria nehmen da- 
gegen keine Verlängerungen des Wassergefälssystems auf. 

Vom Seestern ist bei Larven von # noch nichts entwickelt, doch er- 
kennt man jetzt über dem Magen schon einige wenige dreischenklige Kalk- 
figuren, welche auf die baldige Ausbildung des Perisoms des Seesterns hin- 
deuten. 


3. Neue Art von Brachiolaria(?). 


In der zweiten Abhandlung über Echinodermenlarven beschrieb ıch 
unter dem Namen Brachiolaria eine 1847 in Helsingör beobachtete Aste- 


(!) Auf eine Mittheilung hievon an Hrn. Dr. Krohn hat mir derselbe unterm 17. Oc- 
tober d. J. erwiedert, dals sich die Bipinnaria asterigera gleichwie die Bipinnaria von Marseille 
in Betreff der Wassergefälssäcke und des Rückenporus ganz so wie die Bipinnaria von Helsin- 
zör verbalten und dals er bei sehr jungen Individuen der Bipinnaria von Marseille sich von der 
ursprünglichen Trennung der beiden Säcke gleichfalls überzeugt habe. Dies Verhalten ist um 
so eigenthümlicher, als andere Asterienlarven, wie die Bipinnaria von Triest und die Tornaria 
mit allen übrigen Echinodermenlarven in dem Besitz nur eines einzigen ursprünglichen Was- 
sergefälssackes übereinstimmen. Die Bipinnaria asterigera und die Bipinnaria von Triest wei- 
chen übrigens noch in einem andern wesentlichen Punkte ab. Bei ersterer ist die von der 
Larve abgewendete Seite des sich entwickelnden Seesterns die Bauchseite, bei letzterer nach 
Krohn's Beobachtungen (Archiv £. Anat. Physiol. 1853. p- 317) die Rückseite. 


2) Monatsbericht der Akademie v. 16. März 185/. 
E2 


36 MüLtER 


rienlarve, welche den Bipinnarien verwandt, sich von diesen dadurch unter- 
scheidet, dafs sie statt der Flossen an dem einen Ende 3 mit einem Stern von 
Papillen gekrönte Arme hat. Von dieser Larvenform sah ich in Messina eine 
zweite Art, welche in der Ausbildung des Seesterns begriffen war. Es waren 
3 mit Papillen besetzte Arme an derselben Stelle vorhanden, und die Wim- 
pel waren ähnlich; aber die Anordnung der Papillen war gänzlich abwei- 
chend, und die Arme sind mehr abgeplattet, so dafs sie eine ventrale und 
dorsale Fläche besitzen. Hierdurch wird die Eigenthümlichkeit der Brachio- 
larien als Gattung von Asterienlarven noch augenscheinlicher, als sie es bis- 
her schon war. 

Der Brachiolaria von Helsingör fehlten die Endwimpel oder Flossen 
der Bipinnarien völlig. Die dorsale Wimperschnur machte ihren Bogen über 
die Basis des Mittelarms, während die ventrale Wimperschnur dem Mittel- 
arm bis nahe zum Ende folgte. Die Brachiolaria von Messina von Ei Gröfse, 
deren paarige Wimpel ebenso wie bei dem Thier vom Sunde stehen, besitzt 
einen dorsalen unpaaren Wimpel oder die dorsale Flosse einer Bipinnaria. 
Die ventrale Flosse der Bipinnarien fehlte und ihre Stelle war von den Ar- 
men der Brachiolaria eingenommen, welchen die ventrale Wimperschnur 
g, auf- 


Eh 
und absteigend. Die Papillen bildeten bei der Brachiolaria von Helsingör eine 


bis zum Ende folgte, indem sie von einem zum andern Arm übergin 


Krone auf den Enden der Arme, bei der Brachiolaria von Messina mit plat- 
tern Armen waren die Ränder der Arme auf der ventralen Seite in ganzer 
Länge und bis auf den Gipfel der Arme mit Papillen oder Zapfen besäumt, 
so zwar, dafs diese Papillen dicht neben der Wimperschnur auf der ventra- 
len Seite der Ränder standen und sich zuletzt auf der ventralen Seite der 
Armenden anhäuften. 

In der Abhandlung über den allgemeinen Plan in der Entwickelung der 
Echinodermen wurden die festsitzenden Echinaster- Larven und die schwär- 
menden Bipinnarien und Brachiolarien verglichen und es ergab sich, dafs die 
Wimpel der Bipinnarien und Brachiolarien den Armen der festsitzenden Lar- 
ven nicht homolog sind, dafs vielmehr das Analogon der Arme der letztern 
die 3 hohlen mit Papillen besetzten Arme der Brachiolaria sind, so dafs Bra- 
chiolaria sowohl die Wimpel der Bipinnarien als die Arme der Echinaster- 
larve besitzt. 


Bei der neuen Brachiolaria von Messina sind die 3 fraglichen Arme 


über die Gattungen der Seeigellarven. 32 


ebenfalls hohl, die ihre Höhle auskleidende besondere Membran setzt sich in 
die Haut eines mittlern grofsen Raums der Larve fort, der sich bis zum See- 
stern und wahrscheinlich bis in sein Inneres erstreckt. Bei der Echinaster- 
larve setzt sich die innere Membran der hohlen Arme in die innere Haut der 
Körperwände des Seesterns fort. Im Innern des Pedunkels der Echinaster- 
larve von Amerika hat Agassiz eine Strömung beobachtet, diese Strömung 
ist auch schon in den hohlen Armen der Brachiolaria von Helsingör gesehen. 
Ein Rückenporus der Larve wurde nicht beobachtet und war der hintere 
Theil des Körpers wegen der vorgeschrittenen Entwickelung des Seesterns 
und seiner Kalkfiguren zu undurchsichtig, um so sowohl hierüber als über 
die erste Anlage der Tentakelkanäle etwas auszumitteln. 

Es entsteht die Frage, ob der mit innerer Strömung versehene Raum 
der Brachiolaria dem wimpernden Sack der Bipinnarien oder der Höhle der 
Arme und des Körpers der Echinasterlarve entspricht. Die neuere Beobach- 
tung über die Bipinnaria von Helsingör, bei welcher der wimpernde Sack 
seine Verlängerungen bis in die-beiden Endflossen treibt, ohne dafs die an- 
dern Wimpel davon gefüllt werden, macht es wahrscheinlich, dafs der die 
Arme der Brachiolaria ausfüllende Schlauch nichts anders als eine Verlänge- 
rung des Wassergefäfssackes wie bei den Bipinnarien ist. 

Die Bedeutung der wimpernden Höhle in den Pedunkeln der Echin- 
asterlarve, welche sich in die Körperhöhle derselben fortsetzt, hat noch nicht 
sicher festgestellt werden können. Gewils ist, dafs sich diese Höhle später 
in zwei Theile sondert, die Höhle der Pedunkel und die Bauchhöhle des 
Seesterns. Ein Zusammenhang der Höhle des Pedunkels mit dem Wasser- 
gefälssystem des Seesterns war schon vermuthet, hat aber bis jetzt nicht nach- 
gewiesen werden können. 

Die Echinasterlarve besitzt zwischen den 4 Armen eine räthselhafte 
napfartige Warze. Eine gleiche Warze besitzt nun auch die Brachiolaria 
zwischen den 3 Armen. Schon in der Brachiolaria von Helsingör wurde ein 
runder trüber Körper an der Ventralseite der Basis des Mittelarms beschrie- 
ben und abgebildet. In der Brachiolaria von Messina ist dieser Theil wieder- 
gesehen und weiter beobachtet. Er befindet sich auch hier an der ventralen 
Wand der Basis des Mittelarms zwischen den 3 Armen und es ist ausgemit- 
telt, dafs es eine flach über den Körper der Larve vorspringende napfartige 
Warze ohne Öffnung ist. Wenn gleich die Bedeutung dieser Warze weder 


33 MürLrLer 


bei der festsitzenden Echinasterlarve noch bei der schwärmenden Brachiola- 
ria festgestellt werden konnte, so ist doch wenigstens die in ihrer Gegenwart 
liegende Bestätigung der Homologien der Echinasterlarve und Brachiolaria 
willkommen. 

Ob die Brachiolarien von ihren Armenden analog der Echinasterlarve 
auch zum Anhalten an fremden Körpern Gebrauch machen, ist dermalen 
noch ungewifs. Man mufs auch gespannt sein zu erfahren, ob die Wimpel 
und die Arme gleichzeitig entstehen oder ob den Wimpeln ein Zustand ver- 
gleichbar der Echinasterlarve vorausgeht. 

Der an dem hintern Theil des Körpers der Larve entwickelte Stern 
mit Kalknetz umschlofs die Verdauungsorgane mit Ausnahme des Schlun- 
des. Der Stern war am Umfang gezackt, aber noch nicht pentagonal und 
sein Umfang gegen die Larve zu noch weit offen, die Tentakel noch- 
nicht hervorgebrochen. 

Die fünfblätterige Figur auf der Ventralseite des gelappten Hintertheils 
der Brachiolaria von Helsingör war anfangs auf das Echinoderm gedeutet. 
Aus dem Studium der Auriecularia ergab sich dann, dafs der Stern von Blind- 
därmehen nur die Anlage des Tentakelsystems des Echinoderms ist. III. Ab- 
handlung p. 40 (8). Dieselbige Tentakelanlage wurde in der IV. Abhand- 
lung bei der Bipinnaria von Triest festgestellt. Aus den Beobachtungen über 
die Entwickelung des Seesterns in der Bipinnaria von Triest und in der Bra- 
chiolaria von Messina folgt auch, dafs der gelappte mit Kalknetz durchzo- 
gene Hintertheil der Brachiolaria von Helsingör nicht dem Körper der Larve 
allein angehören kann, vielmehr der künftige Seestern selbst ist. 


——e —— 


Fig. 1. 


Fig. 2. 
Fig. 


» 


Fig. 4. 
Fig. 5. 
Fig. 6. 


—r 
. 


Fig. 
Fig. 
Fig. 


vo on 
Di « 


über die Gattungen der Seeigellarven. 39 


Erklärung der Abbildungen. 


at. 


Larve des Echinus brevispinosus R. 


Die Varietät der Larve mit gegitterten Stäben der 4 Schirmarme, von der Bauchseite. 
Grölse 

Dieselbe von der Rückseite. 

Die Varietät mit Gitterstäben der Markisenarme und einfachen Stäben der dorsalen 
Seitenarme, nach Ausbildung der Wimperepauletten. Ansicht der Bauchseite. a Mund, 
o After. 

Ähnliche Ansicht bei mehr geneigtem Scheitel. 

Dieselbe Varietät. Rückseite. n Dorsale Lappen. 

Dieselbe Varietät. Seitenansicht. x Hohlkehlenförmiger Theil der Markise. « Mund. 
y Wimperepauletten, rn dorsale Lappen, z Mundgestell. 

Das obere Ende des Gitterstabs der Markise (von der ersten Varietät). 

Endtheil des Stabs der Markisenarme (von der zweiten Varietät). 

Der hohlkehlenförmige Vorsprung der Markise von der Seite und unten bei gesenkter 
Stellung des Scheitels der Larve. 


Taf. D. 


Larve der Echinocidaris aequituberculata Desm. 


Die gegenwärtigen Abbildungen sporadischer auf Echinocidaris bezogener 
Larven beginnen kurz nach dem Stadium bis zu welchem Busch seine durch künst- 
liche Befruchtung erzielten Larven erzogen hat. Busch Beobachtungen über Ana- 
tomie und Entwickelung einiger wirbellosen Seethiere. Berlin 1851. Taf. XII. 
Fig. 10. 11. 
Junge Larve von der Bauchseite. @ Schlund. 3 Magen. c Darm. 
Dieselbe von der Seite. 
Verticale Ansicht von den Kalkleisten im Scheitel. 
Eine weiter fortgeschrittene Larve mit 4 Armen von der Bauchseite. 
Dieselbe von der Seite, 


am 
er 


10 groß. 


‘ 


Fig. 
Fig. 
Fig. 


Fig. 
Fig. 


Fig. 


Fig. 


Fig. 


Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 


1. 


[57 


3-5. 


10. 
11. 
12. 
13. 


MÜürLteEr 


Die Larve aus der Zeit, wo die Aurikeln sich zu entwickeln beginnen, von der 
Bauchseite. 

Dieselbe, ganz seitlich. 

Verhalten der Kalkleisten und der Kanten der Markisenstäbe. 

Eine Larve aus diesem Stadium von der Rückseite. 

Kalkskelet einer Larve, bei der die Gitterstäbe der dorsalen Seitenarme sich ent- 
wickeln. Ansicht der Rückseite. 


. Detail des dreikantigen Markisenstabs. 


Dasselbe von dem Theil des Stabs, wo sich das Gitter entwickelt. 


. Detail von dem Gitterstab der dorsalen Seitenarme. 


Durchschnitt des dreikantigen Stabs der Markisenarme. 


Lat ılT, 


Larve der Echinocidaris aequituberculata. 


Von der Bauchseite. Es fehlen noch die Nebenarme des Mundgestells und das zweite 
Paar der dorsalen Arme. ie 

Eine weiter entwickelte Larve, wo diese Arme und die Wimpel des Schirms ausge- 
bildet sind, von der Bauchseite. 

Dieselbe von der Rückseite. 

Dieselbe halbseitlich. 


Reife Echinocidarislarve mit Pedicellarien und beginnender Entwickelung des Seeigels. 


ar aVe 


Larve der Echinocidaris aequituberculata. 


Lauf der Wimperschnur an der reifen Echinocidarislarve. Verticale Ansicht auf den 
Gipfel. aa ventrale, 55 dorsale WWimpel des Schirms, cc Markisenarme, dd dorsale 
Seitenarme, ee Auriculararme. 

Ausbreitung der Kalkstäbe des Schirms in Kalkplatten aus der reifen Echinoeidaris- 
larve, unter dem Deckplättchen. aa Markisenstäbe, 5 dorsaler Seitenstab. 

Junge Seeigel von 5 von der Echinocidarislarve, von verschiedenen Seiten. An 
einem derselben standen ein ungegitterter dreikantıger Stab Fig. 6 und zwei gegit- 
terte dreikanlige Stäbe Fig. 7 hervor. Fig. 8. (Querschnitt der dreikantigen Stäbe. 
Auch trat bei der Compression des Seeigels der Rest des Auriculargerüstes Fig. 9 
hervor. 

Einer der dünneren Stacheln des Seeigels. 

Einer der dickern am Ende abgeplatteten Stacheln. 

Pedicellaria des jungen Seeigels. 

Eines der Fülschen des jungen Seeigels mit dem Kalkring. 


Fig. 1. 


Fig. 2. 


Fig. 3. 
Fig. 4. 
Fig. 5. 


Fig. 6. 


Fig. 1. 
Fig. 2. 
Fig. 3. 
Fig. 4. 


Fig. 5. 
Fig. 6. 


Fig. 7. 


Fig. 8 


Fig. 9. 


über die Gattungen der Seeigellarven. 44 


Tabu V. 


Larve von Messina mit Gitterstäben der Schirmarme, mit Aurikeln und Wimpeln 
des Schirms p. 9. Seitenansicht. 

Die Beobachtung dieser Larve, welche wegen der gespreitzten Stellung der Schirm- 
arme vielleicht verletzt ist, hat nicht zu Ende geführt werden können, da sie durch 
einen unglücklichen Zufall zu Grunde gegangen ist. Ich habe keine Ansichten der 
Bauch- und Rückseite und auch keine Ansicht des Scheitels erhalten. 

Der Körper dieser Larve stärker vergrölsert. 

4A Markisenarme. BB Dorsale Schirmarme. CC DD Arme des Mundgestells. EE 
Aurikeln. a Schnabel oder Hohlkehle der Markise. m Die 4 Wimpel des Schirms. 
n Dorsale Lappen. 

Ansicht der Larve auf die concave Seite des Schirms. Bezeichnung wie vorher. 
Gitterwerk der dreikantigen Stäbe der Schirmarme. 

Spatangoidlarve von Messina mit sehr langem Scheitelfortsatz. Es fehlen noch die 
Nebenarme des Mundgestells, wovon man nur die erste Spur sieht, die Auriculararme 
und das zweite Paar der dorsalen Arme. Bauchseite. 

Reife Spatangoidlarve von Messina, woran alle diese Arme entwickelt sind. Bauchseite. 
Beide Spatangoidlarven gehören der Form mit ganz gegitterten Stäben der 4 Schirm- 
arme und des Scheitelfortsatzes an. 


KattıNd. 


Spatangoidlarven von Messina. 


Ganz junge Spatangoidlarve noch ohne Scheitelstab, von der Seite. 

Desgl. halbseitliche Ansicht der Bauchseite. 

Gipfel der Larve von der Bauchseite. 

Kalkgerüst aus der Zeit, wo der Scheitelarm ausgebildet ist. a Markisenarm. d Primä- 
rer Arm des Mundgestells. 

Scheitelarm. 

Eine Spatangoidlarve aus der Zeit, wo der Körper 5 Arme hat, von der Seite. Von 
den Armen ist nur der Anfang abgebildet. a Schlund, 2 Magen, c Darm. 
Spantangoidlarve mit 11 Fortsätzen, die Auriculararme sind noch nicht entwickelt. 
o Alter, 1 Markisenarm, 2 dorsaler Seitenarm, 3 primärer, 4 secundärer Arm des 
Mundgestells, 5 zweiter dorsaler Seitenarm, 6 Scheitelarm. Die Mundgestellarme sind 
ganz, von den übrigen ist nur der Anfang abgebildet. : 
Kalkgerüst der Spantangoidlarve mit ungegitterten Schirmarmen, aus der Zeit, wo die 
Larve 5 Arme hat. Seitenansicht. Nur der Anfang der Arme ist abgebildet. 

a Markisenarm. 6 Primärer Arm des Mundgestells. 

Desgl. Ansicht von der Bauchseite. 


Phys. Kl. 1854. F 


42 


Fig. 10. 
Fig. 11. 
Fig. 12. 


Fig. 1. 
Fig- 2. 


Fig. 3. 


Fig. 6-9. 


MÜLLER 


Desgl. Rückseite. 
Schiefer Lauf der Kanten am Scheitelstab. 
Dreikantiger ungegitterter Kalkstab des Markisenarms. 


Taf. Vi. 


Spatangoidlarven von Messina. 


Die Spatangoidlarve mit ungegitterten Stäben der 4 Schirmarme, von der Bauchseite. 
Die Spatangoidlarye mit gegitterten Kalkstäben der Schirmarme, von der Bauch- 
seite. Von den Fortsätzen ist nur der Anfangstheil gezeichnet. Auf der einen Seite 
ist der Kalkstab des Auricularfortsatzes, auf der andern die Fortsetzung der Wimper- 
schnur vom Arm der Markise auf den Auricularfortsatz abgebildet. 

Kalkgebilde aus der Larve mit gegitterten Kalkstäben der 4 Schirmarme unter dem 
Deckplättchen. 

a Kalkstab des Scheitelarms mit dem Bogen für die Aurikeln r. — db dd Kalkstäbe der 
Schirmarme. c Kalkstab des primären Mundarms. e Kalkbogen in der Rückenwand 
für die secundären Arme des Mundgestells f und das zweite Paar der dorsalen Seiten- 
arme g. 

Kalkbogen aus einer Larve mit gegitterten Kalkstäben der 4 Schirmarme mit den von 
dem Bogen abgehenden Kalkstäben der Aurikeln. 

Bruch des dreikantigen Theils des Kalkstabs der Aurikel. 

Entwickelung der Schenkel des Kalkbogens aus den Schenkeln der Basis des Scheitel- 


stabs. Ansichten von verschiedenen Seiten und von verschiedenen Exemplaren. 


Fig. 10-11. Ein Theil der Kalkgebilde aus geprelsten reiferen Spatangoidlarven. 


Fig. 12. 


a Scheitelstab und Kalkbogen für den Stab der Aurikel %, » Wurzel des Kalkstabs des 
Markisenarms. c Der davon abgehende Ast zu dem primären Mundarme. d Wurzel 
des dorsalen Schirmarms. 

Markisenstab und Ast zum Mundgestell aus einer reifen geprelsten Spatangoidlarve. 


Taf. VIH, 


Larve mit Gitterstäben ohne Epauletten zum Seeigel mit Zähnen von Hel- 


Fig. 1. 


Fig. 2. 
Fig. 3. 
Fig. 4. 


singör und Helgoland. 


Larve aus dem jüngeren Stadium mit 4 Fortsätzen. 

a Mund, 5 Schlund, ce Magen, d Darm, e After. 

Dieselbe von der Seite. 

Eine weiter fortgeschrittene Larve dieser Art mit 8 Fortsätzen, von der Rückseite. 
Eine Larve dieses Stadiums, von der Seite. 

5 Schlund, ce Magen, d Darm, e Alter. 


Fig. 5. 


Fig. 6. 


Fig. 7. 


Fig. 8. 
Fig. 9. 


Fig. 10. 
Fig. 11. 


Fig. 12. 


Fig. 1. 


Fig. 1*. 


Fig. 2. 


Fig. 3. 
Fig. 4. 
Fig. 5. 


Fig. 6. 


Fig. 7. 


über die Gattungen der Seeigellarven. 43 


Larve aus demselben Stadium bei mehr gesenkter Stellung der Kupdı wo die Längs- 
dimensionen des Kalkrahmens verkürzt erscheinen. 

Ähnliche Larve halbseitlich von der Bauchseite. 

a Kalkleiste unter dem Darm. 2 Kalkleiste über dem Darm zur ventralen Wand des 
Larvenkörpers. 

Die reife Larve von der Bauchseite. Man sieht die Anlage des Seeigels über dem Ma- 
gen und Darm auf der linken Seite. 

Die Larve während der Metamorphose in den Seeigel. 

Ein mit dem feinen Netz gefischter junger Seeigel von ER mit blasigen Enden der Füls- 
chen ohne Kalkscheibe. 

Eines der Füfschen stärker vergrölsert bei der Ausstreckung. 

Derselbige Seeigel unter dem Deckplättchen. Man sieht die Reste der Kalkstäbe mit 
Gitter und die 5 Zahnspitzen. 

Ende eines Fülschens von Echinocyamus tarentinus von einem in Weingeist aufbe- 
wahrten Exemplar. Breite des Knopfes 35 


rat. “I 


Asteridlarven. 


Rückseite einer Ophiurenlarve, Pluteus paradoxus. 

a Schlund, # Magen, ec wurstförmige Körper, d Säckchen mit 5 Blinddärmchen, erste 
Erscheinung des Wassergefälssystems, e Porus desselben auf dem Rücken der Larve. 
Verbindung des Rückenporus mit dem Hals des Säckchens, sichtbar bei schiefer Stel- 
lung der Larve. Bezeichnung wie vorher. 

Äussere Oberfläche eines interradialen Feldes von Ophiolepis ciliata mit dem durch 
einen Umbo a ausgezeichneten Mundschilde. Die Anschwellung Umbo enthält das 
Madreporenlabyrinth versteckt, zu welchem der am linken äussern Rande des Schildes 
liegende Porus führt. & Schuppen der Bauchwand. — c Mundecke und Mund- 
papillen. 

Ein sehr junges Exemplar der Bipinnaria von Helsingör von En Grölse, von der Rück- 
seite. a Schlund, # Magen, c Darm, d, d die beiden Wassergefälssäcke, e Verbindung 
des linken Sacks mit dem Rückenporus. 


Älteres Exemplar der Bipinnaria von Helsingör von 2- " Grösse, von der Rückseite. 


Bezeichnung dieselbe. Die beiden Säcke des a, sind jetzt vor dem 
Mund verbunden. 

Halb seitliche Ansicht. Bezeichnung wie vorher. e Porus des Wassergefälssacks. 

Ein Exemplar der Larve, bei dem sich der Wassergefälssack bis in die Endflossen ver- 
längert hat; von der Rückseite, 

Brachiolaria von Messina, von der Bauchseite. 

a Schlund, 5 Magen, c Anlage des Seesterns, d dorsale Endflosse, e,e,e die 3 Arme 


statt der ventralen Endflosse, f vorderer ventraler Seitenwimpel, g hinterer ventraler 


F2 


44 MÜLLER 


Seitenwimpel, f’ vorderer dorsaler, g hinterer dorsaler Seitenwimpel, % Auricular- 
wimpel, x die dunkle Warze zwischen den Armen. 

Fig. 8. Dieselbe bei abweichender Stellung der Wimpel. 

Fig. 9. Dieselbe von der Seite. 
a Mund. i Wassergefälssack bis in den Grund der Arme verlängert. Die übrige Be- 
zeichnung wie vorher. 

Fig. 10. Dieselbe von der Rückseite. 
d Endflosse, f‘ vorderer dorsaler, g’hinterer dorsaler Seitenwimpel, % Auricular- 
wimpel. 

Fig. 11. Vorderer Theil der Brachiolaria von der Seite. & Die Warze. i Wassergefälssack bis 
in den Grund der Arme verlängert. d Dorsale Endflosse. 

Fig. 12. Das Ende des unpaarigen Arms mit den Zapfen. 


über die Gattungen der Seeigellarven. 45 


Alphabetische Nachweisung 


{e) 


zu den Abhandlungen über Echinodermenlarven. 


[Die römische Zahl bezieht sich auf die Folge der Abhandlungen, die Jahreszahl auf den Jahrgang der Ab- 
handlungen der Akademie, die Parenthese bezieht sich auf die Pagina der besonderen Abdrücke.] 


After der Holothurien III. 1s48 p. 42 (10). 
VI. 1852 p. 50 (26). 
After der Ophiurenlarven IV. 1850 p. 50 (14). 
V. 1851 pP. 36 (4). 
After der Seeigellarven I. 1846 p. 284. 307 (12. 35). 
IV. 1850 p. 50 (14). 
Altersunterschiede der Echinuslarven IV. 1850 p. 50 (14). 
Alltersunterschiede der Seeigellarven VII. 1854 p. 2. 
Altersunterschiede der Spatangoidlarven VII. 1854 p. 16. 
Arme der Echinodermenlarven. VI. 1852 p. 45 (21). 
Vergleichung derselben. 
Armglieder der Ophiuren, I. 1846 p. 281 (9). 
Bildung der neuen Glieder V. 1851 p. 46 (14). 
Asteracanthion Mülleri VI. 1852 p. 35 (11). 
Asterienlarven, verschiedene Formen II. 1s4s p.75 (3). 
III. 1849 p.55 (23). 
IV. 1850 p. 66 (30). 
Asterienlarve wurmförmige III. 1849 p.53 (26). Taf. VI. Fig. s—12. Taf. VII. Fig. 1—4. 
IV. 1850 p. 76 (40). 
VI. 1852 p. 60 (36). Taf. I, Fig. 15. 16. 
Asterien von Triest IV. 1850 p. 66 (30). 
Atlas Lesueur VI. 1852 p. 60 (36). 
Augenflecke der Tornaria II. 1s48. p. 102 (30). 
Auricularfortsätze VI. 1852 p. 46 (22). 
Auricularfortsätze einiger Seeigellarven VII. 1854. p. 6. 9. 19. 
Auricularia mit Kalk-Rädchen II. 1348 p. 93 (26). Taf. IV. 
III. 1849 p.38 (6). Taf. I. I. III. Fig. 1—7. 
IV. 1850 p. 43. (7). Taf. I. Fig. 1—4. 


46 MürLser 

Auricularia mit Kugeln II. 1848 p. 100 (25). Taf. V. Fig. 1—3. 
III. 1849592508.(18) Da IV _V. 
IV. 1850 P.392.@) Ta I: 
VL 1852 p.47 (23). Taf. II—VI. 


Aurikeln der Echinodermenlarven 
Aurikeln einiger Seeigellarven 
Bewegung der Echinodermenlarven 


Bilaterale Wimperschnur 


VL 1852 p.46 (22). 

VII. 1854. p. 6. 9. 19. 

I. 1846 p. 278. 280. 284. (6. 8. 12) 
II. 1548 p. 78. 96. 103. (6. 24. 31.) 

. 1849 p. 37. 40. A1. 44. (5. 8. 9. 12.) 
. 1850 p. 68. 76. (32, 40.) 

« 1351 p. 37 (5). 

VII. 1854 p. 8. 


III. 18/9 p. 67 (35). 


VI. 1852 p.42 (18). 


Bipinnaria, Arten II. 1848 


p- 75 (3). 


IV. 1850 p. 67 (31). 
VII. 1854 p. 34. 


I. 
IT. 18 
III. ıs 


Bipinnaria asterigera 


1846 p. 301 (29). 


48 p. 81 (9). Taf. II, Fig. 1—3. 
49 p. 61 (29). Taf. VII, Fig. 5—8. 


VII. 1854 p. 34. 
Bipinnaria, Eingeweide II. 1848 p. 78. 82 (6. 10). 


II 


Bipinnaria von Helsingör 


VL. 


Bipinnaria von Marseille II. 


VII. 


Bipinnaria von Triest IV. 
Bipinnaria, Wassergefälssack 


. 1848 p. 77 (5). Taf. I, Fig. 1—7. 
1854 p. 34. Taf. IX. Fig. 3—6. 
1848 p. 80 (8). Taf,I. Fig. 8. 9. 
1554 p. 34. 
1850 p. 67 (31). Taf. II. Fig.5—13. Taf.III. IV. V. Fig. 1—10. 
II. 1848 p. 80 (8). 
IV. 1850 p. 68 (32). 


VII. 1854 p. 34. 


Bläschen mit Doppelkörnern d 


II. 
II. 


1848 
1849 
VI. 1852 
VI. 1854 
Brachiolaria von Helsingör 


Brachiolaria 


P 


Brachiolaria von Messina 


Cidaris, Fülse derselben I. 
VI. 
Chirodota violacea Pet. III. 


III. 18/9 p. 
VI. 1852 p. 


Comatulalarve 


P- 


P- 
P- 


III. 1849 p.42 (10), 
IV. 1850 p. 45 (9). 
94 (22). Taf. II. Fig. 4. 5. Taf. IH. 

. 40. 57 (8. 25). 

36, 44 (12.17). 

35. Taf. IX. Fig. 7—12. 

II. 1848 p. 94 (22). Taf. II. Fig. 4. 5. Taf. II. 
III. 1849 p. 40. 57 (8. 25). 


er jungen Holothurien 


VII. 1854 p. 35. Taf. IX. Fig. 7—12. 


1846 p. 298 (26). 

1354 p. 26. 

1849 p. 47 (15). Taf. II. Fig. 8. 
66 (34). 

54 (30). 


über die Gattungen der Seeigellarven. 47 


Contractile Organe der jungen Holothurie IV. 1850 p. 46 (11). 
Derbes Seeigellarve III. 1549. p. 67 (35). 
IV. 1850 p. 49 (13). 
VI. 1854 p. 2. 
Doppelkörner in den Bläschen am Kalkring III. 1849 p. 42 (10). 
der jungen Holothurien IV. 1850 p. 45 (9). 
Echinasterlarve, adriatische IV. 1850 p. 66 (30). 
VI. .1852 'p. 30..32'(6. 8). 
Echinasterlarve von Nordamerika II. 1848 p. 9ı (19). 
Echinasterlarve von Sars I. 1846 p. 275. 292 (3. 20). 
lI. 1848 p. 93 (2ı). 
VI. 1852 p. 33 (9). Taf. I. Fig. 1—14. 
Echinaster oculatus M. T. VI. 1852 p. 33 (9). 
Echinaster sanguinolentus Sars VI. 1852 p. 33 (9). 
Echinaster Sarsii M. T. VI. 1852 p. 33 (9). 
Echinocidarislarve VII. 1854 p. 10. Taf. II—IV. 
Echinocyamus VI. 1554 p. 26. 
Echinus brevispinosus, Larve VII. 1354 p.3. Taf. I. 
Echinuslarve, Gattungs - Charaktere VI. 1354 p.3. 
Echinuslarven, Arten I. 1846 p. 282 (10). 
IV. 1850 p. 49. 60 (13. 24). 
VI. 1852 p. 53 (34). 
VII. 1854 p.3. 
Echinuslarven von Helgoland I. 1846 p. 282 (10). Taf. IV—VI. Taf. VII. Fig. 1—3. 
Echinuslarve von Triest mit Kalkkugeln VI. 1852 p.58 (34). Taf. VII. Fig. 1. 2. 
Echinus lividus, Larve desselben III. 1549 p. 67 (35). 
IV. 1850 p.49 (13). Taf. VI. Fig. 7—14. Taf. VII. Fig. 1-8. 
Echinus pseudomelo Bl. IV. 1850 p.4s (12). 
Echinus pulchellus Ag. IV. 1850. p. 48 (12). 
Echinus pulchellus, Larve desselben IV. 1850 p. 60 (24). Taf. VI. Fig. 1—6. 
Echinus von Helsingör I. 1846 p. 288. 304 (16. 32). 
VI. 1854 'p. 27. 
Eicanal der Holothurien IV. 1850 p. 77 (41). Taf. IX. Fig. s. 9. 
Eicanal der Ophiuren IV. 1850 p. 78 (12). 
Eier der Echinodermen IV. 1850 p.77 (A1). Taf. IX. Fig. 8. 9. 
Eier der Holothurien IV. 1850 p. 77 (41). Taf. IX. Fig. 8. 9. 
Eingeweide der Bipinnarien II. 1848 p. 78. 82 (6. 10). 
IV. 1850 p. 67 (31). 
V. 1851 p.54 (22). 
Eingeweide der Echinodermenlarven VI. 1852 p.38 (14). 
Eingeweide der Holothurienlarcven III. 1849 p. 37 (5). 
Eingeweide der Ophiurenlarven I. 1846 p. 277 (5). 
V. 1851 p.36 (14). 


48 MÜLLER 


Eingeweide der Seeigellarcven I. 1346 p. 284 (12). 
IV. 1850 p. 50 (14). 
Festsitzende Echinodermenlarven VI. 1852 p. 29 (5). 
Fortsätze der Echinodermenlarven, Homologie derselben VI. 1852 p. 45. 61 (21. 37). 
Fortsätze der Seeigellarven nach derältern I. 1846 p. 310 (38). 
und spätern Bezeichnung IV. 1850 p.54 (18). 
VI. 1852 p. 40 (16). 
VII. 1854 p.2. 
Fülse der Asterien I. 1846 p. 299 (27). 
II. 1848 p. 85 (13). 
Füfse der Echinocyamus VII. 1854 p. 26. Taf. VIII. Fig. 12. 
Füflse der Holothurien VI. 1852 p. 51 (27). 
Füfse der Ophiuren I. 1846 p. 299 (27). 
Fülse der Seeigel I. 1846 p. 298 (26). 
VII 1854 p. 26. 
Flossen der Bipinnarien Il. 1845 p. 75. 80. 81 (3. 8.9). 
IV. 1850 p. 67 (31). 
Generationswechsel I. 1846 p.305 (33). 
II. 1848 p. 104 (32). 
V. 1851 p. 54 (22). 
Helgoland, Bipinnaria VII. 1854. p. 33. 
Helgoland, Ophiurenlarven I. 1846 p. 274 (2). 
VII. 1854 p. 31. 
Helgoland, Seeigellarven I. 1846 p. 282. 289 (10. 17). 
VII. 1854 p. 22. 
Helsingör, Bipinnaria II. 1848 p.77 (5). 
Helsingör, Brachiolaria II. 1348. p. 94 (22). 
Helsingör, Seeigellarven I. 1546 p. 288. 295. 312 (16. 23. 40). Taf. VII. 
VII 1854 p. 22. Taf. VIII. 
Heterologie der Larve und des Echinoderms I. 1846 p. 279. 285 (7. 13). 
V. 1851 p. 54 (22). 
Holothurie, junge von Triest VI. 1852 p. 52. 59 (28. 35). Taf. VII Fig. 1—4. 
Holothurien, After III. 18/49 p.42 (10). 
VI. 1852 p. 50 (26). 
Holothurien, Entwickelung der Füßse VI. 1852 p. 51 (27). 
Holothurienlarven IIL 1349 p. 35 (3). Taf. I-V. 
IV. 1850 p.39. 43 (3. 7). Taf. I. I. Fig. 1—4. 
Holothurienpuppen III. 1849 p. 44. 54 (12. 22). Taf. IV. Taf. V. Fig. 1—3. 
IV. 1850 p. 39 (3). 
VI. 1852 p. 47 (23). Taf. II—V. 
Holothurienpuppen, Aufbruch derselben II. 1849 p. 46 (14). 
VI. 1852 p. 49 (25). 
Holothurien, Ringcanal III. 1849 p. 42. 53 (10. 21). 
IV. 1850 p. 41 (5). 


über die Gattungen der Seeigellarven. 


Holothurien von Triest IV. 1850 p. 38 (2). 
Homologien der Echinodermen-Larven VI. 1852 p. 41. 61 (17. 37). Taf. II. 
Kalkrädchen von Holothurien II. 1849 p. 47 (15). 
Kalkring der Holothurien III. 1349 p. 42. 52 (10. 20). 
Kalksack der Holothurie II. 1849 p. 53 (21). 
IV. 1850 p. 40. 43 (4.7) 
Knötchen mit Ausläufern am Munde der Ophiurenlarven I. 1846 p.278 (6). 
V. 1851 p.35 (3). 
Kreisen und Rotation der Echinodermenlarven I. 1846 p. 278. 280. 284 (6. 8. 12). 
II. 1848 p. 78. 103 (6. 31). 
III. 1849 p 37. 40. At. 44 (5. 8.9. 12). 
Vau1s54 p231.(5). 
Kugeln der Auricularia IV. 1850 p. 39 (3). 
Larven mit Wimperkränzen III. 1849 p. 66 (34). 
VI. 1852 p. 46 (22). 
Lebendig gebärende Echinodermen VI. 1852 p. 29. 59. (5. 35). 
Madreporenplatte I. 1846 p. 300. 302. 307 (28. 30. 35). 
III. 1549 p. 62 (30). 
IV. 1350 p. 56. 68 (20. 32). 
VII. 1854 p. 33. 
Markise der Seeigellarven I. 1846. p. 283 (11). 
VII 1854. p. 2. 
Marseille, Asterien II. ıs4s p. 100 (28). 
Marseille, Beobachtungen daselbst über Auricularia II. 1848 p. 98 (26). 
Marseille, Bipinnaria II. 1848 p. s0 (8). 
Marseille, Ophiurenlarven V. 1851 p.47 (15). 
Marseille Seeigellarcven IV. 1850 p. 50. 62. 65. 84 (14. 26. 29. 48). 
Marseille, Tornaria II. 1848 p. 101 (29). 
Meduse, junge JII. 18/9 p. 64 (32). 
Mesotrocha sexoculata M. I. 1846 p. 274 (2). 
Messina, Beobachtungen daselbst VII. 1854 p. 1. 9. 10. 14. 35. 
Messina, Brachiolaria VII. 1854 p. 35. 
Messina, Seeigellarven VII. 1854. 
Metamorphose der Echinodermen, Natur derselben I. 1846 p. 305 (33). 
II. 18/8 p. 103 (31). 
III. 1849 p. 65 (33). 
V. 1851_p. 53 (21). 
VI. 1852 p. 55 (31). 
Methoden der Untersuchung VI. 1852 p. 26 (2). 
Mundgestellarme der Seeigellarven, primäre und I. 1846 p. 283. 310 (11. 38). 
secundäre oder Nebenarme IV. 1850 p. 52. 54 (16. 18). 
VIEL 1854 p. 2. 3. 


Phys. Kl. 1854. G 


50 MürLteEr 


Mundgestell der Seeigellarven I. 1846 p. 283. 310 (11. 38). 
VIL 41854 p. 2. 
Mundöffnung der Larve und des Echinoderms verschieden I. 1846 p. 279 (7). 
II. 1848 p. 83 (11). 
V. 1851 p. 54 (22). 
Muskeln II. 1848 p.85 (13). 


VI. 1854 p. 8. 
Nebenarme des Mundgestells IV. 1350 p. 54 (18). 
der Seeigellarven VII. '1854 p. 3. 


Nerven, fragliche I. 1546 p. 278 (6). 
II. 1548 p. 101 (29). 
II. 1849 p. 51 (19). 
V.r1851 9,3508), 
Nizza, Beobachtungen über Asterienlarven III. 1849 p. 55 (23). 
Nizza, Auricularia und Holothurien III. 1849 p. 35 (3). 
Nizza, Ophiurenlarven V. 1851 p. 47. 52 (15. 20). 
Nizza, Seeigellarven IV. 1350 p. s4 (48). 
Ophiolepis squamata M. T., Entwickelung VI. 1852 p. 29 (5). 
Ophiolepis SundevalliM.T. V. 1851 p. 56 (24). 
VI. 1852 p. 38 (34). 
Ophiothrix fragilis, Larve V. 1851 p. 47 (15). Taf. VI. Fig. 6—t2. Taf. VII. VID. 
Ophiuren, Bau der Arme V. 1851 p. 33 (1). 
Ophiuren, Bildung der neuen Armglieder I. 1546 p. 2sı (9). 
V. 1851 p. 46 (14). 
Ophiurenlarven, Arten I. 18/6 p. 274. 251 (2. 9). 
V. 18510 p2 33/1): 
VI. 1852 p. 53 (34). 
Ophiurenlarve, braune V. 1851 p.52 (20). Taf. VI. Fig. 1—5. 
Ophiurenlarve, doppelt gefleckte V. 1851 p.34 (2). Taf. I—V. 
Ophiurenlarve, Eingeweide I. 1546 p. 277 (5). 
V. 1851 p. 36 (4). 
Ophiurenlarven von Helgoland I. 1346 p. 274. 281 (2.9). Taf. I. H. 
VIE. 1854 p. 31. 
Ophiurenlarven von Triest V. 1851 p.33 (1). Taf. I-VIH. 
VI. 1852 p. 53 (34). Taf. VII Fig. 5. 6. 
Hiezu IV. 1350 Taf. V. Fig. 11. 12. 
Ophiuren, Porus der Madreporenplatte VII. 1854 p. 33. 
Ophiuren von Triest V. 1851 p. 56 (24). 
VI. 1852 p. 58 (34). 
Pedicellarien der Seeigellarven I. 1546 p. 285 (13). 
IV. 1350 p. 57. 65 (21. 29). 
VI. 1854 p. 8. 13. 14. 


über die Gattungen der Seeigellarven. 


Pedunkel der festsitzenden 


Asterienlarven, Bau derselben I. 1546 p. 275 (3). 
II. 1548 p. 91. 93 (19. 21). 
VI 1852 p. 33 (9). 


Perisom der Ophiure, erste Anlage desselben in der Larve I. 1846 p. 278 (6). 


V. 1851 p. 37.39. 49 (5.7.17). 


Perisom des Seesterns, erste Anlage desselben in der Bipinnaria IV. 1850 p. 69 (33). 
Perisom des Seeigels, erste Anlage desselben in der Larve IV. 1550. p. 59 (23). 
Plan, allgemeiner der Echinodermenlarven VI. 1852 p. 25 (1). 


Pluteus bimaculatus VW. 
Pluteusförmige Larven I 


1851 p. 34 (2). Taf. I-V. 
II. 1849 p. 65 (33). 


VL 1852 p.37 (13). 
Pluteus paradoxus I. 1546 p. 274 (2). Taf. I. Taf. IH. Fig. 1—6. 
V. 1851 p.51 (19). 
VII 1854 p.31. 


Pneumodermonlarve VI. 
Polische Blase III. 1549 


1852 p. 43. 52. 60 (19. 28. 36). 
p- 43 (11). 


Poren des Kalksacks der Holothurien IV. 1850 p. 43 (7). 
Porus der Madreporenplatte der Ophiuren VII. 1554 p- 33. 


Puppen der Holothurien 


III. 1849 p. 44. 54 (12.22). Taf. IV. V. Fig. 1—3. 
IV. 1850 p. 39 (3). 
VI. 1852: p. 47 (23). Taf. II—V. 


Respiratorische Röhrchen der Asterien III. 1849 p. 60 (28). 


Ringkanal der Holothurien 


HI 1849 p. 42. 53 (10. 21). 
IV. 1850 p. 41 (5). 


Roccoco-Larve von Helsingör I. 1846 p. 305 (33). 


II. 1s4s p.77 (5). 


Rosetten, contractile, der jungen Holothurien IV. 1850 p. 46 (11). 
Rosette von Blinddärmchen, siehe Tentakelanlage. 
Rückenporus der Bipinnarien IV. 1850 p. 68 (32). 


Rückenporus der Ophiuren 


VII. 1854 p. 34. 
larven VII. 1854 p. 31° Taf. IX. Big. 1,2: 


Rückenporus der Seeigellarven IV. 1850 p. 56 (20). 


Rückenporus der Tornaria 


III. 13849 p. 56 (24). 


Sacconereis Schultzii M. und Larve VI. 1852 p. 31 (7). 
Scheitelfortsatz der Spatangoidlarven I. 18/6 p. 289 (17). 


IV. 1850 p. 63 (27). 
VII 1854 p. ıs. 


Schwärmende Larven VI. 1852 p. 37 (13). 


Seeigel, adriatische IV. 
Seeigel des Mittelmeers 
Seeigel des Sundes I. A 
Van 
Seeigellarven, Altersunters 


1850 p.49 (13). 

IV. 1850 p. 47 (10). 

846 p. 288. 295. 304. 312 (16. 23. 32. 40). 
854 p. 27. 

chiede VII 1854 p. 2. 


G2 


52 MüLısEr 


Seeigellarven, Eingeweide I. 1846 p. 234 (12). 
IV. 1840 p. 50 (14). 
Seeigellarven, Fortsätze derselben nach I. 1846 p. 310 (38). 
der ältern und spätern Bezeichnung IV. 1850 p. 54. 53 (18. 47). 
VI. 1852 p. 40 (16). 
VII. 1854 p. 2. 
Seeigellarven, Gattungen derselben VII. 1854 p. 1. 
Seeigellarven mit Gitterstäben I. 1846 p. 289 (17). Taf. IH. 
IV. 1850 p. 62 (26). Taf. VII. 
VI. 1852 p. 59 (35). Taf. VIII. Fig. 3—10. 
VII. 1854 p. 5.9. 10. 14. 22. Taf. I—-VII. 
Seeigellarven mit Wimperepauletten I. 1846 p. 282 (10). Taf. IV. Fig. 3—5. Taf. V. VI. 
IV. 1850 p. 50 (14). Taf. VI. VII. IX. Fig. 3. 
VI. 1852 p. 58 (34). Taf. VII. Fig. t. 2. 
VII. 1854 p. 10. 14. Taf. 1. 
Seeigellarven ohne Wimperepauletten I. 1846 p. 289. 295 (17. 23). Taf. III. IV. Fig. 1. 2. 
VII. 1854 p.9. 10. 14. 22. Taf. II—VII. 
Seeigellarve, Skelett I. 1346 p. 283. 289.306 (11. 17. 34). 
IV. 1850 p. 54. 61. 62 (18. 25. 26). 
VII. 1854 p. 2—31. 
Seeigellarven von Messina VIL 1854 p. 3—22. Taf. I-VII. 
Seeigellarve vom gezähnten Seeigel von Helsingör I. 1546 p. 295 (23). Taf. VII. Fig. 9—11. 
VII. 1854 p. 22. Taf. VII. 
Seeigellarve von Marseille IV. 1850 p. 65 (29). Taf. VII. Fig. 9. 
Seeigellarve von Messina, unbekannte VII. 1854 p.9 Taf. V. Fig. 1—4. 
Seeigelscheibe in der Larve I. 1346 p. 284 (12). 
Seeigelscheibe, ob dorsales oder ventrales Polarfeld des spätern Seeigels? I. 1846 p. 297 (25). 
IV. 1850 p. 59 (23). 
Seeigel von Helgoland VII. 1854 p. 22. 27. 
Seeigel von Messina VII. 1554 p. 1. 
Semitae der Spatangoiden VI. 1852 p. 57 (33). Taf. VII. Fig. 7—9. 
Skelet der Ophiurenlarven I. 1846 p. 275 (3). 
V. 1851 p. 35. 48. 52 (3. 16. 20). 
VII 1854 p.31. 
Skelet der Seeigellarven I. 1846 p. 283. 289. 306 (11. 17. 34). 
IV. 1850 p. 54. 61. 62 (18. 25. 26). 
VII. 1854 p. 2—31. 
Spatangoidlarven VII. 1854 p. 15. 
Spatangoidlarven von Helgoland 1. 1846 p. 289 (17). Taf. II. 
Spatangoidlarven von Messina VII. 1854 p. 15. Taf. V. Fig. 5. 6. Taf. VI. VII. 
Spatangoidlarve von Triest VI. 1852 p. 59 (35). Taf. VIIL Fig. 7—9. 
Spiracula IV. 1350 p. 47 (10). 
Stacheln der Seeigel, Entwickelung derselben I. 1846 p.286 (14). 


über die Gattungen der Seeigellarven. 53 


Stacheln der Seeigel, Wimperbewegung VI. 1852 p. 57 (33). 
Staffelei I. 1846 p. 275 (3). 
Steincanal der Seeigel IV. 1850 p. 56.59 (20. 23). Taf. VII. Fig. 4—7. Taf. IX. Fig. 3. 4. 
Steincanal der Seesterne II. 18/8 p. 90 (18). 
III. 1849 p. 62 (30). 
IV. 1850 p. 68 (32). 
Strömung im Wassergefälssack der Bipinnarien IH. 1849 p. 80. 96 (8. 24). 
und in den Armen der Brachiolarien VII. 1854 p. 34. 
Synapta digitata VI. 1852 p. 59 (35). 
Synaptula vivipara Oersted VI. 1852 p. 29 (5). 
Tentakelanlage der Auricularia II. 1848 p. 99 (27). 
III. 1849 p. 40 (8). 
IV. 1850 p. 4 (5). 
Tentakelanlage der Bipinnarien IV. 1850 p. 69. 72 (33. 36). 
Tentakelanlage der Brachiolaria II. 15/8 p. 97 (25). 
III. 1849 p. 40 (8). 
VII. 1854 p. 38. 
Tentakelanlage der Ophiuren V. 1851 p. 37 (5). 
Tentakelanlage der Seeigelscheibe IV.-1350 p. 59 (23). 
Tentakeln siehe Fülse. 
Tentakelrosette, sıehe Tentakelanlage. 
Tentakelstern, siel:e Tentakelanlage. 
Tentakelsystem der jusgen Holothurien III. 1849 p. 41.52 (9. 20). 
IV. 1850 p. 42 (6). 
Tentakelsystem der Ophiuren, Entwickelung desselben V. 1851 p. 37 (5). 
Tentakelsystem der Seeigelscheibe IV. 1550 p.59 (23). Taf. IX. Fig. 3. 4. 
Terminologie der Echinodermenlarven VI. 1852 p. 39 (15). 
Tornaria II. 1548 p. 101 (29). Taf, V. Fig. 4—10. 
III. 1849 p. 55 (23). Taf. VI. Fig. 1—7. 
IV. 1850 p. 75 (39). Taf. IX. Fig. 5—7. 
VL 1852 p. 53 (29). 
Triest, Beobachtungen daselbst über Asterienlarven IV. 1850 p. 66 (30). 
Triest, Holothurien IV. 1850 p. 38.77 (2. 41). 
VI. 41852 p. 47.59 (23. 35). 
Triest, Ophiuren V. 1851 p. 56 (24). 
VI. 1852 p. 58. (34). 
Triest, Ophiurenlarven V. 1851 p. 33. 
VI. 1852 p. 58 (34). 
Triest, Seeigellarven IV. 1850 p. 49—65 (13—29). 
VI. 1852 p. 58 (34). 
Trizonius coecus Busch VI. 1852 p. 60 (36). 
Typus der Echinodermenlarven VI. 1552 p. 41 (17). 
Umbo der Seeigellarven IV. 1850 p. 54 (18). 


54 Miürter 


Umbrella der Ophiurenlarven V. 1851 p.35 (3). 
VI. 1852 p. 44 (20). 
Vergleichung der Echinodermenlarven I. 1346 p. 278 (6). 
mit andern Larven VI. 1852 p. 39. 43. 52. 57.59 (15. 19. 28. 33. 35). 
Vexillaria labellum M. I. 1846 p. 274 (2). 
Warze der Brachiolarıa VII. 1854 p. 37. 
Warze der Echinasterlarve VI. 1852 p.34 (10). 
Wassergelälssack der Bipinnarien II. 1845 p. 80 (8). 
IV. 1850 p. 68. 74. (32. 38). 
VII. 1854 p. 34. 
Wassergefäfssack der Tornariıa III. 1849 p. 57 (25). 
IV. 1850 p.75 (39). 
Wassergefälssystem der Holothurien III. 1849 p. 43 (11). 
IV. 1850 p. 39. 45 (3. 9). 
Wassergefälssystem der Seeigel IV. 1850 p. 56. 59 (20. 23). 
Wimpel der Bipinnarien II. 1848 p. 79 (7). 
Wimpel einiger Seeigellarven VII. 1854 p. 9. 10. 
Wimperbewegung an den Stacheln der Seeigel VI. 1852 p. 57 (33). 
Wimperbewegung des Wassergefälssystems I. 1846 p. 238 (16). 
II. 1848 p. SO. 96 (8. 24). 
IV. 1850 p. 68 (32). 
VII. 1854 p. 34. 
Wimperbewegung in den Verdauungsorganen I. 1846 p. 277. 284 (5. 12). 
II. 1848 p. 79. 100. 103 (7. 28. 31) 
Wimperepauletten. I. 1846 p. 282 (10). 
Wimperkranz der Tornaria II. 1848 p. 102 (30). 
Wimperkränze der Holothurienpuppen III. 1849 p. 41 (9). 
IV. 1850 p. 45 (9). 
VI. 1852 p. 47 (23). 
Wimperkränze der Pneumodermonlarve VI. 1852 p. 52 (28). 
Wimperkränze von Pteropodenlarven VI. 1352 p. 52 (28). 
Wimperkränze von Wurmlarven VI. 1852 p. 42. 52. (18. 28). 
Wimperreifen der Holothurienpuppen, Entstehung ‚derselben 
aus der bilateralen Wimperschnur IV. 1850 p. 45 (9). 
VI. 1852 p. 47 (23), 
Wimperschnur, bilaterale III. 1849 p. 67 (35). 
VI. 1852 p. 42 (18). 
Wimperschnur, bilaterale. Umbildung derselben in die 
Wimperreifen der Holothurienpuppen IV. 1350 p.45 (9). 
VI. 1852 p. 47 (23). 
Wimperschnur der Auricularia II. 1848 p. 98 (26). 
Wimperschnur der Ophiurenlarven I. 1546 p. 277 (5). 
Wimperschnur der Seeigellarven I. 1846 p. 284 (12). 
‚VII. 1854 p. 12. 20. 


über die Gattungen der Seeigellarven. 55 


Wimperschnur, doppelte der Asterienlarven II. 1848 p. 78 (6). 
VI. 1852 p. As (21). 
Wurmförmige Asteridenlarve III. 1849 p. 58 (26). Taf. VI. Fig. s—12. Taf. VII. Fig. 1-4. 
IV. 1850 p. 76 (40). 
VL 1852. Taf. I. Fig. 15. 16. 
Wurmförmige Echinodermenlarven VI. 1852 p. 46 (22). 
Wurmlarven VI. 1852 p. 31. 42. 56.60 (7. 18. 32. 36). 
Wurstförmige Körper II. 1848 p.99 (27). Taf. IV. Taf. V. Fig. 1—3. 
der Auricularien III. 1849 Taf. I. Fig. 5—9. Taf. IV. Fig. 6. 
Wurstförmige Körper der Bipinnarien IV. 1850 p. 68 (32). Taf. II. Fig. 6e. 
Wurstförmige Körper der Ophiurenlarven I. 1846 p. 277 (7). Taf. I. Fig. 2c. 
V. 1851 Taf. I. Fig. 1c. Taf. VII. Fig. 1c. 
Wurstförmige Körper der Seeigellarven IV. 1550 p. 53 (17). Taf. VI. Fig. 11z. 
Zähne von Astropyga IV. 1850 p.64 (28). 
Zähne von Cidaris I. 1846 p. 307 (35). 
Zähne von Diadema I. is46 p. 307 (35). 
Zähne von Echinocyamus VI. 1854 p. 27. 
Zähne von jungen Seeigeln I. 1846 p. 296 (24). Taf. VII. Fig. 9—11. 
VII 1854 p. 27. 

Zeit der Reife der Echinodermen II. 1848 p.76 (A). 

III. 1849 p. 55 (23). 

IV. 1850 p. 38. 51.60 (2. 15. 24). 
Zellen der Echinodermenlarven III. 1849 p. 39. 42. 56 (7. 10. 24). 

IV. 1850 p. 44. 60. 69 (8. 24. 33). 

VI. 1852 p. 27 (3). 

VII. 1854 p. 34. 
Zweck der Larvenzustände und Metamorphose der Echinodermen VI. 1852 p. 55 (31). 


Corrigenda. 


In der ersten Abhandlung über Echinodermenlarven Abh. d. Akad. Jahrgang 1846. 
p- 282 (10) Z. 1. v. u. statt j. V. lies T. V.— p. 294. (22) Z. 19. statt 175 lies 275. — p.298. 299. 
(26. 27) statt Crossasterl. Solaster. — p. 301—305 (29— 33) statt Bipennarial. Bi- 
pinnaria, 

In der vierten Abhandlung. J. 1850. p. 48 (12) Z. 11 statt E.sardicus Lam. von 
Blainvy. lies: E.sardicus Lam. non Blainv. 

In der sechsten Abhandlung J. 1852 p. 39 (15) Z. 16. und p. 59 (35) Z. 4. v. u. statt 
Pylidium lies Pilidium. 


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Über 
die Lagerung der Kreideformation im schlesischen 
Gebirge. 
Von 
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[Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 30. März 1854.] 


D: Schichten der Kreideformation finden sich im Innern des schlesischen 
Gebirges an vielen Stellen, zum Theil in beträchtlichen Erstreckungen, an 
den Rändern der von ihnen eingenommenen Räume steil erhoben bis zur 
vertikalen und selbst übergestürzten Stellung, und es zeigen sich Formatio- 
nen, welche ursprünglich die Unterlage der aufgerichteten Kreideschichten 
bildeten, in gleich schroffer Schichtenstellung zwischengeschoben zwischen 
die letzteren und die viel älteren Gebirgsmassen, an deren Seite die einen 
wie die andern abgesetzt wurden. Diese Erscheinungen sind vollkommen 
analog den zuerst durch Herrn Weifs bekannt gewordenen, sehr merkwür- 
digen und von vielen Beobachtern später ausführlich wiedergeschilderten, 
aber sehr verschiedenartig gedeuteten Störungen in der Lagerung des sächsi- 
schen und böhmischen Kreidegebirges längs seines Ablagerungsrandes an den 
krystallinischen Gesteinen des Lausitzer und zum Theil noch des Erzgebirges. 
Eine besondere Zusammenstellung der betreffenden, grofsentheils bisher un- 
bekannt gebliebenen Verhältnisse im schlesischen Gebirge dürfte von allge- 
meinerem Interesse sein, weil sich daraus ergiebt, dafs das Gebirgssystem der 
Sudeten in seiner ganzen Ausdehnung gleich dem Lausitzer Gebirge noch 
nach dem Abschlufs der Periode des Kreidegebirges die heftigsten Erschütte- 
rungen erlitten hat. Auch wird man durch die Vergleichung mit den ähnlichen 
schlesischen Erscheinungen einen Anhalt für eine richtigere Beurtheilung der 
Bedingungen gewinnen, unter welchen die viel besprochenen Erscheinungen 
am Rande des Lausitzer Gebirges hervörgerufen wurden. 


Phys. Kl. 1854. H 


58 BeEeyrIıcHh 


An der Nordseite des Riesengebirges nimmt der gröfsere Theil der 
vom Diluvium unbedeckt beobachtbaren Ablagerungen der Kreideformation 
nur den innern Theil derselben Räume des Gebirges ein, in welchen vorher 
schon die Formationen des Muschelkalks, bunten Sandsteins, Zechsteins und 
Rothliegenden abgesetzt waren. Die Formation der versteinerungsleeren oder 
primitiven Thonschiefer ist der Träger der Flözformationen, die überall, 
wo sie sich in ungestörter Lagerung befinden, gleichmäfsig auf einander ru- 
hen, dagegen mit scharfem Contrast der Lagerung an den primitiven Schie- 
fern absetzen. Es sind demnach hier sehr alte, vor der Formation des Roth- 
liegenden schon entstandene Reliefformen des Gebirges, welche im Grofsen 
unverändert bis zur Tertiärzeit hin die Anordnung der einander folgenden 
Formationen bestimmten. 

Gegen Norden läfst sich durch eine Reihe zerstreuter Flecke von an- 
stehenden Gesteinen der Thonschieferformation aus der Gegend von Gold- 
berg über Bunzlau hinaus bis nahe zum Queifs heran mit Sicherheit eine 
Grenzlinie construiren, welche von den südlich liegenden Flözbildungen 
nicht überschritten wird. Man sieht die Thonschiefer noch eine Gruppe 
erhabener Berge zwischen dem Katzbach-Thal bei Goldberg und der schnel- 
len Deichsel bei Ulbersdorf bilden, sie lassen sich weiter nach einer geringen 
Unterbrechung von Ulbersdorf bis Ober-Alzenau verfolgen, sie erscheinen 
wieder zwischen Ober-Alzenau und Mittlau, dann bei Ober-Thomaswal- 
dau, in Verbindung mit Grünsteinen im Schönfelder Wald nordöstlich 
von Bunzlau, im Boberthal gegenüber von Wiesau, und zuletzt noch in 
hervorragenden Bergen nahe Kromnitz und in nordwestlicher Richtung 
von diesem Dorf in der Klitschdorfer Heide mitten zwischen den Thälern 
des Bober und des Queils. Ohne Zweifel sind diese zerstreuten Thon- 
schieferpartieen Theile eines grölseren zusammenhängenden und mit den 
Thonschiefern der Nordseite des Riesengebirges verbundenen Urschiefer- 
bezirkes, dessen weitere uns unbekannte nördliche Fortsetzung unter be- 
deckenden Diluvial- und Tertiärgebilden versenkt liegt. Zwischen seinem 
Rande und den Thonschiefern am Nordabfall des Riesengebirges ruhen die 
Flözformationen , wie Herr v. Dechen (') klar entwickelt hat, wie in 


z == =; 
(') Das Flözgebirge am nördlichen Abfall des Riesengebirges. In Karsten und y. De- 
chen Archiy für Mineralogie etc. Bd. XI. 1838. S. 84 fg. 


über die Lagerung der Kreideformation im schlesischen Gebirge. 59 


einer weiten Mulde, welche sich in südöstlicher Richtung mit drei schma- 
len einander ohngefähr parallelen Buchten vou verschiedener Länge und 
Breite in die Thonschiefer hinein verzweigt. Die Buchten sind alte Meeres- 
busen, deren ursprüngliche Form sie als relative Einsenkungen des Gebir- 
ges zum Theil noch gegenwärtig bewahren. Der südlichste der drei Bu- 
sen zweigt sich südlich von Löwenberg in der Gegend von Klein-Röhrs- 
dorf und Merzdorf von der Hauptmulde ab und erstreckt sich etwa 2 
Meilen lang und höchstens 4 Meile breit südlich von Lähn vorbei in der 
Richtung gegen den Stangenberg hin bis an das obere Ende des Dorfes 
Flachenseifen,; ringsum umzingeln Thonschiefer die Flözeinlagerungen die- 
ses Busens, dessen Mitte östlich des Bobers die Thaleinsenkung bezeichnet, 
in welcher die langgedehnten Dörfer Flachenseifen und Langenau sich 
hinziehen. Der mittlere längste der drei Busen beginnt zwischen Schönau 
im Katzbach-Thal und Hohenliebenthal; er erstreckt sich, einer durchge- 
henden Spaltung des Thonschiefergebirges entsprechend, bis an den östli- 
chen Rand des Gebirges-nordostwärts von Bolkenhayn. Nur im Süden 
und Norden zeigen die mit scharfem Absatz der Form über die Niederung 
sich erhebenden Thonschieferberge unverändert die alten Ränder dieser 
schmalen Meeresbucht, deren Ende aufserhalb des spät erst entstandenen 
östlichen Gebirgsrandes unter dem Diluvium eingesenkt zu denken ist. Die 
dritte kürzeste und breiteste Bucht umfafst die Flözablagerungen, welche sich 
von dem Thal der schnellen Deichsel her südlich von Goldberg fort gegen 
Hasel und Konradswalde hin verbreiten. 

Die ungleichartige Ausfüllung der drei östlichen Ausbuchtungen der 
Hauptmulde des Flözgebirges bedingt eine Sonderung der Kreideablagerun- 
gen in zwei von einander vollständig getrennte Theile. In die mittlere lange 
bei Schönau beginnende Bucht ist nur die älteste der vorhandenen Formatio- 
nen, das Rothliegende, eingedrungen. Im Innern des südlichen Busens von 
Lähn wurden, mit Ausnahme des Muschelkalkes, alle Formationen bis zur 
Kreideformation hinauf, wie in der Hauptmulde, abgesetzt; aber die Forma- 
tion des Rothliegenden mit ihren Melaphyren zieht, in grofser Breite un- 
bedeckt von den jüngeren Formationen, am Eingange des Busens vorüber, 
dessen innere Ausfüllungen deshalb eine von der nördlichen Hauptmulde 
ganz getrennte Nebenmulde bilden. Nur die Ausfüllungen des Goldberger 
Busens hängen mit den jüngeren Ausfüllungen der Hauptmulde als deren öst- 


H2 


60 Beysıca 


liches Ende zusammen. Hiernach sind an der Nordseite des schlesischen Ge- 
birges zwei von einander getrennte Ablagerungsräume der Kreideformation 
zu unterscheiden, der eine gröfsere der nördlichen Hauptmulde, welche öst- 
lich sich verschmälernd in den Goldberger Busen ausläuft, und die kleinere 
der Nebenmulde des Busens von Lähn. 

Wie überall in Sachsen, Böhmen und in allen übrigen Gegenden Schle- 
siens, wo die Kreideformation auftritt, sind auch hier nur solche Ablagerun- 
gen entwickelt, welche der oberen Abtheilung der Formation angehören, 
d. h. es sind nur Schichten vorhanden, welche jünger sind als der Gault. In 
der nördlichen Hauptmulde beginnen sie an den Rändern mit einem rauhen, 
grobkörnigen Quadersandstein, welcher in der Gegend von Löwenberg und 
anderwärts in zahlreichen Steinbrüchen vornehmlich zu Mühlsteinen verar- 
beitet wird. Exogyra Columba, Pecten asper, Pecten aequicostatus, Ammo- 
nites Rhotomagensis und zahlreiche andere Muscheln liefern den Beweis, 
dafs dies der gleiche Sandstein ist, welcher in Sachsen und Böhmen längst 
als das Äquivalent des englischen oberen Grünsandes oder als ein Glied der 
jetzt von d’Orbigny mit der bequemeren, von einer besondern Gesteinsbe- 
schaffenheit unabhängigen Benennung des Cenoman belegten Abtheilung der 
Formation ist. Der cenomane (Quadersandstein für sich allein füllt den öst- 
lichen Ausläufer der Hauptimulde im Goldberger Busen aus; er ist in glei- 
cher Weise fast das einzige Glied der Formation, welches den innern Raum 
der südlichen Nebenmulde des Lähner Busens einnimmt. Über dem Ceno- 
man-Sandstein zeigt sich nur in geringer Erstreckung an einigen Stellen zwi- 
schen dem Bober und dem Thal der schnellen Deichsel, östlich von Braunau 
und westlich von Pilgramsdorf gegen Hahnwald hin, eine Ablagerung von 
dünngeschichtetem, klüftigem, mergeligem Kalkstein, welcher seiner petrogra- 
phischen Beschaffenheit nach wie nach den wenigen darin gefundenen Ver- 
steinerungen dem Plänerkalkstein von Strehlen im Elbthal oder dem von 
Oppeln im Oderthal gleichgestellt werden mufs. Diese hier so wenig ent- 
wickelte Kalksteinbildung entspricht, wie Herr Ewald zuerst gezeigt hat, im 
Alter den Hippuritenkalken der Alpen und nimmt das Niveau des oberen 
Kreidegebirges ein, welchem dOrbigny den Namen Turon beilegt. Statt 
des turonen Plänerkalks liegt westlich des Bobers über dem Cenoman-Sand- 
stein unmittelbar ein sehr mächtiges und mannigfaltig gegliedertes System von 
Ablagerungen, welches in seiner Gesammtheit den Äquivalenten der weilsen 


über die Lagerung der Kreideformation im schlesischen Gebirge. 61 


Kreide, dem Senon d’Orbigny’s zugestellt werden mufs. Es beginnt mit einem 
zur Ziegelfabrikation verwendbaren Thon, welchem thonige Sandsteine ein- 
gelagert sind. Darüber folgt ein vielfach als Haustein benutzter Quadersand- 
stein von feinem Korn, welcher bei Giersdorf reich ist an organischen Resten 
von auffallender Übereinstimmung mit solchen, die an der Nordseite des 
Harzes am Regenstein in einem gleichfalls über dem turonen Plänerkalk lie- 
genden jüngern Quadersandstein gefunden werden. Zu oberst endlich folgen 
mürbe Sandsteine mit Lagen von Töpferthon, oder lockere Anhäufungen von 
Sand und Kies mit klumpigen oder blockförmigen Ausscheidungen eines sehr 
harten kieseligen Sandsteins, welche sich durch eine glänzende, wie polirte 
Oberfläche auffallend auszeichnen und von Herrn v. Dechen mit den losen 
Blöcken oder sogenannten Knollensteinen aus der Braunkohlenformation der 
Saalgegenden und im Magdeburgischen verglichen worden sind. Dieser ober- 
sten Decke des Kreidegebirges gehören als untergeordnete Einlagerungen die 
Kohlenflöze von Ottendorf und Wenig-Rackwitz an, so wie die Eisensteine 
von Wehrau. 

Die angegebene Folge unterscheidet sich wesentlich von der Zusam- 
mensetzung der gleich alten Bildungen in Sachsen und im nördlichen Böh- 
men. Übereinstimmend beginnt zwar auch hier gewöhnlich die Reihe mit 
einem cenomanen ee der zuweilen vertreten wird durch die 
in Schlesien nicht gekannten Tourtiabildungen des Plauenschen Grundes 
und anderer sächsischer Orte; es fehlen aber in Sachsen gänzlich Ablagerun- 
gen, welche mit den obersten, kohlenführenden Senonbildungen Schlesiens 
verglichen werden könnten; ja es ist zweifelhaft, ob in Sachsen irgend etwas 
von dem, was oberer Quadersandstein genannt wurde, jünger sei als der tu- 
rone Plänerkalkstein. Für die Entwickelung des Senon bieten für die nord- 
schlesischen Verhältnisse im nördlichen Deutschland nur die Ablagerungen am 
Harzrande bei Quedlinburg Analogieen dar; hier wird aber unterscheidend, 
wie jetzt festgestellt ist, das Cenoman nicht durch Quadersandsteine vertreten. 

Augenscheinlich steht die verschiedene Zusammensetzung der nord- 
schlesischen und der sächsischböhmischen Kreidebildungen in Zusammen- 
hang mit der räumlichen Trennung der Meeresbecken, in welchen die einen 
und die andern Absätze stattfanden. Kaum sind wir im Stande über die 
Verbindungswege, welche gewifs zwischen den Gewässern der beiden Becken 
vorhanden waren, Vermuthungen auszusprechen. Die Kreideablagerungen 


62 Berrıcn 


des Elbthals enden bei Meifsen und sind nur eine seitliche Verzweigung der 
ausgedehnteren böhmischen Kreidebildungen. Was nördlich des Lausitzer 
Gebirges von anstehenden Gesteinen aus dem Diluvium hervorragt, zeigt an, 
dafs zwischen dem Elb- und Neisse-Thal weit ab vom Gebirge keine Kreide- 
bildungen in der Tiefe zu erwarten sind. In der Einsenkung, welche von 
Görlitz und Lauban her gegen Zittau das Lausitzer vom Isergebirge schei- 
det, ist keine Spur von Kreidebildungen gekannt, obwohl braunkohlenfüh- 
rende Tertiärbildungen die Tiefen ausfüllen. Dies letztere Verhalten kann 
vielleicht zu der Annahme führen, dafs hier vor Ablagerung des Tertiärge- 
birges eine Senkung von früher erhabeneren Theilen des krystallinischen Ge- 
birges, welches die Unterlage der Braunkohlenformation zwischen Zittau 
und Görlitz bildet, erfolgt sei; es giebt dasselbe aber keine Stütze ab für die 
Vorstellung, dafs die Scheidung zwischen den Kreidebildungen bei Zittau und 
denen, die im Neifse-Thal erst abwärts von Görlitz sichtbar werden, durch 
ein nachher erst erfolgtes Emporschieben der trennenden, vorher als nicht 
vorhanden oder von den auseinander gebogenen Kreidebildungen bedeckt 
gedachten Gebirgsmassen hervorgerufen sei. Hat in der That in jener Ge- 
gend das Gebirge in seiner Form und relativen Erhebung die angedeutete 
Veränderung erlitten, so ist eine unmittelbare Beziehung derselben zu der 
Erscheinung aufgerichteter Schichten, welche wir verfolgen werden, nicht 
nachweisbar, und es wird immer zweifelhaft bleiben, ob beide Verhältnisse 
gleichzeitig oder nacheinander entstanden sind; unmöglich ist es, in dem einen 
die Ursache des andern zu suchen. 

Im Umfange unseres nordschlesischen Gebietes von Kreideablagerun- 
gen sind am Rande der nördlichen Hauptmulde schon durch Herrn v.Dechen 
zwei Stellen als merkwürdig ausgezeichnet worden, wo der Muschelkalk in 
aufgestürzter Stellung im Liegenden derselben Kreidebildungen zu Tage 


d 
tritt, welche nicht weit davon entfernt ohne auffallende Störung in der La- 


ö 
gerung bis nahe oder unmittelbar an die Schiefer des Muldenrandes heran- 
reichen. Diese Stellen, welche ich zuerst hervorhebe, sind bei Wehrau am 
Queifs und zu Hermsdorf bei Goldberg westlich des Katzbachthales. 

Bei Wehrau ist der Muschelkalk zu beiden Seiten des Queifs, auf der 
rechten Thalseite am Wege nach Klitschdorf in einem alten verlassenen Stein- 
bruch, auf der linken Thalseite weiter entfernt vom Flusse in einem noch 


gegenwärtig betriebenen grofsen Bruch aufgedeckt. In ersterem maafs ich 


über die Lagerung der Kreideformation im schlesischen Gebirge. 63 


das Fallen der Schichten A. 3+ mit 70° gegen S. W., in letzterem beobach- 
tete es Herrn v. Dechen A. 4+ mit 50° nach derselben Richtung. Mit die- 
ser steilen Neigung hebt sich der Muschelkalk unter den Ablagerungen der 
Kreideformation hervor, welche sich von Süd her bis zur Berührung an den 
g nicht die Linie 
überschreiten, welche durch die Streichungsrichtung der erhobenen Muschel- 
kalkschichten angezeigt wird. Nördlich des Muschelkalkes ist im Queifs-Thal 


älteres anstehendes Gebirge zwar nicht mehr blosgelegt; doch läfst der bis nahe 


Muschelkalk heranziehen, aber auch in ihrer Verlängerun 


heran noch bestimmbare Verlauf der südlichen Grenzlinie des eingesenkten 
nördlichen Urschiefergebirges nicht zweifeln, dafs in nicht weiter Entfernung 
nördlich von dem Wehrauer Muschelkalk der Thonschiefer in der Tiefe vor- 
überziehen mufs, und dafs somit die Stellung des Wehrauer Muschelkalks 
eine ganz gleiche ist, wie die des Kalks von Hermsdorf, der am Fufs erhabe- 
ner Thonschieferberge hervortritt. Der Parallelismus der nordwest-südöstli- 
chen Streichungslinie des Wehrauer Muschelkalks mit dem Verlauf der Thon- 
schiefergrenze entspricht dem gleichen Verhalten überall, wo Aufrichtun- 
gen an der Grenze des Urgebirges beobachtet werden. Nicht die Struktur 
der Gebirgsmassen, an deren Rändern die Erhebung stattfand, sondern die 
lineäre Erstreckung ihrer äufseren Begrenzung bestimmte die Richtung der 
erhobenen Schichten. 

Die bei Wehrau mit dem Muschelkalk zusammenstofsenden Gesteine 
der Kreideformation gehören zu den Ablagerungen, welche als die obersten 
Senonbildungen in der Hauptmulde unterschieden wurden. In dem verlasse- 
nen Bruch auf der rechten Thalseite zwischen Wehrau und Klitschdorf war 
zu der Zeit als ich diese Gegend bereiste, durch Versuchsarbeiten auf einem 
dem Muschelkalk naheliegenden Kohlenflöz die Folge der an denselben an- 
stofsenden Ablagerungen der Beobachtung zugänglich gemacht, und es 
liefs sich damals die Thatsache feststellen, dafs mit dem Muschelkalk gleich- 
mäfsig auch das anstolsende Kreidegebirge erhoben wurde. Neben dem weg- 
gebrochenen Muschelkalk zeigte sich zuerst ein lockerer, zum Theil durch 
beigemengte Kohlentheile dunkel gefärbter Sand, dann folgte das Kohlentlöz, 
dessen steile dem Muschelkalk gleiche Stellung die in dem losen ungeschich- 
teten Sande nicht beobachtbare Aufrichtung erwies; darüber lag ein dem 
unteren gleicher Sand, worauf ein harter, nur durch Sprengen zu bewälti- 
gender Kieselsandstein getroffen wurde. 


64 Berrıch 


Augenscheinlich sind diese neben dem Muschelkalk aufgerichteten Ab- 
lagerungen dieselben, worin bei dem nahen Teufelswehr zu Wehrau das 
Flufsbett eingeschnitten ist. Man sieht den Queils, welcher südwärts schon 
längst das Ansehen eines in lockerem Schuttlande ausgespülten, von sanften 
und niederen Gehängen begrenzten weiten Thalbettes angenommen hat, hier 
plötzlich von steilen Wänden eingeengt, zwischen welchen das Wasser schäu- 
mend über mächtige durcheinander geworfene Felsmassen von Kieselsand- 
stein fortbraust. Das Wasser entführte den lockeren Sand, welcher diese 
Felsblöcke als unregelmäfsige Klumpen einschlofs ; die Blöcke stürz- 
ten zusammen und verhinderten zugleich die Erweiterung des Thalbettes. 
Wenn die Beschaffenheit dieser von dem Queifs durchschnittenen Massen 
auch ein Urtheil, ob sie sich in ruhiger oder gestörter Lagerung befin- 
den, sehr erschwert, so läfst sich doch aus ihrem allgemeinen räumlichen 
Verhalten folgern, dafs die Aufrichtung der in dem Steinbruche zwischen 
Wehrau und Klitschdorf mit‘ dem Muschelkalk zusammenstofsenden Ab- 
lagerungen nicht mehr jene in so geringer Entfernung liegenden gleichen 
Bildungen am Teufelswehr betroffen hat; nur in einer sehr schmalen Zone 
folgte das anstofsende Kreidegebirge der den Schichten des Muschelkalkes 
ertheilten Bewegung. 

Nordwestlich von Wehrau, etwa + Meile von dem grofsen Kalkbruch, 
sind zur Seite des nach Tiefenfurth führenden Weges ein paar kleine Stein- 
brüche eröffnet, in welchen eine 10 bis 15 Fufs mächtige, zwischen lockerem 
weifsen Sande liegende Bank von Quadersandstein als Werkstein gebrochen 
wird; sie streicht wie der Muschelkalk bei Wehrau A. 9 und fällt unter 70° 
gegen S.W. Da die Stelle genau in die Verlängerung der Erhebungszone 
des Wehrauer Muschelkalks fällt, kann sie als ein Beweis dafür gelten, dafs 
die im Queifsthal beobachteten Aufrichtungen westwärts noch weiter unter 
den Diluvialüberschüttungen fortsetzen. Auf ein gleiches Fortsetzen süd- 
östlich von Wehrau deutet vielleicht das Verhalten hin, dafs hier die im 
Walde aus dem Boden in grofsen Felsen hervorragenden Blöcke von Kiesel- 
sandstein an mehreren Stellen in langen Reihen von N. W. gegen S. O. ge- 
ordnet sind; doch sind bestimmtere Beobachtungen über die Lagerung nicht 
möglich. Im Boberthal bei Bunzlau ist nichts mehr von auffallenden Auf- 
richtungen der Kreideformation zu bemerken, und so wenig wie hier sind 
an irgend einem anderen Punkte längs des nördlichen Randes der Haupt- 


über die Lagerung der Kreideformation im schlesischen Gebirge. 65 


mulde bis zur schnellen Deichsel hin Erscheinungen gekannt, welche denen 
bei Wehrau am Queifs oder bei Hermsdorf vergleichbar wären. 

Der Kalkstein von Hermsdorf, den ich nach einigen darin gefundenen 
Versteinerungen sicher als Muschelkalk bestimmen konnte, liegt in Verbin- 
dung mit einer kleineren Masse von buntem Sandstein wie ein Keil zwischen- 
geschoben zwischen dem nördlich sich erhebenden Thonschiefer und dem 
südlich an letzterem ausgebreiteten cenomanen Quadersandstein. Nur am 
westlichen Ende des Muschelkalkes wird zwischen demselben und dem Schie- 
fer und nachher noch auf eine kurze Strecke allein zwischen dem Schiefer 
und Quadersandstein der bunte Sandstein sichtbar. Nach seinem Verschwin- 
den gegen Pilgramsdorf hin stofsen Quadersandstein und Schiefer unmittel- 
bar aneinander und ebenso ostwärts im Katzbachthal, in welches der Mu- 
schelkalk nicht herabreicht. Die ganze Länge des Keils von Muschelkalk 
und buntem Sandstein beträgt nicht mehr als + Meile. Die Muschelkalkschich- 
ten haben überall eine steile von der senkrechten wenig entfernte Stellung, 
bald von dem Schiefer ab ,- bald übergestürzt ihm zufallend ; letzteres wurde 
früher schon auch von Herrn v. Dechen beobachtet, der an dem einen 
Ende eines Steinbruchs das Fallen der Schichten in A. 2 mit 60 bis 70° ge- 
gen N. O., an dem andern Ende desselben Bruches in 4. 4 mit 70° gegen 
N. O. bestimmt hat. Die allgemeine Streichungslinie der Schichten ist von 
W.N. W. gegen O.S.O., d.i. parallel dem Verlauf der Thonschiefer- 
grenze zwischen der schnellen Deichsel und Katzbach. Bemerkenswerth 
schien mir, dafs die Schichten häufig gebogen und geknickt sind, eine unge- 
wöhnliche Erscheinung bei Flözschichten, die an ihren Ablagerungsrändern 
erhoben sind. Eine Lettenlage, welche an einer Stelle den Muschelkalk vom 
Thonschiefer trennte, konnte als ein Produkt der Reibung des emporgescho- 
benen Kalksteins gegen den Schiefer gedeutet werden. 

Der Quadersandstein, welcher in den Steinbrüchen bei Hermsdorf 
mit dem Muschelkalk in Berührung steht, hat nicht hinreichend deutliche 
Schichtenabtheilungen um erkennen zu können, ob er sich in gleicher Lage 
mit jenem befindet. Man sieht aber gegen Pilgramsdorf hin nach dem Ver- 
schwinden des bunten Sandsteins den Quadersandstein an der Grenze des 
Thonschiefers wie in einem Riff dammartig bervorstehen und kann die mit 
Schliffflächen bedeckten Felsen nur für die Köpfe aufgerichteter Schichten 
halten. Im Katzbachthal biegen sich die Quadersandsteinschichten nahe 

Phys. Kl. 1854. I 


66 Beyrıch# 


der Thonschiefergrenze wie in einer Welle zu einem Sattel auf, zeigen aber 
an der Grenze selbst keine auffallende Erhebung. Hiernach überschreitet 
das Phänomen der Randaufrichtung, welche den Muschelkalk bei Hermsdorf 
zu Tage brachte, im Östen nicht das Thal der Katzbach, während es west- 
wärts bis zur schnellen Deichsel fortsetzt. 

In die Verlängerung der Hermsdorfer Erhebungszone fällt eine am 
Rande des Thonschiefers südlich von Ober-Praufsnitz beobachtete Aufstür- 
zung des Zechsteins an einer Stelle, welche zugleich das äufserste Ende des 
Nordrandes der Goldberger Mulde ist. In einem Steinbruch auf der linken 
Seite des Praufsnitz-Baches, welcher, obgleich in neuerer Zeit erst eröffnet, 
doch schnell eine grofse Längsausdehnung erhielt, ist der Zechstein, ganz 
wie der Muschelkalk bei Hermsdorf, senkrecht in der Richtung von N. W. 
gegen S. O. aufgerichtet und seine Schichten sind an mehreren Stellen in 
verworrener Weise so in einander gefaltet, dafs sie ein ansehnliches Stück 
des südlich anstofsenden bunten Sandsteins umschliefsen. In geringer Ent- 
fernung von dem Bruche nordwärts steht der Thonschiefer zu Tage; südlich 
breitet sich der bunte Sandstein aus, welcher hier schon den Quadersand- 
stein so weit vom Schiefer getrennt hält, dafs ihn die Aufrichtung, die auch 
hier nur auf einen sehr schmalen und zugleich sehr kurzen Saum am Mulden- 
rande beschränkt bleibt, nicht mehr treffen konnte. 

An der Ost- und Südseite des Goldberger Busens bleiben ringsum die 
Formationen des bunten Sandsteins und Zechsteins, welchen sich westlich 
von Konradswaldau noch das Rothliegende zugesellt, in ruhiger Lage zwischen 
dem in der Mitte des Busens liegenden Quadersandstein und dem Thonschie- 
fergebirge ausgebreitet. Weiter noch entfernt sich westwärts über Löwen- 
berg hinaus durch die immer gröfser werdende Erweiterung des Rothliegen- 
den die südliche Grenze der Kreideformation von den Rändern des Urgebirges, 
und nirgend können deshalb Erscheinungen vorkommen, denen von Wehrau, 
oder bestimmter noch denen von Hermsdorf gleich. Der cenomane Quader- 
sandstein ruht längs der Südgrenze der Mulde, vom Queifs bis zum Bober 
bei Löwenberg, ebenso wie am Südrande des Goldberger Busens, gleichför- 
mig auf dem unterliegenden bunten Sandstein und senkt sich gleich ihm mit 
geringer Neigung der Schichten gegen die Muldenmitte. Er erhebt sich zwar mit 
mehr oder minder steilen Wänden über dem thalartig vertieft liegenden bun- 
ten Sandstein; doch ist diese Erhebung nicht eine Folge von Aufrichtung, 


über die Lagerung der Kreideformation im schlesischen Gebirge. 67 


sondern nur ein von der neuen Formation gebildeter Absatz der Auflage- 
rung, wie Ähnliches vielfach in andern Gebirgen und unter viel auffallende- 
ren Formverhältnissen anderwärts im schlesischen Gebirge selbst bei Qua- 
dersandsteinbildungen, welche ungestört älteren Formationen aufliegen, be- 
obachtet wird. 

Nur an einer einzigen Stelle, am Steinberge zwischen Plagwitz und 
dem Boberthal östlich von Löwenberg, kömmt eine Unterbrechung in dem 
ruhigen Verhalten der Auflagerung des Quadersandsteins auf dem bunten 
Sandstein vor. Am Gehänge des genannten Berges gegen den Bober hinab, 
wo grolse Steinbrüche im Quadersandstein betrieben werden, sind dessen 
Schichten fast horizontal gelagert (Herr v. Dechen beobachtete 5° Fallen 
gegen Norden, a. a. O. S. 137); dagegen zieht sich auf der Höhe des Berges 
ein Riff von zertrümmerten Sandsteinfelsen hin, in welchem sich die am Fufs 
des Berges fast horizontal liegenden Sandsteinschichten steil aufgestürzt her- 
vorheben unter Neigungen bis zu 80° bei westnordwestlichem Streichen. 
Unmittelbar daran stofsen gleich steil stehende Schichten des bunten Sand- 
steins, welche Formation den nördlichen gegen Plagwitz gekehrten Abfall des 
Berges zusammensetzt und von hier am Fufs des Weinberges vorüber bis in 
das Boberthal unterhalb Löwenberg vordringt, so dafs der Quadersandstein 
des Steinberges vollständig von dem bei Braunau am Bober beginnenden und 
zum Hirseberg fortlaufenden Sandsteinzuge getrennt ist. Augenscheinlich 
sind hier die beiden Formationen des Quadersandsteins und bunten Sand- 
steins mit einander wie eine Falte aufwärts gebogen, und ihre Aufrichtung be- 
weist, dafs die Erschütterung des Flözgebirges, welche die Erhebung der 
Schichten an den Ablagerungsrändern hervorrief, nicht auf die Ränder be- 
schränkt blieb, sondern gleichmäfsig auch weit davon entfernt die Massen in 
Bewegung versetzt hat. 

Unter leichter zu übersehenden Verhältnissen als in der nördlichen 
Hauptmulde, wo die beobachteten Stellen aufgestürzter Schichten durch weite 
Entfernungen von einander getrennt sind, kommen ähnliche noch auffallen- 
dere Erscheinungen in den Ausfüllungen der kleinen Nebenmulde des Läh- 
ner Busens vor. Nur am nordwestlichen Eingange desselben, von der Strafse 
zwischen Schmottseifen und Klein-Röhrsdorf ab bis nahe Husdorf hin, 
tritt Zechstein auf; der bunte Sandstein bedeckt ihn und erscheint noch ein- 
mal oberhalb Lähn auf der rechten Seite des Bobers; cenomaner Quader- 

1 


68 Beryrıch 


sandstein erfüllt der ganzen Länge nach den innern Raum der Mulde. Das 
Rothliegende, welches diese jüngeren Ausfüllungen der Nebenmulde von de- 
nen der Hauptmulde abschneidet, verbreitet sich als Unterlage der jüngeren 
Formationen durch die ganze Länge des Busens und tritt an dessen Rändern in 
schmalen bandförmigen Zonen zwischen dem Quadersandstein und Schiefer 
zu Tage. Solche Zonen von Rothliegendem sind vorhanden westlich des 
Bobers an beiden Rändern der Mulde, östlich am Südrande nur bis auf kurze 
Entfernung vom Bober, am Nordrande dagegen von dem Langenauer Thal 
bis gegen den Fufs des Stangenberges hin. Wo das Rothliegende am Rande 
nicht sichtbar ist, stöfst der Quadersandstein unmittelbar an den die Mulde 
umzingelnden Thonschiefer. 

Am Südrande sowohl wie an dem Nordrande , so weit Rothliegendes 
den Quadersandstein vom Schiefer getrennt hält, zeigen sich die Schichten 
des ersteren überall steil aufgerichtet, nahe vertikal oder übergestürzt; am 
Südrande sieht man sie senkrecht stehend westlich des Bobers an den Wegen 
von Carlsdorf nach Ullersdorf und Husdorf hin und eben so auf der rechten 
Seite des Bobers bei Waltersdorf; am Nordrande sind sie aufgestürzt (mit 
70° h. 14 gg. N. fallend) am Wege von Lähn nach Vorhusdorf, senkrecht 
aufgerichtet bei Langenau. Die Schichten des Quadersandsteins, welche bei 
Waltersdorf dicht am Rothliegenden weggebrochen werden, stehen hier 
gleich diesem vertikal, und wenn man von diesem Punkte ausgehend in süd- 
östlicher Richtung die hoch am Rande der Thonschieferberge entlang lau- 
fende Grenze des Quadersandsteins verfolgt, so beobachtet man, dafs bis 
nach Grunau hin, in der Länge von einer Meile, nachdem das Rothliegende 
am Rande verschwunden ist, der Quadersandstein überall in senkrechten oder 
übergestürzt gegen den Thonschiefer einschiefsenden Schichten mit letzterem 
in Berührung tritt; am Rande des Lerchenberges fallen die in überhängenden 
Felsen emporstehenden Quadersandsteinschichten, vollsteckend von Exogyra 
Columba und Pecten asper, mit 54° südlich unter die Thonschiefer ein. Am 
Nordrande der Mulde ist bei Langenau deutlich der Quadersandstein mit dem 
Rothliegenden am Fufs der Thonschieferberge senkrecht aufgerichtet. Da- 
gegen ist westlich des Bobers am Nordrande bei Vorhusdorf zu sehen, dafs 
der Quadersandstein hier der Bewegung des Rothliegenden, dessen überge- 
stürzten Schichten er abweichend anliegt, nicht gefolgt ist. 


über die Lagerung der Kreideformation im schlesischen Gebirge. 69 


Aus den vorliegenden Thatsachen ergiebt sich, dafs in dem Lähner 
Busen an beiden Rändern eine schmale Zone von aufgestürzten Schichten 
am Thonschiefer hinläuft, welche aus Rothliegendem allein, oder aus Roth- 
liegendem in Verbindung mit Quadersandstein, oder blofs aus den dem Thon- 
schiefer nächst anstofsenden Theilen des Quadersandsteinszusammengesetzt ist. 
Am Südrande des Busens beginnt die Erhebungszone schon bei Carlsthal und 
erstreckt sich ohne Unterbrechung bis nach Grunau hin; am Nordrande fehlt 
sie vom Boberthal bei Lähn bis nach Langenau. Das Rothliegende, wo es zwi- 
schen Quadersandstein und Thonschiefer in diesen Erhebungszonen zu Tage 
liegt, nimmt zwischen beiden dieselbe Stellung ein, wie der Muschelkalk 
zwischen dem Quadersandstein und Thonschiefer bei Hermsdorf, oder wie 
der Jurakalk zwischen dem Quadersandstein und Granit bei Hohnstein in 
Sachsen. 

Mit der Aufstürzung der Schichten an den Rändern wird man geneigt 
die im Innern des Lähner Busens vorhandenen auffallenden Zertrümmerun- 
gen des Quadersandsteins am Kiehnberge, am Gehänge des Lerchenberges 
gegen Langenau herab und ebenso an dem des Galgenberges nach Flachen- 
seifen hin in Zusammenhang zu bringen, ferner auch wohl die sonderbare 
Isolirung des Grunauer Spitzberges, der mehr das Ansehn eines Basaltberges 
als eines Quadersandsteinberges hat, und die mehrere hundert Fufs betra- 
gende höhere Lage der Quadersandsteingrenze am Südrande des östlichen 
Theils der Mulde verglichen mit der des Nordrandes; ja man könnte daran 
denken, den gewifs erst spät erfolgten Einsturz des Granites, welchem der 
sogenannte Hirschberger Kessel seine Entstehung verdankt, in die gleiche 
Zeit zu verlegen. Doch dies bleiben Hypothesen, welche für den Beobachter 
des Gebirges wohl eine gewisse Wahrscheinlichkeit erlangen können, zu de- 
ren festerer Begründung uns aber positive Beweise für den gleichzeitig er- 
folgten Eintritt der bezeichneten Veränderungen fehlen. 


Aufser den Räumen an der Nordseite des schlesischen Gebirges, wo 
die bisher angeführten Thatsachen beobachtet wurden, findet sich die Kreide- 
formation noch im Innern des Gebirges weit verbreitet. Man kann von Klo- 
ster-Grüfsau, eine Stunde von Landshut, ausgehend nach Reinerz, von hier 


70 Bevyrıcnh 


nach Habelschwerdt und Mittelwalde im Neisse-Thal, und über die Wasser- 
scheiden zwischen Elb-, Oder- und Donau-Gebiet bei Grulich fort bis nach 
Schildberg in Mähren gelangen, ohne die Formation zu verlassen, sie be- 
deckt in dieser Erstreckung ohne Unterbrechung des Zusammenhanges einen 
in der Längsrichtung des gesammten Gebirges gedehnten Raum von 14 geo- 
graphischen Meilen Länge, dessen Breitenausdehnung an keinem Punkte so 
grofs wird, dafs man in der Querrichtung weiter als 1} Meilen über Kreide- 
ablagerungen fortgehen könnte ohne die Basis derselben entblöfst zu treffen, 

Nach den orographischen Formen und nach dem verschiedenen Ver- 
halten zu der Unterlage lassen sich in dieser zusammenhängenden langgedehn- 
ten Masse von Kreideablagerungen drei fast überall sehr natürlich begrenzte 
Theile unterscheiden. In dem nördlichen Theil, welcher die Felsgruppen 
von Adersbach und die Heuscheuer einschliefst, ruht das Kreidegebirge auf 
der Formation des Rothliegenden, welche den Zug des niederschlesischen 
Kohlengebirges in grolser Breite bedeckt; es entspricht hier in seiner Lage, 
wenigstens im Norden zwischen Schömberg und Friedland und auch noch 
zwischen Wernscorf und Braunau, vollkommen der inneren Ausfüllung einer 
weiten Mulde, wobei das Auftreten der neuen Formation charakteristisch 
durch ein schroffes Ansteigen der aufgelagerten Masse über ihrer Unterlage 
angezeigt wird. Die nördlichen und östlichen Ränder der Mulde, in welchen 
wie in den Flözmulden an der Nordseite des Gebirges die Kreideformation 
der letzte Absatz war, liegen in weiter Entfernung; erst in den krystallini- 
schen Schiefergesteinen, welche von Schatzlar bis Kupferberg den Granit 
des Riesengebirges umziehen, dann von Kupferberg gegen Freyburg hin in 
den nördlichen primitiven Thonschiefern und im Osten im Gneifs des Eulen- 
gebirges betritt man die Basis, auf welcher in gleichförmiger Lagerung zuerst 
die Grauwacken der Devon- und der Kulm-Formation, dann das Kchlen- 
gebirge, darauf das Rothliegende und zuletzt die Kreideformation übereinan- 
der abgesetzt wurden. Im Süden sind die Ränder der alten Mulde verschwun- 
den und die Art und Weise, wie die Kreideformation allein sich südlich 
des Heuscheuergebirges weiter verbreitet, liefert den Beweis, dafs hier in der 
Zwischenzeit zwischen der Ablagerung des Rothliegenden und der Kreide- 
formation, in einer wegen des Fehlens der zwischenliegenden Formationen 
nicht näher zu bestimmenden Zeit, grofse Veränderungen in den Formen des 
krystallinischen Gebirges eingetreten sein müssen. Man sieht nämlich die 


über die Lagerung der Kreideformation im schlesischen Gebirge. 74 


Kreideformation von Neu-Tscherbeney nördlich von Cudowa bis über Neu- 
Biebersdorf östlich von Reinerz hinaus, ohne dafs Rothliegendes oder eine 
andere ältere Formation dazwischenliegend sichtbar wird, in unmittelbarer 
Berührung mit den von Graniten durchsetzten krystallinischen Schiefern, 
welche südlich die Höhen des glätzisch-böhmischen Grenzgebirges zusammen- 
setzen, und man findet die Formation dann weiter über die relativ niederen 
Theile dieses Gebirges ausgebreitet wie eine unregelmäfsig begrenzte Decke, 
die nur zwischen Neu-Biebersdorf und Pohldorf jenseits Nesselgrund mit der 
Hauptmasse der Kreideablagerungen zusammenhängt. Zugleich aber verbreitet 
sich ein dritter Theil der Kreideformation von Oberschwedeldorfund dem am 
Zusammenflufs der Biele mit der Neisse gelegenen Dorfe Piltsch anfangend in 
südlicher Richtung weiter als die untere Ausfüllung einer golfartigen, erst bei 
Schildberg in Mähren ihr Ende erreichenden Gebirgseinsenkung, deren Rän- 
der im Osten durch die im Glätzer Schneeberge ihre höchste Erhebung er- 
reichende Gebirgsgruppe und weiterhin durch die aus Gneifs bestehenden 
Höhen des Altvaterwaldes südlich von Grumberg, im Westen durch den 
östlichen Abfall des böhmisch-glätzischen Gebirges und weiterhin durch die 
zwischen Gabel und Schildberg sich erhebenden Gneifsberge gebildet wer- 
den. Die kaum über eine Meile breit werdende Niederung des Neisse-Thals 
bis nach Schreibendorf südlich von Mittelwalde, dann die ebene Platte der 
Wasserscheiden zwischen Bobischau, Schreibendorf und Herrnsdorf einer- 
seits, Grulich, Hohen -Erlitz und Ullersdorf andererseits, nachher die nur 
schmale, bei Schildberg wie in einem Circus geschlossene Thalniederung des 
Frisawa-Flusses sind der in stetem Zusammenhang von Kreideablagerungen 
erfüllte Boden des alten Golfes. 

Ähnlich dem Neisse-Frisawa-Golf ziehen sich, wie die von Herrn v. 
Hingenau bearbeitete vortreffliche geologische Übersichtskarte von Mähren 
und Österreichisch-Schlesien anschaulich darstellt, noch mehrere von Kreide- 
ablagerungen erfüllte schmale Buchten von Böhmen her in das mährische 
Gebirge hinein; nur der Schildberger Golf war übersehen. Es sind dies ein- 
ander parallele Gebirgseinstürzungen, welche die ihnen zukommende Längs- 
richtung von N. N. W. gegen O.S. ©. wesentlich wohl den in viel älterer 
Zeit entstandenen herrschenden Strukturrichtungen des eingestürzten Grund- 
gebirges verdanken; wenigstens ist dieser Zusammenhang für den allein mir 


72 BeyrıcıH 


genauer bekannt gewordenen glätzisch - mährischen Golf mit Bestimmtheit 
nachzuweisen. 

In dem Gebiet der Kreideablagerungen,, worauf die gegenwärtige Be- 
trachtung beschränkt bleibt, hat schon vielfach das hohe Niveau, welches die 
Formation in dem nördlichen auf Rothliegendem ruhenden Theil in der Heu- 
scheuer erreicht, die Aufmerksamkeit der Geologen erregt. Indefs bleiben 
nur wenig unter der Höhe der Heuscheuer die hervortretenderen noch von der 
Kreideformation bedeckten Punkte in dem Gebirge zwischen Reinerz oder 
der Hohen Mense und Habelschwerdt zurück; sie dürften die Höhe von 
2700 Fufs, d. i. etwa 100 Fufs weniger als die Höhe der Heuscheuer, errei- 
chen, wenn die Angaben genau sind, dafs das Quellgebiet der Erlitz in den 
Seefeldern etwa 2400 Fufs und die Quellen der Habelschwerdter Weistritz 
2566 Fufs hoch liegen; beides sind mitten in der Decke des Kreidegebirges 
gelegene Punkte. Theils aus diesen Niveauverhältnissen, theils aus der Art, 
wie sich von böhmischer Seite her, aus der Gegend von Rokitnitz über Ha- 
sendorf bis nach Tschiak, d. i. nur + Meile vom Rande der Kreideablage- 
rungen des Neisse-Thals bei Mittelwalde entfernt, Abzweigungen des böhmi- 
schen Kreidegebirges über die von Gneifs gebildeten Höhen fortziehen, geht 
hervor, dafs in der Zeit des Absatzes der Kreideformation der lange Gebirgs- 
rücken der Hohen Mense und der böhmischen Kämme eine ringsum vom 
Meere umspülte Insel war, und dafs trotz der gegenwärtigen vollständigen 
Trennung dennoch die Kreideablagerungen im Innern des schlesischen Ge- 
birges mit den ausgedehnteren böhmischen in einem und demselben Meeres- 
becken abgesetzt wurden. Man wird deshalb auch erwarten, dafs sich in der 
Zusammensetzung der Formation in diesem Theile des schlesischen Gebirges 
gröfsere Analogieen mit der böhmischen oder selbst noch der sächsischen 
Kreideformation herausstellen werden, als mit der niederschlesischen, welche 
in einem weit getrennten Meeresbecken abgesetzt ihre selbstständige Glie- 
derung erhalten hat. 

Herr v. Carnall hat in seiner, den deutschen Geologen sehr be- 
kannten, mit dem verstorbenen Zobel herausgegebenen geognostischen Be- 
schreibung von einem Theile des niederschlesischen und Glätzischen Ge- 
birges (') eine ausgeführte und die Verhältnisse in der Natur genau wie- 


(') Karsten’s Archiv Band IV. S. 138 fg. 


über die Lagerung der Kreideformation im schlesischen Gebirge. 13 


dergebende Darstellung von der petrographischen Beschaffenheit und dem 


5 
zu den Höhen des böhmisch - glätzischen Gebirges und bis in die Gegend 


gegenseitigen Lagerungsverhalten der aus der Gegend von Landshut bis 
se 5 5 g 


von Glatz hin die Formation zusammensetzenden Gesteine gegeben. Er 
unterschied mit Benennungen, welche früher schon, im Jahre 1819, durch 
Karl von Raumer auf diese Gegenden des schlesischen Gebirges über- 
tragen waren, als Quadersandstein, Plänersandstein und Plänerkalk, drei 
fast überall leicht zu trennende Gesteine, welche nicht in einer einfachen 
Folge des Absatzes übereinander, sondern in mehrfacher Wiederholung und 
häufig mit unregelmäfsigem Auslaufen des einen zwischen den andern, ein 
geologisch ungegliedertes Formationsganzes, das sogenannte Quadersand- 
steingebirge zusammensetzen. In der That wird, wie auch das paläon- 
tologische Verhalten bestätigt, durch die gesammte Masse von Kreide- 
ablagerungen des Heuscheuergebirges und der Bedeckung des böhmisch- 
glätzischen Gebirges nur eine einzige Stufe der Kreideperiode, das Ceno- 
man, vertreten. Während das gleiche Niveau des oberen Kreidegebirges im 
Norden nur einen wenige Hundert Fufs mächtig werdenden Quadersandstein 
einschlofs, finden wir hier eine bei der Heuscheuer zu der Mächtigkeit von 
1500 Fufs anschwellende Cenomanablagerung, welche aus einem verschiedenen 
Wechsel von Quadersandstein mit thonigem oder thonigkieseligem Sandstein 
(Plänersandstein) und mit Lagern von thonreichem Kalkstein (Plänerkalk) 
zusammengesetzt ist. Den Namen Plänerkalk hat demnach hier ein cenoma- 
ner Kalkstein erhalten, welcher nichts mit dem turonen Plänerkalkstein ge- 
mein hat, und dem überall die charakteristischen Versteinerungen des letz- 
teren fremd bleiben. Ebenso bezeichnet der Name Plänersandstein im schle- 
sischen Gebirge, wenn man ihn beibehalten will, nur ein besonderes in gros- 
ser Verbreitung auftretendes Gestein, welches durch seine organischen Ein- 
schlüsse wie durch seine Lagerung dem cenomanen (uadersandstein als ein 
zugehöriges Glied verbunden ist. 

Nur im Grunde des langen glätzisch-mährischen Kreidegolfes erfolgte 
noch nach dem Genoman in ununterbrochenem Zusammenhang, von Ober- 
Schwedeldorf an der Weistritz westlich von Glatz bis nach Schildberg, der 
Absatz eines jüngeren, entweder turonen oder senonen Systems von Ablage- 
rungen, welches ich hier, ohne die genauere Bestimmung seines Alters einer 
weiteren Erörterung unterwerfen zu wollen, unter dem Namen des Kieslings- 


Phys. Kl. 1854. K 


74 Berrıch 


walder Systems unterscheiden will. Ein Sandstein, im frischen Zustande des 
Gesteins von bläulichgrauer, im zersetzten von unreinen grünlichgrauen oder 
grünlichgelben Farben, mit reichem thonigem Bindemittel und voll von beige- 
mengten Glimmerschüppchen, übergehend in grobe Conglomerate, setzt als 
oberstes Glied des Systems östlich von Habelschwerdt zwischen Neu-Wal- 
tersdorf und Kieslingswalde eine Gruppe von Bergen zusammen, welche 
durch den Reichthum der bei letzterem Ort besonders in Menge zusammen- 
gehäuften Versteinerungen schon in alter Zeit berühmt waren. Der gleiche 
Sandstein erscheint noch einmal in der Mitte des Golfs südlich von Mittel- 
walde zwischen Schönthal, Schreibendorf und Bobischau verbreitet, bei 
Schreibendorf mit denselben Versteinerungen wie zu Kieslingswalde. Die 
Unterlage dieses Sandsteins bildet eine überwiegend thonige Ablagerung, 
bezeichnet durch Ausscheidungen von Thoneisensteinnieren und durch die 
Einlagerung von Sandsteinbänken, deren Gestein dem der aufliegenden 
Sandsteinbildung gleich ist. Eng durch Wechsellagerung und durch Übergang 
der Gesteine mit a aan bilden der untere Thon und der mäch- 
tigere obere Sandstein in gleicher Weise ein zusammengehörendes Ganze 
wie die verschiedenen Gesteine, welche zusammengefafst das ältere Cenoman- 
system ausmachen. 

In dem langen Zuge von Kreideablagerungen, von deren räumlicher 
Anordnung und Zusammensetzung in allgemeinen Umrissen eine Übersicht 
gegeben wurde, wiederholt sich in grofser Ausdehnung die Erscheinung der 
Schichtenaufstürzungen in denjenigen Gegenden, wo die Formation an her- 
vorragende Ränder des Grundgebirges anstöfst; sie fehlt ganz in dem nörd- 
lichen Zuge des Heuscheuergebirges, wo die Formation weit entfernt von 
den Rändern der Mulde über dem in der Tiefe ausgebreiteten Rothliegen- 
den aufsteigt, sie läfst sich dagegen in langen Strecken längs des östlichen 
Abfalls des böhmisch -glätzischen Gebirges und am Rande des östlich den 
glätzisch-mährischen Golf begrenzenden Urgebirges verfolgen, während in 
der Mitte dieses Golfes und auf der Höhe des böhmisch-glätzischen Gebirges 
die Lage der Schichten nur geringe Störungen erlitten hat. 

Am Eingange des Golfes, auf der linken Seite der Neisse eine Stunde 
von Glatz, der Mündung der Biele gegenüber, liegt der sogenannte Rothe 
Berg, der einzige Punkt, wo bisher das Vorkommen senkrecht stehender 
Schichten der Kreideformation in diesen Gegenden durch die genaue, von 


über die Lagerung der Kreideformation im schlesischen Gebirge. 75 


Herrn v. Carnall gegebene Beschreibung des von der Neisse entblöfsten 
Profils bekannt geworden ist. Die nördliche Hälfte des Berges besteht aus 
krystallinischen, von Eruptivgesteinen durchsetzten Schiefern, welche an diesem 
Punkte noch durch die südlich nicht weiter vorhandene Formation des Roth- 
liegenden von der Kreideformation getrennt sind. In übergestürzter Stel'ung, 
mit 50 bis 73° gegen dasselbe einschiefsend, stofsen mit dem Urgebirge die 
Schichten des Rothliegenden zusammen; darauf folgen, nach und nach von 
der übergestürzten zur senkrechten Stellung übergehend, zuerst ein wenig 
mächtiger, conglomeratisch werdender Sandstein, dann Kalkstein, darauf 
Quadersandstein mit Exogyra Columba, dann wieder dem unteren gleicher 
Kalkstein, und noch ein dritter Sandstein, welche Folge zusammengefafst 
das aufgestürzte Cenomansystem ausmacht. Zu oberst werden noch in gleich 
steiler Stellung, durch Sphärosideritnieren und dünne eingelagerte Sand- 
steinschichten kenntlich, die unteren Thone des Kieslingswalder Systems 
sichtbar, welche sich vom Rothen Berge westlich in der ebenen Platte zu bei- 
den Seiten des Thales von Alt-Wilmsdorf in ruhiger Lage ausbreiten. Die 
Stellung des Rothliegenden zwischen dem Urgebirge und- der Kreideforma- 
tion ist hier ganz dieselbe, wie nördlich in dem Busen von Lähn bei Wal- 
tersdorf. 

Durch eine niedere, von Alluvionen bedeckte Fläche ist man verhin- 
dert, vom Rothen Berge fort auf der rechten Seite der Neisse zu verfolgen, 
ob die an jenem Berge beobachtete Aufrichtung des Flözgebirges sich an der 
Grenze des Urgebirges ohne Unterbrechung fortsetzt bis zu der Stelle hin, wo 
zwischen Rengersdorf und Grafenort der zwischen Eisersdorf und Melling 
liegende Glimmerschieferzug im Neisse-Thal sein Ende erreicht. An diesem 
Punkte beginnt eine Erhebung des Kreidegebirges am Rande der Urgebirgs- 
höhen, welche sich in stetem Zusammenhange über mehr als 3 Meilen Länge 
fort bis in die Gegend von Lauterbach nordöstlich von Mittelwalde verfolgen 
läfst. Die Veränderung in der lineären Richtung der Urgebirgsgrenze, welche 
bei Neu-Waltersdorf mit einem stumpfen Winkel aus der südöstlichen in eine 
vollkommen südliche umbiegt, übt nicht den geringsten Einflufs aus auf das 
Verhalten der aufgestürzten Schichten des Kreidegebirges, welche in gleicher 
Weise vor wie nach der Umbiegung der Grenzlinie wie ein schmaler erho- 
bener Saum am Fufs des hoch aufsteigenden Urgebirges hinziehen. Eine 


schmale Zone von Gesteinen des Cenoman - Systems welche in ihrer anzen 
y ’ 
K Ad 


76 Bersıch 


Breite dem Saume der erhobenen Schichten angehören, sieht man von der Neisse 
westlich von Melling an bis über Neudorf fort, mit geringen Unterbrechun- 
gen bei Neu-Waltersdorf und von Steingrund zu dem oberen Ende von Kies- 
lingswalde hin, zwischengeschoben zwischen das Urgebirge und die Ablage- 
rungen des Kieslingswalder Systems, die sich mit aufrichten, so weit sie in 
den Erhebungssaum hineinragen, der untere bedeckt gewesene Theil der 
Formation ist hier nur in Folge der Erhebung am Ablagerungsrande an die 
Tagesoberfläche hervorgeschoben worden, und er steht zu dem oberen in dem- 
selben Verhalten wie an anderen Orten die älteren Formationen zu den jün- 
geren. Die Cenomanzone besteht wie am Rothen Berge aus einer Verbindung 
von Quadersandsteinlagern mit Lagern von plänerartigem Kalkstein, von 
welchen Gesteinen bald das eine bald das andere zunächst am Glimmerschie- 
fer oder Gneifs sichtbar wird; bei Melling schliefsen z. B. zwei Lager von 
Quadersandstein ein Kalksteinlager ein, während man zwischen Kieslingswalde 
und dem Wölfelsbach bei Marienau am Gneifs zuerst Kalkstein, dann Qua- 
dersandstein, darauf wieder Kalkstein trifft. Die Schichten fallen entweder 
unter steilen Winkeln vom Urgebirge ab, oder sie stehen vertikal, oder sie 
sind übergestürzt; von letzterem liefert das Profil nördlich der Kirche von 
Neudorf an der rechten Thalseite des von Uhrnisberg herabkommenden 
Wassers ein schönes Beispiel, wo man an der Grenze zuerst ein Kalkstein-, 
dann ein Sandsteinlager unter Winkeln von 70 bis 80° unter den Gneifs ein- 
schiefsen sieht. Die Mitaufrichtung des Kieslingswalder Systems ist vor allem 
bei Kieslingswalde selbst am Auffallendsten zu beobachten, indem hier die 
aufgestürzten conglomeratischen Bänke des Kieslingswalder Sandsteins selbst, 
— nicht, wie irrig behauptet worden ist, Schichten eines aufgelagerten jün- 
geren Quadersandsteins —, als ein zertrümmertes Felsriff emporstehen am 
Rande einer schmalen nach Steingrund führenden Thalrinne, deren Boden 
von den unteren Thonlagern des Kieslingswalder Systems gebildet ist. 

Aus der Gegend östlich von Mittelwalde gegen Süden hört am östlichen 
Rande des Kreidegolfes die Aufrichtung der Schichten vollständig auf; die 
Cenomangesteine, auf welchen Grulich steht, haben nur geringe Neigung. 
Nur ganz am Ende des Golfes, wo östlich von Schildberg und Friesehof das 
Cenomansystem noch einmal als die Unterlage des den Thalgrund bis Schild- 
berg ausfüllenden Kieslingswalder Thones zu Tage ausgebreitet liegt, zeigen 
sich an der Grenze des Urgebirges die untersten Schichten des Systems senk- 


über die Lagerung der Kreideformation im schlesischen Gebirge. 77 


recht erhoben; aus den aufgerichteten Schichten eines glaukonitischen Sand- 
steins mit kalkigem Bindemittel besteht die mauerartig gestaltete Gruppe von 
Klippen, die man schon weither, von Hoflenz oder Bukowitz kommend, 
als eine auffallende Felsform am Rande des Gebirges wahrnimmt, über wel- 
ches die Strafse nach Hohenstadt fortführt. 

Am westlichen Rande des Golfes stöfst der Kieslingswalder Thon von 
Schildberg ab bis nach Bobischau im Süden von Mittelwalde an den Gneifs, 
ohne sich zu erheben und ohne durch Cenomangesteine von ihm getrennt zu 
sein. Erst bei Bobischau am Fufs des Grenzberges beginnt eine Cenoman- 
zone hervorzutreten, mit welcher im Süden zugleich das Phänomen der 
Schichtenaufrichtung seinen Anfang nimmt. Zuerst tritt zwischen den Gmeifs 
und den Kieslingswalder Thon ein plänerartiger Kalkstein, dessen Schichten 
in einem Steinbruch bei Bobischau mit 65° Neigung von dem darunter ent- 
blöfsten Gmeifs abfallen. Bald hebt sich unter dem Kalkstein noch ein Sand- 
stein (Plänersandstein) hervor, und diese beiden Lager, ein unterer Sandstein 
mit darauf liegendem Kalkstein, ziehen nun als ein schmaler Cenoman-Saum 
am Rande des Urgebirges etwa eine Meile weit bis nach Rosenthal fort, über- 
all mit steiler Stellung der Schichten; sie sind übergestürzt, zugleich mit 
den untersten Lagen des Kieslingswalder Thones, in einem Profil, das man in 
westsüdwestlicher Richtung von Mittelwalde aufnimmt. 

Zwischen Rosenthal und Ober-Langenau tritt in dem lineären Verlauf 
des Urgebirgsrandes eine Unterbrechung ein, welche mit der Anordnung der 
Schichten der Kreideformation in enger Verbindung steht und zugleich eine 
Unterbrechung der Randerhebungen bedingt. Man sieht nämlich bei Rosen- 
thal das bis hierher nur als einen schmalen Saum hervorgeschobene Geno- 
man sich erweitern, indem der Kalkstein bis nach Ober - Langenau an der 
Neisse sich ausbreitet und einen (Juadersandstein einschliefst, der weiter süd- 
lich nicht vorhanden war. Hierdurch entwickelt sich die Folge von Gestei- 
nen, — zu unterst Plänersandstein, dann Kalkstein, darauf ein sehr mächtig 
werdender Quadersandstein, der wieder von Kalkstein bedeckt wird —, wel- 
che die Regel bleibt für die gesammten Cenomanlager am östlichen Rande 
und auf der Höhe des glätzisch - böhmischen Gebirges bis nach Reinerz hin. 
Von Rosenthal und Ober - Langenau her ziehen sich die breit gewordenen 
Cenomankalke ganz allmälig gegen Lichtenwalde und Verloren-Wasser hin- 
auf und am Fufs des Heidelberges vorbei bis zum Alten Brandt hin, wo sie 


78 Bervrıch 


schon der oberen Decke des Urgebirges angehören; erst bei Langenau be- 
ginnt wieder das westliche Gebirge mit einem bestimmten Absatze aus der 
Niederung des Neisse-Thals sich zu erheben, und zugleich beginnt auch als- 
bald wieder die Aufrichtung der Kreideschichten am Rande. Schon bei 
Nieder-Langenau, nördlich des bei dem Bade entblöfsten Glimmerschiefers, 
fallen im Bette der Neisse steil stehende Schichten auf, welche noch zu dem 
Kieslingswalder Thon gehören. Dann läuft ein Rücken von gehobenem 
Quadersandstein von den Gemeindebergen bei Nieder-Langenau aus am öst- 
lichen Gehänge des unbedeckt gebliebenen Glimmerschiefergebirges hin, 
welches durch das tief eingerissene Thal der Habelschwerdter Weistritz zwi- 
schen Hammer und Alt-Weistritz und durch dessen Seitenthäler zerschnitten 
wird. Am östlichen Fufs dieses Randrückens ruht in ungestörter Lage der 
cenomane Kalkstein, welcher denselben Sandstein an der Neisse bei Habel- 
schwerdt bedeckt, und zwischen dem erhobenen Quadersandstein und dem 
Glimmerschiefer zeigen sich in schmalen Zonen die älteren Cenoman- 
schichten, der untere Kalkstein und der Plänersandstein. So weit der Glim- 
merschiefer gegen Nesselgrund hin am Gehänge blofsliegt, so weit erstreckt 
sich auch die steile Erhebung des östlich anstofsenden Kreidegebirges ; noch 
bei Sauergrund kann man an der Grenze des Glimmerschiefers in vertikaler 
Stellung die ganze Schichtenfolge des Cenoman beobachten. 

Die Stelle, wo nicht weit von Nesselgrund am Rande des Habel- 
schwerdter Gebirges der Glimmerschiefer verschwindet, liegt dem Rothen 
Berge, wo am östlichen Eingange des Golfes die Erhebung der Schichten am 
Urgebirgsrande ihren Anfang nahm, genau gegenüber und ist im Westen das 
Ende der bis nach Schildberg verfolgten Erscheinungen, die sich in der Ge- 
gend von Reinerz und Cudowa nicht wiederholen. Zwar legt sich das Kreide- 
gebirge auch hier keinesweges in ungestörter Lage dem Urgebirge an seiner 
Umgrenzung an, vielmehr fällt es nach allen Seiten unter starken Neigungen 
von ihm ab; aber die Winkel der geneigten Schichten werden nicht leicht 
höher als 40 bis 50° und die stärkeren Neigungen verlaufen allmälig in schwä- 
chere, so dafs sich keine Erhebungssäume ausbilden, in welchen durch plötz- 
liches Auftreten einer der senkrechten nahekommenden Schichtenstellung 
ein grofser Contrast gegen die in Ruhe verbliebenen Theile der Formation 
entsteht. 

Über die Lagerung der Kreideformation in der Nähe des Kohlenge- 


über die Lagerung der Kreideformation im schlesischen Gebirge. 79 


birges zwischen Nachod und Schatzlar kann ich nicht nach eigenen Beob- 
achtungen urtheilen; die steilen dort vorkommenden Aufrichtungen, über 
welche v. Warnsdorff(!) berichtet hat, dürften der Erhebung des Qua- 
dersandsteins und bunten Sandsteins im Steinberge bei Löwenberg vergleich- 
bar sein, insofern sie ganz im Gebiete des Flözgebirges von den Rändern 
des Urgebirges entfernt liegen. Auch kann ich nur hinweisen auf die Beob- 
achtungen von Reufs(?) im Königgrätzer Kreise in Böhmen, aus welchen 
deutlich hervorgeht, dafs die Erhebung der Kreideschichten, wo sie mit äl- 
teren Gebirgsmassen zusammenstofsen, auch im Innern von Böhmen sich 


fortsetzt. 


Es genügt auf einer Karte den Umfang der geschilderten Störungen 
in der Lagerung der Kreideformation innerhalb des schlesischen Gebirges zu 
überblicken und zugleich den allgemeinen geologischen Bau dieses Gebirges 
im Auge zu behalten, um zü der Überzeugung zu gelangen, dafs die Ursache 
jener Störungen nicht lokal nur einzelne Theile des Gebirges berührende 
oder in besonderen Richtungen wirkende Kräfte gewesen sein können. Als 
zuerst in Sachsen bei Weinböhla der Pläner vom Syenit und bei Hohnstein 
der über dem Quadersandstein liegende Jurakalk vom Granit bedeckt gese- 
hen wurde, schien es natürlich, die Ursache in der Entstehung oder in einer 
besonderen Erhebung des Eruptivgesteins zu suchen. Auch wird nie zu be- 
zweifeln sein, dafs nur durch eine Bewegung oder Verschiebung der Massen 
des Granites und Syenites ihre jetzige Begrenzung gegen das von ihnen be- 
deckte Flözgebirge an jenen Stellen entstehen konnte; aber die Verschie- 
bung hatte nichts mit der eruptiven Natur jener Gesteine zu thun, sondern war 
die Folge einer Erschütterung, welche die gesammte Masse des Grundgebir- 
ges unabhängig von seiner Zusammensetzung, so weit die Erscheinung aufge- 
stürzter Schichten an seinen Rändern reicht, gleichmäfsig mufs in Bewegung 
gebracht haben. Man darf annehmen, dafs die Stärke der Bewegung in ver- 
schiedenen Gegenden des erschütterten Gebietes eine sehr ungleiche gewesen 
ist, und dafs die verschiedene Beschaffenheit der das Grundgebirge zusam- 


(') Leonh. u. Bronn N. Jahrb. 1841 S 432 fg. 
(?) Leonh. u. Bronn N. Jahrb. 1844 S.1 fg. 


80 Beyrıcn über die Lagerung der Kreideformationim schles. Gebirge. 


mensetzenden Gesteine einen wesentlichen Einflufs auf den Grad der erfolg- 
ten Verschiebungen ausgeübt hat, gleich wie bei dem Erdbeben, nach Herrn 
v. Humboldts Ausdruck, die Fortpflanzung der Bewegung nicht durch die 
chemische Natur der Bestandtheile, sondern die mechanische Struktur der 
Gebirgsarten modifieirt wird. Aber nicht das Grundgebirge allein, sondern 
auch das bedeckende Flözgebirge wurde in Bewegung gesetzt, und die Erhe- 
bung der Schichten des letzteren kann nur als eine Folge der ihm mehr von 
unten als von den Seiten her mitgetheilten Bewegung des ersteren betrach- 
tet werden. Die Richtungen, nach welchen die Schichten erhoben sind, 
wurden allein mechanisch bedingt durch vorher schon vorhanden gewesene 
äussere Formen des Gebirges; und wenn es vorzugsweise die Ränder her- 
vorragender Theile des Grundgebirges sind, an welchen die Schichten der in 
Bewegung gesetzten Massen des Flözgebirges sich aufrichteten, so läfst sich 
daraus nur folgern, dafs der Widerstand, der einer Fortpflanzung der Bewe- 
gung des schwankenden Flözgebirges von dem selbst erschütterten Ablage- 
rungsrande in den Weg gestellt wurde, die naheliegende Ursache der Schich- 
tenaufstürzung gewesen ist. Erscheinungen wie das Auftreten des Jurakalks 
bei Hohnstein, oder allgemein das Hervortreten älterer bedeckt gewese- 
ner Theile des Flözgebirges in aufgerichteten Randzonen, bleiben ein Räth- 
sel, wenn man sie durch das Emporstofsen des Grundgebirges über einer 
Spalte, oder durch eine einseitige Bewegung der festen Erdmasse an der Grenze 
der erhobenen Schichten entstehen läfst; sie erklären sich, wenn man als die 
Grundbedingung der Bewegung des Flözgebirges die Verschiebbarkeit des- 
selben gegen seine erschütterte Unterlage und die gleichzeitige Verschiebbar- 
keit einzelner Lagen des Flözgebirges gegeneinander annimmt. 


Anmerkung. Die beigefügte Karte hat nur den Zweck, übersichtlich die erörterten 
Verhältnisse in der Lagerung der Kreideformation des schlesischen Gebirges zu veranschaulichen. 
Die Eruptivgesteine sind nicht angegeben, weil ihr Auftreten und ihre Verbreitung aulser allem 
Zusammenhang mit den erläuterten Erscheinungen steht. Ebenso schien es zweckmälsig an der 
Nordseite des Riesengebirges das bedeckende Diluvium als nicht vorhanden zu betrachten und 
das Bild des Zusammenhanges der Massen so zu entwerfen, wie man es unter der Diluvialdecke 
anzunelımen hat. Für den vorliegenden Zweck war es überflüssig, das Vorkommen der im 
Gebiet der Karte gekannten tertiären Ablagerungen anzuzeigen. 


— ED — 


Au Hrn. Beyrichsdbh: ud ‚Lagerung der Rreideformation im. schlesischen bebirge. Jahrg: 1854. 


Aonen steil aufgerichteter Schichten. 


RR N NEAR REDE. 


EZ Iersteinerungsleeres Grundgebirge. 
BEE Graumackengebirge (Silur, Devon, hadm ) 
EEE köhlengebirge, Rothliegendes, hechstein. 
EEE Buncersand stein u. Muschelkalk. 


| N  Snon | hm ‚hreidegebirge. 


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Über 
neue merkwürdige Saugethiere des Königlichen 
zoologischen Museums. 


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H”- H. LICHTENSTEIN und W./PETERS. 


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[Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 22. Juni 1854.] 


I. Über die Gattung Centurio Gray und eine neue Art derselben 


aus Cuba. 


Be Gray hat im Jahre 1842 (T’he annals and magazine of natural hi- 
story. X. p. 259) unter dem Namen Centurio eine neue Gattung von Fleder- 
thieren aufgestellt und später (T’he zoology of H. M. S. Sulphur. Mammalia. 
1844. p. 27. Taf. 7) die dahin gehörige Art, Centurio senex, abbilden lassen. 
Er stellte dieselbe zu den Noctilionen in die Nähe von Chilonycteris und 
Mormops, fügte aber hinzu, sie erscheine ihm so eigenthümlich, dafs ihre 
richtige Stellung obne andere noch neu zu entdeckende Zwischengattungen 
nicht sicher zu bestimmen sei. Sie habe durch die Zahl der vier knöcher- 
nen Glieder des Mittelfingers einige Verwandtschaft mit der Gattung PAyllo- 
stoma, aber keine Spur eines besonderen Nasenblattes. 

Da Hr. Gray leider unterlassen hatte, die Form des Gebisses und 
Schädels zu untersuchen, so blieb es nicht allein ein Räthsel, wohin seine 
Gattung zu stellen sei, sondern auch zweifelhaft, ob die Kennzeichen der 
von ihm beschriebenen Art überhaupt zur Aufstellung einer solchen berech- 
tigen. Sie wurde daher in späteren synoptischen Werken entweder ganz über- 
gangen oder blofs als besondere Art der Gattung Noctilio (z. B. Schinz, 
Synopsis mammalium I. Nachträge. p. 20) angeführt. 

Phys. Kl. 1854. L 


[0 0) 
[8>) 


LicHTEnsTEin und PETERS über neue Säugethiere 


In einer Sendung von Naturalien aus Cuba durch Herrn Otto, 
welche das Museum im Jahre 1840 erhalten, befand sich aufser andern sel- 
tenen und merkwürdigen, vortrefflich in Weingeist erhaltenen Arten von 
Flederthieren (Mormops, Glossophaga, Phyllostoma u. a.) eine Form, welche 


im Äusseren eine so grofse Ähnlichkeit mit der Grayschen Abbildung von 


ö 
Centurio senex zeigt, dafs sie, wenn auch nicht zu derselben Art, so doch 
ohne Zweifel zu derselben Gattung gehört. So wurde uns die erwünschte 
Gelegenheit zu Theil, eine der sonderbarsten Formen des Thierreichs ge- 
nauer untersuchen zu können. 

Wir erlauben uns daher, die Resultate dieser Untersuchung der Aka- 
demie vorzulegen, da es hiernach nicht mehr nöthig erscheint, die Entdeckung 
neuer Zwischengattungen zu erwarten, um die naturgemäfse Stellung der in 
Rede stehenden Gattung im System zu bestimmen. 

Des Zusammenhangs wegen ist es nöthig, die Betrachtung der äufseren 
Theile vorauszuschicken, obgleich diese bereits sehr gut aus der Gray’schen 
Beschreibung und Abbildung zu erkennen sind. 

Der Kopf ist von kugelförmiger Gestalt, so lang wie breit und hoch, in- 
dem der Gesichtstheil mehr verkürzt erscheint als bei irgend einem andern Säu- 
gethiere und die Schnauze, anstatt vor dem Schädeltheil hervorzutreten, mit 
diesem in einer Ebene liegt. Das Gesicht ist von scheufslichem, mifsgestalteten 
Ansehen, von nackten Hautwülsten und Vorsprüngen ganz bedeckt, welche auf 
den ersten Anblick das Product einer krankhaften Entartung zu sein und nichts 
mit den bekannten Hautbildungen andererFlederthiere gemein zu haben schei- 
nen. Bei genauerer Betrachtung jedoch löst sich Alles in regelmäfsige symme- 
trische Formen auf. Eine längliche viereckige Platte in Form eines umge- 
kehrten Wappenschildes, welche zunächst über der Mitte der Oberlippe und 
in diese ohne Absatz übergehend sich bemerklich macht, tritt zwischen zwei 
seitlichen Gruben hervor, in deren Tiefe jederseits das Nasenloch mündet. 
Die Homologie dieser Platte mit dem aufrechtstehenden Nasenblatte (Lan- 
zette) anderer Flederthiere läfst sich nicht verkennen. Neben dem Nasen- 
blatte steigt jederseits vom Rande der Oberlippe eine hervorragende Leiste 
empor, welche sich in der Gegend des Nasenloches an einen etwas diekerem, 
durch drei Drüsenwarzen ausgezeichnetem Wulst anlegt, welcher in einem 
mit seiner Convexität nach aufsen gerichteten Bogen bis über die obere 
Ecke des Nasenblattes hinaufsteigt. Ein ganz ähnlicher mit drüsigen Warzen 


des Königlichen zoologischen Museums. 83 


versehener bogenförmiger Wulst krümmt sich um das Hufeisen der Phyllo- 
stomen, z. B. bei PAyllostoma perspicillatum Geoffr., herum. Was aber 
die Deutung der zu diesen Wülsten von der Lippe aufsteigenden Leisten 
anbelangt, so scheinen sie seitliche Rudimente des nıcht zur Entwicke- 
lung gekommenen s. g. Hufeisenblattes zu sein. Von dem inneren Augen- 
winkel und von der Gegend über den Augen gehen ferner zwei dicke Wülste 
aus, welche vereinigt nach innen über das Nasenblatt jedoch nicht ganz bis 
zur Mitte hingehen, indem sie von den entsprechenden Theilen der andern 
Seite durch eine tiefe Längsfurche getrennt werden, in deren unteres Ende 
die mittlere Spitze des Nasenblattes hineinragt. Nach oben hin erweitert sich 
diese Furche plötzlich, indem die Wülste unter einem rechten Winkel aus- 
einander weichen, um sich dann zu einem mittleren aufrechtstehenden klee- 
blatt förmigen Querblatte zu vereinigen. Auch diese eben genannten Wülste 
findet man, zwar in weit geringerem Grade entwickelt, bei PAyllostoma per- 
spicillatum wieder. Über und hinter dem kleeblattförmigen Querblatt er- 
hebt sich nun noch ein breites hufeisenförmiges Querblatt, welches jederseits 
mit einem von dem Ohre herkommenden Hautwulst zusammenhängt und 
selbst wieder von einem dieken nackten Wulst der Kopfhaut überragt wird. 
ganzen Verlaufe 


8 
nach, ganz wie bei Phyllostoma perspicillatum, tief ausgekerbt, und ebenso 


Die sehr dünnen Lippenränder des breiten Maules sind ihrem 


stehen vor der Mitte der Unterlippe drei vorspringende Wärzchen. Das an und 
für sich schon dicke Kinn wird noch durch einige dicke Falten des Unterkinns 
verstärkt, in deren Mitte sich eine enge vertiefte Grube befindet. Die Augen 
sind ziemlich grofs und von wulstigen Rändern umgeben. Sehr eigenthüm- 
lich sind die Ohren. Sie sind nämlich vorn so tief ausgeschnitten, dafs man sie 
sehr wohl zweilappig nennen kann. Der vordere kleinere Lappen entspricht 
wahrscheinlich allein der Helix, der grofse hintere Lappen der Anthelix und 
Concha, indem auch der Antitragus unter dem Tragus vor dem Ohreingange 
eine besondere freistehende Klappe bildet. Die Flughäute sind breit, umhül- 
len von dem Daumen nur das Mittelhandglied und gehen bis auf den Mittel- 
fufs herab. Die erste Phalanx des Daumens ist gestreckt und ragt frei aus 
der Flughaut hervor. Der Zeigefinger trägt am Ende seines Mittelhandkno- 
chens ein kurzes knöchernes Fingerglied. Der Mittelfinger hat drei und die 
übrigen Finger haben je zwei knöcherne Phalangen nebst einem knorpeligen 
Endgliede. Die Füfse sind von gewöhnlichem Bau, indem die erste Zehe 
L2 


84 Lichtenstein und PETERS über neue Säugethiere 


aus zwei, die übrigen aus drei Gliedern zusammengesetzt sind. Die Spornen 
sind kurz und mit der Schenkelflughaut, welche zwischen denselben flach aus- 
gerandet ist, verwachsen. Von einem Schwanze ist keine Spur vorhanden. 
Zwischen dem vierten und fünften Finger erscheint die Flughaut auf eine 
merkwürdige, zierliche Weise verdünnt. Die verdünnten pigmentlosen Stel- 
len nehmen den gröfsten Raum zwischen diesen beiden Fingern ein, indem 
sie zahlreiche, regelmäfsig dicht neben einander verlaufende parallele Quer- 
binden darstellen, welche selbst wieder durch verdickte kurze Längsstreifen 
fensterartig abgetheilt erscheinen. Neben der innern Seite der Mittelhand 
des fünften Fingers und undeutlicher zwischen den Phalangen des vierten 
und dritten Fingers ist eine ähnliche Structur zu bemerken. Die Körperbe- 
haarung ist bei den bis jetzt beobachteten Arten sehr weich und vor jeder 
Schulter zeichnet sich ein heller gefärbter Haarbüschel aus. 

Was nun das Gebifs anbelangt, so ist die Untersuchung desselben bei 
dieser Gattung auch ohne Verletzung der Weichtheile sehr leicht, indem die 
Zähne in einem so flachen Bogen gestellt sind, dafs sie alle von vorn zugleich 
gesehen werden können. Dieses ist aber auch das Einzige, was hierbei be- 
sonders bemerkenswerth ist, indem die einzelnen Zähne in ihrer Gestalt zum 
Verwechseln mit denen von Phyllostoma perspicillatum Geoffr. (vgl.Subgen. 
Madataeus, Leach, Transactions of the Linnean society. XIII. p.81. — Steno- 
derma perspicillatum. Blainville, Osteographie des Mammiferes. Cheiro- 
ptera. Taf. XIII.) übereinstimmen. Die vier oberen Vorderzähne stehen 
unter sich und von den Eckzähnen durch Zwischenräume getrennt in einer 
Querreihe und sind zweilappig; die beiden mittleren sind beträchtlich gröfser 
als die beiden äufseren. Die vier unteren Schneidezähne stehen in einer 
Querreihe gedrängt neben einander, sind von gleicher Grölse und genau be- 
trachtet ebenfalls zweilappig. Die oberen Eckzähne sind gekrümmt, an der 
vorderen Fläche unter der Basis ausgehöhlt, an der Wurzel schmal und 
ohne deutliche Hakenabsätze an der Basis. Die unteren Eckzähne sind 
etwas kürzer und schmäler als die oberen, am Grunde mit einem äufseren 
deutlichen und einem hinteren weniger starken Absatze versehen. Der erste 
obere Backenzahn ist klein, aufsen mit einer mittleren schneidenden Spitze 
und einem hinteren kleinen Absatze, vorn und inwendig mit einem stum- 
pfen Höcker versehen; der zweite ist von ähnlicher Gestalt, aber in allen 
Dimensionen doppelt so grofs; der dritte grölste ist um die Hälfte breiter als 


des Königlichen zoologischen Museums. 85 


lang, mit zwei äufseren, einer vorderen höheren und einer hinteren niedrigeren, 
schneidenden Spitzen und mit zwei Höckern bewafinet, von welchen einer 
vor der Mitte des vorderen Randes dieses Zahns, der andere an dem schma- 
len innern Ende desselben liegt; der hinterste vierte obere Backzahn ist sehr 
kurz, doppelt so breit wie lang, im Querdarchschnitt von schmal rhomboidaler 
Gestalt und mit vier Höckern versehen. Was die unteren Backzähne anbe- 
langt, so sind die beiden vordersten von ähnlicher Gestalt wie die ihnen ent- 
sprechenden oberen, jedoch ist der Gröfsenunterschied zwischen ihnen nicht 
so beträchtlich wie bei diesen ; sie haben eine äufsere schneidende Spitze, einen 
hinteren spitzen Absatz und einen inneren Höcker. Der dritte untere grofse 
Backzahn ist länger als breit und vorn schmäler; man kann an ihm drei 
äufsere spitzige und drei innere stumpfere Höcker unterscheiden, von denen 
der vorderste nur sehr klein ist. Der vierte und letzte untere Backzahn ist 
im horizontalen Querdurchschnitt unregelmäfsig dreieckig, hinten verschmä- 
lert und mit fünf Höckern, zwei äufseren, zwei inneren und einem hinteren, 
bewaffnet. Der fünfte untere Backzahn, welcher den Phyllostomen zukommt, 
fehlt hier gänzlich, so dafs im Ganzen nur 28 Zähne vorhanden sind und die 
Formel des Gebisses sich in folgender Weise 4 4 11-11 2 — herausstellt. 

Was das Skelet anbelangt, so stimmt es bis auf den Schädel am meisten 
mit dem der eigentlichen Phyllostomen überein. Der Schädel dagegen ist 
von ganz eigenthümlicher Gestalt, indem sein Gesichtstheil so sehr verkürzt 
erscheint wie bei keiner andern Gattung, so dafs die Gehörölfnung in der Mitte 
zwischen dem hinteren und vorderen Ende des Schädels zu liegen kommt, die 
Kiefer so verkürzt sind, dafs die Zähne in einem Kreisabschnitte gestellt sind 
und der Schädeltheil des Schädels doppelt so lang erscheint wie der Gesichts- 
theil. Die Jochbogen erscheinen wie geknickt und springen seitlich aufser- 
ordentlich weit hervor. Der Unterkiefer ist bogenförmig, mit schwachen 
Fortsätzen versehen, sein Processus angularıs nach aufsen gerichtet. Das Zun- 
genbein wird zusammengesetzt aus einem fast Mförmigen platten Mittelstück, 
an dessen vorderen Ecken sich die aus drei Gliedern bestehenden oberen Hör- 
ner befestigen, während die unteren Hörner nur als kurze Anhänge der lan- 
gen Fortsätze des Zungenbeinkörpers erscheinen. Das erste Glied der oberen 
Hörner ist platt und sichelförmig gebogen, die beiden folgenden Glieder da- 
gegen sind gerade und griffelförmig. Der Zungenbeinkörper hat eine Breite 
von 4”, in der Mitte eine Höhe von nur 1", 


56 Lichtenstein und Peters über neue Säugethiere 


In dem Bau der Weichtheile, z. B. in der Form der Leberlappen und 
der männlichen Organe findet sich die gröfste Ähnlichkeit mit PAyllostoma 
(Madataeus Leach). Zu bemerken ist nur, das die Zunge sehr kurz, platt 
und dreieckig und dafs die Luftröhre in ihrem ersten Drittheile spindelartig 
erweitert ist. 

Über die Stellung der Gattung Centurio in der Familie der Fleder- 
thiere kann nach dem Obigen nun wohl keine Frage mehr sein. Sie kann 
weder in die Nähe der Vespertitionen noch zu Normops und Chilonycteris un- 
ter die Noctilionen gestellt werden, denn alle diese so wie die Rhinolophen, 
Megadermen, Rhinopomen u. a. haben, abgesehen von der Form und Zahl der 
übrigen Zähne, Backzähne mit wförmigen Schmelzfalten. Bei einer naturge- 
mäfseren Qlassification derFlederthiere werden daher auch alle genannten Gat- 
tungen von den Phyllostomen, mit denen man sie wegen ihres Nasenbesatzes 
zusammengestellt hat, zu entfernen sein. In allen wesentlichen Theilen, im Ge- 
bifs, in der Form des Schädeltheils des Schädels, im Bau der Lippen, der 
Gliedmafsen (obgleich die Zusammensetzung des Mittelfingers mit Einschlufs 
seines Metacarpus aus vier knöchernen Gliedern kein ausschliefslicher Cha- 
rakter der Phyllostomen ist, wie Herr Gray meint, indem man dieses selbst bei 
unseren gemeinsten einheimischen Fledermäusen z. B. bei Fespertilio noctula 
Daub. beobachten kann) und der Eingeweide schliefst sich daher die 
Gattung Centurio eng an die schwanzlosen Phyllostoma (Artibeus und 
Madataeus Leach) an und mit diesen mufs sie, ungeachtet der geringen 
Entwickelung des Nasenblattes, zusammengestellt werden. Der Mangel 
eines deutlichen Hufeisens, die geringere Zahl der Backzähne, die aufser- 
ordentliche Verkürzung des Gesichtstheils, die doppellappige Form der 
Ohren und der sonderbare Bau der Flughäute sind die Hauptmerkmale, 
welche diese Gattung von den schwanzlosen Phyllostomen trennen. 

Das Exemplar, welches uns zur vorstehenden Untersuchung gedient 
hat und das in dem Gebirge Taburete, District Callajabas auf Cuba ge- 
fangen war, läfst sich nach Grays Beschreibung und Abbildung zu urthei- 
len nicht mit Centurio senex vereinigen, sondern repräsentirt eine zweite Art, 
von der wir hier die Beschreibung folgen lassen. 


des Königlichen zoologischen Museums. 87 


Centurio flavogularis L.P. 
Mafell. 


C. supra umbrinus, pilis apice et basi fuscis, medio flavido-albis, subtus um- 
brinogriseus; alis saturate umbrinis, fascüs Iransversis pellucidis, fasci- 
culo piloso ante humeros fasciaque gulari flavido-albis. 

Longit. tota maris adulti 0,075; antibrachü 0,042; volatus 0,300. 
Habitatio: Insula Cuba. 


Die Ohren sind nackt, lang, abgerundet, in der Mitte des hinteren 
Randes flach ausgeschnitten; der durch den vordern tiefen Einschnitt ab- 
gesonderte kleinere Lappen hat eine längliche fast beilförmige Gestalt; der 
Tragus ist am unteren Ende gezackt, der Antitragus von blattförmiger an 
der Basis verschmälerter Form. Die Körperbehaarung ist weich, auf der 
Rückseite länger als am Bauche und dehnt sich neben den Körperseiten weit 
über die Flughaut und’ über den Vorderarm, jedoch nicht so weit und 
weniger dicht auf der Bauchseite wie auf der Rückseite aus. Das Län- 
genverhältnifs der Finger und ihrer einzelnen Glieder ist aus den unten 
beigefügten Mafsen zu ersehen. Die Flughäute gehen bis zur Mitte des 
Mittelfulses. Die Schenkelflughaut ist zwischen den kurzen Spornen aus- 
gerandet, namentlich nach dem Rande zu und auf der Dorsalseite, so wie 
die Unterschenkel, stark behaart. 

Farbe. Oben gelbbraun, die Rückenhaare am Grunde und an der 
Spitze gelbbraun, in der Mitte gelblichweifs; die Bauchseite bestaubt bräun- 
lich, indem die einzelnen Haare hier eine ganz kurze gelbliche Spitze 
haben, im Übrigen aber wie die dunklere Basis der Rückenhaare gefärbt 
sind. Über dem Ansatz der Halsflughaut vor der Schulter befindet sich 
ein gelblichweifser Haarbüschel. Die kurzen Haare zwischen den Falten 
des Unterkinnes und eine Binde hinter denselben sind weifslich gelb. Die 
Flughäute sind dunkel umberbraun; die durchscheinenden Felder derselben 
gelblich. Die Nägel sind von brauner Farbe. 

Die Gestalt des Schädels ist am besten aus der Abbildung zu erse- 
hen. Was das übrige Skelet anbelangt, so besteht die Wirbelsäule aus 
38 Wirbelkörpern, nämlich: 7 Halswirbeln, 13 Rückenwirbeln, 6 Lenden- 
wirbeln und 12 Kreuz- und Schwanzwirbeln. Der siebente Halswirbel ist 


tofo) Lichtenstein und Prrers über neue Säugethiere 


mit den beiden ersten Rückenwirbeln und ebenso sind die vier ersten Len- 
denwirbel mit dem letzten Rückenwirbel, so wie die Kreuz- und Schwanz- 
beinwirbel mit einander verwachsen. Die Schlüsselbeine sind ganz gerade, 
am Humeralende breiter. Das Manubium sterni ist sehr breit. Es sind dreizehn 
Paar Rippen vorhanden, von denen sieben sich mit dem Brustbein verbinden. 

Die Zunge ist dreieckig, platt, auf ihrer vorderen Hälfte mit gleich- 
förmigen kleinen gedrängten platten rundlichen Papillen bedeckt; ihre Grund- 
hälfte dagegen ist mit gröfseren, mehr getrennt stehenden breiteren, zwei 
warzenförmigen und mehreren Längsreihen verlängerter zottiger Papillen ver- 
sehen. Der Oesophagus führt in einen Magen von 15” Länge und 10” 
Breite, welcher im Innern durch zahlreiche Falten ausgezeichnet ist und an 
der linken Seite durch eine sehr hervorragende Falte in zwei Abtheilungen 
zerfällt. Die Milz ist 74” lang und überall nur 1" breit. Die Leber zer- 
fällt in zwei sehr grofse seitliche und einen mittleren kleinen Lappen; zwi- 
schen letzterem und dem rechten Hauptlappen bettet sich eine gestreckte 
birnförmige Gallenblase ein. Die Nieren sind bohnenförmig, ungelappt, 
7"" lang, 5"" breit. Die Harnblase ist sehr diekwandig. Die Ruthe ist 
weich und hat eine gespaltene platte abgerundete Eichel. Die Luftröhre zeigt 
& und enthält bis 


8 
zur Theilungsstelle 22 bis 23 Halbringe. Die linke Lunge ist durch einen 


in ihrem ersten Drittheil eine spindelförmige Erweiterun 


seitlichen Einschnitt in einen oberen kleineren und einen unteren gröfseren 

3 Q . un mm. 
Lappen getheilt, die rechte Lunge dagegen ist ungelappt. Das Herz ist 11 
lang, 6" breit, eilörmig. 


Mafse einesalten Männchens in Millimetern. 


Länge von Hinterhaupt bis zum Rande der Schenkelflughaut 75 
Hange "des Kopfes U RUE NR BENIEEE ERRRRER IH NIERERZO) 
Länge ‘der Schenkelflughut I. . nm N 15 
Hl WEETETN. at UNS SERDENERSNIERN. IRTNAIRR. DRENBEN DEREN RUHE Elle 300 
fine tdes "0 res TU PR MCRRNIER RUN RRR. KERKTERSE INTERNE AO, KITI, UN CHAR 15 
Tänzer] es‘Oberarımes em BANNER U INSERIEREN 29 
Länge ’des\Viorderarmes LIE WE, 
Länge des Daumens (Mittelh. 4; 1.61.64; 2 Gl. 37) "Ron eb 
Länge des 2ten Fing. (Mittelh.30; 1.GL45) . » » 2... 314 
Länge des 3ten Fing. (Mittelh. 36; 1.Gl.17; 2.G1.22;3.G1.84;4.G1.3) 86 


des Königlichen zoologischen Museums. s9 


Länge des 4ten Fingers (Mittelh. 33; 1. Gl. 13; 2. Gl. 11; 3.Gl.14) 59 
Länge des 5ten Fingers (Mittelh. 345; 2. Gl. 134; 3.G1.104; 4.Gl. 14.) 60 
Tänegeides;Oberschenkelsgiun sine cette Havana 2‘ 
Dänaesdes/Üntersehenkeluäh wann. mins reed 
EinssdesKußese nr ren nee 
Tanserdeu Sporen er eine sur ehe bi) 


Das Vaterland dieser Art ist Cuba, wo sie in dem Gebirge Tabu- 
rete, Distriet Callajabas, von Herrn Otto gesammelt worden ist. 

Centurio senex (angeblich aus Amboyna) unterscheidet sich von un- 
serer Art dadurch, dafs seine Rückenhaare, anstatt in der Mitte weifs zu sein, 
weifse Spitzen haben, dafs er kein gelbes Kehlband hat, dafs (nach der Ab- 
bildung zu urtheilen) die letzten Glieder des dritten bis fünften Fingers viel 
länger als bei unserer Art und dafs die oberen Schneidezähne nicht zwei- 
spitzig, sondern von conischer Gestalt sind. 


II. Über Hyonycteris, eine neue Gattung von Flederthieren aus 


Puerto Cabello. 


In einer Sammlung, welche das Königliche zoologische Museum im 
vorigen Jahre von Appun in Puerto Cabello erkaufte, befanden sich drei 
Exemplare einer kleinen Fledermausart, welche bei näherer Betrachtung 
in keine der bisher aufgestellten Gattungen unterzubringen ist, die vielmehr 
mehrere ausgezeichnete Merkmale zur Begründung einer neuen Gattung ver- 
einigt. 


Hyonycteris('), Lichtenstein et Peters. 


Dentes primores supra qualuor geminati, lacuna intermedia sejuncli, apice 
bifidi, infra sex contiguitrifidi. Canini distincti longiores conici, cuspidibus 
cinguli binis. Molares supra infraque utrinsecus seni, cuspidati, superiori- 
bus anterioribus discretis,ternis posterioribus tritoribus, coronide W formi. 
Lingua medioeris. Rostrum in proboscidem brevem cum disco apicali 


(') vs, Schwein, vuxrepis Fledermaus. 


Phys. Kl. 1854. M 


90 Lic#Tensteis und PETERS über neue Säugethiere 


supra marginato productum, naribus inferis ensiformibus. Labia tu- 
mida, marginibus late reflexis. Auriculae disjunctae, latae, trago et 
anlilrago. instructae. -Patagia membranacea lata; lumbaria pedibus 
usque :ad-ungues adnata.. Patagium anale inlegrum. Cauda patagio 
anali innala, articulo ultimo e margine ejus proöminenle. Pollex liber, 
unguiculalus, disco adhaesivo lato instructus. Metacarpus digiti se- 
cundi brevissimus, quartam melacarpi tertii partem vix aequans. Digitus 
terlius praeter melacarpum e ph alangibus tribus osseis composilus. Digitus 
quarlus et quinlus biarliculati. Pedes pentadactyli, disco adhaesivo plan- 
Lari instructi: digiti pedis omnes e binis tantum phalangibus composili, pa- 


lama connexi, tertio et quarto ‚fere coadunati. Calcaria longa lobata. 


Diese Gattung ist durch die Form des Schädels und des Gebisses am 
nächsten mit Vespertilio Keyserling et Blasius und Furia Fr. Cuvier 
verwandt. In der Gestalt und Stellung der Zähne scheint sie mehr mit Furia 
(mit fünf oberen Backzähnen) übereinzustimmen, in der Zahl derselben stimmt 
sie dagegen mit Fespertilio K. Bl. überein. Mit Fesperugo und Nycticejus 
erscheint sie verwandt durch die Ausdehnung der Flughäute, die langen am 
hinteren Rande gelappten Spornen, während die Form der Schnauze 
an Emballonura erinnert. Die vorn abgestumpfte Schweinsschnauze, die 
zumal an den Daumen grofsen Haftscheiben, die aufserordentliche Kürze 
des zweiten Mittelhandgliedes, die Zusammensetzung des Mittelfingers aus 
drei knöchernen Phalangen und die bisher nur bei Phyllorrhina (s. W. Pe- 
ters, Reise nach Mossambique. Säugethiere. p. 31) beobachtete Bildung 
sämmtlicher Zehen aus nur zwei Phalangen sind zusammen hinreichende 
und wichtige Merkmale, um diese Gattung der Vespertilionen von allen an- 
deren zu unterscheiden. 


Hyonycteris discifera, Lichtenstein et Peters. 
Tafel I. 
H. supra cinnamomea, sublus dilutior ; alis umbrinis. 
Longitudo ab apice rostri ad caudae basin 0,040; caudae 0,030; 
antibrachü 0,033; volatus 0,220. 
Habitatio: Puerto Cabello (America Centralis). 


An Gröfse erreicht diese Art kaum unsere europäische Zwergfleder- 


maus. Der Gesichtstheil des Kopfes ist scharf von dem Schädeltheil abge- 


des Königlichen zoologischen Museums. 91 


setzt und in eine etwas abgeplattete sich allmählig conisch verschmälernde 
Schnauze verlängert, welche mit ihrem Ende die Unterlippe überragt. Das 
Ende ist grade abgestutzt, nackt, wie eine Schweinsschnauze und am oberen 
Rande durch einen schmalen Hautsaum verbreitert. Die Lippenränder er- 
scheinen wulstig nach aufsen umgeklappt und die Oberlippe ist inwendig 
durch eine zusammengedrückte halbkreisförmige Längswulst ausgezeichnet. 
Am Gaumen sind bis zwölf wulstige, aus zwei seitlichen in der Mitte V förmig 
vereinigten Bogen bestehende (Querfalten zu erkennen. Die kleinen Augen 
von einem Millimeter Durchmesser liegen um anderthalb Millimeter weiter 
nach vorn als die Winkel des tief gespaltenen Mauls. Die äufseren Oh- 
ren sind grofs, dünnhäutig und ganz von einander getrennt. Der vordere 
Ohrrand befestigt sich über dem Auge, der hintere geht fast bis zum Mund- 
winkel hin. Weder ein Längskiel noch Querfalten sind an ihnen zu erkennen. 
Ihre Gestalt ist unregelmälsig viereckig und sie zeigen, genau genommen, 
drei Auschnitte, einen über dem Grunde des vorderen Ohrrandes, einen hin- 
ter der oberen Spitze und’ einen hinteren unteren, welcher den gewöhnlich 
„Antitragus” genannten Lappen absondert. Richtiger möchte vielleicht mit 
diesem Namen ein kleines Läppchen zu bezeichnen sein, welches (Taf. H. 
Fig. d. a) unter dem zugespitzten dreizipfligen Tragus erscheint und zu der 
Verengerung der Offnung des äufseren Gehörgangs beiträgt. Nur an der 
äufseren Seite und zwar an dem vorderen Viertheil und an der Basis sind die 
Ohren von zartem Haar bedeckt, der übrige Theil derselben ist nackt. Der 
ganze Körper ist mit langen feinen Haaren dicht bekleidet, welche letztere 
jedoch an der Bauchseite ein wenig kürzer erscheinen als an der Rückenseite. 
Obgleich sämmtliche Exemplare männlichen Geschlechts sind, läfst sich doch 
erkennen, dafs eine Saugwarze jederseits an der Brust unten vor der Achsel- 
grube liegt. Die vorderen Gliedmafsen erscheinen sehr gestreckt. Der Vorder- 
arm an die Körperseite angelegt überragt beträchtlich das Ende der Schnauze. 
Der Daumen ist frei und verhältnilsmäfsig sehr kurz, das Mittelhandglied des- 
selben an der Basis ganz von der Schulterflughaut umfafst. An die Stelle, wo 
sich die erste Phalanx desselben mit dem Mittelhandgliede vereinigt und an den 
Grundtheil dieser Phalanx selbst ist die schmale Basis der grofsen, etwas 
ovalen, im grölsten Durchmesser 34- Millimeter langen Hafıscheibe befestigt. 
Von den Fingergliedern des zweiten Fingers ist keine Spur vorhanden und selbst 
das Mittelhandglied desselben ist verhältnifsmäfsig viel kürzer als bei irgend 
M2 


93 LicHTeEnsTein und PETERS über neue Säugethiere 


einer anderen Gattung, indem seine Länge nicht einmal ein Viertel von der 
des dritten Mittelhandgliedes beträgt. Das vierte Mittelhandglied ist ein wenig 
kürzer als das dritte, dagegen merklich länger als das des fünften Fingers. Die 
erste Phalanx des dritten Fingers ist so lang wie die beiden folgenden zusam- 
mengenommen, an welche sich noch ein einfaches knorpeliges viertes Glied an- 
schliefst. An dem vierten Finger ist das erste Glied länger, das zweite ebenso lang 
wie die entsprechenden Glieder des fünften Fingers. Die knorpeligen dritten 
Endglieder dieser beiden Finger sind gabelig getheilt, wie sich dies auch z.B. 
bei einigen Arten der Gattung Phyllorrhina zeigt. Unter- und Oberschenkel 
sind fast von gleicher Länge und zugleich ebenso lang wie die erste Phalanx 
des Mittelfingers der Hand. Die Füfse sind klein, etwa an Länge gleich 
zwei Fünftel des Unterschenkels, die Sohlen vor der Befestigung der Fin- 
ger mit einer kleinen, aber deutlichen breitaufsitzenden Haftscheibe ver- 
sehen. Der Rand der ersten Zehe ist bis an den Nagel von den Flughäuten 
eingefafst. Die Zehen sind durch Zwischenhäute mit einander verbunden, 
von denen namentlich die zwischen der dritten und vierten Zehe so schmal 
ist, dafs diese Zehen fast mit einander verwachsen erscheinen. Schon äufser- 
lich erkennt man, dafs sämmtliche Zehen nur aus zwei Gliedern, wie bei 
den Phyllorrhinen, zusammengesetzt sind. Die Spornen sind reichlich halb 
so lang wie die Unterschenkel und am hinteren Rande gelappt. Der Schwanz 
ragt mit seinem letzten knöchernen und dem knorpeligen Endgliede aus dem 
hinteren Rande der Schenkelflughaut hervor; seine letzten fünf knöchernen 
Glieder nehmen progressiv an Länge ab, während das ihnen vorhergehende 
kürzer als das fünfte ist. Die Flughäute sind sehr dünn und, ausgenommen 
an den Körperseiten, wo sich die Körperbehaarung auf dieselben ausdehnt, 
nur mit zerstreuten Haaren besetzt. 

Die Farbe der Körperbehaarung erscheint an den in Weingeist er- 
haltenen und später getrockneten Exemplaren auf der Rückseite zimmt- 
braun, auf der Bauchseite heller. Die Stellen der Flügel, welche die 
Farbe noch bewahrt haben, haben dagegen eine dunklere, umberbraune 
Farbe. 

Der Schädel hat grofse Ähnlichkeit mit dem von Vespertilio und beson- 
ders (nach der Cuvierschen Abbildung zu urtheilen) mit dem von Furia. Der 
Gesichtstheil setzt sich sehr plötzlich von dem Schädeltheil ab und erscheint 
im Verhältnifs zu diesem letzteren sowohl viel schmäler als abgeplatteter. Die 


des Königlichen zoologischen Museums. 93 


Unterkieferhälften verlaufen zum gröfsten Theil parallel neben einander. Die 
obere Zahnreihe wird jederseits von neun, die untere von zehn Zähnen gebil- 
det, so dafs sich die Gesammtzahl derselben auf acht und dreifsig beläuft. Die 
vier oberen Vorderzähne stehen jederseits paarweise, durch einen ziemlich 
breiten flachen Ausschnitt der Zwischenkiefer von einander entfernt. 

Der erste Schneidezahn ist nach vorn und zugleich etwas nach innen 
gerichtet; seine Krone, welche aus einem schmalen Halse hervorgeht, ist 
zweispitzig mit vorderer längerer und hinterer kürzerer Spitze. Der zweite 
Schneidezahn hat ganz dieselbe Gestalt , ist aber so viel kleiner als der 
erste, dafs seine vordere längere Spitze die hintere kürzere Spitze des er- 
sten Schneidezahns nicht überragt. Der obere Eckzahn geht in eine lange 
inwendig gefurchte Spitze aus; sein Cingulum ist deutlich abgesetzt und in- 
wendig mit einem vorderen und einem hinteren Zacken versehen; er steht 
fast doppelt so weit von dem letzten Schneidezahn als von dem ersten fal- 
schen Backzahn entfernt. Dieser so wie der folgende etwas gröfsere Zahn 
haben, wenn man von ihrer viel kürzeren und mehr zusammengedrückten 
Spitze absieht, noch ganz die Form des Eckzahns und sind sowohl unter ein- 
ander als von dem dritten Backzahn durch eine ziemlich grofse Lücke ent- 
fernt. Der dritte falsche Backzahn erscheint im Querdurchschnitt unregel- 
mäfsig viereckig, so breit wie lang und zeigt fünf Zacken; aufsen einen gro- 
fsen mittleren, einen kleinen sehr spitzen vorderen und einen hinteren un- 
deutlichen, inwendig am Grunde aus dem entwickelten Cingulum hervorge- 
hend einen vorderen sehr kräftigen und einen hinteren viel weniger deutlichen. 
Was die folgenden drei wahren Backenzähne anbelangt, so haben sie dieselbe 
Gestalt wie bei Fespertilio. Die beiden ersten zeigen auf ihrer wförmigen 
Schmelzfalte fünf Spitzen, drei äufsere und zwei innere, das grofse Cingu- 
lum entwickelt an der inneren Seite jedes Zahnes einen grofsen vorderen 
und einen mehr oder weniger deutlichen hinteren Höcker. Der letzte obere 
Backzahn dagegen ist sehr viel kürzer, doppelt so breit wie lang; der wför- 
migen Schmelzfalte mangelt das letzte Viertel und es sind daher an ihm nur 
fünf Höcker wahrzunehmen, von denen einer aus dem inneren Theile des 
Cingulums, vier aus der Schmelzfalte der Krone hervorgehen. Die sechs un- 
teren Schneidezähne stehen dichtgedrängt, mit ihrer dreilappigen Krone der 
Richtung des Kieferrandes parallel; sie nehmen jederseits von dem ersten bis 
zum letzten an Gröfse zu. Der untere Eckzahn, welcher vor dem oberen ein- 


94 LicHhTEnsTEein und PETERS über neue Säugethiere 


greift, ist beträchtlich kürzer als dieser, am Cingulum vorn und hinten mit 
einem spitzen Höcker versehen. Die drei falschen unteren Backzähne nehmen 
vom ersten bis dritten an Gröfse zu und stimmen bis auf die geringere Kürze 
ihrer Hauptspitze in der Form ziemlich mit dem Eckzahn überein. Von den 
letzten drei Backzähnen ist der mittelste der gröfste; ihre Schmelzfalten sind 
wförmig, umgekehrt wie bei den oberen Zähnen mit der offenen Seite des w 
nach innen gerichtet; sie erscheinen wegen des Mangels des inwendigen Vor- 
sprunges des Cingulums viel schmäler und zeigen nur fünf Zacken, zwei äus- 
sere lange und drei innere kurze. — Was das übrige Skelet anbetrifft, so 
wird die Wirbelsäule aus fünf und dreifsig Wirbelkörpern zusammengesetzt, 
von denen sieben Halswirbel, zwölf Rückenwirbel, fünf Lendenwirbel, fünf 
Kreuzbeinwirbel und sechs Schwanzwirbel sind. An den letzten Schwanz- 
wirbel heftet sich ein knorpeliges Endglied an. Die Rippen, von denen sechs 
Paare sich mit dem Brustbein verbinden, die übrigen sechs Paare falsche 
sind, zeichnen sich durch ihre Breite aus. Das Brustbein ist gekielt, und 
nicht allein wie bei anderen Gattungen der Handgriff, sondern auch der Kör- 
per desselben ungewöhnlich breit. Die Schambeine stofsen vorn aneinander; 
die Fibula ist rudimentär, wie bei Pieropus, und reicht kaum über die Mitte 
der Tibia hinauf. Sämmtliche Zehen bestehen aufser den Mittelfufsgliedern 
nur aus zwei Phalangen wie bei Phyllorrhina. Die vordere Extremität zeigt 
aufser den bereits oben angeführten keine bemerkenswerthen Eigenthümlich- 
keiten. Die Zunge ist den Kiefern entsprechend ziemlich lang (10”"), am 
Ende abgerundet und abgeplattet, nicht wie bei Fespertilio mit deutlich 
schuppigen, sondern mit feinen körnigen Papillen bedeckt, zwischen denen 
kleine linsenförmige zerstreut liegen; am Grunde der Zunge steht zu jeder 
Seite eine Papilla circumvallata. Das Zungenbein erscheint sehr abgeplattet; 
sein Körper schickt nach vorn hin in die Zunge einen spitzen Fortsatz, und 
an seine verschmälerten Enden befestigen sich jederseits vorn das mehrglie- 
drige vordere oder obere, hinten das eingliedrige hintere oder untere Horn. 
Die Luftröhre hat nichts Ausgezeichnetes. Die Lungen bestehen jederseits 
aus einem einfachen unregelmäfsig würfelförmigen Lappen. Das Herz ist 
oval, an der Spitze stumpf abgerundet, 6} "" lang, 4--"" breit. Der Magen 
bildet einen breitbohnenförmigen Blindsack, aus welchem rechts nahe neben 
der Cardia der anfangs erweiterte, einfache, nur 55”" lange Darm hervor- 
geht. Die Leber zerfällt in einen gröfseren linken und einen kleineren rech- 


des Königlichen zoologischen Museums. 95 


ten Lappen; unter und zwischen ihnen liegt die ziemlich grofse rundlich 
birnförmige Gallenblase. Die Milz ist gestreckt, dreiseitig, 7”" lang. Die 
Nieren sind ungelappt, bohnenförmig und haben eine Länge von 5”". Die 
Ruthe des Männchens erscheint hängend, etwa 8” lang, ganz weich ohne 
inneren Stützknochen und die platten Testikel haben ihre Lage aufserhalb 


der Bauchhöhle vorn in der Inguinalgegend. 


Mafse in Millimetern. 
Ganze Länge von der Schnauzenspitze bis zur Schwanzspitze 
Flugweite EEE RT A Nie are 
ie see NO EEE PN et: 
Elbibesiesstrles Se 0 on 1 
enisteBreiiedes Uhren nn 0 ee 4‘ 
Länge des Tragus 3 
nice 3 Obenauasan va ee, )a ee em 


Banee des Vorderasms ee 0 0 een. 8 
Länge des Daumens (Mittelh. 2. 1.Gl. 24.2.GL. 14) . .. > 
Länge des2. Mittelbgl.(Mittelh. 5) . . . . + 


Länge des 3ten Fing. (Mittelh. 31. 1.Gl. 15. 2.Gl.104.3.G1.5.4.G1.3) 64 
Länge des 4ten Fing. (Mittelh. 30. 1.G1.10%.2.G.7) . . . . 47 
Länge des Sten Fing. (Mittel. 28. 1.Gl. 84.2.G.7) . . . . 43 
Banaedes Obenschenkeu nn... 0. nn... 416 
Wanzerdes Unterkebenkele 2 she en. 2 0... 40 
Hänce des Eulses mit.den Krallen». . . 2» 2. 2... 6 
emessder Spomenu\ anyetas ware benun an. mann a Hahn 
BMencesdes Schwänzennun. Wraluasına an tayıat sand en 
Über die Lebensweise dieser, wie erwähnt, von Appun in Puerto 
Cabello gefundenen Art ist uns nichts bekannt geworden. 


96 LichTEnsTEin und PETERS über neue Säugelhiere 


IH. Über Antilope leucotis Licht. Pet., eine neue Art aus dem 
nordöstlichen Afrika. 


Unter den von Werne gesammelten und durch Herrn Lepsius wäh- 
rend seiner ägyptischen Expedition für das Königliche zoologische Museum 
erworbenen Naturalien befindet sich eine neue, sehr ausgezeichnete und 
schöne Antilope, von der wir bereits im vorigen Jahre der Akademie eine 
kurze Notiz mitzutheilen die Ehre gehabt haben. 

Sie schliefst sich zunächst denjenigen Formen an, welche Gray (Pro- 
ceedings of Ihe zoological sociely of London. 1550. XVII. p. 129) zu dem 
Subgenus Adenota vereinigt hat und in welcher er Erxlebens Antilope Kob 
aus Westafrika und eine neue Art Antilope Leche aus Südafrika aufführt. 

Die Kennzeichen für Adenota gibt Gray (l. c.) in folgender Weise 
an: „Aluffle cordate, moderate, cervine; nose hairy between the back of the 
„moslrils; horns sublyrate, ringed, when young rather recurved; place of 
„tear-bag covered with a Zuft of hair; hair of Ihe bacı: whorled, of dorsal 
„line and back of head reversed; tail elongate, hairy. 

„Ihis genus is very like Eleotragus, but has a smaller, more cer- 
„eine muzzle and lyrate horns; it differs rom Cobus in the form of the tail 
„and wanting Ihe mane, and from both in having a tuft of hair in Ihe front 
„of ihe orbit” 

Antilope leucotis. Licht. Pet. 


Tafel II. 


A.magnitudinepygargae; badia, versus dorsum fuscescens; rostri apice, re- 
gione ophthalmica, temporali, auriculari, auriculis, digitis, latere artuum 
interno, uropygio gastraeoque albis. Sinus lacrymales null. Rhinarium 
angusium nudum, nares approximatae nudae. Cornua a basi inde diver- 
gentia, Iyrata, annulala, apicibus procurvis. Ungulae duplo longiores 
quam alliores; ungulae spuriae majusculae. 

Longitudo ab apice rostri ad caudae basin 1,520; altitudo 0,870. 
Habitatio: Africa orienlalis, Sennär (Sobah). 
Antilope leucotis. LicHT. PET. Bericht der K. Pr. Akad. der Wissensch. zu Berlin. 1853. p. 164. 
Von der Gröfse der Antilope pygarga. Der Kopf aber von wohlpro- 
portionirter Länge und Gestalt. Das Gesichtsprofil ist gerade, die nackte 


des Königlichen zoologischen Museums. 97 


Nasenkuppe tief ausgeschnitten, herzförmig, vorn durch eine breite nackte 
Furche mit der Oberlippe vereinigt und hinten nicht bis zum Ende des in- 
neren Randes der bis dahin nackten Nasenlöcher reichend. Vor den Augen 
sind keine Thränengruben, sondern statt deren an jeder Seite zwischen Auge 
und Nasenrücken ein Haarwirbel bemerkbar. Ein zweiter mittlerer Haar- 
wirbel zeigt sich unmittelbar hinter den Hörnern, welche zwischen und et- 
was hinter den Augen hervorgehen und von leierförmiger Gestalt sind. Indem 
sie nämlich gleich von Anfang an auseinanderweichen, krümmen sie sich zu- 
erst bogenförmig nach oben, aufsen und hinten, verlaufen dann eine kurze 
Strecke parallel und krümmen sich darauf allmählig wieder nach oben und 
mit ihren glatten Endspitzen nach vorn und zugleich ein wenig nach innen. Sie 
sind mit etwa sechsundzwanzig, vorn mehr hervorragenden, unregelmäfsigen 
Ringen geziert und zwischen denselben tief gerieft. Der Durchmesser der 
Hörnerbasen, welche nur um die Hälfte ihrer Dicke von einander abste- 
hen, ist etwas gröfser von vorn nach hinten als von innen nach aufsen. 
Die Ohren sind von halber Kopflänge, am Ende abgerundet, dicht be- 
haart. Hinter und zwischen ihnen befindet sich ein Haarwirbel, von dem 
aus die Haare des Hinterkopfes nach vorn gerichtet stehen. Die Körper- 
form ist proportionirt, nach vorn ein wenig abschüssig. Der Hals ist un- 
gemähnt, mit dicht anliegenden Haaren bekleidet. Auf dem Rücken fin- 
den sich zwei Haarwirbel, einer zwischen den Schultern und ein anderer 
über dem Kreuz, zwischen denen die Haare nach vorn gewandt sind, in 
derselben Weise wie man diefs bei Antilope leucoryx Pallas findet. Zu 
jeder Seite der Weichen bemerkt man noch einen deutlichen Haarwirbel 
und die Haare in der Mittellinie des Bauches sind wie die des Rückgrah- 
tes nach vorn gerichtet. Es sind deutliche Leistengruben vorhanden und 
es lassen sich an dem einzigen Exemplare, obgleich es ein Männchen ist, 
vier Saugwarzen unterscheiden. Die Klauen und Afterklauen sind grofs, 
erstere doppelt so lang wie hoch und an den Vorderfülsen kaum merklich 
gröfser als an den Hinterfüfsen. Die Schwanzwurzel ist an der unteren 
Seite nackt; nach dem Bau und der zunehmenden Verlängerung der Haare 
dieses Organs zu urtheilen, war es, wie bei den verwandten Arten mit 
einer Endquaste versehen, welche jedoch an unserem Exemplar, wie es 
die afrikanischen Jäger zu thun pflegen, abgeschnitten ist. 
Phys. Kl. 1854. N 


98 Lichtenstein und PETERS über neue Säugethiere 


Die Farbe ist kastanienbraun, nach dem Rücken zu etwas dunkler 
werdend. Die Schnauzenspitze, die Lippen, die ganze Unterseite des Kopfes, 
die Ohren, die Gegend um die Ohren und um die Augen bis zur Basis 
der Hörner, ein breiter hiermit vereinigter Längsstreif zur Seite der Nase, 
die Kehle, der untere Theil der Gurgel nebst der ganzen übrigen Bauch- 
seite und der Steifsgegend sind weils. Die Gliedmafsen sind an der 
Aufsenseite braun, mit Ausnahme der Fingerglieder, welche nebst einem 
Theile der Mittelhand und des Mittelfufses weils wie die ganze Innenseite 
sind. Der Schwanz ist oben braun, unten an der Basis nackt, im Übri- 
gen so wie an den Seiten (nebst der Schwanzquaste?) weils. Die Hörner 
sind schwärzlich, an den Ringen schmutzig weils, an den Spitzen schwarz. 
Die Klauen endlich sind sämmtlich von schwarzer Farbe. 


Mafse eines ausgewachsenen Männchens in Millimetern. 


Länge von dem Schnauzenende bis zur Schwanzbasis . . 1520 
Länge des Kopfes in gerader Linie a 
Länge der Hörner in gerader Linie (linke Seite 405, rechte S. 500) 500 
Durchmesser der Hörnerbasis von vorn nach hinten . . 47 
Durchmesser der Hörnerbasis von innen nach ausfen . . 42 
Abstand der Horner an den Bass ur me en 22 
Gröfster Abstand der Hörner in der zweiten Krümmung . 325 
Abstand .der Hornerspitzene u 
Länge des Ohres (an der äulseren Seite gemessen) . . . . .» 160 
Schulierhöhe:. ., . u. Zum tea Fee 2 N a Ba 
Länge der ganzen vorderen Extremität . . 2 2... ..:.8085 
Ibänge (des Vorderfulsesge ge u 2 re Er 0238 


Länge der Klauen BE ET NER 79 
Höhe:der: Klauen, ,.: Mo ee 34 
Länge der ganzen Hinterextremität We 20 
Bänsgen;des Hinterfufses Par zee 24. 5, usnne 
lKänseuder:Klauen: . re 172 


HohesderzKlauen : .: 0% Men ae 32 


Die Entdeckung dieser schönen Antilope verdanken wir Herrn 
Werne, bekannt durch seine Reiseskizzen aus Agypten, nach dessen Mit- 
theilung sie aus Sobah im Sennär herstammt. 


des Königlichen zoologischen Museums. 99 


Erklärung der Abbildungen. 


TafelI. Centurio flavogularis Licht. Pet. Altes Männchen in natürlicher Grölse. 
A. Kopf doppelt vergrölsert. 


1. 


manzum:. 


Schädel von oben betrachtet. 

Derselbe von der Seite gesehen. 

Derselbe von unten gesehen. 

Unterkiefer von unten gesehen. 

Schädel von vorn gesehen, doppelt vergröfsert. 

Liuke Seite der oberen Zahnreihe, 

Linke Seite der unteren Zahnreihe, viermal vergröfsert. 


Tafel II. Hyonycteris discifera Licht. Pet. — Männchen in natürlicher Gröfse. 


Tafel II. 


= oa 0 


a Kopf von vorn, 5 derselbe von oben, c derselbe von der Seite betrachtet; 
d Ohr der linken Seite, doppelt vergrölsert, £ Tragus, a Antitragus. 

Schädel von der Seite. 

Derselbe von oben angesehen. 

Gebils von vorn gesehen, doppelt vergröfsert. 

Obere Zähne der linken Seite von aulsen, 4° dieselben von der Kaufläche aus 
gesehen, sechs Mal vergröfsert. 

Untere Zähne der linken Seite von aulsen, 5° dieselben von der Kaufläche aus 
gesehen, sechs Mal vergröfsert. 


Antilope leucotis Licht. Pet. — Ausgewachsenes Männchen; ein Siebentheil natür- 
licher Gröfse. 


N2 


linsh’alt: 


Seite 


1) Über die Gattung Centurio Gray und eine neue Art derselben aus Cuba . 81 
2) Über Hyonycteris, eine neue Gattung von Flederthieren aus Puerto Cabello 89 


3) Über Antilope leucotis Licht. Pet., eine neue Art aus dem nordöstlichen 
Africa ee En 2.2. 0. 0A ERBE Ned Le) SEN CHUR PER EEE 


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HET: 


I AMAV 


Über 
die an der Küste von Mossambique beobachteten Seeigel 
und insbesondere über die Gruppe der Diademen. 


Von 
. 


um W. PETERS. 


nnnnannnnanan 


[Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 11. August 1853.] 


Bin die Beobachtungen der neuesten Zeit(') haben uns mit den so merk- 
würdigen Entwiekelungszuständen der Echinodermen bekannt gemacht. Sie 
haben gezeigt, dafs aus den Eiern der meisten Arten sich Larven entwickeln, 
welche nicht die geringste Ähnlichkeit mit dem mütterlichen Thiere haben 
und welche nicht wie dieses sich auf dem Meeresboden aufhalten, sondern 
frei im Meere umherschwimmen. Winde und Strömungen entführen diese 
Larven an die entferntesten Küsten, ehe die jungen Echinodermen sich ent- 
wickelt und von ihnen losgelöst haben. 

Aus diesen Vorgängen erklärt sich mit Leichtigkeit die aufserordent- 
lich weite geographische Verbreitung vieler Arten einer Klasse von Thieren, 
welche im entwickelten Zustande selbst nur einer langsamen Bewegung am 
Meeresboden fähig sind. 

Man kann sich daher auch nicht mehr darüber wundern, dafs die erst 
neuerdings untersuchten Küsten viel weniger neue Formen von Echinoder- 
men liefern, als man sonst erwarten durfte. 

Nach den früheren Mittheilungen, welche ich der Akademie vorzule- 
gen die Ehre hatte, sind an der Küste von Mossambique nur vier Ophiuren 
und zwei Asterien von mir gefunden worden, welche bisher noch nicht an 
anderen Orten beobachtet sind (s. Bericht über die zur Bekanntmachung ge- 
eigneten Verhandlungen der K. Preufs. Akademie zu Berlin. 1851. S. 463 
und 1852. S. 177). 


(') Vgl. Hr. J. Müllers Abhandlungen über die Echinodermen in den Schriften dieser Akademie. 


102  Perens über die an der Küste von Mossambique beobachteten 


Was die Seeigel anbelangt, so sind aufser bereits bekannten Arten der 
Gattungen Cidaris, Diadema, Salmacis, Tripneustes, Echinometra, Clypeaster, 
Lobophora, Echinoneus und Brissus mir nur zwei noch unbeschriebene For- 
men vorgekommen. Diese bieten aber ein um so gröfseres Interesse dar, 
als die eine der bisher noch nicht genau bekannten Gattung Astropyga, die 
andere einer neuen Gattung angehört, welche bald mit Diadema bald mit 
Astropyga zusammengeworfen worden ist. 

Die Seeigelgattungen Diadema und Astropyga sind zuerst, aber in 
nicht genügender Weise, von Gray aufgestellt worden. In seinem „Attempt, 
to divide the Echinidae, or Sea Eggs into Natural Families” (Annals of phi- 
losophy. New series. X. p. 426) vom Jahre 1825 vertheilt er die Seeigel in 
zwei Hauptgruppen, von welchen die hier nur in Betracht kommende erste, 
der Kleinschen Gattung Cidaris entsprechend, die regelmäfsigen symme- 
trischen Formen enthält, an welchen Mund und After einander gegenüber 
liegend die beiden Pole bilden. Diese Gruppe zerfällte er nach der Form 
der Stacheln und der Tuberkeln in zwei Familien : 

1) Echinidae, mit gleichförmigen Stacheln und mit undurchbohrten 
Tuberkeln, wohin er die beiden Gattungen Echinus und Echinometra Linne 
et van Phelsum rechnete, und 

2) Cidaridae, mit an der Spitze durchbohrten Tuberkeln und mit 
zweierlei Arten von Stacheln, von denen die grölseren keulenförmig oder 
sehr lang sind. In dieser führte er nun die drei Gattungen Cidaris, Diadema 
und Astropyga auf, welche er in folgender Weise unterschied: 

1) Cidaris Klein, Lamarck. Turbans. 

Body depressed, spheroideal; ambulacra waved: small spines compressed, 
two edged, two rowed, covering the ambulacra, and surrounding Ihe base of 
the larger spines. 

This genus may be divided according to the form of the larger spines; 
the extraambulacral beds have only two rows of spines. C. imperialis 
Lam. Klein. tab. VII. Fig. A. 

2. Diadema. Diadems. 

Body orbicular, ralher depressed; ambulacra strait, spines often fistulous. 
*D. setosa Leske, Klein Taf. 37. Fig. 1 u. 2. Echinus Diadema Linne£. 
" D. calamaria, Pallas Spicil. zool. Taf. II. Fig. 4—S8. 


Seeigel und insbesondere über die Gruppe der Diademen. 103 


3) Astropyga. 

Body orbicular, very depressed, ambulacra strait: ovarian scales very 
long, lanceolate ; beds wilh several series of spines. A. radiata, Leske, 
Taf. 44. Fig. 1. 

Die dürftige Charakteristik, welche Gray von diesen letzten beiden 
Gattungen gegeben hat, ist nebst der ungenügenden Kenntnifs der von ihm 
eitirten Arten allein Schuld daran, dafs die naturgemäfse Absonderung der- 
selben von den eigentlichen Cidaris nicht sogleich mit der Anerkennung auf- 
genommen wurde, welche sie bei genauerer Betrachtung in der That verdient. 

In der neuesten systematischen Zusammenstellung der Seeigel, welche 
wir Agassiz und Desor (Catalogue raisonne des familles, des genres et 
des especes de la classe des echinodermes. Annales des sciences naturelles 
gigme serie. Zoologie. VI. Paris. 1846. p. 305 fgg.) verdanken, sind zuerst 
Grays Diadema und Astropyga genauer untersucht und die Nothwendig- 
keit ihrer Trennung von Cidaris richtig gewürdigt worden. Leider aber 
enthält diese Darstellung mehrere Unrichtigkeiten, die A gassiz früher (Me- 
moires de la socidle des sciences naturelles de Neuchätel. 1835 p- 189.) ver- 
mieden hatte, wodurch neue Verwirrungen entstanden sind. 

Agassiz ist es zwar nicht entgangen, dafs die beiden von Gray für 
seine Gattung Diadema citirten Arten Cidaris setosa Leske (Klein, Nat. 
disp. Echinodermatum Taf. 37. Fig.1. u. 2.; Rumph, Amboinsche Rariteit- 
kammer Taf. 13. Fig. 5) und Echinus calamaris Pallas (Spicilegia zoologica 
Fasc. I. Tafel II. Fig. 4—8) zwei so verschiedenen Formen angehören, dafs 
sie nicht in derselben Gattung zusammenbleiben können. Er hat aber den 
Mifsgriff begangen, die zweite dieser Arten (E. calamaris) mit Cidaris ra- 
diata Leske (l. c. Tafel 44. Fig. 1.— Encyclopedie merhodique. Zoophytes. 
Pl. 140. fig.6 bis 8 — beides Copien nach Seba tom. III. Taf. 14. Fig. 1. u. 2.), 
der typischen Form von Grays Gattung Astropyga, zusammenzubringen, 
während sie in der That derselben ebenso fremd ist, wie der Gattung Dia- 
dema, wenn man die Kennzeichen dieser letzteren nach der von Gray zuerst 
eitirten Cidaris setosa Leske (Tafel 37. Fig. 1 und 2) festzustellen hat. 

Ohne Zweifel würde dieser Irrthum nicht entstanden sein, wenn man 
früher die Bestachelung der sehr seltenen eigentlichen Astropyga gekannt 
hätte. Von dieser Gattung scheinen aber bisher in keinem Museum vollstän- 
dige Thiere vorhanden gewesen zu sein, so dafs das von mir in Mossambique 


104 Prrens über die an der Küste von Mossambique beobachteten 


gefundene Exemplar wahrscheinlich das einzige mit Stacheln versehene ist, wel- 
ches sich in den europäischen Museen befindet. Leider ist bei der Versendung 
ein grolser Theil dieses schönen Thiereszerstört, so dafsnurnoch.die obere Hälfte 
und die Laterne mit der daran hängenden Mundhaut vorhanden ist. Indessen bin 
ich durch die gütige Verwendung des Hrn. Heckelin Wien in den Stand gesetzt 
worden, ein anderes schönes Exemplar des dortigen Museums zu vergleichen 
und so meine Untersuchungen über diese Gattung zu vervollständigen. Denn 
dafs die beiden vor mir liegenden Arten wirklich mit der typischen Form von 
Astropyga generisch zusammengehören, darüber läfst die Vergleichung der 
Sebaschen, von Leske und Lamarck copirten, Abbildungen keinen Zweifel. 

Die wahren Asitropyga tragen auf den Ambulacralplatten Stacheln von 
derselben Form wie auf den Interambulacralplatten und unterscheiden sich 
in dieser Beziehung von Diadema nur dadurch, dafs diese Stacheln nicht sehr 
lang und hohl, sondern von mäfsiger Länge und solide sind. Echinus cala- 
maris Pallas dagegen und die ihm verwandten Arten, welche Gray noch 
zu Diadema, Agassiz dagegen zu Astropyga gezogen hat, und welche sich 
sogleich durch die eigenthümlichen feinen borstenförmigen Stacheln auf den 
Ambulacralplatten auszeichnen, so wie auch dadurch, dafs der von den Ova- 
rialplatten herabsteigende glatte Theil der Interambulacvalplatten sich 
nicht gabelförmig theilt, müssen eine dritte Gattung bilden, für welche ich 
den Namen Echinothrix vorschlagen möchte. 

Diese Gattungen lassen sich weder mit Cidaris, wie Gray es gethan 
hat, noch mit Echinus oder mit Echinoeidaris, wie es von Agassiz gesche- 
hen ist, in eine Familie oder Gruppe zusammenbringen, sondern bilden eine 
wohlbegrenzte Abtheilung für sich, in welcher man sie als Diadematidae zu- 
sammenfassen könnte. 

Eine vergleichende Zusammenstellung wird dieses am besten erläu- 
tern. Die beiden Gruppen, welche hier nur in Betracht kommen, sind, indem 
hier auf die erwähnte bis jetzt vollständigste Olassification der Seeigel von 
Agassiz und Desor Bezug genommen wird, die der Cidaridae und Echini- 
dae, in welche alle lebenden Formen der regulären kreisförmigen Seeigel 
vertheilt sind. 

I. Cidaridae. 

Die Cidaris sind leicht zu erkennen an ihrer dicken Schale, an ihren 

dicken Stacheln und an den weniger zahlreichen aber grofsen an der Spitze 


Seeigel und insbesondere über die Gruppe der Diademen. 105 


durchbohrten Tuberkeln der Interambulacralplatten. Die Cidaris (und Go- 
niocidaris) zeichnen sich ferner, wie Herr Müller in seinen neuesten Ab- 
handlungen (s. Archiv für Anatomie und Physiologie. 1853. Heft II. S. 175 
bis 240) gezeigt hat, dadurch aus, dafs die Füfse ihrer Rückseite conisch 
zugespitzt, ohne Saugscheibe (wie bei Echinus u.a.) und ohne Einschnitte 
(wie bei Echinocidaris und Diadema) sind, dafs sie keine äufseren Kiemen 
am vorderen Rande der Corona haben, ihnen daher allein die Einschnitte 
am Mundrande der Schale wirklich fehlen, welche Herr Agassiz auch 
den Diademen abspricht, dafs sie Fortsätze am vorderen Theil der Ambu- 
lacra besitzen, welche den Wirbelfortsätzen der Ambulacralplatten der 
Asterien analog sind, dafs die Auricularfortsätze für die Muskeln der Kiefer 
bei ihnen nicht von den Ambulacralplatten, sondern von den Interambula- 
cralplatten ausgehen und dafs ihre Mundfüfschen ganze Reihen bilden, auf 
den beweglichen buccalen Platten, welche hier die Corona gleichsam wie- 
derholen und in ambulacrale mit Doppelporen und interambulacrale 
buccale Platten zerfallen, von welchen erstere bis zum Munde doppelt 
bleiben, die letzteren am äufsersten Ende einfach werden. Ein Kenn- 
zeichen, welches die Cidariden von den Echiniden vorzüglich auszeichnet, 
ist der Mangel des Längskiels an der inneren Seite der Zähne. Aber hierin 
sind sie nicht von den Diademen verschieden, wie bereits Herr Müller 
(Abhandlungen der K. Akademie der Wissenschaften zu Berlin aus dem 
Jahre 1850, p. 64), die Angaben von Agassiz und Desor berichtigend, 
bemerkt hat. Auch kommt es nicht, wie Agassiz angibt, ausschliefslich 
den Cidariden zu, dafs die Kiefer an ihrem Grunde keine geschlossenen Bo- 
gen bilden, sondern dies ist auch bei sämmtlichen Diademen und bei Echino- 
cidaris der Fall. Dafs aber die beiden Pfeiler der Aurikeln sich nicht zu 
einem Bogen vereinigen, ist eine Eigenthümlichkeit, welche blofs den Ci- 
dariden und keinesweges, wie Agassiz angegeben, auch den Diademen 
zukommt. Jedoch ist dies von viel geringerer Wichtigkeit, als dafs die 
Aurikeln, wie Herr Müller bemerkt, anstatt aus den Ambulacralplatten 
aus den Interambulacralplatten hervorgehen. 
Hierher gehören von lebenden Gattungen nur: 
1. Cidaris Lamarck. Agassiz. 
2. Goniocidaris Desor. 


© 


Phys. Kl. 1854. 


106 Perers über die an der Küste von Mossambique beobachteten 


II. Echinidae. 


Wenn man diese Familie so lassen wollte, wie Agassiz sie aufgestellt 
hat, so würden die meisten der für sie aufgeführten Merkmale verloren gehen, 
welche nun nach Abzug der Diadematiden beibehalten werden können. 

Sie haben alle eine dünne Schale, kurze und dünne Stacheln, und 
sind sogleich an der Form der Tuberkeln, welche nicht an der Spitze durch- 
bohrt sind und an den an der inneren Fläche mit einem Längskiel versehenen 
Zähnen zu erkennen. Die Aurikel entspringen von den Ambulacralplatten 
und sind bogenförmig vereinigt. Wenn man die einzige Gattung Echinoci- 
daris von ihnen entfernte (ohne sie jedoch nach Agassiz Vorschlag mit den 
Diadematiden zu vereinigen), so würden die überall gleichgeformten auch an 
der Rückseite der Thiere mit einer Saugscheibe versehenen Füfschen und 
die Bogen, welche die Kiefer an ihrem Grunde schliefsen, ebenfalls Kenn- 
zeichen sein, wodurch sie von den Cidariden und den Diadematiden zu un- 
terscheiden wären. Die hierher gehörenden lebenden Gattungen sind: 


1. Echinocidaris Desmoulins. 6. Amblypneustes Agassiz. 

2. Mespilia Desor. 7. Boletia Desor. 

3. Microcyphus Agassiz. 8. Tripneustes Agassiz. 

4. Salmacis Agassiz. 9. Holopneustes Agassiz. 

5. Temnopleurus Agassiz. 10. Echinus Linne. Lamarck. 
Agassiz. 


III. Diadematidae. 


Die Schale der Diademiden ist dünn wie bei den Echiniden und leicht 
zerbrechlich, mehr oder minder abgeplattet und fünfseitig. Bei den meisten 
sind besonders an der Rückseite die Interambulacralgegenden vertieft, die 
schmalen Ambulacralgegenden dagegen mehr oder weniger wulstig hervor- 
ragend. Die Tuberkeln sind zahlreich, am Rande gekerbt und an der Spitze 
durchbohrt; sie tragen mehr oder weniger lange dünne Stacheln, welche fein 
und schuppig beringt erscheinen. Porenreihen schmal. Die Mundöffnung 
der Schale ist grofs und wie bei den Echiniden mit Einschnitten versehen, 
unter welchen die büschelförmigen häutigen Kiemen liegen. Die Mundfüfse 
bestehen aus fünf rings um den Mund gestellten Paaren. Die Füfschen an der 
Rückenseite der Schale sind bei einer Gattung (Diadema) zugespitzt; ob die- 


Seeigel und insbesondere über die Gruppe der Diademen. 107 


ses aber auch bei den anderen Gattungen der Fall ist, habe ich nicht ent- 
scheiden können. Die Pfeiler der Aurikeln entspringen wie bei den Echiniden 
von den Ambulacralplatten und sind nicht, wie Agassiz angibt (l. c. p. 345 
u. 346) getrennt, sondern bogenförmig vereinigt. Die Kiefer und ihre Epi- 
physen senden dünne nach innen gebogene Fortsätze aus, welche sich aber 
nicht zu geschlossenen Bogen vereinigen. Die Zähne sind von rinnenförmi- 
ger Gestalt und haben, mit denen der Cidaris übereinstimmend, keinen 
Längskiel auf ihrer inneren Seite. 


1) Gattung Diadema Gray (ex parte). Agassiz (ex parte). 


Die Gestalt der Schale ist abgerundet fünfseitig, fast kreisförmig, ab- 
geplattet, meistens doppelt so breit wie hoch. Sie ist ziemlich dünn, jedoch 
dicker als bei den anderen Gattungen. Die Ambulacralfelder ragen, zumal 
an der Rückenseite des Thiers, wulstig hervor, während die Interambula- 
cralfelder hier in der Mitte eingedrückt erscheinen. Der glatte Theil jedes 
Interambulacralfeldes, welcher von der Genitalplatte ausgeht, theilt sich ga- 
belförmig und setzt sich so in zwei sich verschmälernde Ausläufer fort, wel- 
che neben den äufseren grofsen Tuberkelreihen über den Rand der Schale 
herabsteigen, aber ohne besondere grubenartige Vertiefungen zu zeigen. Die 
grolsen Tuberkeln der Interambulacralplatten bilden mehrere Reihen, die 
etwa um die Hälfte kleineren der Ambulacralplatten bilden zwei Hauptrei- 
hen. Die Ambulacralplatten stehen paarweise in treppenförmigen schmalen 
(nur am dorsalen Ende weniger deutlichen) Reihen, indem je drei Paare 
einen schmalen hohen Absatz bilden. An der unteren Fläche der Schale 
dagegen erscheinen die Porenreihen breiter, indem die zusammengehörigen 
Paare eine mehr quere Richtung annehmen. Die Tuberkeln sind alle von 
derselben Gestalt, am Grunde glatt, am erhabenen Rande gekerbt und an der 
Spitze durchbohrt. Die grölseren Stacheln sind sowohl auf den Interambu- 
lacralplatten wie auf den Ambulacralplatten ausnehmend lang, oft über drei- 
mal länger als der Querdurchmesser der Schale. Alle Stacheln sind von 
gleichem Baue und hohl. Der bedeckte Theil derselben sitzt mit einem run- 
den, unten durchbohrten und am äufseren Rande gekerbten Köpfchen auf 
den Tuberkeln auf und wird durch einen verschmälerten Hals von der zu 


02 


108  Perers über die an der Küste von Mossambique beobachteten 


einer Krause erweiterten Basis des freien Stacheltheils abgesetzt. Dieser 
ganze freie Theil erscheint rauh, indem er von zahlreichen (etwa 24 bis 30) 
flachen Längsfurchen durchzogen wird, zwischen denen schuppenförmige, 
mit ihrem freien Ende nach der Spitze des Stachels gerichtete Vorsprünge 
hervortreten, welche durch zahlreiche Ringfurchen geordnet erscheinen. 
Die Genitalplatten sind grofs, spitz- oder stumpfwinklich dreieckig mit mehr 
oder weniger abgestumpften Grundecken. Die Genitalöffnung liegt nahe der 
äufseren Spitze und hängt durch eine flache Furche mit einer mittleren tie- 
feren Grube dieser Platte zusammen. Diese Gruben sind von derselben Art, 
wie diejenigen, welche bei Asiropyga sich auf den Platten der nackten Inter- 
ambulacralfelder vorfinden. Die Ocellenplatten sind regelmäfsig zwischen 
die Genitalplatten eingefügt, beträchtlich kleiner und viel unregelmäfsiger 
in ihrer Gestalt als diese. Die Afteröffnung ist dem der grofsen Madrepo- 
renplatte gegenüberliegenden Ambulacralfelde am meisten genähert, von 
einer breiten nackten Haut umgeben, welche nur durch einen äufserst schma- 
len Rand von besonderen Analplatten gestützt wird. Die Mundöffnung der 
Schale ist grofs mit zehn tiefen Einschnitten versehen, an welchen der Rand be- 
sonders wulstig entwickelt erscheint und sich in einen äufseren horizontal ver- 
laufenden spitz endigenden Fortsatz verlängert. Die Mundhaut erscheint nackt, 
wird aber durch kleine reihenweise geordnete Kalkplättchen gestützt, welche so 
dünn sind, dafs sie leicht übersehen werden können. Unter jedem Einschnitte 
liegt eine büschelförmige häutige Kieme und um die Mundöffnung herum 
stehen zehn grofse paarweise geordnete keulenförmige (zweilappige?) Mund- 
füfse. Die Füfschen am untern und dem seitlichen Theile der Schale sind 
mit Saugnäpfchen versehen, deren Ring am Rande sägeförmig gezähnt ist, an 
der Rückseite der Schale dagegen sind sie deutlich zugespitzt wie bei Echino- 
cidaris. Die Aurikeln sind stark und bogenförmig mit einander vereinigt; 
der mittlere Theil des Bogens ist so hoch und breit wie die von ihnen einge- 
schlossene Öffnung. Die Kiefer und ihre Epiphysen sind oben nicht bogen- 
förmig vereinigt, sondern einfach zugespitzt und nach innen gebogen. Die 
Zähne sind auf ihrer inneren Seite tief ausgehöhlt, ohne Spur eines Kiels, 
dagegen an der äufseren Seite sehr convex, genau betrachtet in der Mitte 
doppelt gekielt und längs den Seiten vertieft. Diesem entsprechend ist auch 
die Zahnfurche der Kiefer viel mehr vertieft als bei Echinus. 


Seeigel und insbesondere über die Gruppe der Diademen. 109 


Diese Gattung stimmt mit Astropyga in der gabligen Theilung der 
nackten Interambulacralfelder überein, unterscheidet sich aber vorzüglich 
von ihr durch den Mangel eigenthümlicher Vertiefungen auf diesen Feldern, 
durch die mehr abgerundete und unten weniger abgeplattete Form der 
Schale, durch die Länge und hohle Beschaffenheit der Stacheln, durch die 
geringe Entwickelung der Analplatten und die Form der Zähne. Mit Echino- 
thrix ist Diadema schon wegen der gabligen Interambulacralfelder und der 
gleichen Form der Ambulacral- und Interambulacralstacheln nicht zu ver- 
wechseln. 

Von den zu Diadema gezählten lebenden Arten sind auszuschliefsen 
Diadema turcarum Ag. (= Echinometra turcarum Rumph. 1. c. Taf. 14. 
Fig. B.), Diadema ( Astropyga) spinosissimum Ag., Diadema Desjardensü 
Michelin (= Astropyga subularis Ag.), welche alle wie D. calamarium 
Gray zu der Gattung Echinothrix gehören. Diadema europaeum Ag. (= 
Cidaris longispina Philippi, MWiegmann’s Archiv für Naturgeschichte 
1845. I. 354) ist mir nicht hinreichend bekannt, wird aber wahrscheinlich 
so wie die fossilen ähnlich geformten Arten eine andere Gattung bilden 
müssen (*). 

Es bleiben somit nur drei Arten übrig, von denen es noch zweifel- 
haft ist, ob sie wirklich verschieden seien, indem vielleicht die erste eine un- 
genaue Abbildung, die dritte der Jugendzustand von D. Savignyi sein könnte. 

1. Diadema setosa Gray. 
Echinometra setosa Rumph, Amboinsche Rariteitkammer Tafel 


XII. Fig. 5. 


(*) D.Zongispina Phil., von welchem unser Museum neuerdings ein sehr schönes Exem- 
plar erlangt hat, ist nicht mit Diaderna zu vereinigen, sondern bildet eine besondere Gat- 
tung, für welche ich den Namen Centrostephanus vorschlage. Die Schale ist abgeplattet, 
aber nicht an der Rückseite zwischen den Ambulacralfeldern vertieft. Sonst stimmt sie durch 
die Form der Tuberkeln, durch die Einschnitte der Mundöffnung, die rinnenförmigen Zähne, 
die gebogenen aber nicht vereinigten Fortsätze der Kiefer und die schmalen Porenreihen 
mit den Diademen überein. Die langen und hohlen Stacheln haben mehr Ähnlichkeit 
mit denen von Echinothrix als mit denen von Diadema. Eigenthümlich sind die kurzen 
keulenförmigen Stacheln auf den oberen Ambulacralplatten, die Breite der Ambulacralfelder 
(halb so breit wie die Interambulacralfelder), die granulirte Bekleidung der Analhaut und zehn 
grölsere Platten, welche, zunächst den Ambulacralplatten liegend, die Mundhaut stützen. (Spä- 
terer Zusatz.) 


410  Prrens über die an der Küste von Mossambique beobachteten 


Cidaris setosa Leske-Klein, Naturalis dispositio Echinoderma- 
tum. Tafel 37. Fig. 1. 2. 

Cidaris selosa Lamarck. Encyclopedie methodique. Tafel 33. 
Fig. 10. 

Ist wegen der gabeligen Theilung der glatten Interambulacralfelder und 
der beiden Tuberkelreihen auf den Ambulacralfeldern nicht mit E. turcarum 
Rumph, welche zur Gattung Echinothrix gehört, zu verwecheln. 

2. Diadema Savignyi, Michelin. Savigny Description de l’Egypte. 
Echinod. Taf. 6. 

3. Diadema Lamarckü, Rousseau. Agassiz et Desor, Annales des 
sciences nat. 3. serie. Vl. 1846. pag. 349. 


2. Gattung Astropyga Gray. Agassiz (ex parte). 


Die Gestalt der Schale ist im Umfange deutlich fünfseitig, an der un- 
tern Seite flach, sehr abgeplattet, zwei und ein halb bis dreimal so breit wie 
hoch. Sie ist sehr dünn und leicht zerbrechlich. Die Ambulacral- und Inter- 
ambulacralfelder verhalten sich wie bei der vorhergehenden Gattung, nur 
sind die letzteren verhältnifsmäfsig sehr viel breiter. Der glatte von den Ge- 
nitalplatten ausgehende Theil der Interambulacralfelder theilt sich gabelför- 
mig. Alle Platten, über welche sich diese glatten Interambulacralfelder er- 
strecken, sind durch eine flache aber deutliche, im Leben durch eigenthüm- 
liche Färbung ausgezeichnete, grubenartige Vertiefung ausgezeichnet. Die 
grofsen Tuberkeln der Interambulacralfelder stehen in zahlreichen Längsrei- 
hen, die um die Hälfte kleineren der Ambulacralfelder bilden, abgesehen von 
den kleinen dazwischen unregelmäfsig vertheilten, zwei Hauptreihen. Alle 
Tuberkeln, grofse wie kleine, sind von derselben Gestalt, an der Basis glatt, 
an dem das Köpfchen umgebenden Rande crenulirt und an der Spitze des 
Köpfchens durchbohrt. Die Stacheln sind sehr dünn und von mäfsiger 
Länge, indem die längsten etwa den halben Querdurchmesser der Schale er- 
reichen. Alle sind von demselben Bau und im Inneren zwar von lockerer 
schwammiger Structur aber ohne Höhlung. Nur der bedeckte Theil, das 
Köpfchen, ist an seiner Spitze durchbohrt und enthält die Fortsetzung des 
aus der Spitze der Tuberkeln hervorgehenden häutigen (und musculösen ?) 
Verbindungsgewebes. Am äufseren Rande ist das Köpfchen gekerbt. Der 


Seeigel und insbesondere über die Gruppe der Diademen 111 


freie Theil des Stachels setzt sich von dem Halse durch einen tief gekerbten 
breiten Kragen ab und wird von zahlreichen tiefen Längsfurchen durchsetzt. 
Die Stacheln sind sämmlich sehr rauh, indem sie mit feinen, anliegenden 
ringförmig geordneten nach dem freien Ende hin gewandten zugespitzten 
Kielen bewaffnet sind. Die Reihen der Ambulacralporen sind viel breiter 
als bei Diadema, fast so breit wie die Ambulacralfelder. Die Poren bilden 
vier unregelmäfsige Längsreihen, in denen je drei Paare einen gröfseren schie- 
fen Absatz bilden, welcher selbst wieder aus drei kleineren durch die einzel- 
nen Porenpaare gebildeten Stufen zusammengesetzt wird. An der unteren 
Fläche der Schale nehmen die Porenreihen allmählich eine immer gröfsere 
Breite ein, indem die zusammengehörigen Paare sich aus der schiefen in eine 
mehr quere Richtung zusammendrängen. Die Genitalplatten sind sehr ent- 
wickelt, mehr oder weniger lanzettförmig, viel länger als breit. Die Augen- 
platten sind unregelmäfsig vierseitig, doppelt so breit wie lang und füllen 
so die grofsen Zwischenräume zwischen den Basen der Genitalplatten aus. 
Der After öffnet sich ziemlich in der Mitte einer nackten Haut, welche am 
Rande durch mehrere Reihen sehr entwickelter Analplatten verstärkt ist. 
Diese Analplatten tragen Tuberkeln und Stacheln von derselben Beschaffen- 
heit wie die übrige Schale, bilden aber offenbar an dem Rande, welcher 
der Madreporenplatte gegenüberliegt, einen schmäleren Saum als an dem 
ihr genäherten Rande. Die grofse Mundöffnung der Schale ist mit zehn 
ziemlich tiefen Einschnitten,, wie bei Diadema, versehen. Die sich nach 
aufsen an diesen Einschnitten umschlagenden Fortsätze sind in besonders 
lange dornförmige platte Spitzen ausgezogen. Die Mundhaut erscheint von 
aufsen nackt, wird aber durch zahlreiche platte ziemlich regelmäfsig angeord- 
nete Kalklättchen gestützt, welche letztere viel stärker als bei Diadema ent- 
wickelt erscheinen. Die paarig stehenden zehn grofsen Mundfüfse sind noch 
wohl erhalten, über die Form der äufseren häutigen Kiemen, welche sich un- 
ter den Einschnitten befanden, ist jedoch nichts mehr festzustellen. Die Au- 
rikeln, welche von den Ambulacralplatten entspringen, sind bogenförmig 
vereinigt. Die Kiefer und ihre Epiphysen dagegen bilden keine oberen Bö- 
gen, sondern getrennte nach innen gekrümmte feine Fortsätze. Die Zähne 
sind zwar im Allgemeinen denen von Diadema durch den Mangel eines inne- 
ren Kiels und durch die convexe Beschaffenheit der äufseren Fläche ähnlich, 
unterscheiden sich jedoch merklich von ihnen durch die plötzliche starke 


412 Prrens über die an der Küste von Mossambique beobachteten 


Verengung und Verflachung des unteren Theils ihrer inneren Längs- 
rinne. 

Diese Gattung unterscheidet sich von Diadema vorzüglich durch die 
gröfsere Abplattung der Schale, durch die grubenartigen Vertiefungen auf den 
glatten Interambulacralplatten, durch die Länge der Genitalplatten, durch 
die grofse Entwickelung der Analplatten, durch die Breite der Porenfelder, 
durch die Kürze und solide Beschaffenheit der Stacheln und durch die am 
unteren Ende weniger ausgehöhlten Zähne. Mit Echinothrix ist sie schon 
wegen der gabligen Theilung der glatten Interambulacralfelder nicht zu 
verwechseln. 

Bis jetzt sind nur wenig Arten dieser Gattung bekannt, indem alle 
von Agassiz und Desor hierher gezogenen, welche anders geformte Sta- 
cheln auf den Ambulacralfeldern als auf den Interambulacralfeldern tragen, 
nicht hieher, sondern zu der Gattung Echinothrix gehören (*). 


1. Astropyga radiata Gray. 
Echionanthus major. Seba, Thesaurus. II. Taf. XIV. Fig. 1. 
und 2. 
Cidaris radiata. Leske-Klein, Nat. disp. echinod. Taf. 44. Fig. 1. 
— —  Encyclopedie methodique. Zoophytes. Tafel 140. 
Fig. 5 u. 6. 

Nur nach der Seba’schen Abbildung und Beschreibung bekannt. Hat 
einen Querdurchmesser von 150"”, äufserst lange Genitalplatten (Breite zur 
Länge ungefähr wie 1 : 21-), welche nur durch zwei bis drei glatte Platten 
von der mit Tuberkeln versehenen mittleren Gegend der Interambulacralfel- 
der geschieden sind. Farbe hellroth; der Stern amethystblau. 


2. Astropyga Mossambica Pet. 
Fig. 1. 

Diese äufserst schöne Art wurde nur ein Mal am 18. Januar 1844 an 
der Küste von Mossambique, im 15° südlichen Breite, gefunden. Sie 
zeichnet sich unter allen dort vorkommenden Seeigeln durch ihre Färbung 
aus. Die Farbe der Schale, welche sich nach dem Tode und am ausgetrock- 


(#) Cidaris puloinata Lamarck (= Astropyga pulinata Ag.) mit schmalen, zweireihi- 
gen Poren ist wahrscheinlich ein Diaderna, jedoch zu wenig gekannt, um dieses entschei- 
den zu können. 


Seeigel und insbesondere über die Gruppe der Diademen. 113 


neten Exemplar allerdings sehr verliert, ist im Leben weifsgrün und roth- 
braun gemengt. Die Analgegend, die Genitalplatten und die glatten Felder 
der Interambulacralplatten sind rothbraun mit einer Reihe himmelblauer 
Flecken, welche den grubenförmigen Vertiefungen dieser Theile zwar ent- 
sprechen, aber noch über die Grenzen derselben sich ausbreiten. Auf der 
Mitte jeder Genitalplatte, mit Ausnahme derjenigen, welche durch die Madre- 
porenplatte verdeckt wird, befindet sich ein ebenso gefärbter Fleck und auf der 
Mundhaut, an welcher namentlich die gelbgrüne und rothbraune Mengung der 
Grundfarbe deutlicher hervortritt, sind dergleichen Flecke in grofser Anzahl 
vorhanden. Die Stacheln sind zierlich rothbraun und grünlichweifs beringt. 

Die Höhe der Schale verhält sich zur Breite derselben wie 1:23. 
Die Genitalplatten sind sehr spitz, lanzettförmig, um die Hälfte länger als 
breit; ihr spitzesEnde ist um mehr als ihren ganzen Längendurchmesser von 
dem mittlern tuberkeltragenden Theile der Interambulacralfelder entfernt, 
indem vier bis fünf Paare glatter Interambulacralplatten dazwischen liegen. 
Die Augenplatten sind doppelt so breit wie lang und füllen den Zwischen- 
raum zwischen den Basen der Genitalplatten aus. Der After wird von einer 
mehrfachen Reihe von Platten umgeben, welche nach dem Centrum zu immer 
mehr an Gröfse abnehmen. Diese Platten sind mit Stacheln bewaffnet, von 
denen die längsten noch 15”" lang sind. Die Ambulacralplatte ist fast über 
die ganze in Betracht kommende Genitalplatte ausgedehnt. Die mittleren 
tuberkulösen von den gabeligen glatten Feldern umfafsten Theile der Inter- 
ambulacralfelder sind mit wenigstens acht Längsreihen grofser Tuberkeln 
besetzt ıınd (am Rande der Schale) breiter als die zwischen ihnen liegenden 
übrigen Theile der Schale. Der äufsere (zwischen den Ambulacralplatten 
und dem glatten Felde liegende) tuberkulöse Theil eines Interambulacral- 
feldes ist kaum breiter als die Hälfte eines Ambulacralfeldes. Sowohl die 
Ambulacralfelder als der tuberkulöse Theil der Interambulacralfelder zeich- 
nen sich dadurch aus, dafs die Zwischenräume zwischen den grofsen Tuber- 
keln allenthalben mit kleinen Tuberkeln dicht gedrängt besetzt sind. Die 
Stacheln sind sehr fein, solide und höchstens 50"" lang; die platten schup- 
penförmigen Spitzchen, welche ihre Rauhigkeit bedingen, sind in Ringen 
geordnet, von denen etwa drei einen Millimeter lang sind. 

Die gröfste Breite der Schale beträgt 105””, ihre Höhe 70"”. 

Der einheimische Name der Seeigel in der Macüa-Sprache ist ororumbue. 


Phys. Kl. 1854. 1% 


114  Psrters über die an der Küste von Mossambique beobachteten 


3. Astropyga dubia Pet. 
Fig. 2. 

Im getrockneten Zustande zeigt diese Art eine grünliche gelbe Fär- 
bung, wobei an der untern Fläche der Schale und an dem tuberkeltragenden 
mittlern Theile der Ambulacralfelder das Gelbe, an den übrigen sternförmig 
zusammenhängenden Theilen das Grüne mehr vorherrschend ist. Sie ist 
von der vorhergehenden aufserdem leicht dadurch zu unterscheiden, dafs 
1) die mittleren tuberkeltragenden Theile der Interambulacralfelder (am 
Rande der Schale) viel schmäler sind als die zwischen ihnen liegenden Theile 
der Schale; 2) diese Theile nicht über sechs Längsreihen grofser Tuberkeln 
zeigen; 3) der tuberkeltragende äufsere Theil eines Interambulacralfeldes 
fast so breit ist wie ein ganzes Ambulacralfeld (mit den Porenreihen); 4) die 
zwischen den grofsen Tuberkeln befindlichen kleinen viel mehr zerstreut und 
verhältnifsmäfsig viel weniger zahlreich sind. 

Das in dem Wiener Museum befindliche Exemplar hat eine Breite 
von 147"" und eine Höhe von 43””. 

Bemerkenswerth ist die unregelmäfsige Anordnung der dem Mund- 
rande zunächst liegenden Interambulacralplatten, welche anzudeuten scheint, 
dafs das Thier noch nicht seine gröfste Entwickelung erreicht hat. 


3) Gattung Echinothrix *) 
Diadema, Gray (ex parte); Astropyga, Agassix (ex parte). 


In der allgemeinen Gestalt der Schale nähert sich diese Gattung mehr 
den Diademen als den Astropygen. Sie ist etwa doppelt so breit wie hoch 
und steht bezüglich ihrer Dicke in der Mitte zwischen jenen beiden Gattun- 
gen. An der Dorsalseite ragen wie bei ihnen die Ambulacralfelder über die 
in der Mitte vertieften Interambulacralfelder hervor. Aber der glatte von 
den Genitalplatten abgehende Theil der Interambulacralfelder theilt sich 
nicht gabelförmig, sondern steigt gerade in der Mitte derselben bis zum 
Rande der Schale oder noch über denselben herab, wodurch allein schon 
auf den ersten Blick die Arten dieser Gattung zu erkennen sind. Die breiten 


(*) Exivos, Seeigel, Sgi5, Haar, Borste. 


Seeigel und insbesondere über die Gruppe der Diademen. 415 


Interambulacralfelder zeigen wenigstens sechs Längsreihen grofser Tu- 
berkeln. Die Ambulacralplatten sind nur mit kleinen Tuberkeln versehen, 
welche an der Rückseite der Schale mehrere, an der Bauchseite nur zwei 
Reihen bilden. Alle Tuberkeln, obgleich von sehr verschiedener Gröfse, 
sind von derselben Gestalt, an der Spitze durchbohrt und am Rande gekerbt. 
Die Stacheln erreichen eine mäfsige Länge, indem die längsten dem Quer- 
durchmesser der Schale gleichkommen. Sie sind hohl, im Allgemeinen von 
demselben Bau wie bei den Diademen, jedoch nicht allenthalben von derselben 
Gestalt. Die grölseren, welche sich auf der Bauchseite der Interambulacral- 
felder befinden, sind sehr kurz, nach dem Ende hin etwas abgeplattet und 
im letzten Drittheile nicht mit wirtelförmig gestellten Schuppen bewaffnet. 
Die feinen Stacheln der Ambulacralfelder erscheinen seidenglänzend, nur 
der Länge nach gefurcht und zeigen keine oder sehr schwache Spuren wir- 
telförmig gestellter Schüppchen, welche selbst an den kleinsten Stacheln der 
Interambulacralfelder noch immer sehr deutlich sind. Nur an der Bauchseite 
der Ambulacralfelder finden sich etwas dickere, verlängert keulenförmige 
Stacheln, welche aufser den Längsfurchen an der Endhälfte deutliche 
feine Spitzen zeigen. In der geringen Gröfse und in der Anordnung 
der Poren, von denen je drei Poren einen schiefen Absatz bilden, 
stimmt diese Gattung mit Asiropyga überein. Die Genitalplatten sind von 
ähnlicher spitzdreieckiger Form wie bei Diadema, aber ohne jene mittlere 
grubenförmige Vertiefung, welche bei Diadema und Astropyga beobachtet 
wird. Die Analplatten, welche bei Diadema eine so geringe Entwickelung 
zeigen, sind nicht allein hier eben so stark entwickelt wie bei Asiropyga, 
sondern auch der übrige centrale Theil der Analhaut ist mit platten Granu- 
lationen bedeckt. Die Mundöffnung der Schale zeigt hinsichtlich der Form 
der Ausschnitte und des Randes die gröfste Uebereinstimmung mit den beiden 
vorhergehenden Gattungen. Die feinen Plättchen der übrigens nackten 
Mundhaut sind sehr deutlich. Unter jedem Ausschnitte des Mundrandes 
befindet sich eine büschelförmige häutige Rinne und um den Mund herum 
stehen fünf Paare grofser am Ende deutlich zweilappiger Mundfüfse. Die 
Fülschen, wenigstens diejenigen, welche sich an der Bauchseite und dem 
Rande des Thieres befinden, sind mit einer Saugscheibe versehen, deren 
Skeletring sägeförmig gezähnelt ist. Die Aurikeln nehmen ihren Ursprung 
von den Ambulacralplatten und sind an der Stelle, wo sich ihre Pfeiler mit 


P2 


116  Perens über die an der Küste von Mossambique beobachteten 


einander bogenförmig vereinigen, zu einer Platte entwickelt, welche viel 
kleiner ist als die von ihnen umschlossene Öffnung. Die oberen zarten 
Kieferfortsätze sind ebensownig wie bei den vorigen Gattungen zu geschlos- 
senen Bogen vereinigt, sondern nach innen gekrümmt und die Zähne sind 
längs der innern Seite rinnenförmig ausgehöhlt. 

Der Mangel einer gabelförmigen Theilung der glatten Interambulacral- 
felder, die eigenthümliche Beschaffenheit der Tuberkeln und Stacheln der 
Ambulacralfelder genügen, um die Gattung Echinothrix von den verwandten 
zu unterscheiden. Von Diadema entfernt sie sich aufserdem noch besonders 
durch den Bau und die Anordnung der Poren und durch die Entwickelung 
der Analplatten. 

Zu dieser Gattung scheinen die meisten von Agassiz und Desor als 
Astropyga aufgeführten Arten zu gehören. 

1. Echinothrix calamaris. 
Echinus calamaris, Pallas. Spicilegia zoologica. 1. Fasc. X. 
pag. 31. Taf. II. Fig. 4—8. 
Diadema calamaria, Gray. 
Astropyga calamaria, Agassiz. 

Nach den Exemplaren, welche wir durch das Leydener Museum aus 
dem indischen Ocean erhalten haben, sind die Stacheln dieser Art nicht 
allein durch grofse Breite ihrer Farbenringe (abwechselnd grün und weils, 
wie es auch Pallas angibt) sondern auch durch ihre grofse Dicke ausge- 
zeichnet. Bei einem 77” breiten und 35" hohen Exemplare sind die langen 
Stacheln 18”” dick. Der Durchmesser der Mundöffnung beträgt 30"" Die 
kleinen Tuberkeln der Ambulacralfelder sind an der Rückseite des Thieres 
in vier, an der Bauchseite, wie bei allen Arten, in zwei Längsreihen ge- 
ordnet. Am breitesten Theile an der Rückseite sind diese Ambulacralfelder 
um die Hälfte breiter als die beiden Porenfelder zusammen. Die grofsen 
Tuberkeln der Interambulacralfelder stehen am seitlichen und am unteren 
Theile der Schale in sechs bis acht Reihen. 

2. Echinothrix turcarum. 
Echinometra turcarum, Rumph. Amboinsche Rariteitkammer. 
Taf. 14. Fig. B. 

Eine von den Autoren mit E.(Diadema) setosa Rumph confundirte 

und ohne Zweifel zu der vorstehenden Gattung gehörige Art. 


Seeigel und insbesondere über die Gruppe der Diademen. 117 


3. ? Echinothrix Desorü. 
Astropyga Desorü, Agassiz. l.c. p. 345. 

Nach A gassiz kurzer Beschreibung ausgezeichnet durch sehr hervor- 
ragende Ambulacra, die unregelmäfsige Stellung ihrer zahlreichen Granula 
und sehr breite Porenzonen. Aus dem rothen Meere. 

4. ? Echinothrix spinosissima. 
Diadema spinosissimum, Agassiz. Michelin, Guerin’s Magasin 
de Zoologie. 1845. p. 13. 
Astropyga spinosissima, Agassiz. le; p- 349. 

Mit der vorigen verwandt. Die Ambulacra sind leicht aufgetrieben, 
die Tuberkeln (nach Michelin 680 an der Zahl, in 10 Reihen auf den Inter- 
ambulacralfeldern angeordnet) sehr gedrängt, die Porenzonen weniger breit. 
Von Zanzibar und der Insel Mauritius. Agassiz. 

5. Echinothrix subularis. 
Diadema Desjardinsü, Michelin. Guerin, Magasin de Zoologie. 
1845. pag. 14. Taf. 7. 
Asiropyga subularis, Agassiz. Ive: p- 349. 

Nach der Beschreibung von Michelin und Agassiz ausgezeichnet 
durch die Gröfse der Tuberkeln, welche von der Mitte an auf jedem Inter- 
ambulacralfelde in acht Reihen stehen, durch die verhältnifsmäfsig sehr 
breiten Ambulacra mit fünf Reihen kleiner Tuberkeln und durch die Form 
der Aurikeln. *) — Rothes Meer, Seychellen und Zanzibar. 

6. Echinothrix annellata nova spec. 

Die Schale und die feinen Stacheln der Ambulacralfelder sind von 
schwarzvioletter Farbe, die langen Stacheln mit sehr schmalen, abwechselnd 
schwarzvioletten und helleren Ringen geziert. 

Diese Art unterscheidet sich sogleich von allen anderen durch die ge- 
ringe Breite ihrer Ambulacralfelder, welche eben so sehr hervorragen aber 
viel schmäler sind als bei einem viel kleineren Exemplare von E. calamaris. 
Sie sind kaum so breit wie die beiden Porenfelder zusammen und zeigen an 
der obern oder Rückseite der Schale nur drei Reihen kleiner Tuberkeln. 
Auch die langen Stacheln erscheinen viel feiner als bei E. calamaris. Die 


(*) Die Taf. 7. Fig. c abgebildeten Aurikeln stimmen in ihrer Form fast ganz mit denen 
von Diadema Savignyi überein. 


418  Perers über die an der Küste von Mossambique beobachteten 


grofsen Tuberkeln sind kleiner, aber zahlreicher als bei dieser letztern Art 
und bilden von dem Rande der Schale an acht Längsreihen in jedem Inter- 
ambulacralfelde. Die Pfeiler der Aurikeln und ihr oberer Bogentheil sind 
von derselben Gestalt und schwachen Beschaffenheit bei wie E. calamaris. 

Die Breite der Schale ist 92”"-, die Höhe derselben 42"; Der Durch- 
messer der Mundöffnung von dem Rande eines Ambulacralfeldes bis zu dem 
gegenüberliegenden Interambulacralfelde 33". Die Ambulacralfelder haben 
an der breitesten Stelle zwischen den Porenfelde«n eine Breite von 4”". Die 
längsten Stacheln sind etwas über 1"" dick. 

Das gegenwärtig im hiesigen zoologischen Museum befindliche Exemplar 
fand ich mit Diadema Sarignyi bei den Querimba-Inseln, im 120 Südl. Br. 


Übersicht der beobachteten Arten. 


Cıvarıs, Klein, Agassiz. (Cidarites, Lamarck). 
1. Cidaris metularia, Lamarck. Encyclopaedie meth. Taf. 134. Fig. 8. 
. Cidaris pistillaris, Lamarck. l.c. Taf. 138. 
3. Cidaris verlicillata, Lamarck. l.c. Taf. 136. Fig. 2 und 3. 


[So] 


Dispema, Gray, Peters. 
4. Diadema Savignyi, Michelin. Savigny, Description de ’Egypte. Taf. 6. 
Fundort: Querimba-Inseln, 12° Südl. Br. 
Asrtroryca, Gray. 
5. Astropyga Mossambica, Pet. Fig. 1. 
Fundort: Küste von Mossambique, 15° Südl. Br. 
Ecnıornrix, P. 
6. Echinothrix annellata, P. 
Fundort: Querimba- Inseln. 
Sırmacıs, Agassiz. 
7. Salmacis sulcatus, Agassiz. Catalogue etc. Ann. d. sc. not. VI. 1846. Taf.15. Fig. 4. 
Fundort: Küste von Mossambique, 15° Südl. Br. 
Trırseustes, Agassiz. 
8. Tripneustes sardicus et pentagonus, Ag. Encyclop. meth. Taf. 133. Fig. TR 
Fundort: Mossambique und Querimba-Inseln, 12° — 15° Südl. Br. 
Ecnınomerra, van Phelsum. 


9. Echinometra lucunter, Lamarck. Klein Taf. IV. E. F. 
Fundort: Küste von Mossambique, 11°— 15° Südl. Br. 


Fig. 1. Astropyga Mossambica, Pet., in natürlicher Grölse von oben. 


Seeigel und insbesondere über die Gruppe der Diademen. 


Crypraster, Lamarck. 
10. Clypeaster scutiformis, Lamar ck. 
Fundort: Ibo, 12° Südl. Br. 
Losornora, Agassiz. 
11. Lobophora bifora, Agassiz. Echinodermes Taf. 12. 
Fundort: Querimba-Inseln. 
12. Lobophora bifissa, Aga ssiz. l.c. Taf. 13. Fig. 2. 
Fundort: Querimba - Inseln. 


Echınoxevs, van Phelsum. 


119 


13. Echinoneus cyclostomus, Leske. (E. conformis Desor, Galerites Taf. 44. Fig. 1.) 


Fundort: Querimba- Inseln (Ibo). 


Berıssus, Klein, Agassiz. 


14. Brissus dimidiatus, Agassiz. 
Fundort: Querimba - Inseln. 


Erklärung der Kupfertafel. 


Stachels; 1b Durchschnitt desselben vergröfsert. 


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4a Grundtheil eines 


Fig. 2. Astropyga dubia, Pet., von oben; 2a von unten; 2b von einer Seite angesehen. 


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Begoniaceen - Gattungen und Arten. 


Von 


B2r RE 072 SCH. 


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[Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 2. März 1854.] 


D.: Gattung Begonia, unser Schiefblatt, wurde von Plumier dem An- 
denken des französischen Intendanten Michel Begon gewidmet und von 
Tournefort(!) zuerst beschrieben. Die vonPlumier aufgeführten sechs 
Arten, welche fragmentarisch und in unkenntlicher Weise von demselben (?) 
abgebildet und mit nur wenigen, höchst unzureichenden Worten definirt 
sind, waren keinesweges geeignet, ein deutliches Bild, weder auf die Gattungen, 
noch auf die Arten zu werfen. Man mufs es daher Linne (°) nachsehen, 
wenn er, der nie ein getrocknetes, geschweige denn ein lebendes Exemplar 
der Begonia zu untersuchen Gelegenheit hatte, nicht nur die Plumierschen 
Arten unter dem Namen von Begonia obligua vereinigte, sondern auch noch 
eine von Sloane(*) aus Jamaica und eine andere von Rumph(°) aus 
Ostindien abgebildete Art, dieser als Synonyme beigesellte. 

Zwar versuchten bald darauf Lamarck (°) und Jacquin(’) den 
von Linne& begangenen Fehler wieder gut zu machen, indem sie den ur- 
sprünglich aufgestellten Arten wiederum Geltung verschafften. Da jedoch 
keiner von ihnen mehr als eine Art wirklich gesehen hatte und beide zur 
Unterscheidung der übrigen Arten auf die höchst dürftigen Andeutungen, 


(‘) Pitton Tournefort, Institutiones Rei Herbariae, 660. 

(*) Plumier, Plantarum Americanarum, fasc. I, p. 33, t. 45. 
(°) Linne, Species plantarum, no. 7205. 

(*) Sloane, Catalogus plantarum I, p. 199, t. 127, fig. 1 und 2. 
(°) Rumph, Herbarium Amboinense V, p. 457, t. 169, fig. 2. 
(°) Lamarck, Encyclopedie methodique I, p. 393. 

(”) Jacquin, Collectanea austriaca I, p. 128. 


Phys. Kl. 1854. Q 


122 Kıorzscn: 


welche die Literatur bot, beschränkt waren, so ist es nicht zu verwundern, 
wenn dieser Versuch als ein mangelhafter bezeichnet werden mufs. 

Dryander war der erste, der über die Begoniaceen einiges Licht 
verbreitete. Er las am 3. November 1789 in der Linnean Society eine Ab- 
handlung betitelt „Beobachtungen über die Gattung Begonia” (!), in welcher 
er 21 Arten diagnosirte, von denen 11 Arten Süd- America (nämlich 6 aus 
Westindien, 2 aus Guiana, 2 ausNeu-Granada und 1 aus Brasilien), 7 Arten 
Östindien und 3 Arten den ost-afrikanischen Inseln angehören. Drei west- 
indische Arten hatte er Gelegenheit lebend zu beobachten, denn Bego- 
nia nilida, seit dem Jahre 1777, B. humilis Dryander im Jahre 1788 
und B. acuminata Dryander im Jahre 1790 in Kew eingeführt, setzten 
ihn in den Stand, den Gattungscharakter und die Definition der Arten 
besser festzustellen, als es seinen Vorgängern gelungen war. Insbesondere 
mufs es ihm als Verdienst angerechnet werden, auf zwei Unterschiede der 
Laubblatt- Basen bei den Begoniaceen aufmerksam gemacht zu haben. 

Seit jener Zeit ist, theils durch Publication der lebend nach Europa 
eingeführten Arten, theils durch Publication der Pflanzenschätze, welche 
in Süd-America, Ostindien und auf dem Vorgebirge der guten Hoffnung 
gesammelt wurden, die Zahl der Begoniaceen auf 210 Arten herangewach- 
sen, ohne dafs es den Bemühungen einzelner, welche eine systematische 
Uebersicht derselben versuchten, gelungen wäre, Kennzeichen herauszufin- 
den, die zur Begründung von Gattungen oder Untergattungen hätten dienen 
können. Nur die Aufstellung von drei Gattungen, Eupetalum Lind- 
ley (?) (Begonia petalodes), Mezierea Gaudichaud (*) und Diplocli- 
nium (*) R. Wight nec Lindley (Diploclinium cordifolium R. Wight), die 
sich als solche, obgleich sie bisher von den meisten Systematikern keine 
Anerkennung fanden, sehr wohl bestätigen, machen hiervon eine Ausnahme. 

Aufgemuntert durch das reiche Material, welches das Königliche 
Herbarium in den Sammlungen von Ruiz aus Peru, Alexander von Hum- 
boldt’s aus Süd-America, von Moritz aus Venezuela, des Herrn von 
Warsceziez aus Nicaragua, Costa Rica und Neu-Granada und den des Sello 


(') Transactions of the Linnean Society I], p. 155. 

(*) Botanical Register, t. 1757. 

(°) Gaudichaud, Voyage de la Bonite Botanique, t. 32 (absque descriptione). 
(*) Robert Wight, Icones plantarum Indiae orientalis, vol. V, p. 9, t. 1816. 


Begoniaceen-Gattungen und Arten. 123 


aus Brasilien, dem Hauptstapelplatze der Begoniaceen bietet und unterstützt 
durch den Herrn Professor Alexander Braun, der mir die Erlaubnifs ertheilte 
die im botanischen Garten zu Schöneberg kultivirten Begoniaceen, nahe an 
100 Arten, nicht nur untersuchen zu dürfen, sondern mir auch gestattete, 
dass ich mich beim Zeichnen der Analysen des daselbst angestellten akade- 
mischen Künstlers, Herrn Schmidt, eines aufserordentlich geschickten und 
genauen Zeichners, bedienen durfte, verfehle ich nicht die seit zwei Jahren 
gewonnenen Resultate der Königlichen Akademie vorzulegen. 

Zwei Schwierigkeiten, die beseitigt werden mufsten, wenn ich auf 
einen Erfolg meiner Bemühungen rechnen wollte, und die jedenfalls Ursache 
sind, dafs vor mir nicht schon ein anderer sich dieser Arbeit unterzogen 
hat, überwand ich sehr bald. Die eine geringere bestand darin, dafs die 
gewöhnliche Methode, nach welcher die Blüthentheile getrockneter Pflanzen 
mittelst Dampf für die Untersuchung erweicht werden, ihrer aufserordent- 
lichen Zartheit wegen nicht anwendbar war. Sie wurde durch Benutzung 
eines 20 procentigen Weingeistes ersetzt. 

Die Hebung der zweiten Schwierigkeit erheischte die Lösung der Frage: 
„auf welche Weise sind die in unseren Gewächshäusern zufällig oder ge- 
flissentlich durch Kreuzung bewirkten Bastarde von den legitimen Arten der 
Begonien zu unterscheiden ?” 

Seit Ende des vorigen Jahrhunderts ist es nämlich nicht selten vor- 
gekommen, dass Gärtner, namentlich bei Ziergewächsen, zu denen die 
Begonien gehören, zuweilen sogar in der Absicht zu täuschen, durch 
Kreuzung des Pollens Bastarde zogen, die sie als neue Arten in den Handel 
brachten. 

Leichter als bei denjenigen Pflanzen, welche Zwitterblüthen tragen 
und bei der Erzielung von Bastarden vor dem Oeffnen ihrer Staubbeutel, 
derselben beraubt werden müssen, geschieht die Bildung von Hybriden bei 
den Begonien. Begünstigt durch ihre Blüthen, welche stets getrenn- 
ten Geschlechtes sind, kömmt noch hinzu, dafs die männlichen Blu- 
men abgeblüht zu haben pflegen, bevor die weiblichen zur Entwickelung 
gelangen. Es ist daher häufig nicht einmal die Vorkehrung nöthig den 
eigenen Pollen, der immer mit mehr Neigung, als der fremde, von der 
zur Kreuzung bestimmten weiblichen Blüthe abfgenommen wird, abzu- 
halten. 


Q2 


124 Krorzscn: 


Die durch Pollen-Kreuzung entstandenen Begonien - Bastarde zeichnen 
sich vor ihren Stammeltern durch einen kräftigeren Wuchs aus. Sie blühen 
in der Regel reichlicher als jene und ihre weiblichen Blüthen sind von län- 
gerer Dauer. Dagegen fallen die männlichen Blüthen dieser Bastarde häufig 
ab, ohne sich vollständig zu entfalten, die Zahl ihrer Blumenblätter ist 
unbeständig, die Staubgefässe sind häufig verkümmert und haben eine 
Neigung zum Uebergange in Blumenblätter; namentlich zeigt der Pollen, 
der ohne Ausnahme der Eigenschaft entbehrt Pollenschläuche zu treiben, 
mithin zur Befruchtung der eigenen Narben untauglich ist, merkwürdige 
Abweichungen von der normalen Beschaffenheit des Pollens legitimer Arten. 
Während letzterer nämlich gleichförmig und in ovaler Form auftritt, zeigt 
der Bastard- Pollen ganz kleine, unentwickelte, längliche Körner ohne jeden 
Inhalt, neben verhältnifsmäfsig grofsen, linsenförmigen, die mit mineralischen 
Säuren und Jodlösung behandelt, zwar einen Inhalt verrathen, der aber 
beinahe durchsichtig und im allgemeinen weniger cohobirt als in dem Pollen 
wirklicher Arten erscheint. Diese Abweichungen der Staubgefäfse und des 
Pollens von Bastard-Begonien sind um so auffälliger, je entfernter die zur 
Kreuzung benutzten Arten im Systeme stehen. 

Daesnichtin meiner Absicht lag, eine monographische Arbeit aller bis jetzt 
bekannten Begonien zu liefern, die überdies, wie ich höre, von dem Herrn Prof. 
Meissner in Basel für deCandolle’s Prodromus beabsichtigt wird, mein Vorha- 
ben sich vielmehr darauf beschränkt das wesentliche der Begonienblüthe in 
dem mir zugänglichen Materiale Behufs einer naturgemäfsen systematischen 
Anordnung, ohne welche das Auffinden der Arten in letzterer Zeit unmöglich 
wurde, einer genauen Untersuchung zu unterwerfen, so begnügte ich mich 
bei den kultivirten Begonien durch Prüfung des Pollens zu ermitteln, ob ich 
es mit einer wirklichen Art oder mit einem Bastarde zu thun hatte. 

Auch eine beträchtliche Anzahl von Begonien- Arten aus dem Vater- 
lande im getrockneten Zustande, habe ich auf den Entwickelungszustand des 
Pollens untersucht, ohne jedoch einem Bastarde zu begegnen. Es wäre 
nicht uninteressant gewesen die Abkunft der in Kultur befindlichen Bastarde 
anzugeben und ich würde dies bestimmt gethan haben, da es mir in den 
meisten Fällen gelang, dieselbe zu errathen, allein die Angaben der Gärtner 
über die Abstammung der Bastarde waren so widersprechend und auf der 
anderen Seite die genaue Bestimmung der elterlichen Pollen- und Pistillpflanze 


Begoniaceen - Gattungen und Arten. 125 


so nothwendig, wenn der Nachweis überhaupt von einem wissenschaft- 
lichen Nutzen sein sollte, dafs ich es vorzog, auf dieses Vorhaben zu ver- 
zichten. 

Die vorsichtige Prüfung des Pollens in Bezug auf seine Entwickelung 
bot mir den Vortheil, meine Zeit nicht unnütz mit Zweifeln über die Be- 
ständigkeit der Charaktere hinzubringen und liefs mich bald constante Merk- 
male erkennen, die sich zur Begründung von Unterordnungen, Sippen und 
Gattungen eignen und ganz dazu geschaffen erscheinen das Auffinden der 
Arten zu erleichtern. 

In erster Instanz verdient die Dauer des Griffelapparates hervorgehoben 
zu werden, der entweder bleibend ist und sich selbst von der reifen Frucht 
nicht trennt oder hinfällig erscheint, so, dafs er sich vor der Reife der 
Frucht davon löst. 

In zweiter Reihe ist es die Beschaffenheit der Griffeläste und die Ver- 
theilung und Anordnung der Papillen oder Schleimhärchen. Die Griffel- 
äste sind entweder aufrecht- und bilden einen spitzen Winkel oder sie sind 
gespreitzt und bilden einen äusserst stumpfen Winkel. Die Schleimhärchen 
oder Papillen sind entweder über den ganzen Griffelapparat gleichmäfsig 
vertheilt oder sie bilden ein Band, das die Griffelzweige spiralförmig um- 
kleidet und entweder vor der Vereinigung der Zweige unterbrochen wird 
oder mit dem Bande des nächsten Zweiges continuirt. 

In dritter Reihe ist es die Zahl der Fruchtfächer, welche ohne Aus- 
nahme constante Charaktere bietet. Es kommen nämlich zwei- und drei- 
fächerige Früchte bei den Begoniaceen vor. Einfächerige Früchte habe ich 
nie angetroffen. 

In vierter Reihe ist die Consistenz und das Aufspringen der Früchte 
von Wichtigkeit. Die Consistenz ist entweder häutig und das Aufspringen 
findet innerhalb eines geflügelten oder leistenartigen Bandes statt, oder die 
Kanten der Ecken öffnen sich, ohne von diesen leisten- oder flügelartigen 
Fortsätzen bedeckt zu werden. 

In fünfter Reihe ist es die Zahl der Blumenblätter beider Geschlechter. 
Eine Angabe, die man nur zu oft aus Vorurtheil in den Diagnosen, wie in 
den Beschreibungen der Begonien schmerzlich vermifst, weil man sich der 
durchaus irrigen Ansicht hingiebt, die Zahl derselben sei unbeständig und 
deshalb unwesentlich. 


126 Krorzsch: 


In sechster Reihe ist es die Form der Placenten, welche ihre Structur 
im Querdurchschnitte am anschaulichsten zeigen und entweder getheilt 
oder ungetheilt sind. Die lamellenartigen Placenten sind von verschiedener 
Dicke, zuweilen sind sie bis zu ihrem Anheftungspunkte getrennt, häufig 
vereinigen sie sich in einem gemeinschaftlichen Stiele. Gewöhnlich sind sie 
auf beiden Flächen mit Eichen bekleidet; bei der Gattung Gaerdtia fehlen 
dieselben zwischen dem Spalte. In den ungetheilten Placenten ist die Form 
eben so mannigfaltig, wie beständig. Auch hier kommen vorzugsweise die 
Eichen sitzend vor, während bei zwei Gattungen Aeichenheimia und 
Trachelanthus die Eichen mit langen Nabelsträngen versehen sind. 

In siebenter Reihe ist es die Beschaffenheit der Staubfäden, in wel- 
chem Längenverhältnisse sie zu den Antheren stehen, ob sie frei oder ver- 
wachsen und in welcher Weise sie mit einander verbunden sind; ferner die 
Form und das Verhältnifs des Spaltes zu dem Connectiv und die Art des 
Aufspringens. 

In achter Reihe ist es die Lage der Blumenblätter in der Knospe, 
welche bei gleicher Anzahl constante Kennzeichen für die Gattungen liefert. 
Leider bin ich zu spät hierauf aufmerksam geworden, so, dafs ich diesen 
Charakter nicht durchgreifend nachtragen konnte und ihn deshalb in meinen 
Gattungsdiagnosen wegzulassen vorzog. 

Parallel mit diesen wesentlichen Kennzeichen der Gattungen zeigt sich 
der Blüthenstand und die Vertheilung der Geschlechter, die Zahl und Stel- 
lung der Bracteen zunächst der weiblichen Blüthe, so wie die Form, 
Consistenz, Dauer und Eigenthümlichkeit der Afterblätter. Ich habe 
mit Ausnahme der Begonia discolor, welche in China einheimisch sein 
soll und zur mexicanischen Gattung Änesebeckia gehört, kein Beispiel 
gefunden, das Zeugnifs für die Repraesentation einer amerikanischen Bego- 
niaceengattung in Africa, Ostindien oder auf den ost-africanischen Inseln 
gäbe. Begonia hernandiae/olia Hooker, die zu der ostindischen Gat- 
tung Nitscherlichia gehört, sollte zwar nach Angabe Sir William Hooker’s 
in England aus Samen gezogen sein, der von Berthold Seemann in Central- 
Amerika gesammelt und eingesandt sein sollte; die Vergleichung authen- 
tischer Exemplare mit der auf Java gesammelten Begonia coriacea lielsen 
jedoch keinen Zweifel über die Identität beider vermeintlicher Arten auf- 
kommen. 


Begoniaceen-Gattungen und Arten. 427 


Eben so verhielt es sich mit der von dem Herrn Professor Lehmann 
in Hamburg aufgestellten Begonia Hamiltoniana, welche aus Östindien stam- 
men sollte und sich als die bekannte, westindische Begonia acuminala erwies. 

Es kommt jedoch vor, dafs innerhalb einer Gattung strauchartige und 
krautartige Pflanzen nebeneinander auftreten; desgleichen, welche mit einem 
niederliegenden, kriechenden oder aufrechten Stamme; kletternde neben 
schlingenden, einziehende — knollentragende neben strauchartigen Gewächsen 
durch die wesentlichen Gattungskennzeichen zusammen gehalten werden. 

Was die Stellung der Begoniaceen im natürlichen Systeme betrifft, 
so ist diese von jeher zweifelhaft gewesen, und in der That ist es viel leichter 
den Nachweis zu liefern, dafs alle diejenigen, welche sich mit der Unter- 
bringung dieser Gruppe beschäftigten, sich getäuscht haben, als die ihnen 
zukommende eigentliche Stellung unter Nennung ihrer wirklichen Ver- 
wandten nachzuweisen. 

Laurenz von Jussieu bringt sie zu den Zweifelhaften, Sir James 
Smith, deCandolle und Bartling zwischen Chenopodeae und Polygo- 
neae; Link vergleicht sie mit den Umbelliferen, von Martius mit den 
Scaevoleen und Campanulaceen, Meissner mit den Euphorbiaceen, Ro- 
bert Brown wegen der allerdings nicht zu läugnenden Aehnlichkeit ihrer 
Samen mit den Hydrangeen. Lindley glaubt sie in die Nachbarschaft der 
Cucurbitaceen versetzen zu müssen, worin ihm Endlicher und Adolphe 
Brongniart folgen und Robert Wight behauptet, man dürfe ihre Ver- 
wandten nicht in der Jetzt- sondern in der Vorwelt suchen, 

Nach den vielen mifsglückten Versuchen die eigentliche Lücke im 
natürlichen Systeme herauszufinden, welche geeignet erscheint durch die 
Begoniaceen ausgefüllt zu werden und nach den ebenfalls erfolglosen eigenen 
Bemühungen dies zu erreichen, mufs ich mich der Ansicht Robert Wights 
insofern anschliefsen, als ich einzugestehen gezwungen bin, dafs die Bego- 
niaceen durch ihre habituellen Eigenthümlichkeiten sowohl, wie durch ihre 
wesentlichen Unterscheidungsmerkmale des Blüthen- und Fruchtapparates 
von sämmtlichen, gegenwärtig bekannten dicotyledonischen Klassen - Typen 
abweichen. Ich sehe mich aber zugleich veranlalst zu erklären, dafs es den 
Bestrebungen der Paläontologen weder bis jetzt gelungen ist, noch später je 
gelingen wird wirkliche Verwandtschaften der Begoniaceen in den Pflanzen- 
abdrücken der Vorwelt nachzuweisen. 


1238 Krorzsch: 


Will man sich in dieser Beziehung auf Hypothesen einlassen, so liegt 
es viel näher anzunehmen, dafs die Verwandtschaften der Begoniaceen viel 
wahrscheinlicher in einer künftigen Schöpfung aufzufinden gehofft werden 
dürfen, als es in der Gegenwart und Vergangenheit denkbar ist. 

Es sprechen wenigstens für diese Annahme die polychlamyden, epi- 
gynen, dialypetalen und dielinen Blüthen der Begoniaceen, verbunden mit 
den habituellen Unterscheidungskennzeichen eines ringförmigen Stengels mit 
seinen geschlossenen Knoten und die bedeutende Entwickelung der scheiden- 
artigen Afterblätter. 

Während nämlich bei den dichlamyden Dicotyledonen Kelch und 
Blumenkrone deutlich geschieden sind, schwindet dieser Unterschied bei 
den in der Jetztwelt sehr gering —, in der Flora der Vorwelt nicht vertrete- 
nen polychlamyden Dicotyledonen; und die Begoniaceen erhalten vermöge 
ihrer zweihäusigen, oberständigen, gesonderten, blumenblattartigen Blüthen- 
hüllen eine durchaus isolirte Stellung. 

Ueber die Entwickelungsgeschichte des Embryo’s von Begonia cueul- 
lata Willd. hat Herr Dr. Karl Müller inHalle (!) eine sehr lobenswerthe 
Arbeit geliefert. Nur zwei Dinge finde ich in derselben zu berichtigen 
respective zu ergänzen. Der auf Tafel VII, Fig. 38 unter d bezeichnete 
kleinzellige Körper, welcher durch einen zufälligen Druck aus dem Kanal 
der micropyle hervorgetreten ist und dessen Deutung von dem Herrn Ver- 
fasser nicht gewagt wird, ist das Perisperm, das während der Bildung des 
Embryo’s resorbirt wird, so, dafs am reifen Samen der ganze Rest desselben 
sich auf ein Minimum reducirt, welches den Keimhüllenmund und dessen 
Hals mit einer gelb-braunen, homogenen Masse erfüllt. 

Eben so ist der unter Fig. 45 dem Micropylarende zugewendete ap- 
pendiculaire Theil des Embryo’s nicht radicula, sondern eben diese rudimen- 
taire Masse des Perisperms. 

Dafs die Angabe Gärtner’s, welche durch Bartling, Meissner, 
Endlicher und Robert Wight eine weitere Verbreitung fand: der reife 
Embryo sei von einem fleischigen Eiweifskörper umgeben, eine unrichtige 
war, ist bereits durch Lindley und Gaudichaud berichtigt worden. 


(‘) von Mohl und von Schlechtendal, Botanische Zeitung fünfter Jahrgang 1847, 
p- 758. 


Begoniaceen-Gattungen und Arten. 129 


In Betreff der geographischen Verbreitung der Begoniaceen will ich 
nur bemerken, dafs sie in Mexico, Mittel- und Süd- Amerika am meisten 
angetroffen werden. In Östindien sind sie entweder sparsamer vertreten oder 
weniger zahlreich gesammelt; und nur einige Repräsentanten dieser sehr in- 
teressanten Pflanzengruppe sind auf den ost-afrikanischen Inseln und von dem 
süd-östlichen Küstenstriche Afrika’s bis jetzt bekannt. 

Ihre specielle Ausbreitung ist nach Herrn Professor Liebmann in 
Copenhagen (!) eine sehr beschränkte. 

Als Grund dafür giebt er an, dafs sie gröfstentheils an schattigen, 
feuchten Orten in den Urwäldern und zwischen Felsklüften vorkommen, 
welche vom Winde, der am meisten bei der Verbreitung der Pflanzen thätig 
ist, nicht bestrichen werden. Selbst Rachia peltata (Begonia peltata 
Otto und Dietrich), die Herr Liebmann ausnahmsweise auf trockenen, 
sonnigten Trachytfelsen antraf, zeigte dennoch eine sehr geringe Verbrei- 
tung. Die Natur ersetzt dies durch die grofse Anzahl von Samen, den die 
Begoniaceenfrüchte enthalten; zuweilen auch durch eine andere merkwür- 
dige Eigenschaft, die sich namentlich bei der Gattung Änesebeckia zeigt und 
wohin Begonia Balmisiana Ruiz (B. villosa der Gärten), B. monopteris 
Lk. und Otto, B. bulbifera Lk. und B. Martiana Lk. gehören, indem in 
den Blattwinkeln eine Menge kleiner Zwiebelchen hervorbrechen, die in 
einer etwas feuchten Erde, bei einer erhöhten Temperatur Wurzeln schla- 
gen und so zur vollständigen Entwickelung gelangen, indem sie das Indivi- 
duum in ungeschlechtlicher Weise vermehren. Zu dieser Vermehrung im 
kultivirten Zustande gesellt sich noch eine andere. Herr von Martius 
zeigte im Jahre 1852 in einer Versammlung der Königlichen Akademie der 
Wissenschaften zu München eine Begonia vor, die derselbe B. phyllomaniaca 
nennt. Sie zeichnete sich durch unzählige kleine Blättchen aus, welche den 
Stamm, die Zweige und Blattstiele bedeckten und die Eigenschaft besalsen, 
sich unter günstigen Umständen zu selbstständigen Pflanzen zu entwickeln. 
Wahrscheinlich gehört dieses Gewächs einem Bastarde an, der durch zufäl- 
lige Kreuzung zweier Bulbillen-tragender Knesebeckien hervorgegangen ist. 
Da sich nur Bastarde nicht befruchten können, mithin auf geschlechtlichem 


(') Liebmann, Mexico’s og Central- America's Begonier (der Gesellschaft der Natur- 
forscher zu Copenhagen mitgetheilt am 14. April 1852). 
Phys. Kl. 1854. R 


130 Krıorzsca: 


Wege nicht fortpflanzbar sind, so sorgt die Natur in anderer ungeschlecht- 
licher Weise, wie ich häufig selbst beobachtet habe, dafür. Uebrigens 
lassen sich die Begonien fast durchgängig durch Blätter, welche flach auf den 
Erdboden gelegt werden, leicht vermehren. 

Die Wurzeln der Begoniaceen sind adstringirend und meist von bitte- 
rem Geschmack. In Peru finden die Wurzeln zweier Begoniaceen Anwen- 
dung gegen Blutflüsse. In Mexico wurden die Knollen der Änesebeckia 
Balmisiana (Begonia Balmisiana Ruiz) gegen Lustseuche angewendet und 
der Ruf ihrer Wirkung war so grofs, dafs sich der Erzbischof von Mexico, 
der Zeuge der gelungenen Erfolge dieses Mittels zu sein glaubte, veranlafst 
fühlte den Dr. Balmis mit 30 Arroben (750 Pfund) an den König von 
Spanien zu senden, dem er empfahl, weitere Versuche damit anstellen zu 
lassen. Auf der anderen Seite versichert William Jack, dafs der Saft 
einer Begoniacee in Östindien von den Malayen benutzt werde um die Dolche 
von den Rostflecken zu reinigen, und Berthold Seemann führt in seiner 
Reise an, dafs der Wurzelstock einer Begoniacee in Central- Amerika als 
Brechmittel benutzt werde. 


BEGONIACEAE Robert Brown. 
in Tuckey Congo p. 464. 


Flores polychlamydii, colorati, unisexuales, monoieci, interdum dioici. 
Masculi: Petala 2 — 8 patentissima colorata, exteriora saepissime plana, ante 
apertionem marginibus sibi mutuo incumbentia, interiora praesertim minora 
et concava. Stamina crebra, in centro floris congesta petalis breviora. Fi- 
lamenta libera aut varie inter se connata in connectivum continuo desinentia. 
Antherae extrorsae biloculares, loculi lineares connectivi marginibus adnali, 
paralleli, discreti, apice sese haud contingentes, longitudinaliter dehiscentes. 
Pollinis granula oblonga laevissima, sulco longitudinali notata. Ovarii ru- 
dimentum nullum. Flores feminei: Petala 2—8 supera, patentia, praesertim 
inaequalia, tubo trigono plerumque triptero cum oyario connato. Prae- 
floratio imbricativa. Staminum rudimenta nulla. Ovarium inferum bi- 
trialatum v. tricornutum v. trigibbum, basi 1—2—3 bracteatum, septis cum 
angulis tubi perigonialis alternantibus. Ovula in placentis e loculorum 


Begoniaceen - Gattungen und Arten. 131 


angulo centrali prominulis integris aut longitudinaliter fissis anatropa, cre- 
berrima, minutissima. Stylus brevis, persistens aut deciduus, trifidus aut tri- 
partitus. Stigmata tria, integra, bicornia aut multifida, undique papillosa aut 
fascia dense papillosa aut interrupta aut continua spiraliter torta cingentia. 
Capsula membranacea, coriacea, cartilaginea aut suberosa, trialata, aptera, 
trigibbosa aut tricornuta, bi- trilocularis, ad alarum originem per rimam 
arcuatam rumpens aut ad angulos dehiscens appendicibus in duas verticaliter 
divisis partes. Semina ereberrima minutissima oblonga vel elliptica, ad ex- 
tremitatem inferiorem ubi affıxa tuberculo notata, reticulata. Integumentum 
duplex; exterius crustaceum, interius ad extremitatem basilarem puncto 
fuscescente notatum (perispermii rudimentum). Endospermium nullum. 
Embryo oblongo - teretiusculus, ad extremitatem a tuberculo aversam 
brevi-bilobus. 

Frutices, suffrutices aut herbae, saepe subsucculentae, succo aqueo, 
caule ramisque alternis teretibus nodoso--articulatis. Folia alterna, rarissime 
opposita, inaequilatera nervosa carnosa integra, rarius digitata, lobata aut 
subpinnatifido-laciniata, basi saepissime cordata, dentata vel serrata, serra- 
turis saepe mucronalis, rarissime integerrima, vernatione marginibus involuta. 
Stipulae petiolares geminae membranaceae liberae deciduae, basi lata sub- 
intrapetiolares. Pedunculi in apice ramorum axillares plerumque dichotomi 
et multiflori, rarius uni-bi-vel pauciflori. Flores pedicellati, masculi cen- 
trales nudi, feminei in ambitu; bracteis sub inflorescentiae ramificationibus 
atque germinibus membranaceis plus minus deciduis. 


Conspectus. 


I. STEPHANOCARPEAE. 


Stylus persistens. 
A. BEGONIACEAE. 
Stylorum rami subglabri, fascia papillosa spiraliter torta instructi. 
& InTErkUPTARE. 


Stylorum rami fascia papillosa interrupta instructi. 


Flores maseuli 8—, feminei hexa-petali. Antherae obovatae breves 
numerosissimae toro pulvinato insertae. Filamenta libera. Stig- 


R2 


132 Krorzsch: 


mata inaequaliter- ramosa. Placentae bilamellatae in stipitem 
brevem conjunctae, lamellis undique ovuliferis. 1. Huszia Kl. 
Flores masculi 4 — , feminei 5, 6— 8 petali. Antherae oblongae 
breves, utrinque obtusae longe-filamentosae. Filamenta ad basin 
umbellatim connata. Stigmata ter trifida. Fascia papillosa quater 
spiraliter torta. Placentae bilamellatae in stipitem brevem con- 
junctae, lamellis profunde bifidis, undique ovuliferis. 2. Eupetalum Lindl. 
Flores masculi 4—, feminei penta-petali. Antherae breves el- 
lipticae. Filamenta in columnam elongatam racemosim - monadel- 
pha. Stylorum rami simplices elongati. Fascia papillosa quinquies 
spiraliter torta. Placentae bilamellatae in stipitem brevem con- 
junctae, lamellis undique ovuliferis. 3. Barya Kl. 


8 ConTinVAr. 


Stylorum rami fascia papillosa continua instructi. 
‘Fr Flores masculi 4— , feminei 5 — petali. 
* Placentae longitudinaliter fissae. 
Antherae oblongae brevi-filamentosae, apice in connectivum 
obtusum productae. Filamenta libera. Stigmata profunde 
bifida. Fascia bis-ter spiraliter torta. Placentae bilamellatae 
in stipitem conjunctae, lamellis (stipite excepto) undique 
ovuliferis. 4. Begonia Plumier. 
Antherae oblongae brevi-filamentosae, apice in connectivum 
obtusum productae. Filamenta libera. Fascia papillosa se- 
mel-bis spiraliter torta. Placentae sectio transversa loculorum 
angulo centrali geminae conniventim-falcatae pedicellatae, pe- 
dicellis exovuliferis. 5. Saueria Kl. 
Antherae obovatae, apice truncato -tumidae oblique rimosae. 
Filamenta umbellatim-monadelpha. Stigmata bipartita, antice 
ad basim dilatata. Placentae bilamellosae, lamellis distinctis, 
non in pedicellum conjunctis. 6. Knesebeckia Kl. 
Antherae oblongae, apice cucullatim -tumidae inaequilongae. 
Filamenta brevia libera, exteriora brevissima. Stigmata bi- 
partita. Placentae bifidae pedicellatae, inter fissuram ex- 
ovulatae. 7. Gaerdtia Kl. 


Begoniaceen-Galtungen und Arten. 133 


** Placentae integrae pedicellatae. 
Antherae oblongae. Filamenta antherarum longitudine, libera. 
Stigmata bipartita, lobis semel-bis spiraliter tortis. Placentae eylin- 
dricae, sectio transversa orbieularis. Capsula alis destituta. s. Trendelenburgia Kl. 
Antherae oblongae. Filamenta libera. Stigmata bipartita, lobis bis 
spiraliter tortis. Placentae sectio transversa ovata. 9. Ewaldia Kl. 
Antherae oblongae, apice rotundatae, basi attenuatae. Filamenta 
antherarum longitudine, libera. Stigmata dilatata bieruria, cruribus 
divaricatis brevibus. Placentae sectio transversa hastata, apice an- 
gustata. Ovula funiculis longis instructa. 10. Reichenheimia Kl, 
Antherae oblongae. Filamenta antherarum longitudine, libera. 
Stigmata bipartita. Fascia papillosa bis spiraliter torta. Placentae 
sectio transversa brevi-ovata, basi cordata. 11. Gurltia Kl. 
Antherae brevissimae, utrinque obtusae aut emarginatae. Filamenta 
longa, libera. Stigmata bipartita. Fascia papillosa ter spiraliter torta, 
Placentae sectio transversa brevi-ovata. 12. Scheidweileria Kl. 
Antherae breves, utrinque subattenuatae. Filamenta racemosim- 
monadelpha. Stigmata bipartita. Fascia papillosa ter spiraliter 
torta. Placentae sectio transversa ovato-lanceolata. Capsula in- 
aequaliter trialata. 13. Lepsia Rl. 
Antherae breves, utrinque rotundatae. Filamenta racemosim - mo- 
nadelpha. Stigmata bipartita. Fascia papillosa bis spiraliter torta. 
Placentae sectio transversa cordato-ovata, acuta. Capsula aequa- 
liter trialata, apice attenuata. 14. Doratometra Kl. 
Antherae breves obovatae, apice truncatae. Filamenta inferne in 
columnam crassam connata. Stigmata bipartita. Fascia papillosa 
ter spiraliter torta. Placentae sectio transversa ovato-triangularis. 
Capsula aequaliter trialata, apice truncata. 15. Steineria Kl. 
Antherae breyissimae ovales. Filamenta longa, basi umbellatim- 
monadelpha. Stigmata bipartita. Fascia papillosa bis spiraliter 
torta. Placentae sectio transversa hastata, oyulis sessilibus. Capsula 
inaequaliter trialata. 16. Pilderia Kl. 

7 Flores masculi 4—, feminei 4 — petali. 
Antherae oyato-oblongae. Filamentalibera. Stigmatabipartita. Fascia 
papillosa bis spiraliter torta. Capsula ovato-oblonga aptera. 17. Mezierea Gaud. 


134 


Krorzsc#: 


°“- Flores masculi 4—, feminei 3 petali. 
* Placentae longitudinaliter fissae. 

Antherae oblongae rimis longitudinalibus apice obliquis in- 

structae. Filamenta libera. Stigmata bieruria, basi dilatata. 

Capsula subaequaliter trialata, apice truncata. 18. Rachia Kl. 

Antherae oblongae rimis lateralibus strictis instructae. Filamenta 

basi brevi-monadelpha. Stigmata lunato -bicruria. 19. Diploclinium R.W ight. 

** Placentae integrae pedicellatae. 
Antherae obovato-oblongae. Filamenta umbellatim - mona- 
delpha. Stigmata bipartita. Fascia papillosa bis spiraliter torta. 
Placentae sectio transversa ovato-subtriangularis. Capsula 
aequaliter trialata. 20. Mitscherlichia Kl. 


*+ Flores masculi 2—, feminei 5— petali. 
* Placentae longitudinaliter fissae. 
Antherae breves obovatae rimis apice oblique -conniventibus 
instructae. Filamenta racemosim-monadelpha. Stigmata lunato- 
dilatata. Capsula inaequaliter trialata. 21. Petermannia Kl. 
Antherae oblongae, apice productae. Filamenta libera. Stig- 
mata bieruria. Fascia papillosa bis spiraliter torta. Capsula 
inaequaliter trialata. 22. Moschkowitzia Kl. 
Antherae elongatae nec apice productae, connecticulo fusces- 
cente. Filamenta libera. Stigmata bipartita. Fascia papillosa 
ter spiraliter torta. 23. Donaldia Kl. 
** Placentae integrae pedicellatae. 
Antherae parvae ellipticae in conum obtusum productae. Fi- 
lamenta longa libera toro pulvinato inserta. Stigmata bipar- 
tita. Fascia papillosa bis spiraliter torta. Placentae sectio 
transversa ovato - oblonga. Capsula subaequaliter tri- 
alata. 24. Jugustia Kl. 
°+ Flores masculi 2—, feminei 3— petali. 
Antherae brevissimae, obovatae. Filamenta umbellatim-monadel- 
pha. Stigmata bipartita. Fascia papillosa bis spiraliter torta. Ovula 
funiculis longis instructa. Capsula trialata, apice in collum longissi- 
mum cylindricum attenuata. 25. Trachelanthus Kl. 


Begoniaceen- Gattungen und Arten. 185 


‘+ Flores masculi et feminei 2? — petali. 
* Placentae longitudinaliter fissae. 
Antherae elongatae. Filamenta libera. Stigmata lunato - dilatata. 
Placentae aequaliter bilamellatae. Bracteae floris feminei caducae. 
Ala maxima capsulae semiorbicularis rectangula. 26. Gireoudia Kl. 
Antherae ellipticae. Filamenta libera. Stigmata bipartita. Fa- 
scia papillosa ter spiraliter torta. Placentae aequaliter bilamel- 
latae. Bracteae floris feminei magnae persistentes. Capsula in- 
aequaliter trialata. Ala maxima elongata adscendens. 27. Rossmannia Kl. 
Antherae elongatae. Filamenta brevi - monadelpha. Stigmata 
bieruria. Fascia papillosa bis spiraliter torta. Placentae aequa- 
liter trialata. Ala maxima apice incurvo-obtusa. Pedunculi ad 
basim dichotomiarum bractea magna cyathiformi eincti. 28. Cyathocnemis Kl. 
Antherae longae, utrinque truncatae. Filamenta brevissima li- 
bera. Stigmata bipartita. Fascia papillosa bis spiraliter torta. 
Placentae gyroso - vel labyrinthiformi-bilamellatae. 29. Magnusia Kl. 
** Placentae integrae pedicellatae. 
Antherae oblongo-obovatae, apice cucullatim-tumidae. Fi- 
lamenta libera. Stigmata lunato-dilatata. Placentae sectio trans- 
versa ovato-lanceolata. Capsula subaequaliter trialata. 30. Haagea Kl. 
B. PRITZELIEAE. 
Stylorum rami undique papillosi. 
“ Flores masculi 4— , feminei 5 — petali. 
* Placentae longitudinaliter fissae. 
Antherae oblongae obtusae, basi subemarginatae. Filamenta libera 
toro valde elevato inserta. Stigmata bipartita lobis vix tortis. 
Placentae bipartitae, eruribus crassis falcatim - conniventibus. 
Capsula inaequaliter trialata. 31. Titelbachia Kl. 
** Placentae integrae pedicellatae. 
Antherae oblongae obtusae, basisubemarginatae. Filamenta libera 
toro pulvinato inserta. Stigmata bipartita, lobis semel-bis spiraliter 
tortis. Placentae sectio transversa ovato -triangularis. 32. Pritzelia Kl. 
Antherae oboyato-oblongae. Filamenta libera toro pulvinato 
inserta. Stigmata bipartita, lobis divaricatis bis spiraliter tortis. 
Placentae sectio transversa cordato-ovata. Capsulae alae 2 an- 
gustae. 33. Wageneria Kl. 


136 Kıorzsc#: 


II. GYMNOCARPEAE. 
Stylus deciduus. 


A. PLATYCENTREAE. 


Stylorum rami subglabri,, fascia papillosa spiraliter torta instructi. 

Capsula inflexa inaequaliter trialata bilocularis. 
Flores masculi 4 — , feminei 3— petali. Antherae oblongae obtusae 
filamentis liberis longiores. Stigmata bipartita, lobis fascia papillosa 
bis spiraliter torta, antice infra lobos continua instructis. Ala maxima | 
in capsulae parte inferiore dissepimento opposita. 3/4. WVeilbachiaKl.etOerst. 
Flores masculi et feminei 4 petali minuti. Antherae oblongae paucae 
filamentis monadelphis majores. Stigmata bicornuta fascia papillosa 
spiraliter torta, antice infra cornua continua instructa. Ala maxima in 
capsulae parte inferiore dissepimento opposita. 35. Lauchea Kl. | 
Flores masculi 4—, feminei 5— petali. Antherae oblongae obtusae | 
filamentis aequilongae. Filamenta brevi umbellatim - monadelpha. | 
Stigmata bipartita, basi dilatata, lobis fascia papillosa bis spiraliter | 
torta, antice infra lobos transversim continua instructis. Capsula sube- | 
roso-spongiosa inaequaliter trialata, alae anteriores angustissimae loculis 
oppositae, postica maxima rectangula dissepimento opposita. 36. Platycentrum Kl. 


B. ISOPTERIDEAE. 


Stylus usque ad basim tripartitus. Rami simpliei multifidi aut multi- 
partiti teretiusculi aut compressi, numquam tortuosi, undique - rarissime 
apice tantum papillosi. Fructus erectus trilocularis triangularis, nec 
membranaceus, anguli cornuti aut compresso- gibbosi. 
Flores masculi 4 — , feminei 6 — petali. Antherae oblongae obtusae. 
Filamenta brevissima libera. Fructus triangularis trieornutus carti- 
lagineo - suberosus, apice in rostrum strietum attenuatus, cornua ad- 
scendentia mueronata. Stylorum rami bis tripartiti. Placentae bila- 
mellatae in stipitem brevem conjunctae. 37. Gasparya Rl. 
Petala floris masculi 4-, 2interiora breviora praemorsa, feminei 6 aequi- 
longa. Stamina numerosa libera. Antherae elongatae, connectivo in 
aristam subulatam rectam producto. Filamenta brevia. Stylorum 


Begoniaceen - Gattungen und Arten. 137 


rami bipartito-multifidi undique papillosi, lobis teretibus elongatis. 

Fructus carnoso -coriaceus trilocularis, superne compresso -trigibbus, 

apice non productus. 38. Stiradotheca Kl. 
Petala florum masculorum 4 integerrima glabra. Antherae obovatae, 

apice leviter emarginatae in filamenta brevia attenuatae. Stylorum 

rami integerrimi, apice truncato- dilatati papillosi. Fructus suberoso- 

cartilagineus triangularis tricornutus, cornua complanata adscendentia. 39. Putzeysia Kl. 
Petala florum masculorum 4 apice dentato-ciliata. Antherae ovales 

breves. Filamenta longissima libera. Stylorum rami bipartito - mul- 

tifidi undique papillosi, lobis teretiusculis tenuibus. Fructus cartila- 
gineo-papyraceus turbinatus, superne tricornutus, basi attenuatus, apice 

breviter productus, cornua brevia cuspidata erecta incurva. 40. Isopteris Kl. 
Petala florum masculorum 4— , femineorum 5 parva. Antherae ob- 

longae obtusae elongatae. Filamenta basi brevi-monadelpha. Sty- 

lorum rami compressi bipartiti brevi-multifidi. Fructus triangularis 

tricornutus suberoso-cartilagineus, apice in rostrum longum strietum 

attenuatus, cornua patenti-adscendentia, apice attenuato-incurva. 41. Sassea Kl. 


I. STEPHANOCARPEAE. 
Stylus persistens. 


A. BEGONIACEAE. 


Stylorum rami subglabri, fascia papillosa spiraliter torta cincti. 


«@ INTERRUPTAE. 


Stylorum rami fascia papillosa spiraliter torta, inferne interrupta 
instructi. 


” 


J. Huszia(') Kl. 
Baf. 1. .Ar, 
Flores monoici. Masc. Petala 6— 8 subaequalia obovata albida aut 
roseo-rubescentia, basi attenuata, praefloratione imbricata. Stamina nume- 
rosissima; antherae breves obovatae, loculis infra apicem connectivi dilatati 


(') Dem Andenken eines Naturforschers und Freundes von Göthe, des Custos der wis- 
senschaftlichen Sammlungen zu Brüx in Böhmen, Carl Husz, der in den dreilsiger Jahren 
dieses Jahrhunderts verstarb, gewidmet. 


Phys. Kl. 1854. S 


138 Kıorzsca: 


obtusi lateralibus; filamenta longa filiformia toro magis pulvinato inserta. 
Flores feminei: Petala 6 supera subaequalia obovata ut in mare. Ovarium 
breve triangulare monopterum triloculare. Ovula in placentis e loculorum 
angulo centrali bilamellatis plurima anatropa. Stylus persistens sexpartitus, 
lobis inaequaliter multifidis, fascia papillosa spiraliter torta, basi interrupta 
einclis. Capsula turbinato - trigquetra membranacea trilocularis, angulis 
duobus brevissime alatis, tertia ala maxima elongata ad alarum originem per 
rimam arcuatam dehiscens. Semina ereberrima minutissima oblonga reticu- 
lata exalbuminosa. 

Herbae acaules tuberosae in montibus Peruviae crescentes; foliis pe- 
tiolatis oblique cordatis sinuato-lobatis, lobis serratis; scapis dichotomo- 
cymosis, ad inflorescentiae ramificationes deciduo - bracteatis; floribus 
magnis aut viridi- aut rubescenti-albicantibus. 

1) Huszia octopetala Kl. Tuberosa, acaulis; foliis longe-petiolatis, 
cordatis lobatis puberulis, lobis obtusis serratis; scapo elongato ex albido- 
virescente paucifloro ; floribus maximis candidis, extus virescentibus, masculis 
longe - pedicellatis octopetalis, femineis hexapetalis brevi- pedicellatis; cap- 
sulae ala maxima oblonga elongata patenti-adscendente, apice oblique 
iruncata dentata. 

Begonia octopetala L’Heritier, Stirps I, p. 101. Hooker, Bota- 
nical Magazine, t. 3559. Knowels and Westcott, Floral Cabinet I, 
p. »1, t. 20. 

Blattstiele grün, oberwärts geröthet, stielrund, von der Dicke eines 
Gänsekiels, fein pubescirend und 14, Fufs lang. Blätter von hellgrüner Farbe, 
auf der Unterfläche an den Rippen pubeseirend, flach-trichterförmig, fast 
kreisrund, stumpf-lappig, an der Basis schief herzförmig, Lappen säge- 
zähnig. Der wenigblüthige Blüthenschaft von der Länge der Blattstiele. 

Dieses interessante Gewächs wurde schon im Jahre 1780 von Dom- 
bey auf Bergen bei Lima, der Haupstadt von Peru, entdeckt und durch 
ihn lebend in den Pariser Pflanzen - Garten eingeführt, blühete aber daselbst 
nicht, weil es wahrscheinlich nicht warm genug gehalten wurde. Knollen 
hiervon, welche von dem Engländer John Mac Lean nach dem botanischen 
Garten zu Glasgow gesandt wurden, blüheten im Jahre 1836 zum ersten 
Male wie es scheint in Europa. Es ist noch immer eine seltene Pflanze in 
unseren Warmhäusern. Die weiblichen Blüthen, welche ich zur Analyse 


Begoniaceen - Gattungen und Arten. 139 


verwandte, verdanke ich der Freundlichkeit des Herrn Garteninspektors 
Regel in Zürich. 

2) Huszia rubricaulis Kl. Tuberosa, acaulis, pubescenti-pilosa; fo- 
lüs brevi-petiolatis saturate-viridibus oblique cordatis sinuato-lobatis serratis 
rugosis, basi profunde bilobis, lobis rotundatis imbricatis; petiolis e viridi- 
purpureis; scapo robusto pubescente rubro foliis pluries longiore, superne 
dichotomo-cymoso multifloro; bracteis obovatis rubris, margine dentatis 
deciduis; floribus speciosis, hexapetalis, extus ex albido -rubescentibus, in- 
tus alutaceis; capsulae rubrae ala maxima oblonga elongata patentim-ad- 
scendente attenuatim - obtusa. 

Begonia rubricaulis Hooker, Bot. Magazine, t. 4131. 

Blattstiele grün, etwas geröthet, stielrund, 3 Zoll lang und von der 
Dicke eines schwachen Gänsekieles. Blätter dunkelgrün, gerunzelt, zart- 
pubescirend, schief ei-herzförmig, kurz-zugespitzt, undeutlich wellig- ge- 
lappt, gewimpert-sägezähnig, die herzförmigen Lappen lang und breit, 
schindelförmig sich deckend, im Ganzen bis 6 Zoll lang und 4 Zoll breit 
mit hin und wieder gerötheten Rippen. Schaft fufslang, von der Dicke eines 
Schwanenkiels, oberwärts fein pubescirend und an der Spitze in eine ziem- 
lich lange, gabelförmig-getheilte Cyma getheilt, vielblumig. Blüthen um die 
Hälfte kleiner als in der vorigen Art und die weiblichen, welche ebenfalls 
kürzer gestielt sind als die männlichen, auch kleiner als diese. Früchte fein 
pubescirend. 

Jedenfalls stammt auch diese Art ausPeru. Sie wurde dem Glasgower 
botanischen Garten, woselbst dieselbe im Jahre 1837 zum ersten Male blü- 
hete, von Birmingham aus durch Mr. Cammeron ohne jede Bezeichnung 
mitgetheilt. Diese Art habe ich lebend nicht gesehen. 


II. Eupetalum Lindley. 


Introduction no. 11. Gaudichaud, Voyage de laBonite (Botanique) 
t. 50. absque descriptione. 

Bafak;iuB. 

Flores monoici. Masc. Petala 4 per paria opposita aequalia lato-ob- 
ovata, exteriora subduplo majora ex albido-rubescentia. Stamina numerosa, 
antherae oblongae utrinque subtruncatae, loculis lateralibus connectivi lati 
longitudine, filamenta filiformia longa antheris duplo longiora, basi truncato- 


52 


140 Krorzsch: 


monadelpha. Flores feminei: Petala 5 supera lato-obovata. Ovarium breve 
triangulare longe - angusteque alatum triloculare. Placentae centrales bis 
bifidae, undique (stipite excepto) ovuliferae. Ovula creberrima anatropa. 
Stylus persistens sexpartitus, lobis trifidis erectis strietis fascia papillosa ter 
spiraliter torta basi interrupta einctis. Capsula membranacea brevis 
anguste atque longe trialata, alis inaequalibus ad alarum originem per rimam 
arcuatam dehiscens. Semina ereberrima minutissima oblonga reticulata 
exalbuminosa. Suffrutices tuberosi caulescentes in Peruvia crescentes; foliis 
petiolatis subaequilateris orbiculatis lobatis inciso-serratis, inferioribus op- 
positis longe-petiolatis; cymis pedunculatis terminalibus paueifloris ad 
inflorescentiae ramificationes persistenti-bracteatis; floribus rubescenti-al- 
bicantibus. 

1) Eupetalum petalodes Lindley. Suffruticosum, magnum, cau- 
lescens, tuberosum, pedale; foliis aequilateris orbieulatis profunde-cordatis 
infundibuliformi-explanatis acute-5—9 lobis incisis serratis glabris, supra sa- 
turate-viridibus, subtus purpurascentibus viridi-nervosis, inferioribus oppositis 
longe-petiolatis; stipulis ovatis serratis; cymis bi-trifloris axillaribus longe- 
pedunculatis bibracteatis; alis capsulae longis angustissimis inaequilongis 
patentibus. 

Eupetalum petalodes Lindley, Introduction edit. II, no. 11. Eupe- 
talum Lindleyanum Gaudichaud, Voyage de la Bonite (Botanique), t. 50. 
Begonia petalodes Lindl. in Botanical Register, t. 1757. Begonia Gaudi- 
chaudi Walpers, Repertorium V, p. 769. 

Knollen flachgedrückt, 31, Zoll im Durchmesser. Blattstiele aufrecht, 
gerade, 1,— 3 Zoll lang, die unteren, gegenständigen, stets von ungleicher 
Länge, auf der Oberfläche gerinnelt. Blätter trichterförmig - ausgebreitet, 
fast kreisrund, tief gelappt an der Basis mit sich deckenden Rändern, 9-ge- 
lappt mit eingeschnitten-sägezähnigen Lappen; dunkelgrün auf der Ober- 
fläche, auf der unteren Seite mit Ausnahme der grünen Rippen, rothgefärbt, 
1,— 2%, Zoll im Durchmesser. Trugdoldenstiele achselständig, aufrecht, 
2—3blumig, 2—3 Zoll lang. Blüthenstiele zolllang. Die an der Basis 
der Blüthenstiele befindlichen 2 oder 3 Bracteen länglich, sägezähnig, 
grün, bleibend. Die Blüthen 8— 10 Linien im Durchmesser. Blumen- 
blätter weils und mehr oder weniger geröthet, abgerundet, nach innen con- 
cav, nach aufsen gewölbt. 


Begoniaceen- Gattungen und Arten. 141 


Dieses Knollengewächs stammt aus Peru, woselbst es von Gaudi- 
chaud aufgefunden wurde, nachdem es bereits im Jahre 1833 in England 
zur Blüthe gelangt war. 

2) Eupetalum Kunthianum Kl.n.sp. Suffruticosum, tuberosum, 
semipedale; foliis minoribus reniformi-dilatatis explanatis aut subinfundibuli- 
formibus 4— 5 lobatis, lobis argute-serratis, supra viridibus, subtus purpu- 
rascentibus; stipulis magnis semiorbiculatis serratis persistentibus; cymis 
terminalibus pedunculatis 1 — 2 floris; capsulae alis attenuato - acutis gquarum 
2 angustioribus. 

Eupetalum Lindleyanum Herb. Kunthii. 

Knollen breit, zusammengedrückt, !, Zoll im Durchmesser. Die ganze 
Pflanze im blühenden Zustande 6 Zoll hoch, gerade, aufrecht, dünn, wenig 
verzweigt. Blätter kurz-gestielt 4—5lappig, an der Basis nierenförmig-aus- 
gebogen, Lappen spitz, scharf-sägezähnig, 1 Zoll breit, 4 Zoll lang. Trug- 
doldenstiele 2—2!, Zoll lang, 1—2blumig. Blüthenstiele 7—9 Linien lang, 
an der Basis von umfassenden, grofsen, eiförmigen Bracteen gestützt. Die 
Blüthen geröthet, 7—8 Linien im Durchmesser. Blumenblätter wie bei der 
vorhergehenden Art. 

Wächst bei S. Lorenzo und Lima in Peru, wie die Angabe der Ex- 
emplare im Kunthschen Herbarium besagt. Lebend ist diese Pflanze in 
Europa noch nicht eingeführt. 

3) Eupetalum geraniifoliumKl. Suffruticosum, caulescens, tubero- 
sum, magnum; foliis longe-petiolatis flabellato-suborbicularibus acute-lobatis, 
basi aequaliter cordatis, lobis inciso-serratis subplicatis nitidissimis laete - vi- 
ridibus fusco-rubro-marginatis, subtus concoloribus; petalis forum mascu- 
lorum 4, 2 exterioribus rotundatis extus saturate-roseis, interioribus obovatis 
undulatis albis. 

Begonia geraniifolia Hooker, Botanical Magazine, t. 3387. 

Stamm 1 Fufs hoch, aufrecht, robust, stumpf-eckig, saftig, von sehr 
blafsgrüner Farbe, fast durchsichtig, nach oben gabelförmig - verzweigt. 
Blätter fast kreisrund, scharf spitzig-gelappt, am Rande roth-braun gesägt, 
3— 3}; Zoll im Durchmesser. Afterblätter bleibend, grofs und stumpf. Blü- 
thenstengel 6—8 Zoll lang, von derDicke eines Rabenkiels, grün, 1-2-3 blü- 
thig. Blüthen !, Zoll lang-gestielt, an der Basis des Stielchens von blei- 
benden, lanzettförmigen Bracteen gestützt und einen Zoll im Durchmesser. 


1423 Krorzsch: 


Von dem Herrn Mac Lean bei Lima entdeckt und im Jahre 1833 in 
Glasgow lebend eingeführt. 

4) Eupetalum tuberosumK]. Suffruticosum,tuberosum, caulescens, 
magnum; foliis longe - petiolatis reniformibus brevi-lobatis, lobis grosse- 
dentatis viridibus, subtus pallidioribus; pedunculis terminalibus gracilibus 
unifloris; pedicellis pollicaribus; petalis orbiculato-oblongis; capsulae alis 
subaequalibus patenti-elongatis, apice attenuatis. 

Begonia tuberosa Herb. Ruizii. 

Ein fufshohes, sparriges, saftig - fleischiges Gewächs. Blattstiele 
11,—2 Zoll lang. Blätter 2—3 Zoll breit und 1,—2 Zoll lang. Blumen- 
stengel gipfelständig schlank, 3 Zoll lagg. Blüthenstiel 4 Zoll lang, an der 
Basis von 2—3 länglichen, bleibenden Bracteen gestützt. Blüthen $ Linien 
im Durchmesser. Die Flügel der häutigen Kapsel fast gleich lang (4 Linien) 
und (11, Linie) breit. 

Von Ruiz und Pavon bei Lima und Sn. Juan in Peru gesammelt. 
Harrt noch der Einführung. 


II. Barya('‘) Kl. 
Taf. B. 


Flores monoici dichotomo-cymosi. Masc. Petala 4 lanceolata acu- 
minata, per paria opposita aequalia, exteriora latiora, extus sparsim pu- 
bescentia. Stamina longissima racemoso-monadelpha; antherae parvae 
ovatae biloculares, loculis infra apicem connectivi prominentis obtusi latera- 
libus per rimas longitudinales dehiscentibus; filamenta in columnam elonga- 
tam angustam ab apice usque ad basin racemosim - connata. Flores feminei. 
Forma et numerus petalorum delapsorum mihi ignota, forsan 5. Ovarium 
trigonum triloculare monopterum. Ala longissima patenti-adscendens. 
Ovula in placentis e loculorum angulo centrali bilamellatis creberrima 
anatropa. Stylus persistens tripartitus longus, lobis tenuibus profunde 
bifidis, fascia papillosa quinquies spiraliter torta, basi interrupta cinctis. 
Capsula membranacea turbinato - triquetra monoptera trilocularis, alis 


(') Dem Andenken eines jungen, vielversprechenden Botanikers, des Privatdocenten für 
Naturwissenschaften Herrn Dr. med. Anton de Bary in Tübingen, Verfasser einiger 
kleinen, botanischen Abhandlungen, die von einer guten Auffassungsgabe zeigen, ge- 
widmet. 


Begoniaceen - Gattungen und Arten. 143 


2 angustissimis sive obsoletis, ad alarum originem per rimam arcuatam de- 
hiscens. Semina creberrima minutissima oblonga reticulata exalbuminosa. 

Herba perennis elata in montis Peruviae prope Munam obvia. Caule 
herbaceo 2—3 pedali erecto pubescenti-villoso; foliis longe - petiolatis reni- 
formi-lobatis, lobo medio majore acuminato; cymis axillaribus peilincnlatie 
repetito - dichotomis. 

1) Barya monadelpha Kl. Caule gracili erecto petiolis pedunculis- 
que villosulis; foliis reniformi-obliquis quinquelobatis serratis, basi latissimis, 
lobis brevibus acutis medio productiori acuminato, supra saturate - viridibus 
sparsim pubescentibus, subtus pallidioribus pubescenti-nervosis; cymis re- 
petito-dichotomis pedunculatis elongatis densis artieulato-tumidis; petalis 
longissimis angustis acuminatis, exterioribus sparsim pilosulis. 

Begonia monadelpha Ruiz. 

Schlank, wenig verästelt, 2— 3 Fufs hoch, aufrecht. Blätter ent- 
fernt mit einem aufrechten, 2 Zoll langen Stiele versehen, 3 Zoll lang und 
2%, Zoll breit. Allgemeiner Blumenstiel 4—5 Zoll lang, von der Dicke eines 
Hühnerkiels. Trugdolden 5— 7 mal gegabelt, zusammengedrängt, 5 Zoll 
lang. Der Kapselflügel aufsteigend lanzettförmig, die obere Seite eine ge- 
rade Linie bildend, die untere etwas gewölbt, 10 Linien lang und an der 
Basis 4 Linien breit. 

Von Ruiz und Pavon bei Muna in Peru entdeckt und eingesammelt. 
Ist noch nicht in Cultur. 


8 CoxTtinvAr. 


Stylorum rami fascia papillosa continua instructi. 


IV. Begonia Plumier, Linne. 


Genera plantarum n. 1156 partim. 


Daf»lL.iG; 

Flores monoici. Masc. Petala 4 biserialia inaequalia, exteriora op- 
posita majora subrotunda, interiora minora obovata. Stamina plurima; fila- 
menta brevia libera, nunqguam connata; antherae oblongo-lineares, utrinque 
obtusae, extrorsae, biloculares, loculi lineares discreti connectivi continui 
obtusi margini adnati longitudinaliter dehiscentes. Fem. Petala 5 supera 


144 Krorzscn: 


subaequalia pluriseriatim imbricata. Ovarium inferum triloculare trigonum, 
inaequaliter trialatum. Ovyula in placentis e loculorum angulo centrali bila- 
mellatis creberrima anatropa, lamellis arcuatim-conjunctis in stipitem ex- 
ovuliferum conjunctis. Stylus persistens glaber, subinde puberulus trifidus, 
lobis bicornutis plerumque tortuosis, fascia papillosa bis ter spiraliter torta, 
basi continua, interdum (in B. acuminata Dryander) abbreviata subreni- 
formi etortuosa cinctis. Capsula turbinato-triquetra membranacea_ tri- 
locularis inaequaliter trialata ad alarum originem per rimas arcuatas 
dehiscens. Semina innummerabilia minutissima oblonga reticulata exal- 
buminosa. 

Herbae aut suffrutices succulenti ramosi etuberosi in America tro- 
pica indigeni; foliis alternis petiolatis, basi oblique - cordatis inaequilateris 
crenatis dentatis vel mucronato-serratis; stipulis lateralibus membranaceis 
deeiduis; cymis repetito- aut simplieiter-dichotomis axillaribus peduncula- 
tis; floribus albis roseis v. rubicundis. 


a) Stigmata profunde obcordata etortuosa; placentarum lamellis 


crassis. 


1) Begonia acuminata Dryander. Suffruticosa; caule erecto gla- 
bro subcarnoso ramoso; foliis dimidiato - cordatis longe-acutatis, duplicato 
acute-serratis undulatis, serraturis setoso-ciliatis,supra sparsim-subtus in nervis 
petiolisqne dense hirtis; stipulis oblongis acutis scariosis; eymis peduncula- 
tis paniculatis rubescentibus paucifloris; floribus magnis albidis extus amoene- 
rubescentibus; bracteis ovatis albidis ciliato-fimbriatis; germinis alis ex al- 
bido-virescentibus, ala majore adscendente. 

B. acuminata Dryander, Linnean Society Transactions I, p. 166, 
t. 14, fig. 5. 6. Ker. in Botanical Register, t. 364. Willd. Spec. plant. IV, 
p- 417. Hort. Kew. ed. II, p. 284. Bot. Mag. t. 4025. Sprengel, Syst. 
veget. II, p. 525. B. Hamiltoniana Lehmann in Ed. Otto Neue allgem. 
deutsche Gartenzeitung VI, p. 456. B. roseo flore, folis acutioribus, auritis 
et latecrenatis Plumier, Cat. Plant. Am. 20, t.45, fig.3. Tournef. Inst. 
660. B. obligua Linne, Spec. pl. 1498. 

Die Pflanze erreicht eine Höhe von 3—4 Fufs, ist ziemlich verästelt, 
fleischig-saftig und hin und wieder geröthet. Die Blätter sind schief herz- 
förmig, lang gespitzt, 2—J3 Zoll lang. Afterblätter hinfällig. Trugdolden 


Begoniaceen - Gattungen und Arten. 145 


3—5blüthig mit einem rothen, achselständigen Stengel versehen, der länger 
als die Blätter ist. 

Pflanzt man diese Art während der Sommer-Monate in’s freie Land, 
was sie in einer geschützten Lage wohl verträgt, so nimmt die Aufsenseite 
der Blumenblätter eine scharlachrothe Farbe an. Sie wurde schon im Jahre 
1790 von Sir Joseph Banks von Jamaica aus in England eingeführt, ist 
jetzt allgemein verbreitet und blüht vom Mai bis December. 

2) Begonia acutifolia Jacquin. Elata, glabra, dichotome-ramosa; 
foliis remotis dimidiato-cordatis oblique ovatis elongatis attenuato-acutis 
grosse dentatis, undique petiolisque glabris, supra saturate -subtus pallide- 
viridibus, in nervis adpresse-pubescendibus, dentibus setoso - serratis; stipulis 
lanceolatis acuminatis integris glabris, basi dilatatis; eymis pedunculatis 
axillaribus multifloris; floribus ex albido-rubescentibus; bracteis oblongis 
cuspidatis incarnatis; germinis alis inaequalibus patentibus. 

B. acutifolia Jaequin. c. 

Ein 3—4 Fufs hohes Gewächs mit schlankem, wenig verästeltem, kah- 
lem, aufrechtem Stengel. Blätter in zolllangen -, unterwärts in 3 Zoll langen 
Entfernungen, schief-eiförmig, länglich mit verdünnter Spitze und an der 
Basis herzförmig-ausgebogen, am Rande grob gezähnt und Buchten und Zähne 
kurzborstig-sägezähnig, 3—4 Zoll lang und 14,—2 Zoll breit. Trugdolden 
gestielt, achselständig, wiederholt gabelförmig-getheilt, länger als die Blätter. 
Blüthen kleiner als in der vorhergehenden Art. 

Wächst an Bächen auf der Insel Portorico. Balbis. Sie wurde durch 
Jacquin in Wien lebend eingeführt, scheint aber wiederum verloren ge- 
gangen zu sein. 

b) Stigmata bieruria, cruribus bis-ter spiraliter tortis, placentarum 
lamellis tenuibus. 
* Cyma repetito-dichotoma dilatata, bracteis integerrimis. 

3) Begonia nitida Dryander. Fruticosa, alata; foliis oblique ovatis 
acutis, obsolete crenatis nitidis; stipulis oblongis cuspidatis carinatis; cymis 
divaricatis repetito - dichotomis pedunculatis in apice ramorum axillaribus; 
floribus magnis amoene-roseis cernuis; capsulae ala maxima late ovata. 

Degonia nitida Dryander in Linnean Society Transactions, v. I, 
p- 159. Salisbury, Parad. Lond. t. 72. Begonia obligua L’Herit Stirp. 
Nov. p. 9. 

Phys. Kl. 1854. T 


146 Kıorzsch: 


Stamm 4—5 Fufs hoch, unterwärts verholzt, oberwärts fleischig- saf- 
tig, ungemein glatt und wie die Unterseite der Blätter glänzend. Blätter 
schief-herzförmig, saftig, 4—5 Zoll lang und 2,—3 Zoll breit. Blattstiel 
1 Zoll lang, stielrund. Afterblätter grofs, hinfällig, häutig, länglich, weich- 
stachelspitzig und auf dem Rücken gekielt. Der Stiel, der wiederholt-ge- 
gabelten Cyma achselständig, geröthet. Bracteen halbumfassend, eiförmig, 
aufrecht, von rother Farbe, unterhalb der Gabelverzweigungen und Blüthen 
gegenständig. Blumen grofs, geröthet. 

Diese Begonia stammt aus Jamaica und wird schon seit dem Jahre 
1777 in Kew bei London gezogen. 

4) begonia suaeeolens Haw. Caule fruticoso, erecto ; foliis oblique 
semicordatis transverse - acutis aut acuminatis nitidis hirtis scabriusculis; ey- 
mis dichotomis dilatatis longe pedunculatis axillaribus; floribus candidis; 
alis capsularum subaequalibus. 

B. suaveolens Haworth in Loddiges Botanical Cabinet, t.69. Paxton, 
Magazine of Botany IV, 123. B. humilis Bot. Reg. t. 284. B.disticha Hort. 
Berol. nec Link. 

Ein 4—5 Fufs hoher, wenig verästelter, fleischig-krautartiger Strauch. 
Blätter denen der vorigen Art ähnlich, ebenfalls glänzend, aber hin und 
wider, namentlich gegen den Rand hin zerstreut -steifharig. Afterblätter 
häutig, grofs, länglich, abgerundet, weichstachelspitzig und auf dem 
Rücken gekielt. Afterdolden wiederholt langgegabelt, aufrecht, lang und 
schlank - gestielt, achselständig. Bracteen weils. Fruchtflügel abgerundet, 
fast gleich breit. 

Wächst auf den westindischen Inseln. 

5) begonia stipulacea W illd. Fruticosa, erecta; ramis subangulatis ; 
foliis oblique semicordatis acutis erenulatis glabris, subtus in nervis petiolis- 
que strigoso-hirtis; cymis longe-pedunculatis axillaribus distichis; stipulis 
ovatis integerrimis rotundatis breve- mucronatis; eapsulae alis inaequalibus, 
apice truncatis. 

B. stipulacea Willd., Spec. plant. IV, p.414. Willd. Herb. n. 17566. 
B. angularis Raddi Mss. ex Sprengel, Syst. veg. II, p. 625. B. disticha 
Link, Enum, plant. Hort. Berol. II, p. 396. 

Ein 4—5 Fufs hoher, verästelter, fleischig-krautartiger Strauch. Blät- 
ter denen der beiden vorhergehenden Arten in Form und Gröfse sehr ähnlich, 


- 


Begoniaceen-Gattungen und Arten. 147 


jedoch deutlicher erenulirt und an den Nerven der Unterfläche und des Blatt- 
stiels mit Striegelharen bekleidet. Afterblättchen grofs, länglich, abgerundet 
und kurz stachelspitzig. Trugdolden wiederholt-gegabelt, dürftig, lang- 
gestreckt. Blumenstengel lang, dünn, gerade, aufrecht, achselständig, kahl. 
Blüthen mittelmäfsig-grofs, weils. Kapselflügel ungleich, an der Spitze 
abgestuzt. 

Wild in Brasilien, in unseren Gewächshäusern ziemlich verbreitet. 

6) Begonia odorata Willd. Fruticosa, sublignosa, erecta; folüis 
obliquis semicordatis, transverse-ovalis acuminatis angulato- dentatis gla- 
berrimis, supra laete-viridibus, subtus pallidis prominente-nervosis; stipulis 
magnis oyalibus acuminatis deeiduis; pedunculis axillaribus erectis strictis; 
cymis repetito-dichotomis expansis paucifloris; petalis angustis; capsularum 
alis inaequalibus, apice truncatis. 

B. odorata Willd., Enum. plant. Suppl., p. 64. Herb. Willd. 
n. 17573. 

Stamm schlank, verholzt, 3—4 Fufs hoch, wenig verästelt, ober- 
wärts grün und krautartig, kahl. Blätter abstehend, schief, ungleich herz- 
förmig, quer-eiförmig, feingespitzt, am Rande eckig, gezahnt, unterhalb 
weifslich- grün mit stark hervortretenden Nerven, 3—4 Zoll lang und 14,—2 
Zoll breit. Trugdolden sparrig-gegabelt, sparsamblüthig, achselständig mit 
einem aufrechten, geraden, 3—4 Zoll langen Stengel. Blumen etwas ge- 
röthet, später weils, verhältnifsmäfsig klein. 

Wild auf den westindischen Inseln. 

** Cyma simpliciter dichotoma aut racemus pauciflorus ; bracteis 
ciliato - fimbriatis. 

7) Begonia cucullata Willd. Caule suffruticoso rubescente-carnoso 
glabro; foliis oblique ovatis obtusis ciliolato-erenulatis glabris; stipulis maxi- 
mis spatulatis; peduneulis axillaribus simpliciter dichotomis paucifloris eiliato- 
bracteatis; capsulae alis duabus angustioribus rotundatis, tertia majore 
acutangula. 

B. cuceullata Willd., Spec. pl. IV, p. 624. B. spatulata Haw., Plant. 
succ. Suppl. 100. Lodd., Bot. Cabinet, t. 107. B. nervosa Desf. Mss. 

Stamm fleischig- saftig, wenig verästelt, 3—4 Fufs hoch, kahl, glatt. 
Blätter schief-eiförmig, abgerundet, am Rande borstig-anliegend-sägezähnig, 
2, Zoll lang und 1%, Zoll breit. Afterblättchen breit spathelförmig, gewimpert, 

iD. 


148 Krorzsch: 


grün, von ziemlicher Dauer. Die einfach gegabelten, armblüthigen Trug- 
dolden achselständig, 1—2 Zoll lang gestielt. Bracteen weils, verkehrt- 
eiförmig, gewimpert. Blumen weils, selten etwas fleischfarben - geröthet. 
Der grofse Kapselflügel aufsteigend - gespitzt. 

Wächst in Brasilien wild und wurde durch den verstorbenen Sieber 
eingeführt. 

3) Begonia semperflorens Link et Otto. Caule suffruticoso vire- 
scente carnoso glabro; foliis oblique leviter cordatis ovatis acutiusculis erenatis, 
inter crenas apiculatis glaberrimis; stipulis ovatis acutiusculis ciliolatis, inferio- 
ribus scariosis; pedunculis axillaribus simplieiter dichotomis pauecifloris; bracteis 
pallide-incarnatis amplexicaulibus ovatis ciliatis; petalis forum masculorum 
duplo majoribus quam in floribus Begoniae eucullatae;, capsulae alis duabus 
angustioribus rotundatis, tertia majore adscendente-acutangula. 

B..semperflorens Link et Otto, Icones plant. rar., v.I, p.9, t.5. 
Lodd., Bot. Cabinet, t. 1439. Reichenbach, Hort. bot., t. 23. 

Der Stamm ist 1,—2 Fufs hoch, aufrecht, ästig. Blätter eiförmig, 
stumpflicht, an der Basis schief- herzförmig, 3 Zoll lang und 2% Zoll 
breit mit einem schmalen knorpligen Rande und kleinen weichen Spitzen 
in den Kerben. Die Afterblättchen sind 8 Linien lang und 6 Linien breit, 
nur die obersten grün, die anderen alle vertrocknet, am Rande gewimpert. 
Die männlichen Blüthen noch einmal so grofs als die der B. cucullata. 

Sie wurde zuerst in dem Berliner botanischen Garten aus Erde gezo- 
gen in der der verstorbene Sello aus Puerto Alegretto im südlichen Brasilien 
Pflanzen geschickt hatte. 

9. Begonia Sellowü Kl. Caule herbaceo elato gracile rubescente 
glaberrimo;; foliis oblique ovatis acutis vix cordatis planis apiculatis, minute 
serratis subeiliatis; petiolis e viridi rubescentibus; stipulis ovatis acutis ci- 
liolatis; peduneulis terminalibus axillaribusque simplieiter dichotomis pauci- 
floris; floribus magnis ex albido incarnatis; capsulae alis valde inaequalibus, 
maxima adscendente obtusa. 

B. Sellowü et B. setaria Hort. Anglic. B. semperflorens Bot. Mag. 
t. 2920. 

Stamm aufrecht, fleischig, unverästelt, glatt, kahl, roth-grün, sehr 
hoch. Blätter kreisrund - eiförmig, kurz und fein gespitzt, an der Basis un- 
deutlich herzförmig ausgerandet, sehr fein sägezähnig-gewimpert, 2—3 Zoll 


Begoniaceen-Gattungen und Arten. 149 


lang und breit. Blattstiele lang, geröthet. Afterblättchen eiförmig-länglich, 
gewimpert; Blumenstengel end- oder achselständig. Blumen weifslich ins 
Fleischfarbene übergehend. Kapselflügel ungleich, grün, am Rande geröthet, 
der gröfste aufsteigend - stumpf. 

Wild in Brasilien, durch Herrn Chamberlayne im Jahre 1828 im 
Liverpooler botanischen Garten eingeführt. 

10) begonia ciliata Humb., Bonpl., Kth. Pilosiuscula; caule 
herbaceo adscendente ramoso; foliis longe petiolatis inaequaliter - ovatis 
acutis semicordatis grosse duplicato-serratis reticulato-nervosis ciliatis, pe- 
dunculis axillaribus folio brevioribus paucifloris; floribus albidis parvis; alis 
capsularum inaequalibus rotundatis. 

B. ciliata Humb. B. Kth., Nova genera et species VII, p. 178. 

Ein krautartiges, aufrechtes, 9 Zoll hohes, verästeltes, sparsam - be- 
haartes Gewächs, das sich namentlich durch eine zartere Textur, zugespitz- 
tere Blätter eine geringere Anzahl von Staubgefäfsen, schmalere Blumenblätter 
von der nächstfolgenden Art unterscheidet. Der verstorbene Kunth be- 
schreibt an dem oben citirten Orte die männliche Blüthe als zweiblättrig, 
authentische Exemplare im Willdenow’schen Herbar zeigen jedoch aufser den 
zwei äufsern breiteren auch noch die zwei inneren schmaleren Blumenblätter. 

Wächst bei Santanna in Neu-Granada. Ist nicht in Kultur. 

11) Begonia eillosaLindl. Erecta, succulenta, subtilissime villosa; 
caule vix ramoso patentim-piloso crassiusculo; foliis semicordatis obsolete 
duplicato - dentatis subobtusis sparsim pilosis; petiolis erectis villosis, apice 
rubiceundis; stipulis adpressis parvis oblique ovatis subacutis; pedunculis 
paueifloris axillaribus pilosis; floribus parvis albidis; capsulae ala majore 
adscendente - rotundato. 

B. villosa Lindl., Bot. Reg., t. 1253. 

Stamm aufrecht, dick und saftig, 2 Fufs hoch, unterwärts kahl, sehr 
selten verästelt. Afterblättchen trocken-häutig, klein. Blätter ungleich 
herzförmig, 2,—3 Zoll lang und 1—2 Zoll breit. Blumenstengel sparsam 
zottig, 1 Zoll lang, stielrund. Kapseln gelbgrün, ungleich geflügelt, der 
gröfsere Flügel aufsteigend - gerundet. 

Wiächst in Brasilien und wird in England kultivirt. 

12) Begonia hirtella Link. Annua, erecta, ramosa; caule villoso; 
petiolis villosissimis erectis; stipulis denticulato-ciliatis; folis ovato - sub- 


150 Krorzsca: 


rotundis oblique cordatis subangulatis obsolete-crenatis; capsularum alis ob- 
tusiusculis, unica multo majore, apice adscendente-truncata. 

B. hirtella Link, Enum. pl. Hort. Berol. IH, p. 396. 

Ein 3 Fufs hohes jähriges Gewächs. Blattstiele 1—2 Zoll lang, ober- 
wärts stark-zottig. Blätter 1,—2% Zoll lang und 1,—2 Zoll breit. Blu- 
menstiele achselständig, 1 Zoll lang. Der grofse Flügel der reifen Frucht 
8 Linien lang und 5 Linien breit. 

Wächst in der Umgebung von Rio de Janeiro in Brasilien. Wird 
kultivirt, ist aber nicht schön. 

13) Begonia patula Haw. Caule subcarnoso elato erecto glabro 
aut sparsim piloso; foliis oblique cordatis brevi-acutis subangulatis grosse- 
dentatis serratis sparsim pubescentibus; stipulis lanceolatis cilato-pilosis; 
cymis longe pedunculatis simplieiter dichotomis paueifloris; floribus ma- 
joribus subroseis; capsulae alis duabus angustis rotundatis, tertia maxima 
acutangula. 

B. patula Haworth, Plant. succ. Suppl., p. 100. B. pauciflora 
Lindl., Bot. Reg., t. 471. 

Ein schlankes, verästeltes, aufrechtes, 3 Fufs hohes, krautartiges Ge- 
wächs. Blattstiele oberwärts 4, Zoll lang, unterwärts 2 Zoll lang, sparsam be- 
haart. Blätter 2—2!, Zoll lang, 1—1%; Zoll breit. Blüthenstengel 2 Zoll 
lang, sparsam behaart. Blüthen grofs, schwach rosafarben. 

Wächst in Brasilien, von woher ich Exemplare, von Sello gesam- 
melt, untersucht habe. Es ist hiernach Westindien, das von Haworth 
und Lindley als Vaterland dieser Art genannt wird, zu rectifieiren. Ist 
in Kultur. 

14) Begonia populifolia Humb., Bonpl., Kth. Caule erecto 
brevi-ramoso hirtello; foliis inaequilatero-reniformibus obsolete - lobatis 
serratis 9 nerviis, subtus ferrugineo-nervosis, hirtellis, supra sparsim hirtis; 
pedunculis axillaribus simpliciter dichotomis paucifloris; bracteis obovatis 
acutis pectinato-ciliatis; floribus parvis albidis; capsulae basi attenuatae ala 
maxima adscendente attenuata. 

B. populifolia Humb., Bonpl., Kth., Noya gen. et spec. pl. VI, 
p- 165, t. 643. Liebmann, 1. c., p. 16, n. 20. 

Ein schlankes 2—3 Fufs hohes, krautartiges Gewächs. Afterblättchen 
trocken, häutig, ei-lanzettförmig, gewimpert, ungleich, 2—3 Linien lang. 


Begoniaceen - Gatlungen und Arten. 151 


Blattstiele $—-15 Linien lang, braun, pubescirend, Blätter 1 Zoll lang und 
2 Zoll breit. Trugdoldenstiele 1—1', Zoll lang. Blumen klein, weils. 

Wächst in Mexico. Nicht in Kultur. 

15) begonia Tovarensıs Kl. Erecta; caule carnoso leviter sulcato 
sparsim hirto; foliis oblique renifornibus reflexo -verticalibus grosse dentato- 
angulatis crenato- mucronatis undique sparsim hirsutis longe-petiolatis; pe- 
tiolis rubris, supra suleatis evanescente villosis; stipulis lanceolatis acuminatis 
pectinato-ciliatis; eymis axillaribus pedunculatis simplieiter dichotomis hirtis 
pedicellisque dilute -rubris; floribus subcarneo - albidis congestis ciliato- 
bracteatis; germinibus alisque albidis deinde viridibus, capsulae ala maxima 
erecta obtusa. 

Ein 3—4 Fufs hoher Halbstrauch von der Dicke eines kleinen Fingers 
im Stamme. Blattstiele 1,—3 Zoll lang. Blätter 2—3 Zoll lang und 11,—2 
Zoll breit. Trugdoldenstiele 1‘, Zoll lang. Die äufseren Blumenblätter der 
männlichen Blüthe !, Zoll lang und 5 Linien breit. 

Wächst in Venezuela und wurde zuerst von Moschkowitz und 
Siegling in Erfurt aus Samen gezogen, den Wagener eingeschickt hatte. 

16) Degonia Moritziana Kl. Herbacea, erecta, ramosa, articu- 
lato-hirta ; foliis longe et villoso-petiolatis oblique cordato-reniformibus in- 
aequilateris leviter erenatis 5—b nerviis, supra hirtellis saturate viridibus, 
subtus pallidis fusco - nervoso -pubescentibus; stipulis aridis oblongis subacu- 
tis longe ciliatis; cymis simplieiter dichotomis villosis paucifloris; floribus 
roseis parvis; bracteis late- ovatis longe ciliatis; ala maxima patente, apice 
obtuso adscendente. 

B. Tovarensis Moritz in lit. 

Ein 2—4 Fuls hohes, krautartiges Gewächs. Blattstiele ,— 1%, Zoll 
lang, zottig-behaart. Blätter —1 Zoll lang und 1—13, Zoll breit. Trug- 
doldenstiele achselständig, 1—1!, Zoll lang. Bracteen klein, aber von 
langer Dauer. 

Herr Moritz entdeckte diese Art auf der deutschen Colonie Tovar 
bei Caracas an Waldrändern. 

17) Begonia setosa Kl. Herbacea, erecta, ramosa; caule sul- 
cato rubescente ramisque patentim - setosis; foliis oblique reniformibus 
brevi-acutis, basi leviter semicordatis dentato-setosis, laete- viridibus, 
supra sparsim hirtis, subtus hirsuto -nervosis; petiolis longis hirto - setosis; 


152 Krorzsca.: 


stipulis aridis obtusis longe-ciliatis; pedunculis axillaribus hirto - villosis 
apice simplieiter dichotomis paucifloris; floribus subcarneis; ala maxima 
adscendente-truncata. 

Ein 2—3 Fufs hohes, wenig verzweigtes, krautartiges, dicht mit 
weichen, abstehenden, gegliederten Borsten bekleidetes Gewächs. Blatt- 
stiele 4,—11, Zoll lang, abstehend, weichborstig. Afterblättchen trocken- 
häutig, 14, Linien lang. Blätter 3—1 Zoll lang, 1—2 Zoll breit. Trug- 
doldenstiele zotiig, 1 Zoll bis 15 Linien lang. Blüthen 9 Linien im Durch- 
messer. Gröfster Fruchtflügel 6 Linien lang, aufsteigend, stumpf und 
3 Linien breit. 

Von Sello in Brasilien entdeckt. Nicht in Kultur. 

18) Begonia subeillosa Kl. Herbacea, erecta, villosa; caule car- 
noso -succulento subcrasso, inferne evanescente-superne dense villoso; foliis 
obliquis subrenifornibus subacutis grosse crenato - dentatis, dentibus ciliato- 
serratis, supra laete viridibus sparsim hirtellis, subtus pallidis sparsim pu- 
bescente - villosis; petiolis villosis; stipulis late - ovalibus; ceymis longe- 
pedunculatis; pedunculis evanescente hirtellis; floribus subcarneis; ala 
maxima acutangula. 

Ein 2—3 Fufs hohes, wenig’verzweigtes, zottig-behaartes Gewächs. 
Blattstiele diek, 1—2 Zoll lang. Blätter 15 Linien bis 2, Zoll lang und 
21 — 3} Zoll breit. Trugdoldenstiele 3 Zoll lang, fast kahl. Gröfster 
Fruchtflügel 7 Linien hoch und 6 Linien breit. 

Von Sello in Brasilien entdeckt. Nicht in Kultur. 

19) Begonia vellerea Kl. Herbacea, erecta, ramosa; caule ramis- 
que versus apicem dense villosis; foliis semicordatis transverse ovatis obtusis 
concavis crenato - dentatis, dentibus apiculatis, supra saturate - viridibus 
sparsim pubescentibus, subtus albido-viridibus hirtello-nervosis; petiolis 
longis villosis; stipulis oblongis obtusis longe ciliatis, dorso pilosis; cymis 
axillaribus paucifloris tenui - pedunculatis pedicellisque hirtis; floribus car- 
neis; bracteis oblongis attenuatis inciso- ciliatis; ala maxima angusta adscen- 
dente obtusa. 

Ein schlankes, verästeltes, krautartiges Gewächs von 1,—2Fufs Höhe. 
Blätter 1—1!, Zoll lang und 1,—2!; Zoll breit. Blattstiele zottig-behaart, 
1,— 2, Zoll lang. Afterblättchen 3 Linien lang und 1, Linie breit. Trug- 
doldenstiele 1,— 2 Zoll lang. Blüthen- und Fruchtstiele — 1 Zoll lang. 


z 


Begoniaceen - Gattungen und Arten. 153 


Männliche Blüthen 1 Zoll-, weibliche Blüthen 1, Zoll im Durchmesser. 
Gröfster Fruchtflügel 4 Linien lang und !, Zoll breit. 

Auf der Serra de Estrella in Brasilien von Sello entdeckt. Nicht 
in Kultur. 

20) Begonia Pohliana Kl. Suffruticosa, elata, ramosa; caule 
erecto inferne lignoso ramisque leviter striato evanescente puberulo; folis 
oblique semicordatis transverse-ovatis acutis, margine late-dentato -ciliatis 
sparsim grosse dentato-angulatis concavis, supra brevi-hirtellis saturate viri- 
dibus, subtus pallidis fusco-nervoso-pubescentibus; petiolis brevibus hirtis; 
stipulis ovato-acuminatis eiliatis; cymis axillaribus simplieiter dichotomis 
paucifloris evanescente- puberulo-pedunculatis; floribus saturate roseis, ala 
maxima apice adscendente attenuata acuta. 

Herb. Musei Palat. Vindeb. no. 1832. 

Ein 3—4 Fufs hoher, verzweigter, unterhalb verholzter Halbstrauch. 
Blätter 1 Zoll lang und 2 Zoll breit. Blattstiele 8 Linien lang. Trugdolden- 
stiele 16— 17 Linien lang. DBlumenblätter 5 Linien lang und 4 Linien 
breit. Gröfster Fruchtflügel 6 Linien hoch und an der Spitze 5 Li- 
nien breit. 

In Brasilien von Pohl und Sello entdeckt. Nicht in Kultur. 

21) Begonia malvacea Kl. Herbacea, erecta, gracilis; caule 
simplice villosulo; foliis subrotundis profunde-cordatis leviter grosse cre- 
nato-serratis, serraturis apiculatis, supra saturate viridibus sparsim breve 
hirtellis, subtus pallidioribus glabris; petiolis brevibus hirtis; stipulis ovato- 
lanceolaüs; cymis simplieiter dichotomis pedunculatis paucifloris; pedun- 
eulis axillaribus pedicellisque evanescente hirtellis; floribus parvis roseis; 
ala maxima apice adscendente primum acuta deinde obtusiuscula. 

Ein 2 Fufs hohes, schlankes, krautartiges Gewächs. Blätter 1 Zoll 
lang und 1", Zoll breit. Blattstiel 4 —1 Zoll lang. Afterblättchen 3 — 4 
Linien lang und 21, Linien breit. Trugdoldenstiele 1— 11, Zoll lang. Gröfster 
Fruchtflügel breit, stumpflig und nach oben geneigt. 

In Brasilien von Sello entdeckt. Nicht in Kultur. 

22) Begonia pareıfolia Kl. Suffruticosa, erecta; caule brevi ra- 
moso glabro, apice puberulo-hirtello; foliis subobliquis semicordatis brevi- 
acutis reniformibus, margine inaequaliter apiculato-dentatis, supra saturate- 
viridibus sparsim hirtellis, subtus pallidis hirsuto-nervosis; petiolis pubescen- 


Phys. Kl. 1854. U 


154 Kıorzsch: 


tibus; eymis simplieiter ac breviter diehotomis paucifloris pubescente pedun- 
culatis axillaribus; floribus roseis; bracteis ovatis acutis ciliatis; ala maxima 
inferne attenuata, apice adscendente et oblique-truncata. 

Ein 1!, Fufs hoher, kurzverzweigter, schwindend - pubescirender 
Halbstrauch mit 15,—2 Zoll langen, abstehenden Zweigen. Blätter I— 14 
Linien lang und 9—15 Linien breit. Blattstiele 3—7 Linien lang. After- 
blättchen 2 Linien lang und 1, Linie breit. Trugdoldenstiele %, Zoll lang. 
Gröfster Fruchtflügel S Linien hoch und oberwärts 6 Linien breit. 

In Brasilien von Sello entdeckt. Nicht in Kultur. 

23) Begonia Brasiliensis Kl. Herbacea, gracilis, erecta; caule 
ramoso hirtello, apice hirto; foliis oblique et profunde -cordatis transverse- 
ovatis acutis apiculato - dentatis leviter angulato-lobatis, supra saturate - viri- 
dibus sparsim hirtellis, subtus hirtello-nervosis; petiolis longissimis erectis 
sparsim villosis; stipulis oblongis obtusis ciliatis; eymis simplieiter dicho- 
tomis pubescente-pedunculatis paucifloris; floribus roseis; ala maxima in- 
ferne attenuata erecta, superne longe producta. 

Eine krautartige, schlanke, einfach-verästelte, 2 Fufs hohe Pflanze. 
Blätter vom Blattstiele in einer geraden Linie gemessen 15 Linien, queer ge- 
messen 2—3 Zoll. Blattstiele —3 Zoll lang. Trugdoldenstiele 1 Zoll lang. 
Blumen klein. Gröfster Fruchtflügel schmal, 7 Linien breit. 

Von Sello am Rio dos Pedras in Brasilien entdeckt. Nicht in Kultur. 

24) Begonia macroptera Kl. Herbacea, erecta, tenuis, evanescente 
hirta; caule tenui hirtello brevissime ramoso; foliis oblique semicordatis 
aurito-ovatis acutis obsolete angulato-lobatis irregulariter apiculato-dentatis, 
supra saturate viridibus hirtellis, subtus pallidis albido-punctulatis pubescente- 
nervosis; petiolis hirtis; stipulis ovato-lanceolatis acuminatis longe ciliatis; 
cymis in apice ramorum axillaribus pedunculatis simpliciter dichotomis; pe- 
dunculis hirtellis; bracteis parvis ovatis acuminatis longe ciliatis; floribus 
roseis; capsulis basi attenuatis; ala maxima adscendente late sigmoidea 
acutiuscula. 

Ein schlankes, kurz verästeltes, 1,—1 Fufs hohes Gewächs mit sehr 
dünnem, rabenkieldickem, gerieftem, schwindend- pubescirendem, kraut- 
artigem Stengel. Blätter schief, geöhrt, bis 16 Linien lang und 14 Linien 
breit. Blattstiele 3—12 Linien lang. Afterblättchen 2%, Linien lang und 
1, Linie breit. Trugdoldenstiele 1—1', Zoll lang. Blumen klein. Gröfster 


Begoniaceen- Gattungen und Arten. 155 


Fruchtflügel von der Basis bis zur Spitze gemessen 15 Linien und vom oberen 
Fruchtrande bis zur Spitze gemessen ', Zoll. 

Von Gaudichaud in der Umgebung von Rio de Janeiro in Brasilien 
entdeckt und unter no. 1068 mitgetheilt. Nicht in Kultur. 

25) Begonia elata Kl. Herbacea, erecta; caule tereti vix ramoso, 
evanescente sparsim piloso; foliis profunde-cordatis transverse ovatis acutis 
obsolete angulato-lobatis apiculato-dentato-serratis, supra glaberrimis, subtus 
purpurascentibus albido -punctulatis sparsim piloso-nervosis; petiolis longis 
hirtellis; stipulis ovato-oblongis acutis longe ciliatis; cymis simplieiter 
dichotomis in apice ramorum axillaribus brevi pedunculatis; pedunculis 
evanescente pilosis; floribus roseis; ala maxima sigmoidea obtusata. 

Stamm krautartig, schlank, aufrecht, 2— 3 Fufs hoch, schwindend- 
behaart, mit kriechendem, sehr dünnem Wurzelstock. Blätter 9—14 Linien 
lang und 1 — 2% Zoll breit. Blattstiele ,— 1% Zoll lang. Afterblättchen 
5 Linien lang und 1!, Linie breit. Trugdoldenstiele bis 1 Zoll lang. Blumen 
klein. Gröfster Fruchtflügel von der Basis bis zur Spitze gemessen 15 Linien 
und vom oberen Fruchtrande bis zur Spitze gemessen 7 Linien lang. 

Von Sello in Brasilien entdeckt. Nicht in Kultur. 

26) Begonia uliginosa Schott. Herbacea, erecta; caule tereti 
brevi-ramoso striato evanescente-pubescente; foliis profunde-cordatis trans- 
verse ovatis acutis grosse dentatis, dentibus apiculato-serratis, supra saturate 
viridibus glaberrimis, subtus pallidis sparsim piloso-nervosis; petiolis eva- 
nescente pubescentidus; stipulis parvis oblongis acutis longe-ciliatis; cymis 
simplieiter diehotomis axillaribus terminalibusque pedunculatis; pedunculis 
pubescentibus; floribus albidis; bracteis brevibus ovatis obtusis ciliatis; ala 
maxima lata, apice truncata. 

Ein kurz verästeltes, krautartiges, 2—3 Fufs hohes Gewächs. Blätter 
10— 22 Linien lang und 1—3 Zoll breit. Blattstiele „—2 Zoll lang. After- 
blätter 3 Linien lang und 1 Linie breit. Trugdoldenstiele 1—1', Zoll lang. 
Gröfster Fruchtflügel von der gerundeten Basis bis zur Spitze gemessen 1 Zoll 
und vom oberen Fruchtrande bis zur Spitze 5 Linien. 

In Brasilien vom Gartendirector Schott in Schönbrunn entdeckt. 
Nicht in Kultur. 

27) Begonia Ermani Kl. Herbacea, erecta, ramosa; caule sul- 
cato eyanescente villosulo; foliis parvis oblique reniformibus concayis acutis 


U2 


156 Kıorzsch: 


inaequaliter grosse-minuteque dentatis, supra saturate-viridibus hirtellis, sub- 
tus pallidis albido-punctatis rufescente hirtis quinque-nervosis; petiolis bre- 
vibus ferrugineo-pubescentibus; stipulis ovato-lanceolatis acutis ciliatis; 
cymis simplieiter dichotomis paueifloris axillaribus terminalibusque eva- 
nescente villoso-pedunculatis; floribus parvis ex albido-roseis; bracteis 
brevibus oblongis obtusis eiliatis; ala maxima obtusangula, inferne ro- 
tundata. 

Ein krautartiges, fufshohes, verästeltes Gewächs mit gerieftem, 
schwindend zottig- behaartem Stengel. Blätter Zoll lang und 1 Zoll breit. 
Blattstiele 3—4 Linien lang. Afterblättchen 2 Linien lang und 11, Linie breit. 
Trugdoldenstiele 1—1%, Zoll lang. Gröfster Fruchtflügel von der gerundeten 
Basis bis zur Spitze gemessen 9 Linien und vom oberen Fruchtrande bis zur 
Spitze 5 Linien. 

In der Umgebung von Rio de Janeiro durch Professor Erman ent- 
deckt. Nicht in Kultur. 

28) Begonia Porteriana Fischer, Meyer et Lallem. Annua, 
erecta; caule glabro semipellucido-suceulento; foliis semicordatis oblique 
ovatis acutis aut subacuminatis subangulatis duplicato- et muricato-dentatis, 
supra laete-viridibus roseo-setosis, subtus pallidis glabris; petiolis rubro- 
hirtellis; stipulis ovato-acuminatis parce ciliatis; eymis simplieiter di-tricho- 
tomis axillaribus pedunculatis multifloris; pedunculis erectis glaberrimis; 
bracteis parvis ovatis, apice ciliatis; floribus parvis albidis; alis capsularum 
viridibus rotundatis unica majore apice latiore rotundata. 

B. Porteriana Fischer, Meyer et Lallemand, Index hort. bot. 
Petropol. VII, p. 51. 

Stamm jährig, wenig verästelt, durchscheinend-saftig, 1—2Fufs hoch. 
Blätter 4 — 1 Zoll lang, 2—3 Zoll breit. Blattstiele ,—2 Zoll lang mit 
rothen getheilten Haaren bekleidet. Afterblättchen 2!, Linie lang und 1 Li- 
nie breit. Trugdoldenstiele dünn, 15—2 Zoll lang. Gröfster Fruchtflügel 
von der ausgerundeten Basis bis zur abgerundeten Spitze gemessen 5 Linien 
und vom oberen Fruchtrande bis zur abgerundeten Spitze 2 Linien. 

Von dem Petersburger botanischen Garten aus Samen gezogen, den 
derselbe aus Para in Brasilien empfing. Jetzt ziemlich verbreitet. 

29) Begonia Franconis Liebm. Annua, pubescens; caule erecto 
flexuoso; internodis foliis suis brevioribus; foliis longe petiolatis semicor- 


Begoniaceen-Gatlungen und Arten. 157 


datis acutis irregulariter crenatis ciliatis, basi oblique truncatis septemner- 
viis, utrinque pubescentibus laete viridibus, petiolo laminam subaequante 
v. superante; stipulis scariosis pallidis ovatis puberulis ciliatis; cymis pauei- 
floris axillaribus pedunculatis; peduneulis pubescentibus; floribus parvis 
albidis, masculis extus puberulis; ovario pilosulo mox glabrescente; cap- 
sula utrinque rotundata nitida, alis duabus majoribus rotundatis, tertia 
angustiore. 

B. Franconis Liebmann, Mexicos og Central- Americas Begonier, 
p- 26, no. 42. 

Blätter 1,—2 Zoll breit und 1—1!, Zoll lang. Blattstiele 1—1?, Zoll 
lang. Trugdoldenstiele 5 Zoll lang. Kapseln 5 Zoll lang und 5— 6 Li- 
nien breit. 

Professor Liebmann in Copenhagen entdeckte diese Art in Mexico 
im Departement Oajaca. Sie blühet im Juli und August, ist jedoch nicht 
in Kultur. 

30) Begonia modesta Liebm. Annua, gracilis; caule succulento 
hyalino erecto puberulo, internodiis foliis suis brevioribus; foliis longe pe- 
tiolatis semicordatis acutis, basi rotundatis irregulariter crenatis, crenaturis 
latis apiculatis ciliolatis 7 —9 nerviis, utrinque laete-viridibus pellucidis, 
supra nitidis pilis flaceidis raris adpressis, subtus glabris nitidis; petiolo la- 
mina breviore v. cam subaequante puberulo; stipulis minimis pallidis lan- 
ceolatis acutis; cymis peduneulatis axillaribus paucifloris; peduneulis 
pedicellisque puberulis; floribus parvis albis; capsula utrinque rotundata, 
alis hyalinis tenue-membranaceis rotundatis, una majori, duabus aequalibus 
parum angustioribus. 

B. modesta Liebmann, Mexicos og Central- Americas Begonier, 
p- 20, n. 41. 

Die ganze Pflanze ist 4,—1 Fufs hoch. Die Blätter 1—1!, Zoll hoch 
und 1—2 Zoll breit. Die Blattstiele 1—1?, Zoll lang. Die Trugdolden- 
stiele 7—12 Linien lang. Die Blüthenstielchen fadenförmig, 2—3 Linien 
lang. Die Kapsel 5 Linien lang und 4 Linien breit. 

Vom Professor Liebmann im Departement Vera Cruz in Mexico ent- 
deckt. Blüht im März. Nicht in Kultur. 

31) Begonia humilis Dryander. Annua; caule pubescente; foliis 
semicorda'is oblique oblongo-ovatis ad marginem superiorem grosse-dentatis, 


[ 


158 Kıorzsch: 


dentibus duplicato-serratis ciliatis laete viridibus, supra sparsim hirtellis, 
subtus glabris; petiolis remote-hirtellis; stipulis scariosis oblongis acutis 
eiliatis; cymis simplieiter dichotomis axillaribus paucifloris; pedunculis pe- 
dicellisque erectis glaberrimis; bracteis minutis ovatis ciliatis; floribus 


parvis albidis; capsulis viridibus trialatis; alis rotundatis, tertia majori. 
B. humilis Dryander, Linnean Society Transactions I, p. 166, 


t. 15. Bonpland, Jard. de Malmais, t. 62. 


net, t. 69. 


Loddiges, Bot. Cabi- 


Ein 3—8 Zoll hohes, jähriges Pflänzchen. Blätter 5—15 Linien lang 
und 1—3Zoll breit. Blattstiele ,—11, Zoll lang. Afterblättchen 3Linien lang 
und 4 Linie breit. Trugdoldenstiele 15—20 Linien lang. Kapseln 3 Linien 


hoch und 4 Linien breit. 


Ist auf der westindischen Insel Trinidad zu Hause und gehört zu den 
frühesten Einführungen der Begonien in der Kultur. 


Species exclusae. 


B. aculeata Walpers = Gaerdtia argentea Kl. 

B. albo-coccinea Hook. = Mitscherlichia albo- 
coccinea Kl. 

B. argentea van Houtte = Gaerdtia argentea Kl. 

B. argyrostigma Fisch. = Gaerdtia maculata Ki, 

B. asarifolia Liebm. = Gireoudia hydrocotyli- 
Jolia Kl. 

B. aucubaefolia Hort. = Knesebeckia aucubae- 
folia Kl. 

B.auriformisHort.Berol.=Rachia auriformis Kl. 

B. BalmisianaRuiz=Knesebeckia Balmisianaßkl. 

B.Barkeri Knowels et Weste = GireoudiaBarkeri 
Kl. 

B. bulbifera Lk. = Knesebeckia bulbifera Kl. 

B. caffra Meissn. = Augustia caffra Rl. 

B 


. cardiocarpa Liebm. = Gireoudia cardiocar- 
pa Kl. 
B. caroliniaefolia Regel=Gireoudia caroliniae- 
Jolia Kl. 


B.carpinifolia Liebm.=Gireoudia carpinifoliakl. 
B. Cathcardii H.F. et T. = Platycentrum Cath- 
cardii Kl. 

. coccinea Herb. Ruizii = Casparya coccineaKl. 
. coccinea Hook. = Pritzelia coccinea Kl. 

. columnaris Benth. = Sassea columnaris Kl. 

. columnaris Herb. Ruizii = Casparya colum- 

naris Kl. 


N wu wu by 


B.conchaefolia Dietr.—= Gireoudia conchaefolia 
Kl. 
B. coriacea Haskıl.=Mitscherlichia coriaceakl. 
B.crassicaulis Lindl.= Gireoudia cerassicaulisKl. 
B. cyathophora Pöpp. et Endl. = Cyathocnemis 
Poeppigiana Kl. 
B. dealbata Liebm. = Änesebeckia dealbata Kl. 
B. dichotoma Jacg. = Wageneria dichotoma Kl. 
B. digitata Raddi = Scheidweileria digitata Kl. 
B.dipetala Grah. = Haagea dipetala Kl. 
B. discolor R. Br. = Knesebeckia discolor Kl. 
B. diversifolia Grah.= Knesebeckia Martianakl. 
B.Dregei Oito et Dietr. = Augustia Dregei Kl. 
B. echinata Royle= Reichenheimia echinata Kl. 
B. elegans H. B. Kth. = Casparya elegans Kl. 
B. Evansiana Andr. = Knesebeckia discolor Kl. 
B. fagifolia Fischer = Wageneria fagifolia Kl. 
B. faleiloba Liebm. = Knesebeckia falciloba Kl. 
B. fasciculata W. Jack. = Petermannia fasci- 
culata Kl. 
B. ferruginea Dryand.=Stiradotheca ferruginea 
Kl. 
B. fimbriata Liebm. = Gireoudia fimbriata Kl. 
B. Fischeri Otto et Dietr. = Pritzelia FischeriKl. 
B. foliosa Humb. B. Kth. = Lepsia foliosa Kl. 
B. fuchsioides Hook. = Titelbachia fuchsioides 
Kl. 


Begoniaceen - Gattungen und Arten. 


B. fusca Liebmann = Magnusia fusca Kl. 

B. Galeottii Hort. = Ewaldia lobata Kl. 

B. Gaudichaudii Walpers = Eupetalum petalo- 
des Lindl, 

B.gemmipara H.F. et T. = Putzeysia gemmi- 
para Kl. 

B. geniculata W. Jack. = Petermannia genicu- 
lata Kl. 

B. geraniifolia Hooker = Bupetalum geranü- 
folium Kl. 

B. glabra Herb. Ruizii = Sassea glabra Kl. 

B.glauca Herb. Ruizii = Pritzelia glauca Kl. 

B. Grahamiana R. Wight= Mitscherlichia Gra- 
hamiana Kl. 

B. Haskarlii Zollinger= Mitscherlichia coriacea 
Kl. 

B. heracleifolia Cham. et Schlecht. = Gireoudia 
heracleifolia Kl. 

B. hernandiaefolia Hort. Berol.= Gireoudia ne- 
lumbiifolia Kl. 

B. hernandiaefolia Hooker = Müscherlichia co- 
riacea Kl. 

B. heterophylla Hort. Schoenbr. = Knesebeckia 
Martiana Kl. 

B. hirsuta Herb. Ruizii = Pilderia hirsuta Kl. 

B. hydrocotylifolia Grah. = Gireoudia hydroco- 
tylifolia Kl. 

B.incarnataLk.etOtlto= Knesebeckia incarnala 
Kl. 

B. insignis Grah. = Knesebeckia incarnata Kl. 

B.involucrata Liebm. = Gireoudia involucratakl. 

B.jatrophaefoliaHort Berol.= Gireoudia jatro- 
phaefolia Kl. 

B. Kunthiana Walpers = Gaerdtia Kunthianakl. 

B. lepidota Liebm. = Gireoudia manicata var.Kl. 

B. Lindleyana Walpers= Gireoudia Lindleyana 
Kl. 

B. lobata Schott. = Ewaldia lobata Kl. 

B. longirostris Benth.= 1sopteris longirostris Kl. 

B.lucidaKth. etBouche= Gaerdtia Kunthianakl. 

B. lucida Otto et Dietr=Wageneria lucida Kl. 

B.luxurians Scheidw.=Scheidweileria luxurians 
Kl. 

B. macrophylla Dryand. = Gireoudia macro- 
phylla Kl. 

B. maculata Raddi = Gaerdtia maculata Kl, 

B.magnificaLinden=Stiradolheca magnificakl. 

B. magnifica Warsz.='Stiradotheca magnificakl. 

B. manicata Cels. = Gireoudia manicata Kl. 


159 


B. Martiana Lk. et Otto= Knesebeckia Marliana 
Kl. 

. maxima Hort. Berol. = Magnusia fusca Kl. 

. Meyeri Hook. = Rachia Meyeri Kl. 

. Meyeri Otto et Dietr. = Gurltia Meyeri Kl. 

. microphylla Hb. Willd = Lepsia foliosa Kl. 

. miniata Planchon = Titelbachia miniata Kl. 

.monadelpha Herb. Ruizii = Barya monadel- 

pha Kl. 

. moroptera Lk. et Otto = Knesebeckia mo- 

noptera Kl. 

. Moritziana Kth. et Bouche = Wageneria lu- 

cida Kl. 

. multinervia Liebm. = Gireoudia multinervia 

Kl. 

B. muricata Scheidw.=Scheidweileria muricata 
Kl. 

B. Natalensis Hooker = Augustia Natalensis Kl, 

B.nelumbiifolia Ch. etSchl. = Gireoudia nelum- 
biifolia Kl. 

B. octopetala L’Herit = Huszia octopetala Kl. 

B. Oregana Hort. = Pritzelia ramentacea Kl. 

B. papillosa Grah.= Knesebeckia papillosa Kl. 

B. parviflora Poepp. et Endl. = Scheidweileria 
parviflora Rl. 

B.parvifolia Grah. = Augustia Dregei Kl. 

B.parvifolia E. Meyer = Augustia Dregei Kl. 

B. pedata Liebm. = Knesebeckia pedata Kl. 

B. peltata Haskıl = Mitscherlichia coriacea Kl. 

B. peltata Otto et Dietr. = Rachia peltata Kl. 

B. petalodes Lindl.= Eupetalum petalodesLindl. 

B. physalifolia Liebm. = Gireoudia physalifolia 
Kl. 

B. plebega Liebm. = Gireoudia plebeja Kl. 


gs u u bug 


B. princeps Hort. = Pritzelia princeps Kl. 

B.pulchella Raddi = Steineria pulchella Kl. 

B. pustulata Liebm, = Weilbachia pustulata Kl. 

B.racemosa W. Jack. = Pelermannia racemosa 

Kl. 

. ramentacea Paxt. = Pritzelia ramentacea Kl. 

reniformis Dryander = Wageneria renifor- 
mis Kl. 

reniformis Hort. Berol. = dugustia Dregei Kl. 

repens Herb. Ruizii = Rossmannia repens Kl. 

reptans Benth. = Weilbachia reptans Kl. 

.rhizocarpa Fischer = Trachelanthus rhizo- 
carpus Kl. 

rigida Hort. Turic. = Gurltia rigida Kl. 

‚rubricaulis Hooker = Huszia rubricaulis Kl. 


u 


160 

B.rubro - nervia Hort. Berol. = Platycentrum 
rubro-venium Kl. 

B.rubro-venia Hook. = Platycentrum rubro- 
venium RK]. 

B. rugosaHort.Schoenbr. = ageneria rugosa Kl. 

B.sanguinea Raddı = Pritzelia sanguinea Kl. 

B. sarchopyllaLiebm.= Gireoudia sarchophylla 
Kl. 

B.scandens Hort. Schönbr. = Wageneria Schot- 
tiana Kl. 

B. schizolepis Liebm. = Gireoudia manicata Kl. 

B. scutellata Liebm. = Gireoudia conchaefolia 
Kl. 

B. sericoneura Liebm. = Gireoudia sericoneura 
Kl. 

B. sinuata Grah. = Augustia caffra Kl. 

B. squarrosa Lieb. = Gireoudia squarrosa Rl. 

B. stigmosa Lindl. = Gireoudia stigmosa Rl. 

B.strigillosa Dietr. = Gireoudia strigillosa Kl. 

B. subpeltata R. Wight = Mitscherlichia subpel- 
tata Kl. 

B. suffruticosa Meissn. = Augustia suffrulicosa 
Kl. 


B. sulcata Scheidw. = Saueria sulcata Kl. 

B. Thwaitesü Hook. = Reichenheimia Thwai- 
tesiüi Kl. 

B.tomentosa Hort. = Wageneria tomentosa Rl. 


Krorzscn: 


B.tomentosa Schott. = Gurltia tomentosa Kl. 

B. trachyptera Benth.—=Stiradolheca trachypte- 
ra Kl. 

B.tuberosa Herb. Ruizii = Eupetalum tubero- 
sum Kl. 

B. ulmifolia H.B. Kth. = Donaldia ulmifolia Kl. Ä 

B. umbellata H. B. Kth. = Isopteris umbellata 
Kl. 

B. uncinata Hort. Berol. = Augustia caffra Kl. 

B. undulata Schott. = Gaerdtia undulata Kl. 

B. Urticae L. F. = Sassea Urticae Kl. 

B. urticaefolia Hort. Berol. = Pilderia urticae- 
Jolia Kl. 

B. urticaefolia Smith = Sassea Urticae Kl. 

B. velutina Hort. Berol. = Knesebeckia Balmi- 
stana Kl. 

B. velutina Hort. Vind. = Ewaldia lobata Kl. 

B. vernicosa Hort. Berol. = Ewaldia ferruginea 
Kl. 

B. verticillata Hook. = Lauchea verticillata Kl. 

B. vitifolia Lindl. = Gireoudia Lindleyana Rl. 

B. vitifolia Schoit.— Wageneria vilifolia Kl. 

B.W allichiana Steud.=Doratometra W allichia- 
na Kl. 

B. xanthina Hook. = Platycenirum zanthinum 
Kl. 


B. zebrina Hort. = Pritzelia zebrina Kl. 


V. Saueria (') Kl. 
Taf. Il. Ar 


Flores monoici. Masc. Petala 4 biserialia inaequalia, exteriora op- 
posita majora suborbicularia, interiora minora, basi attenuata. Stamina 
plurima; filamenta libera antheris breviora; antherae oblongo-lineares ob- 
tusae, basi subemarginatae, extrorsae, biloculares, loculi lineares discreti 


connectivi continui obtusi margini adnati, longitudinaliter dehiscentes. Fem. 


[e) 


Petala 5 supera inaequalia pluriseriatim imbricata. Ovarium inferum trigo- 


num triloculare monopterum. Ovyula in placentis e loculorum angulo cen- 


trali geminis crassis conniventim-falcalis utrinque ovuliferis distinete-pedi- 


(') Dem Andenken des hiesigen Universitätsgärtners, Herrn F. W. H. Sauer, eines auf- 
merksamen, fleilsigen und sorgfältigen Pflanzen-Cultivateurs, welcher diese meine Arbeit 
bereitwillig unterstützte, gewidmet. 


Begoniaceen - Gattungen und Arten. 161 


cellatis ereberrima, anatropa. Stylus persistens perbrevis glaber trifidus, 
lobis teretibus bicornutis tortuosis, fascia papillosa bis spiraliter torta, antice 
ad basin continua cinctis. Capsula membranacea turbinato - triquetra tri- 
locularis monoptera ad alarum originem per rimas arcuatas dehiscens. Se- 
mina innumerabilia minutissima oblonga reticulata exalbuminosa. 

Frutex caracasanus; folis oblique cordatis lobato-dentatis bistipula- 
tis; cymis longe pedunculatis repetito - dichotomis bracteatis axillaribus ; 
floribus albis. 

1) Saueria sulcata Kl. Fruticosa, glabra; caule sulcato brunneo 
tandem purpureo tubereulato, tubereulis viridibus; foliis oblique - cordatis 
transverse ovatis acutis obsolete-lobatis duplicato - dentato -serratis, supra 
laete-viridibus, subtus pallidis petiolis glabris e viridi- purpurascendibus; 
stipulis magnis oblongis subobtusis; cymis repetito- dichotomis pedunculatis 
axillaribus; pedunculis longis pedicellisque rubris; floribus parvis albis; 
capsulis monopteris; alis semieircularibus. 

Begonia sulcata Scheidweiler in Otto et Dietrich, Allgemeine 
Gartenzeitung, vol. 16, p. 131. 

Stamm dick, einfach verästelt, 3—5 Fufs hoch. Blätter 1— 2 Zoll 
lang und 2— 3 Zoll breit. Blattstiele 2— 3 Zoll lang. Afterblätter 1 Zoll 
lang und 3— 4 Linien breit. Trugdoldenstengel dünn und 4—5 Zoll lang. 
Männliche Blüthenstiele 4-, weibliche 3 Linien lang. 

Diese über drei Monate hindurch blühende Art ging zufällig auf einer 
aus Columbien stammenden Orchidee bei De Jonghe in Brüssel im Jahre 
1846 auf. 


VI. Knesebeckia (') Kl. 
Rafsıl, ©: 


Flores monoici. Masc. Petala 4 biserialia inaequalia, exteriora op- 
posita majora suborbicularia, interiora minora, basi attenuata. Stamina 
plurima (28 — 60), filamenta in columnam eylindricam plus minus longam 
umbellatim connata, superne libera; antherae obovatae breves, apice or- 
biculato-tumidae extrorsae biloculares, loculi obliqui, apice subconniventes 


(') Dem Andenken meines verehrten Freundes, des Freiherrn H. B. v. d. Knesebeck auf 
Faulenbenz bei Stargard in Pommern, eines um die Landwirthschaft sehr verdienten Man- 
nes, gewidmet. 


Phys. Kl. 1854. X 


162 Krorzsch: 


connectivi continui obtusi margini adnati longitudinaliter dehiscentes. Fem. 
Petala 5 supera inaequalia pluriseriatim imbricata. Ovarium inferum trigo- 
num triloculare trialatum. Ovula in placentis e loculorum angulo centrali 
geminis conniventim-lamellatis, utrinque ovuliferis distincte pedicellatis ere- 
berrima, anatropa. Stylus persistens glaber trifidus, lobis bieruribus tere- 
tibus strietis divaricatis nec tortuosis, antice ad basin productis fascia papil- 
pillosa semel-bis spiraliter torta continua cinctis. Capsula membranacea 
turbinato-triquetra trilocularis trialata, rarissime monoptera, alis inaequali- 
bus, ad alarum originem per rimas arcuatas dehiscens. Semina innumera- 
bilia minutissima oblonga reticulata exalbuminosa. 

Frutices aut suffrutices mexicanae et Guatemalenses. (Suffruticosi 
tuberosi saepe in foliorum axillis bulbiferi); foliis alternis petiolatis, basi 
oblique cordatis inaequilateris erenatis dentatis vel serratis subinde lobatis, 
nunquam peltatis; stipulis lateralibus scariosis deciduis; floribus eymosis 
pedunculatis axillaribus roseis; petalis interdum serratis aut dentatis. 


* Succulento - fruticosi. 


1) Knesebeckia aucubaefolia Kl. Glabra; caule usque ad basin 
diviso olivaceo glaberrimo nodoso ramoso; foliis petiolatis dimidiato-cordatis 
transverse oblongo-ovatis acuminatis argute serrato-dentatis, ad marginem 
superiorem plus minus profunde angulato- ineisis, supra laete viridibus albo- 
punctulatis nitidis, subtus pallide- viridibus, utrinque glaberrimis; petiolis 
teretibus; stipulis pellueidis oblique ovatis obtusis infra apicem longe api- 
culatis; cymis ter diehotomis subterminalibus pedunculatis glabris pendulis; 
floribus laxis roseis; filamentis brevi monadelphis; antheris apice brevi 
contractis; capsula trialata, alis 2 angustis, apice angulato -truncatis; ala 
maxima late ovata obtusa. 


B. aucubaefolia Hort. 


Ein 4— 5 Fufs hoher Strauch, bis zur Basis mehrfach in schwanen- 
kieldicke, aufrechte Aeste getheilt, von welchen wiederum dünne Zweige 
ausgehen. Blätter 1%, Zoll lang und 4—5 Zoll breit. Blattstiele 1— 2}, Zoll 
lang. Afterblättchen !; Zoll lang und 2 Linien breit. Trugdoldenstiele 
1%, Zoll lang. Gröfster Flügel von der Basis bis zur Spitze gemessen 8 Linien, 
vom Griffel bis zur Spitze gemessen 6 Linien. Der nächstfolgenden Art 


Begoniaceen- Gatiungen und Arten. 163 


nahe verwandt, von welcher sie sich wesentlich durch die an der Spitze etwas 
zusammengezogenen Staubbeutel unterscheidet. 

Das Vaterland unbekannt, seit einigen Jahren in Kultur. 

2) Knesebeckia incarnata Kl. Caule erecto ramoso glabro; foliis 
petiolatis dimidiato -ineisis duplicato-ciliato-serratis glabris v. supra sparse 
strigosis; stipulis lanceolatis; pedunculis ter-dichotomis laxe cymosis sub- 
terminalibus nutantibus; floribus roseis; antheris apice truncato-pulvina- 
tis; capsulae ala maxima lata adscendente obtusa ad marginem superiorem 
truncata. 

Begonia incarnata Lk. et Otto. Icones plant. select. I, p. 37, t. 19. 
Floral Cabin. III, p. 5, t. 48. Maunt, Botanist, t. 103. B. insignis 
Graham, New Phil. Journal no. 11. Bot. Register, t. 1996. Bot. Mag. 
t. 2900. 

Stengel 3—4 Fufs hoch. Blätter 1—1'; Zoll lang und 4— 5 Zoll 
breit. Blattstiele 1 —1!, Zoll lang. Afterblättchen 3 Linien lang, 1 Linie 
breit. Trugdoldenstiele 2 Zoll lang. Männliche Blüthen 1 Zoll -, weibliche 
Blüthen 9 Linien im Durchmesser. Gröfster Flügel von der Basis bis zur 
stumpfen Spitze gemessen 10 Linien, am oberen Rande 7 Linien breit. 

In Mexico einheimisch. Die englischen Angaben, welche Brasilien als 
Vaterland anführen, beruhen auf einem Irrthum. Häufig in Kultur. 

3) Knesebeckia papillosa Kl. Caule erecto tereti; foliis petiolatis 
semicordatis transverse ovato-oblongis acuminatis argute ciliato-serratis, 
supra saturate viridibus subinde albo-maculatis sparsim papilloso -hirtellis, 
subtus margineque roseis pubescente-nervosis; petiolis carneis sparsim pi- 
losis; stipulis ovatis acuminatis integerrimis; cymis brevi pedunculatis 
rubescentibus axillaribus nutantibus; capsulae pilosae roseae alis subaequa- 
libus obtusangulis. 

Begonia papillosa Graham in Bot. Mag. t. 2846. Lindl., Botan. 
Reg. New Series XIV. pl. mise. n. 74. 

Stamm geröthet oder gebräunt, 11,—2 Fufs hoch, wenig verästelt. 
Blätter 1} Zoll lang, 4—5 Zoll breit. Blattstiele 11—1} Zoll lang. Trug- 
doldenstiele +—1', Zoll lang. Männliche Blüthen 14, Zoll -, weibliche 1 Zoll 
im Durchmesser. Kapselflügel von fast gleicher Gröfse und Gestalt, oben ge- 
rade abgestutzt, 4—5 Linien breit und 8—9 Linien hoch. 

Vaterland unbekannt. Seit 1822 in England in Kultur. 

xX2 


164 Krorzscen: 


** Suffruticoso-tuberosi. 


4) Knesebeckia discolor Kl. Suffruticosa, tuberosa; caule her- 
baceo succulento glabro e viridi-rubescente; foliis magnis inaequaliter cor- 
datis acuminatis subangulato -serrulatis reticulato- venosis, nervis subtus pe- 
tiolisque aut sanguineis aut viridibus; stipulis cadueis; pedunculis axillaribus 
bis bifidis; floribus magnis saturate-roseis; filamentis in columnam longam 
connatis; capsulae alis obtusangulis inaequalibus. 

Begonia discolor R. Brown in Aiton Hort. Kew (2 edit.) V, p. 184. 
B. Evansiana Andrews, Bot. Repos., t. 607. Bot. Mag., t. 1743. 


Pflanze krautartig, fast kahl, 1—2!, Fufs hoch. Blattstiele 1—5 Zoll 
lang. Blätter 2—5 Zoll lang und 11,—5 Zoll breit. Trugdoldenstiele 3—4 
Zoll lang. Bracteen gefärbt, grofs, hinfällig. Blüthen 1,—2 Zoll im Durch- 
messer. Fruchtflügel herablaufend, oben abgestutzt, zwei schmäler. 

Sie soll aus China stammen, welche Beläge dafür existiren, weifs ich 
nicht. In der Kultur gehört sie zu den verbreitetsten. 


5) Knesebeckia pedata Kl. Rhizomate obliquo crasso carnoso- 
squamoso caules erectos teretes indivisos glabros nodosos remote foliosos 
emittente; foliis internodio suo multo brevioribus petiolatis pedatinerviis 
angulato - reniformibus 3—5 lobis, lobis angulatis acutiusculis minute denti- 
culatis, basi breviter cuneatis, marginibus basilaribus curvatis, supra laete- 
viridibus glabris, subtus albidis nervisque rufis squamulosis prominentibus 
reticulato - venulosis, petiolo lamina breviore sursum rufo - villosulo de- 
mum glabrescente, nervis primariis quinque, quorum 2 laterales deorsum 
denudati; cyma terminali pauciflora; bracteis scariosis deciduis obtusis; flo- 
ribus brevipedicellatis roseis; ovariis dense rufo-villosis; capsula nutante 
pilis incarnatis submuricata, ala maxima late-falcata acutangula, margine ci- 
liata, duabus minoribus rotundatis. 

Begonia pedata Liebmann, Mexicos Begonier, p. 10, n. 18. 


Stämmchen 4 Fufs und darüber hoch. Blattfläche 1!, Zoll lang nnd 
2 Zoll breit. Blattstiele 6— 8 Linien lang. Fruchtstielehen 8—9 Linien 
lang. Kapsel 9 Linien lang und 12—14 Linien im Durchmesser. 

Auf der östlichen Cordillere bei S. Jago Amatlan im Departement 
Oajacas in Mexico vom Professor Liebmann entdeckt. Sie blüht im Juli, 
reift ihre Früchte im November und ist nicht in Kultur. 


Begoniaceen- Gattungen und Arten. 165 


6) Änesebeckia erenatiflora Kl. et Putzeys. Rhizomate crasso 
subterraneo carnoso caules graciles erectos simplice ramosos subglabros 
versus apicem ferrugineo-pubescentes remote foliosos emittente; foliis mem- 
branaceis tri-quadrilobatis, basi oblique cordatis nervis seminudis attenuatis, 
undique albido-hirtellis, subtus in nervis ferrugineo puberulis, lobis ovatis 
acutis duplicato-serratis, dentibus setoso-apiculatis; petiolis ferrugineo - pu- 
bescentibus tenuibus supra sulco longitudinali instructis; racemis terminalibus 
axillaribusque pedunculatis ferrugineo - pubescentibus; petalis pallide - roseis 
serrulatis, extus sparsim villosulis; capsulae pubescentis ala maxima (ex 
illustr. ill. Putzeysii) rotundata. 

Stämme wenig. verästelt, unterwärts kahl, oberwärts pubescirend, 
gerade, aufrecht, 1—1°, Fufs hoch. Internodien unterwärts 4 -, oberwärts 
2 Zoll lang. Blätter 2 Zoll lang und 3 Zoll breit. Blattstiele 1 —1!, Zoll 
lang. Traubenstiele 1,—2 Zoll lang. Bracteen oval, kurz-zugespitzt, äufser- 
lich fein pubescirend, kurz-gespitzt, am Rande sägezähnig-gewimpert, 2 Li- 
nien lang und breit. Männliche Blüthen 1 Zoll-, weibliche Blüthen 9 Linien 
im Durchmesser. Kapselfrucht 4 Linien im Durchmesser. 

In Mexico von Galeotti entdeckt und in dessen Herbarium unter 
n. 183 enthalten. Sie blüht im Mai und ist noch nicht in Kultur. 

7) Knesebeckia biserrala Kl. Rhizomate subterraneo brevi sub- 
tuberoso; caule erecto laxiusculo rubescente sparsim albido-villoso; foliis 
sublonge petiolatis oblique late palmato-lobatis subcordatis, lobis 4 — 5 in- 
aequalibus inciso-serratis ciliatis; cymis dichotomis rubris pedunculatis axil- 
laribus terminalibusque hirtellis; bracteis ovato - lanceolatis hirtellis cadueis; 
floribus roseis magnis nutantibus; petalis exterioribus majoribus inciso - ser- 
ratis ciliatis, extus molliter puberulis; fructu 3 alato pilis albis echinato, alis 
brevibus obtusis grosse ciliatis unica vix duplo majore. 

Begonia biserrata Lindley, Journ. of the Hort. Society v.II, p. 313. 
Hooker, Bot. Mag., t. 4746. 

Stamm krautartig, 2—3 Fufs hoch, behaart, wie alle übrigen Theile 
dieses Gewächses mit Ausnahme der inneren Fläche der Blumenblät- 
ter. Die unteren Blätter verhältnifsmäfsig lang-gestielt, ziemlich eine 
Spanne breit, die oberen verringern sich dagegen nach und nach bis zu 
2 Zoll. Trugdolden gabelförmig-getheilt, gestielt, end- oder achselständig, 
dieBlätter überragend. Bracteen klein, ei-lanzettförmig. Männliche Blüthen 


166 Kıorzscn: 


1%, Zoll-, weibliche 1!, Zoll im Durchmesser. Gröfster Flügel am oberen 
Rande stumpf-abgestutzt. 

Von Skinner in Guatemala entdeckt und in England lebend 
eingeführt. 


9) Knesebeckia ignea Kl. Rhizomate subterraneo brevi subtube- 
roso, caules erectos teretes nodosos robustos piloso-hispidos glanduliferos 
remote foliosos emittente; foliis magnis inaequaliter-cordatis distincte-lobatis 
irregulariter-serratis transverse ovatis acutis, utrinque glanduloso-hirtis; pe- 
tiolis robustis rufescentibus glanduloso-hirtis; stipulis oblique suborbicula- 
ribus foliaceis dentato-serratis glanduloso-hirtis; eymis paucifloris simplieiter 
dichotomis pedunculatis axillaribus; pedunculis pedicellisque glanduloso- 
hirtis; floribus magnis roseis petalis florum masculorum exterioribus femi- 
neisque omnibus versus apicem argute ciliato-serratis; germine sparsim 
glanduloso-hirto inaequaliter trialato; placentarum lamellis crassiusculis un- 
dulatis; capsulae ala maxima obtusangula. 

Begonia ignea de Warszewicz in lit. 


Stengel 2—3 Fufs hoch, wenig verästelt, kräftig, krautartig. Blätter 
2— 3 Zoll lang und 3— 6 Zoll breit, Lappen 4, — 1%, Zoll lang und 11, — 2 
Zoll an der Basis breit. Blattstiele 15—3 Zoll lang. Afterblättchen 4 Linien 
lang und breit, selten kurz gespitzt. Trugdoldenstiele 1 — 41, Zoll lang. 
Männliche Blüthen 14, Zoll, weibliche Blüthen 1 Zoll im Durchmesser. 
Gröfster Fruchtflügel wenig breiter und stumpfwinkliger als der zweitgröfste 
abgerundete Flügel. 

Durch Herrn v. Warszewicz in Guatemala entdeckt und in Deutsch- 
land lebend eingeführt. 


10) Knesebeckia falciloba Kl. Rhizomate subterraneo brevi; caule 
erecto subpedali leviter flexuoso glabro succulento pellucido folioso, in- 
ternodiis foliis suis brevioribus; foliis petiolatis tenuibus oblique angulato- 
cordatis 3—5 lobis acuminatis duplicato-dentatis setigeris, supra laete viri- 
dibus pilis subulatis albis adspersis, subtus pallidioribus glabris ad insertionem 
petioli vesiculiferis et pilis reflexis albis instructis, nervis 5—7, petiolis 
laminam subaequantibus glabris; stipulis deciduis scariosis ovatis; cymis 
axillaribus foliis suis brevioribus dichotomis paucifloris; bracteis tenuissimis 
decoloribus ovatis denticulatis; floribus albis vel pallide roseis, petalis 


Begoniaceen- Gattungen und Arten. 167 


denticulatis; capsulae glabrae ala maxima membranacea lato -falcata obtusa, 
2 minoribus rotundatis. 

Begonia faleilobaLiebmann, Mexicos og Central- Americas Begonier, 
p- 15, n. 29. 

Die untersten Blätter 6 Zoll lang und 2 Zoll breit, deren Blattstiele 
4 Zoll lang. Die oberen Blätter 3—5Zoll lang und 1}, Zoll breit und deren 
Blattstiele 2— 21, Zoll lang. Die männlichen Blüthenstiele 3—4 Linien 
lang, die weiblichen ; — 1 Zoll lang. Die Kapsel 6 Linien lang und 9 Li- 
nien breit. 

Im Departement Oajacas einer subtropischen Gegend Mexicos vom 
Professor Liebmann entdeckt. Blühend und mit Früchten versehen ange- 
troffen im Monat October. Nicht in Kultur. 4 

11) Knesebeckia bulbifera Kl. Rhizomate tuberoso; caule sim- 
pliei in foliorum axillis bulbillifero; foliis oblique cordatis acuminatis sub- 
angulato-crenatis parum ciliatis primordialibus subrotundo - cordatis, in 
axillis foliorum bulbilliferis; floribus axillaribus solitariis pedicellatis magnis 
roseis; petalis exterioribus dentieulatis; filamentis in cylindrum longiusculum 
umbellatim- monadelphis; antheris compressiusculis brevibus obovatis; stig- 
matibus magis dilatatis vix tortuosis; placentarum lamellis crassiusculis la- 
cunoso-undulatis; capsulae alis angustis subdenticulatis. 

Begonia bulbifera Link et Otto, Icon. plant. select. hort. Berol., 
p- 89, t. 45. 

Vam verstorbenen Dr. Schiede in Mexico entdeckt und lebend im 
Berliner botanischen Garten eingeführt. 


12) Knesebeckia Martiana Kl. Rhizomate tuberoso; caule her- 
baceo glaberrimo; foliis radicalibus reniformibus late crenatis, caulinis 
transverse oblongis acuminatis grosse dentato - serratis, superioribus inaequa- 
liter cordatis subinde lobatis in axillis foliorum bulbilliferis; pedunculis 
axillaribus paucifloris; floribus magnis roseis; petalis exterioribus versus 
apicem crenato-dentatis; filamentis in cylindrum crassum umbellatim - mo- 
nadelphis; antheris brevibus compressiusculis oboyatis; placentarum lamel- 
lis aequalibus laevibus; stigmatis cornubus stricetis nec tortuosis; capsulae 
ala maxima acutangula patente. 


168 Krorzsch: 


Begonia Martiana Lk. et Otto l.c. p. 49, t. 25. B. diversifolia 
Graham in Edin. Philos. Journal (1829) p. 183. Bot. Mag. t. 2966. Floral 
Cab. I, p. 27, t.-14. 

Von dem früheren Reisenden jetzigen Kunst- und Handelsgärtner 
Deppe zu Witzleben bei Charlottenburg zuerst, später von Capitain Velch, 
dem verstorbenen Dr. Schiede und von dem Professor Liebmann in 
verschiedenen Gegenden von Mexico entdeckt und lebend in Europa 
eingeführt. 

13) Knesebeckia monoptera Kl. Rhizomate tuberoso; caule 
erecto simpliei rubescente subtilissime papilloso -pubescente; foliis oblique- 
cuneiformibus sublobato -crenatis, subtus insigniter papillosis sanguineis, 
radicalibus longissime petiolatis reniformibus vix obliquis, in axillis foliorum 
bulbilliferis; racemo composito terminali, inferne folioso rubescente; flo- 
ribus candidis; germinis rubris ala unica adscendente anguste lanceolata 
basim versus angustissime attenuata. 

Begonia monoptera Lk. et Otto, Ice. plant. select. hort. bot. Berol , 
p- 27, t. 14. Bot. Mag., t. 3564. 

Knollen etwas zusammengedrückt. Stengel aufrecht, 2—24; Fufs hoch. 
Stengelblätter etwas gelappt, 2—2', Zoll lang, 1—1%, Zoll breit, kurz-ge- 
stielt. Wurzelblätter 3 Zoll lang, 4, Zoll breit und 4—5 Zoll lang- ge- 
stielt. Afterblättchen dreieckig zugespitzt und wenig gewimpert. Traube 
endständig, wie sämmtliche Stieltheile der ganzen Pflanze roth, unterwärts 
beblättert, 9— 11 Zoll lang. Blüthenstielchen einzeln oder paarweise, 
11, Zoll lang, auf dem sehr kurzen allgemeinen Stiele vereinigt. Blumen 14, 
Zoll im Durchmesser. Fruchtknoten einflügelig. Flügel schmal, lanzett- 
förmig, zugespitzt. 

14) Rnesebeckia Balmisiana Kl. Rhizomate tuberoso; caule 
gracili ramoso herbaceo rubescente dense pubescente; foliis suborbiculato- 
ovatis obtusis longe petiolatis obsolete grosse crenatis supra hirtellis viri- 
dibus, subtus rubescentibus dense papillosis, in axillis foliorum bractearum- 
que aggregatim-bulbiferis; racemo terminali elongato; petalis ex albido-ro- 
seis; germinibus inaequaliter trialatis; ala maxima rotundata. 

Begonia Balmisiana Ruiz, Herb. F. X. Balmis, Demonstracion de 
las eficaces, virtudes nuevamente descubiertas en las Raices de dos plantas de 


Nueva-Espana espicies de Begonia. (Madrid 1794. 8vo), p. 338, t. 2. 


Begoniaceen - Gattungen und Arten. 169 


Knollen rundlich, zusammengedrückt. Stengel 1—11, Fufs hoch. 
Aeste dünn und biegsam, geröthet, stark pubescirend. Blätter 1—3 Zoll 
lang und 14—4 Zoll breit, an der Basis breit abgestutzt. Wurzelblätter 
2Zoll -, Stengelblätter 1, Zoll lang-gestielt. Blüthentrauben am Hauptstamme 
wie an den Zweigen endständig, unterwärts beblättert. Gröfster Flügel 
abgerundet. 


FI. Gaerdtia(') Kl. 
TITAN: 


Flores monoici albi, masculi et feminei in cymas dichotomas pedun- 
culatas axillares sexu subdistineti. Masculi: Petala 4, exteriora plana 
applanata suborbiculata, interiora obovata, extus convexa, dorso carinata, 
basi attenuata. Stamina 20 — 30 toro pulvinato inserta inaequilonga, ex- 
teriora breviora; antheris extrorsis subspathulatis, apice truncato-tumidis 
cucullatim-incurvis, loculis approximatis, lateraliter dehiscentibus; filamentis 
liberis, exterioribus brevissimis. Flores feminei: Petala 5, inaequalia ob- 
tusa, exteriora majora. Germen triloculare trialatum, alis subaequalibus, 
basi attenuatis, apice truncatis, placentis tribus centralibus bifidis oblongis 
obtusiusculis, inter fissuram exovuliferis. Stylus tripartitus glaber. Stig- 
mata bicruria divaricata stricta, nec tortuosa, fascia papillosa bis spiraliter 
torta antice continua cincta. Capsula membranacea albida triquetra trilo- 
eularis subaequaliter-trialata, ad alarum originem per rimas arcuatas de- 
hiscens. Semina innumerabilia minutissima oblonga reticulata exalbuminosa. 

Frutices ramosi Brasilienses; caulibus ramisque glabris teretibus ni- 
tidis artieulatis; gemmulis axillaribus, ante expansionem spinescentibus; 
foliis elongatis obliquis semicordatis cartilagineo-marginatis repandis; petiolis 
teretibus; stipulis deciduis lanceolatis magnis nitidis; cymis repetito - dicho- 
tomis in apice ramulorum axillaribus pedunculatis. 

1) Gaerdtia maculata Kl. Fruticosa, erecta, ramosa, glaberrima; 
foliis alternis brevipetiolatis transverse elongatis semicordatis obtusis, margine 
cartilagineis undulatis crenato-repandis, basi in lobum obliquum obtusum 


productis, supra viridibus saepe maculis albidis instructis, subtus plus minus 


(') Dem Andenken des Herrn H. Gaerdt, Obergärtner des Fabrikbesitzer Herrn Bor- 
sig zu Alt-Moabit bei Berlin, der sich um die Pflanzen-Kultur wohl verdient gemacht hat, 
gewidmet. 


Phys. Kl. 1854. Y 


170 Krorzscn: 


purpurascentibus; cymis pedunculatis nutantibus; petalis florum masculorum 
exterioribus suborbicularibus reniformibus, latioribus quam longis. 

Begonia maculata Raddi Mss. ex Sprengel Syst. veg. II, p. 626. 
Begonia argyrostigma Fischer in Link et Otto, Icones plant. select. I, 
p- 23, t.10. 

Stengel grün, von der Dicke eines Fingers und 2—3 Fufs hoch. Blät- 
ter 2— 2%, Zoll lang und 5—6 Zoll breit. Blattstiele 4,—1 Zoll lang. Die 
äufseren Blumenblätter der männlichen Blüthe 4— 5 Linien lang und 6 Li- 
nien breit. 

In Brasilien von Riedel entdeckt und lebend im Petersburger bota- 
nischen Garten eingeführt, von woaus sie eine grosse Verbreitung erfahren 
hat. Blüht vom Juni bis September. 


2) Gaerdtia argentea Kl. Fruticosa, erecta, glaberrima; foliis 
alternis brevi petiolatis transverse elongatis oblique cordatis acutis, margine 
cartilagineis subintegerrimis planis in lobum posticum adscendentem angulatum 
productis, supra viridibus subimmaculatis, subtus rubrinerviis, deinde toto 
rubescentibus; cymis pedunculatis suberectis; floribus albis subinde roseo 
tinctis; petalis florum masculorum exterioribus ovatis brevi-acutis, longiori- 
bus quam latis. 

Begonia argentea van Houtte, Catalogus anno 1842. Begonia acu- 
leata W alpers in plantis Meyenianis. Nova acta acad. Caes. Leop. Carol. 
XIX. Suppl. I, p. 409. 

Stengel grün, robust, wenig verästelt, 4—5 Fufs hoch. Blätter 2 Zoll 
lang und 9—10 Zoll breit. Blattstiele 1—1!, Zoll lang. Trugdoldenstiele 
2— 2, Zoll lang. Aeufsere Blumenblätter der männlichen Blüthe 10 Linien 
lang und 8 Linien breit. 

Stammt aus Brasilien, woselbst sie der verstorbene Meyen bei Rio 
de Janeiro sammelte, nachdem dieselbe bereits in den belgischen Gärten 
kultivirt wurde. Blühet während der Sommermonate. 


3) Gaerdtia undulata Kl. Fruticosa, erecta, glabra; caule tereti 
ramoso viridi, punctis oblongis albidis consperso; foliis brevissime petiolatis 
inaequaliter oblongis et cordatis brevi acutis, margine undulato-repandis 
glaberrimis nitidis, supra saturate viridibus, subtus pallidis rubescenti ner- 
vosis; stipulis elongato - oblongis, apice attenuatis; cymis pedunculatis 


Begoniaceen-Gattungen und Arten. 171 


axillaribus repetito-dichotomis; floribus parvis albidis; capsulae albidae alis 
subaequalibus, inferne attenuatis. 

Begonia undulata Schott Mss. in Sprengel Syst. veg. cur. post. 
p- 408. Graham, New Edinb. Phil. Journ. II, p. 184. Bot. Mag. t. 2723. 
Gaerdtia stenobotrys Kl. olim. 

Stamm strauchartig, unterwärts verholzt, 3—4 Fufs hoch, gleich den 
Zweigen stielrund. Blätter 3— 4 Zoll lang und 14,— 1%, Zoll breit. Blatt- 
stiele 1,—3 Linien lang. Trugdoldenstiele weifs, 1—1!, Zoll lang. Männ- 
liche Blüthen 1 Zoll -, weibliche Blüthen 10 Linien im Durchmesser. 
Kapseln weifs, 8 Linien lang und 6 Linien im Durchmesser. 

Durch den verdienstvollen Schott in Schönbrunn auf seiner Reise in 
Brasilien entdeckt und lebend bei uns eingeführt. 

4) Gaerdtia KunthianaKl. Fruticosa, erecta, glabra; caule suc- 
eulento ; foliis breviter petiolatis inaequilatero-lanceolatis oblongis acuminatis 
grosse dentatis, basi dimidiato -rotundatis levissime cordatis, supra saturate 
viridibus nitidis, subtus purpurascentibus; pedunculis axillaribus 2 — 3 flo- 
ris; floribus magnis candidis; petalis florum masculorum exterioribus 
subrotundo- ovatis acutiusculis, interioribus multo-minoribus obovato -spa- 
thulatis, apice rotundatis; petalis florum femineorum 5 minoribus in- 
aequalibus obovatis; ovarii trialati albidi alis rotundatis, una paulo latiore. 

Begonia Kunthiana Walpers, Annales Bot. Syst. II, p. 650. B. Iu- 
cida Kunth et Bouche (nec Otto et Dietr.), Index semin. in horto Berol. 
1847 coll., p. 16, n. 30. 

Siamm strauchartig, 3—4 Fufs hoch, aufrecht-ästig. Blätter 31, Zoll 
lang und 1 Zoll breit. Blattstiele 24 Linien lang. Afterblättchen schief, 
ei-lanzettförmig, 1 Zoll lang. Blumenstiele 3blumig, 3—1 Zoll lang. 
Aeufsere Blumenblätter der männlichen Blüthe 9— 10 Linien breit, innere 
nur 6 Linien lang. 

Durch Moritz, der diese Art auf der Colonie Tovar bei Caracas ent- 
deckte lebend im Berliner botanischen Garten eingeführt. 


Y2 


172 Krorzsch: 


** Placentae integrae pedicellatae. 


VIII. Trendelenburgia(') Kl. 
Taf. IH. B. 


Flores monoici minuti, masculi et feminei in cymas dichotomas pe- 
dunculatas axillares sexu distinctas. Masculi: Petala 4 parva obovata pa- 
tentia, interiora angustiora. Stamina 12—15 toro subplano inserta aequi- 
longa; antherae oblongo-ellipticae extrorsae, in apicem brevem et obtusum 
productae, loculis approximatis, lateraliter dehiscentibus in filamenta libera 
antheris breviora attenuatae. Flores feminei: Petala 5 angustissima minuta 
deinde patentissima subaequalia. Germen oblongum tubulosum exalatum 
triloeulare. Ovula in placentis e loculorum angulo centrali integerrimis pe- 
dicellatis (sectio transversa orbicularis) ubique ovuliferis creberrima, ana- 
tropa. Stylus persistens glaber tripartitus. Stigmata bieruria tortuosa erecta, 
fascia minutissime papillosa bis spiraliter torta antice continua eineta. Capsula 
membranacea tubulosa aptera. Semina... 

Frutex ramosus in truneis emortuis arborum Brasiliensium scandente- 
radicans; caulibus lignosis tenuibus tumido - artieulatis; foliis oblongis ser- 
rato-dentatis acutis brevi petiolatis stipulatis vix obliquis; eymis repetito- 
dichotomis in apice ramulorum axillaribus pedunculatis sexu distinctis; 
floribus masculis in alabastro obovatis, femineis pedicellatis in medio pedi- 
celli bibracteatis. 

1) Trendelenburgia fruticosa Kl. Ramosa, radicans, subscan- 
dens; caulibus ramisque cinereis nodosis; foliis subaequalibus oblongis acu- 
minatis remote dentato -serratis inferne cuneato-integerrimis, supra saturate- 
viridibus, utrinque opacis, subtus pallidis hirtello-nervosis; petiolis bevibus 
evanescente-hirtellis; stipulis scariosis lanceolatis acuminatis; eymis pedun- 
eulatis axillaribus hirtellis repetito-dichotomis; floribus minutissimis; bracteis 
marcescentibus lanceolatis acute-acuminatis patentibus; germinibus cylindrieis 
exalatis, basi attenuatis. 

Ein kletternder, vielfach - verästelter, 4— 6b Fufs hoher Srauch mit 
rabenkieldicken, unterwärts dicht-knotigen, undeutlich - gerieften Zweigen. 


(') Dem Andenken des Philosophen, Herrn Professor F. A. Trendelenburg, bestän- 
digen Secretairs der Akademie der Wissenschaften, eines als Gelehrten wie als Mensch gleich 
ausgezeichneten Mannes gewidmet. 


Begoniaeeen- Gattungen und Arten. 173 


Die Blätter sind’ 2— 3 Zoll lang und an der breitesten Stelle — 1 Zoll 
breit. Die Blattstiele 1,—2 Linien lang. Afterblättchen 3—4 Linien lang 
und 1!, Linie breit. Trugdoldenstiele 6—9 Linien lang. Männliche Blüthen 
5 Linien -, weibliche Blüthen 4 Linien im Durchmesser. Fruchtknoten 
1 Linie lang und !; Linie im Durchmesser. 

Auf der Serre d’Estrella in Brasilien von dem verstorbenen Sello ent- 


deckt. Nicht in Kultur. 


IX. Ewaldia(') Kl. 
a: 


Flores monoiei albi pubescenti-villosi masculi et feminei cymosi; 
cymis dichotomis pedunculatis in apice ramorum axillaribus. Masculi: Pe- 
tala 4, exteriora plana suborbicularia, interiora minora obovata, extus con- 
vexa, dorso carinata, basi attenuata. Stamina 25—30 toro subplano inserta 
aequilonga; antheris oblongis utrinque obtusis, apice breviter productis 
extrorsis remote bilocularibus; filamentis liberis antheris sublongioribus. 
Flores feminei: Petala 5 subaequalia obovata patentia, extus puberula. 
Ovarium inferum trigonum triloculare inaequaliter trialatum. Ovula in pla- 
centis e loculorum angulo centrali integerrimis pedicellatis (sectio transversa 
ovata vel oblonge et obtuse-triangularis) creberrima utrinque truncata ana- 
tropa. Stylus persistens glaber tripartitus. Stigmata bieruria tortuosa erecta, 
fascia papillosa bis spiraliter torta antice continua eincta. Capsula triquetra 
trilocularis monoptera alis 2 minimis, ad alarum originem per rimas arcuatas 
dehiscers. Semina innumerabilia minutissima oblonga reticulata exalbumi- 
nosa, utrinque truncata. 

Frutices villosi Brasilienses ; foliis inaequaliter reniformi-cordatis den- 
ticulatis lobatis; stipulis scariosis magnis deciduis; floribus eymosis longe- 
pedunculatis axillaribus albis; capsulae villosae alis binis angustis, tertia 
maxima. i 

1) Ewaldia Ferruginea Kl. Fruticosa, ferrugineo-hirsuta; caule 
elato, apice ramoso; foliis oblique cordatis duplicato - dentatis, transverse 
oblongis acutis, postice auriculatis, margine superiore lobo magno instructis, 
supra sparsim-subtus dense hispidis; petiolis ferrugineo-hirsutis; cymis 


(#) Dem Andenken des Geognosten, Herrn Dr. J. W. Ewald, meines hochgeschätzten 
Collegen in der Berliner Akademie der Wissenschaften gewidmet. 


474 Kıorzscn: 


divaricatis in apice ramoruuw axillaribus pedunculatis hirsutis; floribus brac- 
teisque pilosis albidis, ala maxima patente obtusa. 

Begonia vernicosa Hort. Berol. 

Stamm 2—3 Fuls hoch, an der Spitze verästelt. Blätter 3 Zoll lang 
und 5 Zoll breit, die Ausbuchtung der Lappen an der Insertion des Blatt- 
stiels eng. Trugdoldenstiele 5 Zoll lang. Trugdolden wiederholt-gegabelt, 
auseinandergespreitzt. Gröfster Fruchtflügel länglich, abstehend, abgerun- 
det, 9 Linien breit und 5 Linien hoch. 

Im mittägigen Brasilien von Sello entdeckt. In den Gärten als Be- 
gonia vernicosa verbreitet. 

2) Ewaldia lobata Kl. Fruticosa, villoso-tomentosa; foliis in- 
aequaliter reniformibus obtuse lobatis denticulatis acutis transverse oblon- 
gis, postice auriculatis, supra sparsim-subtus dense hirsutis; petiolis villoso- 
tomentosis; stipulis ovato-oblongis acutis, extus pilosis; fructuum ala 
maxima elliptica horizontali. 

Begonia lobata Schott in Sprengel Syst. veg. cur. post., p. 408. 
Begonia velutina Hort. Vind. B. Galeottü Hort. Berol. 

Stamm 3—4 Fufs hoch. Blätter 2—4 Zoll lang und 5—7 Zoll breit. 
Blattstiele 1 — 4% Zoll lang. Trugdoldenstiele 2—7 Zoll lang. Gröfster 
Fruchtflügel elliptisch, abstehend, 6 Linien lang und 4—5 Linien breit. 

Von Schott und Sello in Brasilien entdeckt. Befindet sich unter 
den oben erwähnten Namen in Gärten kultivirt. 


X. Reichenheimia (') Kl. 
Taf. IV. A. 


Flores monoiei albicantes roseo tincti corymbosi. Corymbi radicales. 
Masculi: Petala 4, exteriora concaviuscula oblongo-orbicularia, extus pu- 
berula, interiora subspathulata, extus convexiuscula. Stamina numerosa 
toro convexo inserta aequilonga; antheris clavatis obtusis in filamenta atte- 
nuatis per rimas laterales, inferne angustas dehiscentibus; filamentis liberis 
minutissime muricatis filiformibus antherarum longitudine. Flores feminei: 


(') Dem Andenken und den Verdiensten der Herren Fabrikbesitzer Gebrüder Leonor 
und Moritz Reichenheim in Berlin, welche durch die Kultur einer Auswahl seltener, 
schöner und zum Theil sehr kostbarer Pflanzen anderen Pflanzenliebhabern mit einem guten 
Beispiele vorausgehen und dadurch der Kunst und Wissenschaft indireet nützen, gewidmet. 


Begoniaceen - Gattungen und Arten. 175 


Petala 5 patentia obovata. Ovarium inferum trigonum triloculare inaequa- 
liter trialatum. Ovula in placentis e loculorum angulo centrali integerrimis 
pedicellatis, (sectio transversa hastata, apice angustata) cereberrima utrinque 
truncata anatropa funiculis longis instructa. Stylus brevis persistens glaber 
trifidus. Stigmata flabellatim - dilatata brevissime bicruria fascia papillosa 
semel spiraliter torta antice continua cincta. Capsula triquetra trilocularis 
subaequaliter trialata, alis subangustis basi attenuatis, ad alarum originem 
per rimas arcuatas dehiseens. Semina innumerabilia minutissima oblonga 
reticulata exalbuminosa, utrinque attenuata. 

Herbae subacaules tuberosae Indiae orientalis; foliis magnis sub- 
aequilateris longe petiolatis cordatis, margine dentatis; scapis radicalibus 
ramoso -subumbellatis; floribus albidis roseo tinctis. 

1) Rteichenheimia Thwaitesii Kl. Acaulis, rubro-pilosa; foliis 
vix inaequilateris longiusceule petiolatis cordatis acutis vel acuminatis ob- 
scure lobatis erenato-serratis intense viridi-purpureis albo-maculatis, utrin- 
que pilis copiosis purpureis velutinis, margine nudis; stipulis ovatis acumi- 
natis; scapis plurimis petiolis brevioribus; floribus subumbellatis ex 
albido-roseis; capsulae alis tribus angustis rotundatis subaequalibus dupli- 
cato - ciliatis. 

Begonia T'hwaitesii Hooker, Bot. Mag., t. 4692. 

Wurzelstock knollenartig. Stamm fehlend. Blätter knollenständig, 
lang-gestielt, breit-herzförmig, zugespitzt, fast gleichseitig; die Ausbuchtung 
tief, die Lappen abgerundet, am Rande gezähnt, von grünlicher Kupfer- 
farbe, weifsgefleckt, unterhalb fast purpurroth, auf beiden Flächen roth- 
haarig. Die gestielten, schirmartigen Blüthenschafte behaart, kürzer als die 
Blattstiele. Bracteen eiförmig, gelblich-grün. Kapseln sparsam behaart. 

In Bezug auf Farbe und Lüster der Blätter eine der schönsten aller 
Begoniaceen, durch Herrn Thwaites, Vorsteher des botanischen Gartens 
zu Peradenia auf Ceylon, im Jahre 1851 in England eingeführt. 

2) Reichenheimia subpeltata Kl. Acaulis, pilosa; foliis cordato- 
orbieularibus subangulatis dentatis, utrinque pilosis subpeltatis longe petiolatis 
radicalibus; petiolis pilosis; racemis paucifloris pedunculatis radicalibus plu- 
rimis glabris petiolis sublongioribus; floribus albidis; capsulae alis tribus 
subaequalibus, basi attenuatis, apice truncatis. 

Begonia subpeltata Robert Wigbht, Icones plant. Ind. or.,t:4812. 


176 Kıorzsce: 


Knollen von der Gröfse einer Herzkirsche. Blätter 41, Zoll im Durch- 
messer, Yrippig, behaart, von zarter Textur, scharf gezähnt mit einer 
Ausbuchtung an der Basis, welche einen spitzen Winkel bildet. Blattstiel 
knollenständig, gedreht, behaart, auf der Vorderseite der Länge nach ge- 
rinnelt, 6 Zoll lang. Traubenstengel kahl, schlank, 4—5blumig, 7—9 
Zoll lang. 

Auf Malabar zu Hause. Nicht in Kultur. 

Diese Gattung scheint in Ostindien zahlreich vertreten zu sein. Die 
Unvollständigkeit des mir zu Gebote stehenden Materials gestattet jedoch nur 
Vermuthungen, keine bestimmten Nachweise. Mit Bestimmtheit vermag ich 
nur anzugeben, dafs die von Royle in den Illustrations of Himalayan plants 
auf Tafel 80, Fig. 1 abgebildete Begonia echinata Wall. zur Gattung 
Reichenheimia gehört. 


XI Gurltia(') Kl. 
Taf. IV. B. 


Flores monoiei eymosi. Cymae multiflorae pedunculatae axillares. 
Masculi: Petala 4 candida, exteriora majora orbicularia concaviuscula, extus 
pilosa, interiora reflexa anguste-oblonga obtusa, basi attenuata. Stamina 
numerosa toro subplano inserta aequilonga; antheris clavatis obtusis in fila- 
menta attenuatis per rimas laterales angustas dehiscentibus; filamentis liberis 
filiformibus, antherarum longitudine. Flores feminei: Petala 5 patentia 
obovata inaequalia, extus pilosa. Ovarium inferum trigonum triloculare 
subaequaliter trialatum. Ovula in placentis e loculorum angulo centrali in- 
tegerrimis pedicellatis, (sectio transversa cordato-ovata subacuta) creberrima 
oblonga anatropa. Stylus brevissimus persistens glaber trifidus. Stigmata 
bieruria strieta fascia papillosa bis spiraliter torta inferne continua cincta. 
Capsula triquetra trilocularis pilosa trialata, alis apice truncatis inaequalibus, 
ad alarum originem per rimas arcuatas dehiscens. Semina innumerabilia 
minutissima oblonga reticulata exalbuminosa. 


(') Dem Andenken des Geheimen Medicinal-Rath, Professor Gurlt, Director der Thier- 
arzneischule in Berlin, eines ausgezeichneten Thier- Anatomen und Physiologen, der in der 
Botanik wohl bewandert und dafür literarisch, wenn auch nur anonym, wirksam gewesen 


ist, gewidmet. 


Begoniaceen-Gattungen und Arten. 477 


Frutices erecti ramosi Brasilienses; foliis mag 


transverse-ovatis acutis subangulato -dentatis villoso - pubescentibus; cymis 


nis oblique cordatis 


pedunculatis axillaribus dichotomis divaricatis. 

1) Gurltia tomentosa Kl. Fruticosa, villoso-hirtella; foliis in- 
aequaliter reniformi-cordatis, transverse ovato-oblongis acutis repando-sub- 
undulatis crenato - dentatis eiliato setosis, supra hirtellis, subtus ferrugineo- 
villosis; petiolis villosis; eymis bis dichotomis longissime pedunculatis; 
pedunculis ferrugineo-villosis; floribus albidis bracteisque extus pilosis; 
fructuum alis binis angustis, tertia maxima acutangula. 

Begonia tomenlosa Schott, Curae posteriores in System. vegetab. 
eurante Curt. Spreng. Append., p. 408, n. 48. 

Stengel aufrecht, verästelt, 2—3 Fufs hoch, von der Dicke eines 
kleinen Fingers, wie die Unterseite der Blätter und Blattstiele rost- farben, 
zottig-filzig. Blätter 21, Zoll lang und 5—7 Zoll breit. Blattstiele 2—3 Zell 
lang. Afterblättchen breit-lanzettförmig, zugespitzt, äufserlich zottig, 7 Li- 
nien lang und an der Basis 3— 4 Linien breit. Trugdolde wechselständig, 
doppelt-gegabelt, 7— 9 Zoll lang gestielt. Bracteen und Blüthen äufser- 
lich behaart. 

In Brasilien von Schott in Schönbrunn entdeckt. Nicht in Kultur. 

2) Gurltia rigida Kl. Fruticosa, pilosa; foliis inaequaliter cor- 
datis transverse-ovatis acutis crenato-dentatis setoso-ciliatis, supra sparse 
hirtellis, subtus in nervis villosis; petiolis articulato-pilosis; cymis axillari- 
bus bis dichotomis longe pedunculatis; pedunculis pubescentibus; flo- 
ribus albidis bracteisque extus pilosis vix ciliatis; pedicellis pubescenti- 
tomentosis. 

Begonia rigida Hortus Turicensis. 

Stengel aufrecht, 2—3Fufs hoch. Blätter 3%, Zoll lang, 51, Zoll breit. 
die herzförmigen Lappen der Ausbuchtung sich deckend. Blattstiel 3 Zoll 
lang. Trugdoldenstiel 6 Zoll lang. 

In Brasilien einheimisch. Im Züricher botanischen Garten in Kultur, 
von woher mir durch den Herrn Garteninspector Regel ein Blüthenexemplar 
mitgetheilt wurde. 

3) Gurltia Meyeri Kl. Fruticosa, erecta, ramosa, incano -villosa; 
foliis magnis oblique cordatis, transverse ovatis acutis leviter angulatis den- 
tatis, subtus incano-villosis, in nervis petiolisque subferrugineo-tomentosis; 


Phys. Kl. 1854. Z 


178 Krorzscn: 


stipulis semiorbiculatis apieulatis, extus albido-villosis; eymis dichotomis 
longe pedunculatis pubescentibus; floribus albis congestis villosis; bracteis 
magnis albidis ovato-orbieularibus acutis, extus villosis, margine fimbriatis; 
capsulae pubescentis alis inaequalibus apice truncatis, inferne attenuatis. 

Begonia Meyeri Otto et Dietrich, Allgemeine Gartenzeitung IV, 
p- 349 nec Hooker, nec Walpers. 

Stamm aufrecht, 3—4 Fufs hoch, fingerdick, verästelt. Blätter 3Zoll 
lang, 7 Zoll breit. Blattstiele 3—4 Zoll lang, auf der oberen Seite mit 
einer seichten Furche versehen. Afterblättchen 9 Linien lang und 1 Linie 
breit; im späteren Zustande der Entwickelung mit zurückgeschlagenen seit- 
lichen Rändern. Gröfster Fruchtflügel an dem abgestutzten oberen Ende 
!, Zoll breit, an der Basis 1 Linie breit und 9 Linien lang. 

Ist in Brasilien zu Hause, durch Riedel im botanischen Garten zu 
Petersburg lebend eingeführt und von dort her weiter verbreitet worden. 


XII. Scheidweileria (') Kl. 
Ma IV...G: 


Flores monoici albi minuti ramosissime cymosi; cymis masculis et fe- 
mineis distinctis repetito-dichotomis pedunculatis in apice ramorum axillari- 
bus. Masculi: Petala 4 oblongo-orbicularia subaequalia parva albida, dein 
reflexa. Stamina numerosa inaequilonga toro subplano inserta; antheris 
brevissimis utrinque emarginatis extrorsis remote bilocularibus; filamentis 
filiformibus liberis antheris multo longioribus. Flores feminei: Petala 5 sub- 
aequalia parva erecta ovato-orbicularia glabra. Ovarium inferum trigonum 
triloculare aequaliter trialatum. Ovula in placentis e loculorum angulo 
centrali integerrimis pedicellatis (sectio transversa breviter ovata obtusa) cre- 
berrima oblonga anatropa. Stylus tripartitus glaber persistens; stigmata 
bieruria tortuosa erecta, fascia papillosa ter spiraliter torta antice continua 
eincta. Capsula triquetra trilocularis aequaliter obtuse trialata, ad alarum 
originem per rimas arcuatas dehiscens. Semina innumerabilia minutissima 
oblonga reticulata exalbuminosa. 


(') Dem Andenken des Herrn Professor Scheidweiler zu Ledeberg bei Gent in Bel- 
gien, einem eifrigen Botaniker, der die ersten in Europa lebend eingeführten beiden Arten 
dieser Gattung als Begonia muricata und B. /uxurians beschrieben hat, gewidmet. 


Begoniaceen-Gaitungen und Arten. 179 


Frutices erecti robusti subsimplices in fruticetis aridis Brasiliae et 
Andium Peruviae orientalis erescentes; foliis subaequalibus palmatim quin- 
que-septemlobatis aut plerumque in speciebus brasiliensibus digitatis, lobis 
foliisque argute-serratis; cymis dichotomo-ramosissimis divaricatis longe pe- 
dunculatis sexu distinctis. 

* Folia simplieia palmatim -lobata. 

1) Scheidweileria pareiflora Kl. Fruticosa, robusta, erecta; fo- 
lüis longe petiolatis cordatis subaequilateris quinque aut septemlobatis, lobis 
acutis incisis duplicato-serrulatis ciliatis, supra glabriusculis, subtus in nervis 
venisque ferrugineo-tomentosis; cymis longe pedunculatis divaricatis repe- 
tito-dichotomis; capsulae alis angustis aequalibus. 

Begonia parviflora Poeppig et Endlicher, Nova Genera ac Spec. 
pl... p- 7, n.2, t.12. 

Stamm einfach, aufrecht, 6—12 Fufs hoch und ,—1 Fufs im Durch- 
messer, zuweilen an seiner Spitze sparsam verästelt, dessen Holz weich und 
zerbrechlich und von einer glatten, weifslichen Rinde bekleidet. Blät- 
ter 9 Zoll bis 2 Fufs lang und breit. Blattstiele 2 Fufs lang und von der 
Dicke einer Schwanenfeder. Trugdoldenstiele 1—2 Fufs lang, nahe des 
Stammgipfels oder seiner Verzweigungen achselständig, leicht mit einem rost- 
farbenen Filze bedeckt. 

Auf den östlichen Abhängen der Anden von Peru von Pöppig ent- 
deckt. Nicht in Kultur. 

** Folia digitata. 

2) Scheidweileria muricata Kl. Caule simplici erecto nodoso 
muricato; foliis alternis digitatis quinatis septenisve novenatis, foliolis lan- 
ceolatis acuminatis inaequaliter argute serratis, utrinque lucidis glanduloso- 
muricatis; petiolis teretibus; stipulis parvis caducis; cymis repetito - dicho- 
tomis hispidulis plerumque sexu distinctis longe pedunculatis; bracteis 
parvis ovatis ciliatis deciduis; germinibus pubescentibus. 

Begonia muricata Scheidweiler in Otto et Dietrich, Garten- 
zeitung IX, p. 166 nec Blume. B. pentaphylla Walpers, Repertor II, 
p: 209, n. 39. 

Der 3— 6 Fufs hohe Stengel ist einfach, knotig-gegliedert, unten 
nackt und holzig, von einem Zoll Durchmesser, oben, wo er noch kraut- 
artig ist, mit Weichstacheln bekleidet. Blätter gefingert, 5—7- oder 9zäh- 

Z2 


180 Krorzsc: 


lig, mit 6 Zoll langen, weichstachlich-behaarten Blattstielen versehen. Blätt- 
chen 6—9 Zoll lang und 1,—2 Zoll breit. Blattstielchen eben so, wie die 
allgemeinen Blattstiele behaart, 5—10 Linien lang. Trugdoldenstiele 1—2 
Fufs lang, bis zur Dicke eines Schwanenkiels, gleich den 6fach wiederholt 
gabelförmigen Verästelungen kraus-pubeseirend. Blüthen und Kapseln sehr 
klein, letztere auf den Klappen pubescirend. 

In Brasilien einheimisch. Seit dem Jahre 1837 in Belgien eingeführt 
und von dort aus verbreitet. 


3) Scheidweileria luxurians Kl. Caule nodoso cylindraceo tu- 
berculato hispido, infra nodos hirsutissimo ; foliis magnis digitatis, foliolis 
11—17 lanceolatis, subplicatis acutis, basi in petiolulum compressum atte- 
nuatis, margine argute serratis, utrinque sparsim hispidis, supra saturate 
viridibus, subtus pallide rubescentibus; petiolis teretibus elongatis setoso- 
hispidis rufescentibus; floribus masculis parvis roseis. 

Begonia luxurians Scheidweiler in Otto et Dietrich, Garien- 
zeitung XVI, p. 131. 


Aus der perennirenden Wurzel treten mehrere 3— 4 Fufs hohe, ge- 
röthete Stengel hervor. Die gefingerten Blätter haben über einen Fufs im 
Durchmesser. Die Blättchen sind 6—7 Zoll lang und 1 Zoll breit. Blatt- 
stiel geröthet, stielrund, 5—6 Zoll lang. Blumenblätter rosenroth. 

Auf dem Orgelgebirge in Brasilien an den Rändern der Wälder in 
feuchten Örtlichkeiten zwischen Steinen wild vorkommend. Herr De 
Jonghe in Brüssel erhielt diese Art im Jahre 1848 lebend. 


4) Scheidweileria dıgitata Baddi. Caule subsimpliei cylindrico 
hispidulo; foliis digitatis subundenis, foliolis lanceolatis inaequaliter serratis 
acuminatis, basi longe attenuatis subsessilibus, utrinque sparsim scabris, 
supra saturate-subtus pallide viridibus; capsulae alis rotundatis aequalibus. 

Begonia digitata Raddi Mss. ex Sprengel Syst. veg. II, p. 626. 
B. verticillata Vellozo, Flora Fluminensis X, t. 45. 

Stamm cylindrisch, oberwärts einfach verästelt. Blätter gefingert. 
Blättchen 6—8 Zoll lang und 1—11, Zoll breit. Stiel und Verzweigungen 
der Trugdolde schwindend filzig- pubescirend, im trocknen Zustande 
rostfarben. 

In Brasilien wie es scheint ziemlich verbreitet. Nicht in Kultur. 


Begoniaceen =(@ atlungen und Arten. 181 


5) Scheidwerleria inciso-serrata Kl. Caule robusto cylindrico, 
apice subramoso; foliis digitatis quinatis-novenatis; petiolis dense pubescente- 
hirsutis; foliolis distincte petiolulatis oblongis inaequilateris acuminatis irre- 
gulariter argute serratis, basi obtusis, supra medium dilatatis lobato - incisis, 
supra saturate viridibus sparsim scabris, subtus pallidis hirtello-nervosis; 
stipulis maximis oblongis glabris integerrimis mucronatis cadueis; cymis 
longe pedunculatis dichotomo -ramosissimis dilatatis ferrugineo - hirsutis; flo- 
ribus femineis in alabastro pubescentibus. 

Stamm walzenförmig, einfach, an der Spitze verästelt, knotig-ge- 
gliedert und schwindend borstig-zottig. Blattstiele rauh, von der Dicke 
eines Rabenkiels und 6—15 Zoll lang. Blättchen I—12 Zoll lang, 
breit und sichelförmig gebogen, gewöhnlich nur am Rande der breiteren 


ungleich- 


Hälfte lappenförmig eingeschnitten, 2, — 4 Zoll breit. Blättchenstiele 
ebenfalls rauh und ,—1 Zoll lang. Trugdoldenstiele fufslang. Männ- 
liche Blüthen sehr klein, kahl. Weibliche Blüthen in der Knospe sparsam 
pubeseirend. : 

In Brasilien von Sello entdeckt. Nicht in Kultur, 


XIII. Lepsia (‘) Kl. 
TatsıV 2A: 


Flores parvi monoici cymosi axillares sexu distineti. Masculi: Pe- 
tala 4 biserialia inaequalia, exteriora majora brevi obovata, interiora anguste 
oblonga. Stamina inaequilonga brevia; filamenta racemosim monadelpha; 
antherae breves utrinque subacutae, loculis lateralibus ovalibus brevibus. 
Femineis: Petala 5 subaequalia supera pluriseriatim imbricata. Ovarium 
inferum trigonum triloculare trialatum. Ovula in placentis e loculorum 
angulo centrali integris pedicellatis (sectio transversa ovato-lanceolata,) utrin- 
que oyuliferis creberrima, anatropa. Stylus persistens glaber trifidus. 
Stigmata arcuatim bieruria, fascia papillosa ter spiraliter torta basi continua 
eincta. Capsula membranacea turbinato-triquetra trilocularis inaequaliter 
trialata bracteis 2 lanceolato -linearibus acuminatis persistentibus suffulta, ad 


(') Dem Andenken des berühmten Alterthumforschers, Herrn Professor Lepsius in 
Berlin, der auch auf seiner an Resultaten überaus reichen Reise nach Ägypten der Botanik 
eingedenk war, gewidmet. 


182 Krorzsca: 


alarum originem per rimas arcuatas dehiscens. Semina innumerabilia minu- 
tissima oblonga reticulata exalbuminosa. 

Fruticuli lignosi scandentes ramosissimi in sylvis montanis humidis 
umbrosis Americae tropicae erescentes; foliis subsessilibus minutis semicor- 
datis ovalibus obtusis argute serratis, subtus albido -papillosis; stipulis sca- 
riosis longissime acuminatis persistentibus ; pedunculis paueifloris axillaribus. 

1) Lepsia Joliosa Kl. Fruticosa, ramosissima, scandens, glabra; 
foliis oblongis acutis sessilibus glaberrimis, basi inaequaliter subcordatis, 
margine ciliato-serratis supra saturate viridibus, subtus pallidis albido- 
punctato - pustulatis; stipulis ovatis mucronatis unicostatis persistentibus in- 
aequilateris pellucidis; eymis femineis bifloris filiformi-pedunculatis glabris; 
bracteis duabus ad basim germinis magnis ellipticis mucronatis; capsulae ala 
maxima obtusangula, inferne attenuata. 

Begonia foliosa Humb., Bonpl., Kth., Nov. gen. ex spec. pl. VII, 
p- 140, t. 642. B. microphylla Herb. Willd., n. 17572. 

Stamm kahl, dünn, sehr verästelt, braun, längsgefurcht, 1— 11, Fufs 
lang. Blätter 6— 8 Linien lang und 3— 3%; Linien breit. Afterblättchen 
2%, Linien lang und 1'; Linie breit. Trugdoldenstiele $—9 Linien lang. Die 


den Fruchtknoten stützenden beiden Bracteen 3 Linien lang und 2 Linien 
breit. Gröfster Fruchtflügel 6 Linien lang und oberwärts 4 Linien breit. 

Schon von Humboldt und dessen Begleiter Bonpland entdeckt. 
Nicht in Kultur. 

3) Lepsia microphylla Kl. Fruticosa, ramosissima, scandens; 
caule sulcato robusto ramisque fuseis pulverulento-floccosis; foliis brevi pe- 
tiolatis oblique obovatis ciliato-serratis, basi inaequaliter attenuato - emargi- 
natis, supra saturate viridibus, subtus pallidis albido - punctato- pustulatis; 
stipulis lanceolatis longe mucronatis unicostatis persistentibus inaequilateris 
pellueidis; eymis filiformi-pedunculatis, masculis 5 floris, femineis bifloris; 
bracteis duabus ad basin germinis lanceolatis longe mucronatis; capsulae ala 
maxima rectangula orbiculato-obtusa, inferne nec attenuata. 

Lepsia folıosa Tab. nostra V. A. 

Stamm braun, gerieft, von der Dicke eines Schwanenkiels, 3—4 Fufs 
lang, pulverig-flockig-pubeseirend. Blätter 4—6 Linien lang und 1, — 2%, Li- 
nien breit. Afterblättchen 2—3 Linien lang und 1 Linien breit. Trugdol- 
denstiele 2—3 Linien lang. Blume fleischfarben. Die den Fruchtknoten 


Begoniaceen - Gattungen und Arten. 183 


stützenden beiden Bracteen 2 Linien lang und 3, Linie breit. Gröfster Frucht- 
flügel 2 Linien breit und 21, Linien hoch. 

In schattigen, feuchten Waldungen bei Merida in Venezuela von 
Herrn C. Moritz entdeckt und getrocknet unter no. 1263 eingesandt. Nicht 
in Kultur. 

3) Lepsia Poeppigiana Kl. Fruticosa, scandens, glabra, ramosa; 
caule ramisque tenuibus leviter striatis ; foliis obovatis acutis brevi petiolatis 
tenue membranaceis basi oblique emarginatis, utrinque laete viridibus ciliato- 
serratis, subtus albido-punctato-papillosis; stipulis late lanceolatis persisten- 
tibus longe mucronatis; cymis femineis filiformi-pedunculatis unifloris; bracteis 
duabus ad basin germinis minutissimis; capsulae ala maxima superne latiore 
obtusa, inferne attenuata. 

Begonia foliosa Poeppig Herb., nec. Humb., Bonpl., Kth. 

Stamm schlank, 1—1!, Fufs lang, kahl, von der Dicke eines Raben- 
kiels, leicht gerieft. Blätter 4—6 Linien lang und 2—3Linien breit. After- 
blättchen 2 Linien lang und 1 Linie breit. Trugdoldenstiele 4— 5 Linien 
lang. Blüthen- und Fruchtstiele 5 Linien lang. Die den Fruchtknoten 
stützenden beiden Bracteen °, Linie lang. Gröfster Fruchtflügel 3 Linien 
breit und 4 Linien hoch. 

Von dem Professor Pöppig in Leipzig in Waldungen von Peru ent- 
deckt. Nicht in Kultur. 


XIV. Doratometra(') Kl. 
Lat: VesrBs 


Flores monoici albi racemosi. Masc. Petala 4 biserialia inaequalia, 
exteriora majora orbicularia, intus convexa, interiora anguste obovata, apice 
incurva. Stamina 20—25 inaequilonga racemosim-connata; filamenta ab 
apice usque ad basim racemoso-monadelpha; antherae parvae breves, utrin- 
que obtusae, loculis lateralibus abbreviatis. Fem. Petala 5 inaequalia 
obovata parva. Stylus persistens glaber tripartitus. Stigmata bicruria, fascia 
papillosa bis spiraliter torta, antice ad basim continua eincta. Ovarium in- 
ferum trigonum triloculare trialatum, alis aequalibus pedicellato-glandulosis. 
Ovula in placentis e loculorum angulo centrali integris pedicellatis, (sectio 


(') Aus den griechischen Wörtern do3u und Kyrg« zusammengesetzt. 


184 Kırorzscn: 


transversa cordato - sagittata) utrinque ovuliferis creberrima anatropa. Cap- 
sula membranacea ovato-triquetra trilocularis, aequaliter trialata, apice 
attenuata, basi ebracteata, ad alarum originem per rimas arcuatas de- 
hiscens. Semina innumerabilia minutissima oblonga reticulata exalbuminosa. 

Suffrutex Indiae orientalis; caule erecto puberulo gracili succulento; 
foliis semicordatis dentatis acutis; petiolis longis; stipulis parvis inaequilon- 
gis pilosis deciduis; racemis filiformi - pedunculatis 2—4 floris. 

1) Doratometra VVallichiana Kl. Caule gracili sueculento sub- 
ramoso puberulo semipellucido; foliis longe petiolatis semicordatis, trans- 
verse ovatis acutis sublobato-grosse dentatis, margine pilosis, supra sparsim 
setosis laete viridibus, subtus glabris; stipulis parvis inaequilongis ovatis 
acutis pilosis caducis; racemis longe pedunculatis 2 — 4 floris; germinibus 
ovatis, apice attenuatis undique pedicellato - glandulosis. 

Begonia Wallichiana Steudel. 

Ein schlanker, 2—3 Fufs hoher, wenig verästelter, saftiger Halb- 
strauch. Blätter 1,—2 Zoll lang und 2,—3!; Zoll breit. Blattstiele 1—3 
Zoll lang. Afterblättchen 1—1%, Linie lang. Traubenstiele 1 Zoll-, Blü- 
thenstiele 4—°, Zoll lang. Kapseln 7 Linien lang und unterwärts 5 Linien 
im Durchmesser. Fruchtflügel 1%, Linie breit. 

In Östindien einheimisch. Wird nur in botanischen Gärten kultivirt. 


XV. Steineria(') Kl. 
TakrVorG 


Flores parvi cymosi monoici. Masc. Petala 4 biserialia inaequalia, 
exteriora majora obovato-orbicularia, interiora obovata. Stamina numero- 
sissima; antherae breves obovatae, apice truncatae, loculis lateralibus; fila- 
menta in columnam crassam oblongam racemosim-monadelpha. Fem. Pe- 
tala 5 pluriserialia inaequalia parva obovata. Ovarium inferum trigonum 
triloculare subaequaliter trialatum puberulum. Ovula in placentis e locu- 
lorum angulo centrali integris pedicellatis (sectio transversa ovato-triangularis) 
utrinque ovuliferis creberrima anatropa. Stylus persistens glaber brevissimus 


(‘) Dem Andenken meines verehrten Collegen in der Akademie der Wissenschaften, des 
Mathematiker Herrn Professor Steiner in Berlin, gewidmet. Die früher für dieselbe Gat- 
tung von mir vorgeschlagene Benennung Ziessia bin ich gezwungen zurückzuziehen, weil sie 
inzwischen von dem Herrn Fresenius für ein Pilz- Genus vergeben worden ist. 


Begoniaceen-Gattungen und Arten. 185 


tripartitus. Stigmata arcuatim bieruria, fascia papillosa ter spiraliter torta 
basi continua cincta. Capsula membranacea turbinato -triquetra trilocularis 
anguste trialata, ad alarum originem per rimas arcuatas dehiscens. Semina 
innumerabilia minutissima oblonga reticulata exalbuminosa. 

Frutices magni elati Brasilienses; foliis magnis incurvo-obovatis den- 
tatis acutis incurvis, basi semicordatis, supra glabris opacis, subtus dense et 
minutissime lepidotis; stipulis caducis; cymis pedunculatis axillaribus di- 
varicato - dichotomo-ramosis; floribus parvis; capsulae alis subaequalibus 
rotundatis. 

1) Sterneria ferruginea Kl. Ramis petiolis cymis nervisque atque 
ad paginam inferiorem foliorum pulverulento-tomentellis ferrugineis; foliis 
magnis incurvo-obovatis acutis semicordatis inaequilateris, versus apicem 
dentatis, supra saturate viridibus glabris, subtus dense et minutissime lepi- 
dotis, pallide ferrugineis; stipulis cadueis ovato-elongatis obtusis extus lepi- 
dotis, intus glabris; germinibus petalisque extus lepidotis; capsulae alis 
rotundatis, basi in pedicellum subattenuatis. 

Ein hoher, ausgebreiteter, verästelter Strauch. Blätter 1—1%, Fufs 
lang und 5—7 Zoll breit. Afterblättchen 3—4 Linien lang und 1,—2 Li- 
nien breit. Blattstiele zolllang. Trugdolden einen Fufs im Durchmesser. 
Trugdoldenstiele 6 Zoll lang. Blüthen und Kapseln 4 Linien im Durch- 
messer. Fruchtflügel 14 Linie breit und 3 Linien hoch. 

In Brasilien von Sello entdeckt. Nicht in Kultur. 

2) Steineria pulchella Kl. Caule erecto ramoso glabro; foliis 
subminoribus incurvato-obovatis acutis semicordatis inaequilateris, versus 
apicem dentatis, supra saturate viridibus glabris, subtus nervis fuscescentibus 
exceptis, aeneis, minutissime et densissime lepidotis; petiolis brevibus costisque 
subtus evanescente hirtellis; cymis pedunculatis evanescente pubescentibus ; 
capsulae alis angustis rotundatis subaequalibus, basi in petiolum subattenuatis. 

Begonia pulchella Raddi mss. ex Sprengel Syst. veg. II, p. 626. 

Ein schlanker, verästelter, kahler Strauch. Blätter 5—7 Zoll lang 
und 2—3 Zoll breit. Blattstiele 3—4 Linien lang. Trugdolden 4 Zoll im 
Durchmesser, deren Stengel 2—3 Zoll lang. Früchte sammt den Flügeln 
2 Linien im Durchmesser. 

Von Raddi, Sello, Meyen und Gaudichaud bei Rio de Janeiro 
in Brasilien gesammelt. Nicht in Kultur. 


Phys. Kl. 1854. Aa 


186 Krorzsch: 


AYI. Pilderia(') Kl. 
Taf. VII A. 


Flores monoiei paniculati penduli. Masculi: Petala 4 subviridia, 
exteriora majora ovato-oblonga obtusa extus convexiuscula hirtella, interiora 
anguste oblonga breviora, utrinque glabra. Stamina 30 —40; antherae 
brevissimae obovatae, apice pulvinatim productae; filamenta longa filiformia, 
basi umbellatim monadelpha. Flores feminei: Petala 5 inaequalia late ob- 
longa obtusa in alabastro pluriseriatim imbricata. Germen trigonum hispi- 
dum triloculare inaequaliter trialatum. Ovula in placentis e loculorum 
angulo centrali integerrimis pedicellatis (sectio transversa hastata oblonga 
obtusa) ereberrima, anatropa, sessilia. Stylus brevis tripartitus glaber per- 
sistens. Stigmata bicruria, fascia papillosa bis spiraliter torta, inferne con- 
tinua eincta. Capsula triquetra trilocularis hispidula inaequaliter trialata, 
ad alarum originem per rimas arcuatas dehiscens. Semina innumerabilia 
minutissima oblonga reticulata exalbuminosa. 

Frutex caracasanus erectus ramosus ferrugineo-villosus; caule ramis- 
que erectis exsuceis; foliis oblongis acutis basi semicordatis membranaceis 
rugoso-bullatis argute duplicato-serratis, supra hispidis, subtus nervoso-vil- 
losis; stipulis ovatis acuminatis aridis fuscescentibus, dorso villoso - costatis ; 
panicula ferrugineo-villosa terminali; floribus pendulis membranaceis laxis 
pallide virescentibus bracteis persistentibus suffultis. 

1) Pilderia urticaefolia Kl. Caule exsucco tereti, ramis panicula 
petiolisque ferrugineo -villosis; foliis membranaceis oblongis inaequilateris 
rugoso-bullatis acutis subineisis duplicato - serratis, basi semicordatis deinde 
recurvatis, supra hispidis glabro-nervosis, subtus glabris minutissime albido- 
punetulatis ferrugineo-hirsuto-nervosis; panicula pyramidata multiflora; 
bracteis scariosis persistentibus obtusis ciliatis. 

Begonia urticaefolia Hort. Berol. 

Ein 2—3 Fufs hoher, aufrechter, verästelter, schlanker Strauch. 
Blätter anfangs gerade-abstehend, so, dafs die Blattfläche mit der Richtung 


(') Dem Andenken eines vorzüglichen Pflanzen-Cultivateurs, unter dessen sorgsamer 
Pflege die Palmen des hiesigen botanischen Gartens sich lange einer normalen Gesundheit 
erfreuten, des Herrn Obergärtner Pilder bei der Frau Bankier Friebe in Wilmersdorf 
bei Berlin, als ein Zeichen der Anerkennung gewidmet. 


Begoniaceen - Gallungen und Arten. 187 


des Blattstiels eine gerade Linie bildet, später zurückgekrümmt, so, dafs die 
Richtung des Blattstiels zu der der Platte einen rechten Winkel zeigt und 
die frühere Länge des Blattes zur Breite wird, 3—4 Zoll lang und 11,—2 
Zoll breit. Die Rispe 3—4 Zoll lang, ,—1 Zoll langgestielt; die 
Seitenzweige derselben zolllang, dünn, einfach, vielblumig und während 
der Blüthe hangend. 

In Venezuela von Karsten, Moritz und Wagener gesammelt und 


lebend in Deutschland eingeführt. 


°+ Flores masculi et feminei 4 petali. 


XYTI. Mezierea Gaudich. 


Flores monoiei, masculi et feminei in cymas repetite dichotomas pedun- 
culatas axillares dispositi. Masculi: Petala 4, exteriora maxima orbicu- 
laria, margine ceucullato-involuta, interiora angusta oblongo-lanceolata intus 
excavata. Stamina numerosa toro plano inserta;, antheris oblongis, apice sub- 
attenuatim-obtusis, basi emarginatis; filamentis liberis erectis anthera sub- 
brevioribus, basi dilatatis. Flores feminei: Petala 4, exteriora maxima et 
interiora angusta, forma ut in mare. Germen inferum teretiusculum oblon- 
gum, leviter tricostatum exalatum triloculare. Ovula creberrima, anatropa. 
Stylus usque ad basin tripartitus persistens glaber. Stigmata bieruria basi 
expansa, cruribus tortuosis, apice attenuatis, fascia papillosa bis spiraliter 
torta, inferne continua cinctis. Capsula oblonga exalata.. Semina innume- 
rabilia ovalia reticulata exalbuminosa. 

Frutex; foliis ovatis acuminatis, margine repando-crenatis inaequi- 
lateris, basi semicordatis; stipulis longissimis lanceolato - acuminatis, dorso 
costatis; cymis repetite dichotomis pedunculatis axillaribus folio suo bre- 
vioribus; bracteis longis angustis. 


1) Mezierea Salaciensis Gaudichaud, Voyage de la Bonit (Bo- 
tanique), t. 32 absque descriptione. 

Stengel stielrund. Blätter 3—5 Zoll lang und 14, — 2, Zoll breit. 
Blattstiele und Afterblättchen +—1 Zoll lang. Trugdoldenstiele 1—2 Zoll 
lang. Blüthen % Zoll im Durchmesser. Früchte 6 Linien lang und 3 Linien 
im Durchmesser. 


Aa 


188 Kıorzscn: 


Der Ursprung der Pflanze, wie der, der Namenbezeichnung ist völlig 
unbekannt. Sicher gehört sie einem Länderstriche an, aus welchem mir 
keine Begoniacee zu Gesicht gekommen ist und ich vermuthe daher, dafs sie 
den ost-afrikanischen Inseln angehören möge. Der Queerdurchschnitt einer 
Frucht in der Zeichnung zeigt Wandplacenten, dies ist jedenfalls unrichtig, 
weil es der Entwickelung dieses Organs bei den bis jetzt bekannten Formen 
dieser Familie durchaus widerspricht. 


°r Flores masculi 5 petali — feminei 3 petali. 
* Placentae bilamellatae. 


XVII. Rachia (') Kl. 
Tat: VE: \B. 


Flores monoieci magni albidi in cymas dichotomas parvas contractas 
longe pedunculatas axillares dispositi. Masculi: Petala 4 biserialia, exteriora 
oblongo-orbicularia magna, extus sparsim villosula, interiora angusta oblon- 
go-obovata glabra. Stamina numerosa aequilonga toro plano inserta; an- 
theris oblongis, utrinque obtusis, rimis longitudinalibus apice oblique con- 
niventibus instructis; filamentis liberis antheris subbrevioribus. Flores 
feminei: Petala 3 inaequalia biserialia, exteriora majora oblongo-orbicularia, 
intus glabra convexa, extus longe pilosa, interius parvum obovatum. Germen 
inferum pilosum trigonum triloculare subinaequaliter trialatum. Ovula in 
placentis e loculorum angulo centrali geminis conniventim bilamellatis, 
utrinque oyuliferis creberrima, anatropa. Stylus brevis glaber persistens 
tripartitus; stigmatibus bieruribus, basi subdilatatis, fascia papillosa bis 
spiraliter torta cinctis. Capsula membranacea pilosa turbinato-triquetra 
trilocularis subaequaliter trialata, ad alarum originem per rimas arcua- 
tas dehiscens. Semina innumerabilia minutissima oblonga reticulata exal- 
buminosa. 

Frutices simplices erecti tomentosi mexicani; foliis peltatis carnoso- 
subcoriaceis incano-tomentosis; stipulis latis deciduis acuminatis; cymis 
contractis longe pedunculatis; floribus submagnis albidis. 


(') Dem Andenken eines sehr vielseitig gebildeten Mannes und ausgezeichneten Pflanzen- 
Cultivateurs, des Kunstgärtner Herrn Louis Rach in Berlin, der eine grofse Pflanzenkenntnils 
besitzt und eben eine interessante Arbeit über die Ericeen des Thunberg’schen Herbars 
beendet hat, gewidmet. 


Begoniaceen- Gattungen und Arten. 189 


1) Rachia peltata Kl. Caule erecto crasso simplici tomentoso; 
foliis carnoso-coriaceis peltatis orbiculari-ovatis acutis repando-crenatis, supra 
subtusque incano tomentosis; stipulis latis acuminatis septemnerviis, extus 
tomentoso-vellereis; petiolis longis teretibus incano-tomentosis; cymis con- 
tractis longissime pedunculatis pubescenti-tomentosis; floribus magnis albi- 
dis; petalis exterioribus pilosis. 

Begonia peltata Otto und Dietrich, Allgemeine Gartenzeitung 
IX, p. 58. 

Stamm dick, einfach, 1,—2 Fufs hoch. Blätter 5—7 Zoll lang und 
4—51, Zoll breit. Blattstiele —6 Zoll lang. Trugdoldenstiele 8—15 Zoll 
lang. Blüthen 1 Zoll -, Kapseln 9 Linien im Durchmesser. Fruchtflügel 
6 Linien lang und 3 Linien breit, oben abgestutzt. 

Kömmt auf trockenen, sonnigten Trachytfelsen in einer Höhe von 
2,500 Fufs in Mexico vor, (Liebmann). Durch Schiede und Deppe 
lebend eingeführt und vom Berliner botanischen Garten aus verbreitet. 

2) Rachia incana Kl. Caule erecto crasso simplici incano-tomen- 
toso; foliis peltatis minoribus ovatis acutis remote dentatis subangulatis, 
subtus albido-tomentosis, supra pallide viridibus subglabris; peduneulis 
longiusculis ramificationibusque cymae rubescentibus albido-villosulis; petalis 
albidis roseo tinctis utrinque glaberrimis. 

Begonia incana Lindley, Miscellaneous matters to the Botanic. Reg. 
1841. n. 73. B. auriformis van Houtte, Hort. Berol. 

Der vorigen Art im Habitus sehr verwandt, nur in allen Theilen 
kleiner und schwächer und durch vorstehende Diagnose wohl unterschieden. 

Nach Liebmann kömmt sie in Mexico mit der vorhergehenden Art 
gemeinschaftlich vor. 

3) Rachia Meyeri Kl. Caule elato erecto fruticoso; foliis car- 
nosis amplis peltatis oblongis, basi oblique auriculatis, margine leviter sinu- 
atis, undique molliter cano-tomentosis; cymis axillaribus longissime pedun- 


culatis rubescentibus villosulis; floribus magnis dense congestis longe 


pedicellatis; petalis exterioribus magnis, extus labmie! capsulis pallide-viri- 

dibus tenuissime membranaceis magnis aequaliter trialatis, apice truncatis. 
Begonia Meyeri Hooker, Bot. Mag., t. 4100 nec Otto et Dietrich. 
Diese Art scheint die gröfste der bis jetzt bekannten Rachien zu sein. 


Sie ist aus Versehen von Sir W. Hooker für eine Pflanze gehalten worden, 


190 Krorzsch: 


die er aus dem Berliner botanischen Garten erhalten zu haben glaubte, vom 
Petersburger Garten ausgegangen sein sollte, in Brasilien zu Hause ist und 
zur Gattung Gurltia gehört. In der von Sir W. Hooker entworfenen 
Diagnose werden der weiblichen Blüthe 2 Blumenblätter zugeschrieben, 
während in der dazu gehörigen, von Fitch gefertigten Abbildung deutlich 
3 Blumenblätter zu sehen sind. 

Sie stammt jedenfalls aus Mexico. Ob sie sich noch in Kultur befin- 
det, ist mir nicht bekannt. 


AIX. Diplochinium (') R. Wight, (Icones ete., excl. t. 1814.) 


Flores monoici eymosi. Masculi: Petala 4, exteriora majora orbi- 
cularia, interiora angusta, basi attenuata. Stamina numerosa inaequilonga, 
inferne monadelpha; antheris obovatis, apice rotundatis aut emarginatis in 
filamenta brevia attenuatis. Flores feminei: Petala 3, exterioribus duabus 
oppositis majoribus, tertia angustiore, basi attenuata. Germen trigonum 
glabrum triloculare aequaliter trialatum. Ovula in placentis e loculorum 
angulo centrali bilamellatis ereberrima, anatropa. Stylus persistens, tri- 
partitus. Stigmata bieruria fascia papillosa inferne continua eincta. Capsula 
papyracea triquetra trilocularis aequaliter trialata ad alarum originem per 
rimas arcuatas dehiscens. Semina innumerabilia minutissima oblonga reti- 
culata exalbuminosa. 

Suffrutices herbacei Indiae orientalis acaules tuberosi aut caulescentes 
etuberosi subglabri; foliis in speciebus acaulibus aequaliter cordatis, in spe- 
ciebus caulescentibus semicordatis; eymis repetite dichotomis pedunculatis 
radicalibus aut axillaribus. 


« Acaules. 


1) Diploclinium Arnottianum R. Wight. Acaule, nanum, tu- 
berosum; foliis orbicularibus acutis crenato - serratis aequaliter cordatis, 


(') Dieser von dem Herrn Lindley ursprünglich aufgestellte Name, welcher sämmtliche 
Begoniaceen mit gespaltenen Placenten, von mir in 24 deutlich unterscheidbare Gattungen 
getheilt, zu einer Gattung vereinigen sollte, konnte unmöglich adoptirt werden. Ich habe 
es demnach vorgezogen denselben nach Wight’s Definition für diejenigen ostindischen Arten 
in Anwendung zu bringen, deren weibliche Blüthen neben den gespaltenen Placenten mit 
3 Blumenblättern versehen sind. 


Begoniaceen - Gattungen und Arten. 191 


supra sparsim pubescentibus, subtus piloso-nervosis; cymis pluribus radi- 
dicalibus paucifloris foliis vix longioribus; capsulis obovatis, basi sub- 
attenuatis. 

D. Arnottianum R. Wight, Ic. plant. Ind. or. vol. V, t. 1815. 

Knollen von der Gröfse einer Kirsche. Gewächs krautartig, 5 Zoll 
hoch. Blätter 2—3 Zoll im Durchmesser. Blattstiele 1,— 21, Zoll lang. 
Trugdoldenstiele 3 Zoll lang. 

In dichten Wäldern Östindiens (Courtallum). Blühbt im Juli und 
August nach R. Wight. Nicht in Kultur. (') 

2) Diploclinium cordifolium R. Wight. Rhizomate crasso; fo- 
lüs orbieularibus rotundatis cordatis dentatis, supra sparsim pubescentibus; 
petiolis longis radicalibus glabris; scapis solitariis glabris petiolis longioribus; 
cymis laxis expansis multifloris; floribus parvis; capsulis turbinatis, apice 
latis truncatis, basi attenuatis. 

D. cordifolium R. Wight, Ic. plant. vol. V, t. 1816. 

Das ganze Gewächs 9—12 Zoll hoch. Blätter 3—44, Zoll im Durch- 
messer. Blattstiele 5—6 Zoll lang. Trugdoldenstiel 6 Zoll lang. Trug- 
dolde 4 Zoll im Durchmesser. 

In Waldungen auf Malabar. Blüht im Juni (R. Wight). Nicht 


in Kultur. 


ß Caulescentes. 


3) Diploclinium Lindleyanum R. Wight. Caulescens, herba- 
ceum, eramosum; caule gracili flexuoso glabro; foliis semicordatis trans- 
verse oblongis acuminatis repando- dentatis, dentibus argutis submucronatis, 
utrinque glabris; cymis repetite dichotomis dilatatis laxis brevi pedunculatis 
axillaribus multifloris; floribus parvis; capsulis aequaliter trialatis, apice 
truncatis, inferne attenuatis. 

Diploclinium Lindleyanum R. Wight, Icones plant. Ind. or. vol. V, 
1,4817: 

Begonia malabarica Dryander, eine auf Tafel 86 im 9. Bande des 
Hort. Malab. abgebildete Begonia, deren weibliche Blüthen ebenfalls mit 


(') Diploelinium biloculare R. Wight t. 1814 hat einen hinfälligen Griffelapparat und 
gehört zu den Platycentreen. 


192 Krorzscn: 


3 Blumeublättern versehen sind und welche nach Robert Wight von der 
B. malabarica Roxbg als Species abweicht, ferner die folgende unter no. 4 
diagnosirte Art aus Java gehören nicht allein zur Gattung Diploclinium, 
sondern scheinen auch mit D. Lindleyanum nahe verwandt zu sein, so nahe, 
dafs ich fürchte eine oder die andere der Arten werde bei genauerer Prüfung 
in die letztgenannte aufgehen. 

Unsere Pflanze ist schlank, unverästelt und 14,—2 Fufs hoch, Die 
Blätter 6 Zoll lang und 2 Zoll breit. Die Blattstiele 1—1%, Zoll lang. Die 
Trugdoldenstiele 1 Zoll lang. Die Trugdolden sparrig-auseinander gespreitzt, 
6 Zoll im Durchmesser, aber kaum 3 Zoll lang. Männliche Blüthen 10 Li- 
nien -, weibliche Blüthen 8 Linien im Durchmesser. 

Auf Malabar und Courtallum einheimisch. Nicht in Kultur. 


4) Diploclinium repandum Kl. Caule herbaceo strieto glabro 
simpliei; foliis semicordatis oblongis acuminatis repandis denticulatis laevi- 
bus, supra nitidis, subtus pallidis; capsulae alis aequalibus rotundatis. 

Begonia repanda Blume, Enum. plant. Jav. I, p. 97. 

Stengel 1—2 Fufs hoch, gerade, aufrecht, von der Dicke eines 
Gänsekiels. Blätter 4—5 Zoll lang und 1, —2 Zoll breit. Blattstiele 
1—1!, Zoll lang. Trugdoldenstiele 1 Zoll lang. Bracteen oval, weich- 
stachelspitzig und parallel-Snervig. Trugdolden 3 Zoll im Durchmesser. 

Auf der Insel Java einheimisch. Nicht in Kultur. 


5) Diploclinium bombycinum. Caule elato ramoso glabro; fo- 
liis semicordatis ovato-oblongis acuminatis denticulatis laevibus, supra ni- 
tentibus, subtus pallidis et in venis plerumque purpurascentibus; cymis 
axillaribus pedunculatis subcontractis; capsulae utrinque emarginatae alis 
aequalibus obtusis. 

Begonia bombycina Blume l.c.I, p. 9. 

Stengel kahl, verästelt, 3 Fufs hoch. Blätter 5— 6 Zoll lang und 
24,—3 Zoll breit. Blattstiele ,—3 Zoll lang. Kapseln 10 Linien lang und 


5 Linien im Durchmesser. 


Begoniaceen- Gattungen und Arten. 193 


** Placentae integrae pedicellatae. 


AX. Mitscherlichia (‘) Kl. nec Kunth. 
Tal VI. A. 

Flores monoiei cymosi. Masculi: Petala 4 biserialia, exteriora ma- 
jora suborbicularia, interiora angustiora obovata, basi attenuata. Stamina 
30—60; antheris obovatis tumidis, basi in filamenta subattenuatis brevibus 
per rimas laterales dehiscentibus; filamentis in cylindrum plus minus longum 
monadelphis. Flores feminei: Petala 4 biserialia, exterioribus majoribus 
brevi-ovatis obtusis, interiore paryo. Germen inferum trigonum triloculare 
glabrum aequaliter trialatum. Ovula in placentis e loculorum angulo cen- 
trali integerrimis pedicellatis (sectio transversa oblongo-triangularis seu obtuse 
ovato-lanceolata) ereberrima, anatropa, sessilia. Stylus brevis trifidus glaber 
persistens. Stigmata bieruria, fascia papillosa bis spiraliter torta, inferne 
continua cincta. Capsula triquetra trilocularis glabra aequaliter trialata, ad 
alarum originem per rimas arcuatas dehiscens. Semina innumerabilia minu- 
tissima oblonga reticulata exalbuminosa. 

Suffrutices acaules subtuberosi in sylvis Indiae orientalis crescentes; 
rhizomate perbrevi subtuberoso stipulis magnis instructo; foliis carnoso-sub- 
coriaceis orbieularibus peltatis longe petiolatis; cymis repetito - dichotomis 
pedunculatis; floribus speciosissimis roseis albis vel coccineis; bracteis parvis; 
capsulae alis aequalibus obtusis coloratis. 

1) Mitscherlichia albo-coccinea Kl. Acaulis; foliis transverse 
ovatis obtusissimis suborbicularibus laterali- peltatis coriaceo - carnosis obtuse 
sinuatis, supra glaberrimis, subtus pallide punctatis nervoso - pubescentibus; 
petiolis longis appresso -hirtis; stipulis magnis ovatis acuminatis; cymis pe- 
dunculisque puberulis; petalis forum masculorum et femineorum exteriori- 
bus extus coceineis, intus pallide roseis, interioribus niveis; capsulae val- 
vibus viridibus, alis aequalibus rubro -marginatis. 

Begonia albo-coccinea Hooker, Bot. Mag., t. 4172. Lindley, 
Bot. Reg. New Series, 1.39. B. Grahamiana R. Wight, Icones plant. 
Ind.'or. v Wr. 18917° 


(') Dem Andenken der Herren Gebrüder Mitscherlich, des Chemikers, Geheimen 
Medizinal-Rath, und des Directors der pharmakologischen Sammlung, Professor an der hiesigen 
Universität, gewidmet. Die von Kunth aufgestellte Gattung Mitscherlichia ist von. Neea 
Ruiz und Pav. nicht verschieden. 


Phys. Kl. 1854. Bb 


194 Krorzsen: 


Wurzelstock sehr kurz, fast knollenartig. Blattstiele 2—6 Zoll lang. 
Blätter 2—6 Zoll im Durchmesser. Afterblättchen schlaff, häutig, eiförmig, 
lang-zugespitzt, 1%, Zoll lang und an der Basis 4, Zoll breit. Trugdolden- 
stiele 1— 1%, Fufs a sammt den eneieungeg und Blüthenstielen schar- 
lachroth. Fruchtflügel an beiden Enden verdünnt. 

In dichten Waldungen (Courtallum) Östindiens. (R. Wight). Eine 
der schönsten Zierden unserer Warmhäuser. 

2) Mitscherlichia coriacea Kl. Acaulis; foliis aggregatis longe 
petiolatis excentrice peltatis subcoriaceis brevi-ovatis acutis glanduloso-serra- 
tis, supra saturate viridibus concavis, subtus petiolisque purpureis; stipulis 
membranaceis roseis ovato-acuminatis; scapis folio longioribus, apice dicho- 
tomo-cymosis pedicellisque saturate roseis; petalis coccineo-subroseis; 
fructibus coccineis; capsulae alis subaequalibus, basi emarginatis. 

Begonia coriacea Hasskrl, Pl. Jav. rar., p. 209. B.peltata Hasskrl, 
Tijdschrift X, p. 133. B. Hasskarlü Zollinger msc. Herb. n. 1613. B. 
hernandiaefolia Hooker, Bot. Mag., t. 4676. 

Wurzelstock kurz. Afterblättchen häutig-rosenroth, eiförmig, lang- 
zugespitzt, 4 Zoll lang und % Zoll breit. Blattstiele 2, — 9 Zoll lang. 
Blätter 2—4 Zoll lang und 1}, =, Zoll breit. Trugdoldenstiele 6—12 Zoll 
lang. Zwei Fruchtflügel ee als der dritte. 

Von Herrn Hasskarl zuerst, später von dem Herrn Zollinger auf 
Java entdeckt. Nicht wie irrthümlich im Botanical Magazine angegeben, aus 
Central- America stammend. Wird mit Erfolg in unseren Warmhäusern 
kultivirt. 


“r Flores masculi 2-, feminei 5 petali. 
* Placentae longitudinaliter fissae. 


XXI Petermannia (') Kl. 
EENNE®: 
Flores monoici parvi cymosi. Masculi: Petala 2 aequalia cordato- 


orbicularia. Stamina numerosa inaequilonga connata, antherae breves 
bares apice truncatae u me lateraliter rimosae, rimis longitu- 


(') Dem Andenken des im Elke 1854 zu Leise ersten Botanikers, Professor 
und Custos des dortigen Universitäts-Herbariums Dr. Wilhelm Ludwig Petermann 
gewidmet. 


Begoniaceen-Gattungen und Arten. 195 


dinalibus, apice subeonniventibus; filamenta racemoso-monadelpha. Feminei: 
Petala 5 pluriserialia inaequalia elliptica. Ovarium inferum trigonum trilo- 
culare subaequaliter trialatum glabrum. Ovula in placentis e loculorum 
angulo centrali geminis conniventim-lamellatis, utrinque ovuliferis creberrima, 
anatropa. Stylus persistens glaber tripartitus; stigmata lunato-dilatata, mar- 
gine sublobata brevi bieruria, eruribus divaricatis, fascia papillosa bis spira- 
liter torta antice continua einctis. Capsula triquetra trilocularis subaequaliter 
obtuse trialata, ad alarum originem per rimas arcuatas dehiscens. Semina 
innumerabilia minutissima oblonga retieulata exalbuminosa. 

Frutices erecti graciles ramosi subglabri nodosi in insulis philippinis 
et Sumatra erescentes; foliis obliquis subincurvis dentatis serratis aut incisis 
brevi petiolatis; stipulis scariosis membranaceis; cymis repetito- dichotomis 
peduneulatis axillaribus. 


1) Petermannia Cumingiana Kl. Gracilis, sparsim ramosa, gla- 
bra; caule erecto subgeniculato; foliis brevissime petiolatis oblongis incurvis 
acuminatis inaequilateris, basi oblique emarginatis, margine inciso - serratis, 
supra saturate viridibus, subtus pallidis fusco -nervosis; stipulis ovato - ob- 
longis rotundatis mucronatis scariosis; cymis parvis divaricatis brevi pedun- 
culatis; floribus parvis albidis; pedicellis florum femineorum sparsim setosis; 
capsulae alis subaequalibus obtusangulis, basi subattenuatis. 

Ein schlanker, kahler, 2 Fufs hoher, wenig verästelter Strauch. 
Blätter 3— 4 Zoll lang und 10 — 18 Linien breit. Blattstiele 1 — 1}, Linie 
lang. Afterblättchen 4 Linien lang und 11, Linie breit. Trugdolden 
2 Zoll im Durchmesser, 4—1 Zoll lang gestielt. Blüthen 5 Linien im 
Durchmesser. 

Von dem Herrn Cuming auf den Philippinen entdeckt und in dessen 
Sammlungen unter no. 856 enthalten. Nicht in Kultur. 


2) Petermannia Jasciculata Kl. Caule gracili rufescente piloso; 
foliis oblongo-ovatis acuminatis, basi semicordatis duplicato-serratis inaequi- 
lateris, supra rufescente setosis, subtus pubescentibus, inferioribus alternis, 
superioribus suboppositis; petiolis dense pilosis; stipulis linearibus acumi- 
natis pilosis; cymis brevissime peduneulatis in apice ramorum alternatim 
axillaribus; bracteis purpureis acutis pilosis; floribus albidis; capsulae alis 
subaequalibus obtusangulis. 


Bb 2 


196 Krorzscn: 


Begonia fasciculata William Jack, Descriptions of Malayan plants 
in Calcutta Journal of nat. hist. v. IV. 1844. p. 345. 

Endeckt von W. Jack zu Tappanuly, an der Westküste von Sumatra. 
Nicht in Kultur. 

3) Petermannia racemosa Kl. Suberecta, glabra; foliis obo- 
vato-oblongis acuminatis basi attenuatis semicordatis irregulariter dentatis 
brevi petiolatis; stipulis magnis oblongis; cymis florum masculorum pedun- 
culatis axillaribus flore femineo unico intermixtis; petalis erassis carnosis; 
capsulae alis aequalibus rotundatis. 

Begonia racemosa W. Jack l.c. p. 346. Layang-layang Simpac Mal. 

Wächst im Inneren von Beucoolen (Sumatra). Nicht in Kultur. 

4) Petermannia geniculata Kl. Caule sulcato compressiusculo 
glabro; foliis petiolatis ovato -oblongis semicordatis acuminatis denticulatis 
glabris; cymis repetito-dichotomis divaricatis; petalis albidis; capsulae alis 
aequalibus obtusangulis. 

Begonia geniculata W. Jack l.c. p.347. Rumput Udang Udang. Mal. 

Wächst in Sumatra. Die Eingebornen benutzen die Blätter dieser 


Pflanze zum Reinigen ihrer Dolche von Rostflecken (W. Jack). 


XXI. Moschkowizia(') Kl. 
ats VIII SA: 


Flores monoici albi parvi geniculato-cymosi. Masculi: Petala 2 op- 
posita oblongo-orbicularia, intus concava. Stamina numerosa toro plano 
inserta; antheris oblongis utrinque obtusis, apice in connectivum sterile 
productis, loculis lateralibus infra apicem rima longitudinali strieta de- 
hiscentibus ; filamentis anthera subbrevioribus liberis glabris. Flores feminei: 
Petala 5 biserialia, 3 exteriora aequalia subrotundato-elliptica concava ob- 
tusa, 2 interiora oblonga acutiuscula. Ovarium inferum trigonum triloculare 
inaequaliter trialatum. Ovula in placentis e loculorum angulo centrali bi- 
lamellatis creberrima, anatropa, lamellis arcuatim conniventibus in stipitem 
exovuliferum conjunctis. Stylus trifidus glaber persistens, lobis bicornutis 


(') Dem Andenken des Herrn Kunst- und Handelsgärtner Moschkowitz in Erfurt, 
der sich durch die Einführung und Verbreitung mehrerer Begoniaceen verdient gemacht 
5 5 g 8 
hat, gewidmet. 


Begoniaceen - Gattungen und Arten. 197 


subtortuosis, fascia papillosa bis spiraliter torta, inferne continua cinctis. 
Capsula turbinato-triquetra membranacea trilocularis inaequaliter trialata, ad 
alarum originem per rimas arcuatas dehiscens. Semina innumerabilia mi- 
nutissima oblonga reticulata exalbuminosa. 

Fruticuli graciles flexuosi glabri ramosi caracasani; foliis petiolatis 
oblongis semicordatis minutissime spinuloso -dentatis; stipulis parvis ca- 
ducis; ceymis geniculato-dichotomis divaricatis pedunculatis glabris axilla- 
ribus; bracteis minutis ciliatis; floribus parvis albis; capsulae alis albidis 


obtusangulis. 


1) Moschkowitzia fagopyroides Kl. Gracilis, glaberrima, fle- 
xuosa; caule purpurascente; foliis membranaceis deflexis petiolatis trans- 
verse ovatis acuminatis spinuloso - denticulatis semicordatis, supra laete 
viridibus nitidis, subtus pallidis impresso -nervosis minutissime papuloso- 
punctulatis; stipulis amplexicaulibus caducis oblongis membranaceis obtusis 
mueronulatis multinerviis glabris; cymis axillaribus brevi pedunculatis geni- 
culato-ramosissimis divaricatis glabris; ramificationibus tenuissimis; bracteis 
minutis lanceolatis versus apicem ciliatis; floribus parvis candidis; capsulae 
ala maxima rectangula rotundata, 

Begonia fagopyroides Kunth et Bouche, Index plant. hort. bot. 
Berol. 1848. 

Das ganze Gewächs 3—4 Fufs hoch, schlank, biegsam, verästelt, mit 
einer Neigung zum Klimmen. Blätter 1—1', Zoll lang und 2,—3 Zoll breit. 
Blattstiele ,— 1%; Zoll lang. Afterblättchen 7 Linien lang und 4 Linien breit. 
Trugdolden 3—5 Zoll im Durchmesser, deren Stengel 1—1!, Zoll lang. 

Von dem Herrn C. Moritz auf der Colonie Tovar bei Caracas in Ve- 
nezuela entdeckt und durch ihn in Deutschland eingeführt. 


2) Moschkowitzia VVageneriana Kl. Suberecta, gracilis, gla- 
berrima; caule viridi; foliis membranaceis erectis petiolatis transverse ellip- 
ticis acutis leviter sinuato-angulatis spinuloso-denticulatis semicordatis, supra 
saturate viridibus, subtus pallidis rubescenti-nervosis minutissime papuloso- 
punctatis; petiolis erectis; stipulis obovatis mucronulatis glabris; eymis axil- 
laribus pedunculatis minus ramosis contractis; bracteis minutis oblongo- 
spathulatis ciliatis; staminibus creberrimis; floribus parvis candidis; capsulae 
ala maxima rectangula rotundata. 


198 Krorzscn: 


Eine 2—3 Fufs hohe, schlanke, aufrechte, kahle, verästelte Pflanze 
mit einer Neigung zum Klimmen. Blätter 1—2 Zoll lang und 2— 3 Zoll 
breit. Blattstiele ,—1% Zoll lang. Afterblättchen 6 Linien lang und 3 Li- 
nien breit. 'Trugdolden 1—2 Zoll im Durchmesser, deren Stengel gerade, 
aufrecht, 1—% Zoll lang. 

Von dem Herrn Obergärtner Lauche, einem vorzüglichen Culti- 
vateur in dem überaus pflanzenreichen Etablissement des Herrn Ober- 
landesgerichtsrath Augustin auf dem Wildpark bei Potsdam aus Samen 
gezogen, den Herr Wagener aus Venezuela eingesandt hatte. 


XAII. Donaldia(') Kl. 
ar avi, DB. 


Flores monoiei carnei cymosi. Masculi: Petala 2 opposita ovato-or- 
bicularia, intus concava. Stamina numerosa toro plano inserta; antheris 
oblongis utrinque obtusis, connectieulo fuscescente; filamentis liberis fili- 
formibus anthera subbrevioribus glabris. Flores feminei: Petala 5 triserialia 
inaequalia ovata obtusa. Ovarium inferum trigonum triloculare inaequaliter 
trialatum. Ovula in placentis e loculorum angulo centrali bilamellatis cre- 
berrima, anatropa, lamellis arcuatim conniventibus in stipitem exoyuliferum 
conjunctis. Stylus tripartitus glaber persistens, lobis bicornutis tortuosis, 
fascia papillosa ter spiraliter torta, inferne continua einctis. Capsula turbi- 
nato-triquetra membranacea trilocularis valde inaequaliter trialata, ad alarum 
originem per rimas arcuatas dehiscens. Semina innumerabilia minutissima 
oblonga reticulata exalbuminosa. 

Fruticuli erecti sparsim ramosi caracasani; foliis inaequilateris oblongis 
acutis argute duplicato-serratis rectis membranaceis semicordatis brevi pe- 
tiolatis; stipulis scariosis subpersistentibus; cymis divaricatis ter dichotomo- 
ramosis pedunculatis axillaribus; floribus subcarneis; bracteis scariosis per- 
sistentibus; capsulis bractea oblonga suffultis. 

1) Donaldia ulmrfolia Kl. caule erecto subramoso piloso; folüs 
oblongis acutis argute duplicato-serratis inaequilateris, basi semicordatis; 
petiolis brevibus hirtis; stipulis subpersistentibus scariosis oblongo-lanceolatis 


(') Dem Andenken des Herrn Donald, Verfasser eines sehr beachtenswerthen Aufsatzes 
über die Kultur und Behandlung der Begoniaceen im ersten Bande des Journals der Londoner 
Gartenbau - Gesellschaft, gewidmet. 


Begoniaceen - G allungen und Arien. 199 


acutis, extus sparsim hirtellis; cymis pedunculatis axillaribus hirtis; bracteis 
lanceolato-linearibus mucronatis integerrimis persistentibus glabris; capsulae 
sparsim hirsutae alis 2 angustis, tertia maxima ovato- deltoidea. 

Begonia ulmifolia Humb. Bonpl. Kunth, Noy. gen. et spec. 
plant. VII, p. 173. Herb. Willd. n. 17571. Link et Otto, Icones 
select. plant. rar. I, p. 83, t.38. Loddiges, Bot. Cab., t. 638. Donaldia 
ulmifolia Kl. Regel, Gartenflora 1854. t. 77. 

Stengel aufrecht, wenig verästelt, 2—4 Fufs hoch, saftig. Blätter 
2—5 Zoll lang und 1—2 Zoll breit. Blattstiele 3—4 Linien lang. After- 
blättchen 6 Linien lang und 2 Linien breit. Trugdolden in der Blüthe 
2 Zoll -, in Frucht 4 Zoll im Durchmesser. Trugdoldenstiele 2,—3 Zoll 
lang. Bracteen 3—5 Linien lang und 1—2 Linien breit. Gröfster Kapsel- 
flügel 5 Linien lang und 6 Linien breit. 

Ist in Venezuela zu Hause. In Deutschland ziemlich verbreitet. 

2) Donaldia Oltonis Kl. caule erecto subramoso crassiusculo gla- 
bro; foliis brevissime petiolatis elliptico -lanceolatis acutis spinuloso - dupli- 
cato-serratis inaequilateris, basi obliquis, utrinque glaberrimis, supra satu- 
rate viridibus, subtus glaucescentibus; stipulis persistentibus scariosis ovatis 
mucronatis glabris; eymis pedunculatis contractis glabris axillaribus; bracteis 
late ovatis glabris persistentibus; capsulae glabrae alis 2 angustis, tertia 
maxima deltoidea acuta. 

Begonia Oltonis Walpers, Repert. bot. system. II, p. 212, n. 82. 

Stamm 2—4 Fufs hoch, robust. Blätter 2,—3 Zoll lang und S— 10 
Linien breit. Blattstiele 1—2 Linien lang. Afterblättchen 4—5 Linien lang 
und 25—3 Linien breit. Trugdoldenstiele 1,—2 Zoll lang. Trugdolden 
45—2 Zoll im Durchmesser. Bracteen 4 Linien lang und 3 Linien breit. 
Gröfster Fruchtflügel an der Basis herablaufend, an der Spitze breit ab- 
gestutzt, in einem stumpflichen Winkel endigend, 9 Linien hoch und 6 Li- 
nien breit. 

In Venezuela einheimisch. Vom Herrn Garteninspektor Eduard 
Otto lebend -, von dem Herrn C. Moritz in getrockneten Exemplaren 
unter no. 124 eingeführt. 


200 Kıorzscn: 


** Placentae integrae pedicellatae. 


AXIV. Augustia(‘) Kl. 
SzaaV ll... B. 


Flores monoici albi cymosi. Masculi: Petala 2 suborbicularia paullulum 
latiora quam longa. Stamina 50— 60 toro pulvinato compressiusculo inserta; 
antheris parvis ovato-oblongis, utrinque obtusis, apice in conum obtusum 
productis, loculis infraapicalibus lateralibus tumidis; filamentis filiformibus 
liberis antheris subduplo longioribus. Flores feminei; Petala 5 patentia 
pluriserialia inaequalia obovata, interiora minora. Ovarium inferum trilo- 
culare trigonum subaequaliter trialatum. Ovula in placentis e loculorum 
angulo centrali solitariis integris pedicellatis (sectio transversa ovato-oblonga) 
creberrima, anatropa. Stylus trifidus glaber persistens; stigmatibus bicor- 
nutis, fascia papillosa bis spiraliter torta, inferne continua ceinctis. Capsula 
turbinato -triquetra membranacea trilocularis subaequaliter trialata, apice 
truncata, ad alarum originem per rimas arcuatas dehiscens. Semina innu- 
merabilia minutissima oblonga reticulata exalbuminosa. 

Frutieuli ramosi succulenti tumido-articulati tuberosi capenses; foliis 
reniformi-cordatis grosse dentatis, incisis aut palmatim lobatis acutis petiola- 
tis; stipulis subpersistentibus; cymis pedunculatis axillaribus paucifloris; 
floribus submagnis candidis aut dilute roseis bracteis candidis caducis sufful- 
tis; capsulae alis subaequalibus, apice truncatis. 

1) Augustia Dregei Kl. Caule carnoso-nodoso; foliis petiolatis 
inaequilateris reniformi - cordatis grosse angulato-serratis glaberrimis nitidis; 
stipulis ovatis obtusis submucronatis; eymis axillaribus pedunculatis paucifloris; 
floribus candidis; capsulae alis subaequalibus acutangulis, apice truncatis. 

Begonia Dregei Otto et Dietr., Gartenzeitung IV, p. 357. n. 27. 
B. parvifolia Graham, Bot. Mag., t. 3720. E. Meyer Mss. nec Schott. 
B. reniformis Hort. Berol. nec Dryander. 

Var. « purpurascens; caule ramis petiolisque rubescentibus; foliis mino- 
ribus, subtus purpurascentibus. 

Var. & rubro-nervis; caule sordide purpureo-virescente; foliis majoribus, 
subtus pallide viridibus rubro -nerviis. 


(') Dem Andenken unseres wackeren Physikers, des Herrn Professor Dr. August, Di- 
rector des Cöllnischen Real- Gymnasiums, gewidmet. 


Begoniaceen-Gattungen und Arten. 201 


Stengel 2—3 Fufs hoch, unterwärts von der Dicke eines Daumens, in 
einen unterirdischen, flachen Knollen verlaufend. Blätter schief, 8 Linien 
bis 1!, Zoll lang und 1—21, Zoll breit. Blattstiele 1—2 Zoll lang. After- 
blättchen 4 Linien lang und 2 Linien breit. Trugdolden wenigblüthig, deren 
Stengel achselständig, länger als die Blattstiele. Bracteen weifslich-grün, 
kreis-verkehrteiförmig. Kapselflügel 9 Linien lang und 1—3 Linien breit. 

Auf dem Vorgebirge der guten Hoffnung einheimisch. Wird allge- 
mein kultivirt. 

2) Augustia caffra Kl. Caule carnoso-nodoso ramoso; foliis 
obliquis inaequilateris reniformi-cordatis angulato-lobatis obtuse serratis 
acutis aut acuminatis petiolatis; stipulis lanceolatis acuminatis; cymis dicho- 
tomis pedunculatis axillaribus quadrifloris; floribus albidis submagnis; 
bracteis orbiculari-ovatis; capsulae alis subaequalibus acutangulis, apice 
truncatis. 

Begonia caffra Meissner in Linnaea XIV, p. 501. Begonia sinuata 
E. Meyer Mss. Otto et Dietrich, Allgem. Gartenzeitung IV, p. 357. 
Graham in Edinb. Journ. of Sc. 1837. Bot. Mag. t. 3731. nec Wallich. 
B. sinuata Hort. Berol. 

Stamm fleischig, knotig-gegliedert, 2—3 Fufs hoch, grün, etwas ge- 
röthet, unterhalb der Erdfläche knollig-verdickt. Afterblättchen aus breiter, 
oft lappiger Basis lanzettförmig, langzugespitzt, 7 Linien lang und an der 
Basis 3— 4 Linien breit. Blattstiefe 2— 3 Zoll lang. Blätter 2— 21, Zoll 
lang und 3—4 Zoll breit, auf der Unterfläche rothnervig. Trugdoldenstiele 
2 Zoll lang. Bracteen breit eiförmig, stumpf. Fruchtflügel oberwärts 3 Li- 
nien breit. 

Auf dem Vorgebirge der guten Hoffnung einheimisch. In Kultur. 

3) Augustia Natalensis Kl. Tuberosa, glabra; caule succulento, 
inferne crasso nodoso-articulato ramoso ; foliis inaequaliter semicordatis acu- 
minatis lobatis hinc grosse auriculatis serratis acutis, supra albo-maculatis; 
eymis pedunculatis axillaribus 4— 6 floris; floribus pallide roseis; petalis flor. 
“masc. rhombeo-orbieularibus, fem. rhombeo- ovatis; fructu trialato alis 2 
majoribus subacute angulatis unica breviore obtusangula. 

Begonia Natalensis Hooker, Bot. Mag., t. 4841. 

Von einem kaum bis zur Hälfte von Erde bedeckten, flachgedrückten 
Knollen von grau-brauner Farbe, entspringt der 1— 1, Fufs hohe, gelblich- 

Phys. Kl. 1854. Ce 


2023 Krorzscna: 


grüne, kupferroth-gefleckte, verästelte, fleischige, knotig-gegliederte, ober- 
wärts allmählig verdünnte Stengel. Blätter 1,—2 Zoll lang und 3—4 Zoll 


breit mit einer rosenrothenBlattrippe. Blattstiele —1%, Zoll lang, geröthet. 


Trugdoldenstiele blafsroth 1—1!, Zoll lang. Beide gröfsere Fruchtflügel 1 Zoll 
lang und 2—3 Linien breit. 

Durch Capitain Garden in Port Natal entdeckt und lebend in Eng- 
land eingeführt. 

4) Augustia suffruticosa Kl. Tuberosa, gracilis, glaberrima; 
caule flexuoso-erecto, basi lignoso; stipulis ovato-oblongis acutis integris; 
foliis obliquis palmatim 3—4 lobatis, lobis inaequalibus lanceolatis pinnato- 
ineisis dentatis vel integris; petiolis nunc brevibus nunc longis gracillimis; 
cymis axillaribus pedunculatis paucifloris; capsulis ovato-triangularibus ve- 
noso reticulatis, apice truncatis, e basi rotundata obsolete attenuatis; capsulae 
alis aequalibus, apice in angulum obtusum vix productis. 

Begonia suffruticosa Meissner in Linnaea XIV, p. 502. 

Afterblättchen 2 Linien lang. Blattstiele 2 Linien bis 11, Zoll lang, 
fadenförmig. Blätter 1—1%, Zoll lang und 8 Linien bis 1 Zoll breit. Trug- 
doldenstiele 1 Zoll lang. Fruchtflügel 8 Linien lang und 3 Linien breit. 

Von Drege auf dem Vorgebirge der guten Hoffnung entdeckt. Nicht 
in Kultur. 


° Flores masculi 2 -, feminei 3 petali. 


AXAXY. Trachelanthus (') Kl. 
Taf. VII. C. 


Flores monoici. Masculi pedunculati umbellatim racemosi dipetali. 

Petala 2 orbiculari-oblonga albida. Stamina numerosa longe mona- 
delpha; antheris parvis brevibus late obovatis, lateraliter brevi biforaminosis, 
basi apiceque obtusis; filamentis in cylindrum longum connatis, apice brevi 
liberis. Flores feminei solitarü sessiles tripetali. Petala alba ovata acuta 
aequalia uniserialia. ÖOvarium longissime et tenuissime rostratum inferum 
triloculare trigonum subaequaliter trialatum, alis supra loculos attenuatim 
adscendentibus, apice inaequaliter acutangulis spinuloso - serratis. Ovula in 
placentis e loculorum angulo centrali solitariis integris pedicellatis (sectio 


(') Aus den griechischen Wörtern rg&yrros und «vos zusammengesetzt. 


Begoniaceen- Gattungen und Arten. 203 


transversa oblonga acuta) ereberrima, longe funiculata, anatropa. Stylus 
glaber persistens trifidus; stigmatibus bicornutis, fascia papillosa bis spira- 
liter torta, inferne continua einetis. Capsula sessilis brevi valvata longissime 
rostrata, supra loculos in alas tres acutangulas spinoso-dentatas producta, 
trilocularis, ad alarum originem per rimas arcuatas dehiscens. Semina innu- 
merabilia minutissima oblonga reticulata exalbuminosa funiculo longo fili- 
formi instructa. 

Suffrutices acaules Brasilienses rhizomate repente instructis; foliis 
oblongis aequalibus acuminatis serratis longe petiolatis; stipulis subpersisten- 
tibus bracteisque pectinato-ciliatis; floribus masculis dipetalis pedunculatis 
corymbosis, femineis sessilibus solitaris tripetalis. 


1) Trachelanthus rhizocarpus Kl. Rhizomate repente glabro 
subterraneo; foliis erectis aequilateris ovato oblongis acuminatis serratis, 
basi obtusis, supra laete viridibus albo-maculatis, subtus pallidis rubrove- 
niis; petiolo longo strieto folio sublongiore, sulco longitudinali supra in- 
structo; stipulis bracteisque ovatis acutis pectinato-ciliatis; pedunculis folio 
brevioribus. 

Begonia rhizocarpa Fischer Mss. Walpers Repertor. Bot. Syst. 
13 Al ra 

Wurzelstock von der Dicke eines Rabenkiels, von Erde bedeckt, 
kriechend. Blätter 3—4 Zoll lang und 12— 15 Linien breit. Blattstiele 
3—5 Zoll lang. Männliche Blumenstiele 4— 5 Zoll lang. Männliche Blü- 
then 4, Zoll im Durchmesser. Bracteen 3 Linien lang und 2 Linien breit. 
Weibliche Blüthen auf dem Wurzelstocke sitzend, deren Blüthen 8 Linien 
im Durchmesser. Die Kapselfrucht, welche in einem langen, walzenförmi- 
gen Hals endigt, milst von der Basis der Fächer bis zur Spitze derselben 
2 Linien, von der Basis bis zum Aufhören der Flügel 7 Linien und von der 
Basis bis zu Ende des langen Halses oder bis zur Insertion der Blumenblät- 
ter 16 Linien, unten im Durchmesser 4 Linien. 

Durch den Petersburger botanischen Garten verbreitet, der diese Art 
aus brasilianischem Samen zog. 


2) Trachelanthus attenuatus Kl. Rhizomate repente rugoso sub- 
terraneo; foliis oblongis acuminatis sinuato-dentatis spinuloso-serrulatis, basi 


attenuatis longe petiolatis utrinque glabris immaculatis; stipulis ovatis acutis 
Cc2 


204 Krorzscn: 


pectinato-ciliatis; bracteis obovato -orbicularibus pectinato - eiliatis; pedun- 
culis petiolo brevioribus. 

Wurzelstock von der Dicke eines Gänsekiels und 1,—2 Zoll lang. 
Blätter 4—5 Zoll lang und 1—1% Zoll breit. Blattstiele 1—4 Zoll lang. 
Männliche Blumenstiele 2—3 Zoll lang. Bracteen 2 Linien lang und breit. 
Männliche Blüthen !, Zoll im Durchmesser. 

Vom verstorbenen Sello in Brasilien (Mandioca) entdeckt. Nicht 
in Kultur. 


‘+ Flores masculi - et feminei 2 petali. 
* Placentae longitudinaliter fissae. 


AXAXTVI. Gireoudia (') Kl. 
Tat. VIT.,G. 


Flores monoici albi v. rosei. Masculi: Petala 2 oboyata v. obovato- 
orbicularia. Stamina numerosa subaequilonga; antheris oblongis, utrinque 
obtusis per rimas laterales dehiscentibus, apice breviter productis; filamentis 
filiformibus strictis anthera brevioribus liberis. Flores feminei dipetali. Pe- 
tala oblonga obovata. Ovarium inferum triloculare trigonum inaequaliter 
trialatum. Ovula in placentis e loculorum angulo centrali geminis conniven- 
tim-lamellatis, utrinque ovuliferis creberrima, anatropa. Stylus persistens 
trifidus glaber; stigmatibus dilatato -lunatis, margine fascia papillosa cinctis. 
Capsula turbinato-triquetra membranacea trilocularis inaequaliter trialata, ad 


alarım originem per rimas arcuatas dehiscens. Semina innumerabilia minu- 


I) 
tissima oblonga reticulata exalbuminosa. 

Suffrutices carnoso-suberosi erecti aut repentes in America centrali et 
in regno mexicano crescentes; foliis integris lobatis rarissime digitatis aut 
peltatis; petiolis longis teretibus; stipulis magnis; cymis pedunculatis axilla- 
ribus repetite dichotomis; floribus femineis bibracteatis; capsulae alis in- 
aequalibus semiorbicularibus rectangulis. 

« Truncus erectus. 
1) Gireoudia involuerata Kl. Pubescens; caule erecto suffruti- 


coso angulato nodoso villo detergibili rufo obsito, internodiis varia longi- 


(') Dem Andenken eines vorzüglich gewandten, umsichtigen, mit gründlichen Kenntnissen 
ausgestatteten Cultivateurs, des Herrn Obergärtner Gireoud, welcher der Gärtnerei des 
Herrn Fabrikbesitzer Nauen in Berlin vorsteht, gewidmet. 


Begoniaceen- Gattungen und Arten. 205 


tudine foliis suis multoties brevioribus; foliis longe petiolatis oblique cordatis 
latissimis 9 — 12 nerviis acuminatis irregulariter lobatis, lobis acuminatis 
duplicato-eroso-dentatis ciliatis, sinu basilari angusto, utrinque fusco-strigu- 
losis, supra laete viridibus, subtus pallidioribus ad nervos densius pubescen- 
tibus; petiolis laminam subaequantibus vel ea brevioribus dense fulvo-villosis; 
stipulis deciduis scariosis lanceolatis acuminatis glabris fuseis; scapis axillari- 
bus folia superantibus villo detergibili rufo dense obsitis, cyma repetite 
dichotoma, ramis cymae junioribus bracteis numerosis maximis vaginantibus 
involucratis capitulis ovatis similibus deeiduis lato -ovatis scariosis glabris; 
floribus 3—9 in apieibus dichotomiarum faseiculatis longe pedicellatis albis; 
petalis rotundatis; capsula glabra; ala maxima lato-falcata angulo rotundata, 
alis duabus angustissimis rotundatis. 

Begonia involucrata Liebmann Mexicos og Central- Americas Be- 
gonier n. 27. 

Stamm 1—1!, Fufs hoch und von der Dicke eines kleinen Fingers. 
Blätter 6—8 Zoll lang und 4—6 Zoll breit. Blattstiele 4 Zoll lang. After- 
blättchen 1 Zoll lang. Fruchtstielchen 14, Zoll lang. Die reife Kapsel 5 Li- 
nien lang und 7 Linien breit. 

Von dem Herrn Dr. Oersted aus Kopenhagen in Central - Amerika 
in einer Höhe von 6000 Fufs entdeckt. Nicht in Kultur. 


3) Gireoudia laciniata Kl. Suffruticosa, erecta subramosa; ramis 
pedunculisque teretibus glabris, pulvillis elongatis albidis sparsim asperatis; 
foliis inaequaliter serratis oblique cordato-ovatis, versus apicem bi-trilobatis, 
lobis acuminatis, supra subtusque nervoso-scabris; petiolis longis subtilissime 
rufescenti-pubescentibus; pedunculis in apice ramorum congestis folio lon- 
gioribus sparsim pilosis; cymis repetite dichotomis coarctatis; floribus ger- 
minibus pedicellisque candidis; petalis ovato-orbicularibus; capsulae ala 
maxima oblique ovata obtusa patentissima, duabus angustis. 

Der Stamm theilt sich bis zur Basis in 2 Fufs lange, aufrechte, schwa- 
nenkieldicke Zweige. Die Blätter sind 4—6 Zoll lang und breit. Blattstiele 
6— 3 Zoll lang. Trugdoldenstiele 8-9 Zoll lang. Blumenblätter 4 Linien 
lang und 5 Linien breit. Gröfster Fruchtflügel 3—4 Linien lang und 4—5 
Linien breit. Die Zweige der Trugdoldenknospe von scheidenartigen Bracteen 
eingehüllt, länglich in eine stumpfe Spitze endigend. 


206 Krorzscn: 


Von dem Kunst- und Handelsgärtner Herrn Louis Mathieu aus 
Samen gezogen, den er durch den Herrn von Warscewicz aus Central- 
America erhalten hatte. 


3) Gireoudia fibrillosa Kl. Caule strieto robusto evanescente 
fusco-hirsuto; foliis oblique cordatis carnoso-membranaceis grosse dentato- 
lobatis, lobis acutis, supra laete viridibus rufescenti pilosis, subtus pallidis 
in nervis gilvo-villosis; petiolis teretibus foliorum lamina longioribus eva- 
nescente villosis; stipulis magnis membranaceis scariosis ovatis cuspidato- 
acuminatis nervoso-hirsutis; pedunculis folio longioribus ferrugineo-villosis; 
cyma repetite dichotoma multiflora; bracteis membranaceis aridis obovatis 
pallide fuseis hirtis, duabus ad basim florum femineorum germine triplo 
brevioribus; floribus candidis; germinibus pallide viridibus; capsulis triala- 
tis, alis inaequalibus, maxima versus apicem dilatata. 

Stamm ungetheilt 1— 1!, Fufs hoch, 15 Linien dick. Blätter 4— 6 
Zoll lang und 5—8 Zoll breit. Blattstiele robust, 4—7 Zoll lang. Trug- 
doldenstengel 8 Zoll lang, aufrecht. Blumenblätter 5—6 Linien lang und 
breit. Gröfster Fruchtflügel 8 Linien lang und 3 Linien breit. 

Auf dem Chiriqui- Gebirge in Central- America von dem Herrn von 
Warscewicz entdeckt und eingeführt und von dem Herrn L. Mathieu in 
Berlin aus Samen gezogen. 


4) Gireoudia pilifera Kl. Caule robusto subsimplici sparsim 
fusco-piloso; foliis oblique cordatis suborbicularibus carnoso-membranaceis 
grosse dentato-lobatis, lobis acutis, supra saturate viridibus evanescente 
rufo-pilosis, subtus pallidis longe nervoso-villosis; petiolis teretibus foliorum 
lamina duplo longioribus vellereis; stipulis magnis membranaceis aridis 
ovatis acuminatis nervoso-hirsutis; pedunculis folio longioribus sparsim pi- 
losis; bracteis membranaceis obovyatis ex albido-virescentibus, antice ciliatis, 
duabus ad basin florum femineorum germine subbrevioribus; eyma repetite 
dichotoma divaricata multiflora; pedunculo longo strieto villoso; floribus 
candidis; capsulae pallide viridis ala maxima adscendente acuta. 

Stamm aufrecht 9—12 Zoll lang und 1 Zoll im Durchmesser. Blätter 
4—6 Zoll lang und 5—7 Zoll breit. Blattstiele 7—10 Zoll lang. Trug- 
doldenstengel 9 Zoll lang. Blumenblätter 6— 7 Linien lang und breit. 
Gröfster Fruchtflügel 1 Zoll lang und oberwärts , Zoll breit. 


Begoniaceen - Gattungen und Arten. 207 


Auf dem Chiriqui- Gebirge in Central- America von dem Herrn von 
Warscewicz entdeckt und unter n. 1708 eingeführt. Von dem Herrn 
L. Mathieu aus Samen gezogen. 


5) Gireoudia crassicaulis Kl. Caule brevi crasso; foliis palmatim 
profunde partitis, laciniis acuminatis subpinnatifidis inciso-dentatis, subtus 
petioloque ferrugineo-pilosis; cymis densis multifloris ferrugineo -pubes- 
centibus pedunculatis; bracteis ovatis obtusis convexis; petalis albis rotun- 
datis glabris; ovarii alis inaequalibus, angulo superiore suborbiculare. 

Begonia crassicaulis Lindl., Miscellaneous matter of the Bot. Reg. 
1842, p. 22, n. 21. Bot. Reg. New Ser. t. 44. 

Von Hartweg in Guatemala entdeckt und lebend eingeführt. Durch 
die Londoner Gartenbau - Gesellschaft verbreitet. 


6) Gireoudia ertifolia Kl. Caule carnoso ferrugineo - pubescente; 
foliis longe petiolatis concavis oblique ovatis grosse inciso-dentatis, supra 
glabris, subtus subpubescentibus; eymis axillaribus ferrugineo-tomentosis ; 
bracteis subrotundo - oyatis convexis floribusque glabris; ovarii alis semiecir- 
eularibus aequalıbus. 

Begonia vitifolia Lindl. l.c. p. 21, n. 20. nec Schott. B. Zind- 
leyana Walpers Repert. II, p. 209, n. 42. 

Die Blätter dieser Art erinnern an die unseres Weines, denen sie in 
Form und Farbe gleichen. Die Blattstiele sind 6 Zoll lang. Die Trug- 
dolden sind von der Länge der Blätter, selten kürzer. Die Blüthen grofs 
und weils. 

Von Hartweg in Guatemala entdeckt und lebend in England 
eingeführt. 


7) Gireoudia pruinata Kl. Glabra; caule crasso subsimpliei 
stricto ; stipulis amplis semiamplexicaulibus integerrimis obtusis dorso cari- 
nato-fimbriatis, infra apicem in setam longam excurrentibus; foliis peltatis 
carnosis oblique ovatis angulato-lobatis minutissime denticulatis, supra laete 
viridibus levissime pruinatis, subtus petiolisque albido -glaucescentibus, ju- 
rioribus acuminato-lobatis, margine fibrillosis subtusque venoso - setulosis; 
pedunculis folio longioribus glabris virescenti-albicantibus, apice repetite 
dichotomis; bracteis majoribus orbiculari-obovatis candidis; floribus can- 
didis; germinibus pallide viridibus trialatis; alis subaequalibus rotundatis. 


208 Kıorzsch: 


Stengel 4—1 Fufs hoch und 1—1!, Zoll dick. Blattstiele 4—5 Zoll 
lang und von der Dicke eines Gänsekiels. Blätter 3—4 Zoll lang und 
44, — 6 Zoll breit. Trugdolde mit dem Stiele 9 Zoll lang. Die verkehrt 
eiförmigen Blumenblätter !, Zoll lang und 5Linien breit. Kapselflügel 1', — 
3 Linien breit. 

Von dem Herrn Kunst- und Handelsgärtner L. Mathieu aus Samen 
erzogen, den derselbe von dem Herrn von Warscewicz aus Costarica in 
Central- America, woselbst sie einheimisch ist, erhalten hatte. 

8) Gireoudia lobulata Kl. Fruticosa, erecta, ramosa; ramis pe- 
tiolis pedunculis et foliorum pagina inferiore tenuissime ferrugineo vellereis; 
foliis oblique cordatis transverse ovatis acutis coriaceis obtuse sinuato-lobatis 
obsolete serratis, margine pilis erispatis eiliatis, supra glabris saturate viri- 
dibus ad basin purpureo-maeculatis, subtus viridi albicantibus; cymis pedun- 
culatis repetite dichotomis dilatatis pendulis; petalis orbiculari-obovatis 
candidis; capsulae ala maxima rotundata albida, reliquis angustis. 

Ein 3 Fufs hoher, verästelter, krautartiger Strauch von !; Zoll Dicke. 
Blätter 4—5 Zoll lang und 5—7 Zoll breit, an der Basis 1 Zoll tief einge- 
schnitten und die Lappen genähert. Blattstiele 5— 6 Zoll lang, von der 
Stärke eines Rabenkiels. Afterblätter zusammengelegt, lanzettförmig, ge- 
kielt, an der Spitze kapuzenförmig-zusammengezogen, auf dem Rücken be- 
haart, 14, Zoll lang. Trugdoldenstiele 5 Zoll lang. Blumenblätter 5 Linien 
lang und 4 Linien breit. Gröfster Fruchtflügel 3 Linien breit. 

Vaterland unbekannt. Wird im Berliner botanischen Garten kultivırt 
und blüht im Frühjahr. 

9) Gireoudia sarchophylla Kl. Frutescens; caule pedali et in- 
super digitum minimum crasso, superne rufo-villoso; internodiis semipolli- 
caribus; foliis longe petiolatis crassis oblique cordatis v. reniformi - cordatis 
angulatis sublobatis irregulariter denticulatis, sinu basilari obtuso, 7 nerviis, 
supra saturate viridibus glabrescentibus, junioribus villo rufo detergibili ob- 
sitis, subtus pallidioribus imprimis ad nervos rufo-villosis; petiolis Jaminam 
subaequantibus v. superantibus rufo -villosis; stipulis membranaceis lanceo- 
latis acutis, dorso pilosis; cyma dichotoma; bracteis oblongis obtusis roseis ; 
floribus roseis. 

Begonia sarchophylla Liebmann Mexicos og Central- America Be- 
gonier, p. 12, n. 22. 


Begoniaceen-Gattungen und Arten. 209 


Blätter 3—5 Zoll lang und 2— 3 Zoll breit. Blattstiele 2—5 Zoll 
lang. Afterblätter 1 Zoll lang. 
Vom Professor Liebmann im Departement Oajaca in Mexico ent- 


deckt. Nicht in Kultur. 


10) Gireoudia cardiocarpa Kl. Fusco-pilosa; caule erecto, basi 
cerasso nodoso; stipulis scariosis fusco-hyalinis lato-lanceolatis acuminatis ; 
foliis longe petiolatis crassis oblique cordatis subpeltatis acutiusculis angulatis 
leviter lobatis, lobis inaequalibus latis acutis obtusisve irregulariter denticu- 
latis ciliatis, 7 nerviis, sinu basilari duplicatura loborum basilarium incon- 
spicuo, supra glabris, subtus lepitodo- punctulatis ad nervos et imprimis ad 
insertionem petioli fusco-villosis, petiolo laminam subaequante fusco-piloso ; 
pedunculo tereti crasso sulcato adsperse piloso; cyma dichotoma; bracteis 
deciduis elongatis obtusis pilosis; floribus carneis; petalis rotundatis; capsula 
glabra elongato-obcordata; alis membranaceis subaequalibus, basi cuneatis 
decurrentibus, apice rotundatis. 

Begonia cardiocarpa Liebmann].c. p. 13, n, 24. 

Blätter 3 Zoll lang und 2 Zoll breit. Blattstiele 1, — 2 Zoll lang. 
Trugdoldenstiele 7— 10 Zoll lang. Fruchtstielchen %, Zoll lang. Kapsel 
5 Linien lang und 3 Linien breit. 

In der Provinz Segovia (Nicaragua) vom Dr. Oersted entdeckt. 


Nicht in Kultur. 


11) Gireoudia sericoneura Kl. Caule erecto carnoso digitum 
crasso dense stipulaceo; stipulis membranaceis dense rufo-nervosis lanceo- 
latis longe acuminatis ad costam imprimis longe fulvo-barbatis; foliis longe 
petiolatis oblique cordatis acutiusculis irregulariter grosse sinuato-dentatis, 
sinu basilari profunde rotundato, lobis basilaribus productis rotundatis, 
9— 11 nerviis, supra saturate viridibus pilis longis fuscis adspersis, subtus 
densius pilosis imprimis ad nervos adpresse fulvo-sericeis; petiolis Jaminam 
superante lana fulva detergibili dense obsitis; pedunculis axillaribus folia vix 
superantibus cum pedicellis fulvo-lanatis, cyma dichotoma; bracteis deciduis 
membranaceis obtusis; floribus roseis. 

Begonia sericoneura Liebmann ]. c. p. 13. n. 23. 

Blätter 5 — 6 Zoll lang und 3 — 4}, Zoll breit. Blattstiele 6 — 9 Zoll 
lang. 'Trugdoldenstiele 9I— 14 Zoll lang. 

Phys. Kl. 1854. Dd 


210 Krorzsch: 


Vom Dr. Oersted aus Kopenhagen in der Provinz Segonia auf dem 
Pantasmo-Gebirge in einer Höhe von 4,500 Fufs (Nicaragua) entdeckt. Nicht 
in Kultur. 

12) Gireoudia fimbriata Kl. Trunco brevi erecto digitum mini- 
mum crasso stipulaceo; stipulis scariosis lanceolatis acuminatis; foliis longe 
petiolatis oblique cordatis acuminatis denticulatis ciliatis, sinu basilari 
angusto, lobis basilaribus rotundatis, 7—8 nerviis, utrinque rufo-setosis, 
subtus pallidioribus lepidoto-punetulatis; petiolis Jaminam aequante setis 
reflexis erispatulis rufis obsitis; peduneulis folia superantibus sparse setulosis, 
demum glabrescentibus; cyma dichotoma; bracteis majusculis orbieulatis 
fimbriato-ciliatis setosis; floribus rubris, externe setosis, masculis majoribus; 
petalis reniformi-cordatis, femineorum lato-cordatis; ovario pilosulo sensim 
glabrescente; capsula glabra carnosa nutante, apice truncata; alis angustis 
rigidis rotundatis, maxima apicem capsulae non attingente. 

Begonia fimbriata Liebmann ].c. p. 18. n. 35. 

Blätter 3 Zoll lang und 11, —2 Zoll breit. Blattstiele 3 Zoll lang. 
Trugdoldenstiele 8—9 Zoll lang. Fruchtstielchen 6—7 Linien lang. Blu- 
menblätter der männlichen Blüthe 4 Linien lang und 6 Linien breit. Kapsel 
5 Linien lang und breit. 

Vom Professor Liebmann im Distriete Chinantla des Departements 
Oajaca in Mexico entdeckt. Nicht in Kultur. 

13) Gireoudia squarrosa Kl. Trunco brevi obliquo stipulaceo; 
stipulis scariosis fuscis lanceolatis acuminatis; foliis longe petiolatis tenuibus 
oblique cordatis acuminatis irregulariter dentieulatis ciliatis variegatis, supra 
laete viridibus sanguineo-zonatis glabris, subtus lepidoto -albo-punctulatis, 
nervis 5— 7 rufescentibus pilis raris adspersis; petiolo laminam superante 
dense squamuloso, squamis ferrugineis reflexis fibrilloso - laciniatis; pedun- 
culo folia superante tereti subglabro; cyma repetite dichotoma; bracteis 
deciduis scariosis ovatis obtusis; floribus incarnatis, petalis masculis lato- 
cordatis, femineorum obovyatis obtusis; capsulae ala maxima membranacea 
faleato-triangula obtusa, alis 2 minoribus rotundatis. 

Begonia squarrosa Liebmann.c. p.7. n.9. 

Blätter 3 Zoll lang und 2— 21, Zoll breit. Blattstiele 4 Zoll lang. 
Trugdoldenstiel 6—8 Zoll lang. Blüthenstielehen 3—4 Linien lang. Kapsel 
3 Linien lang und 6 Linien breit. 


Begoniaceen- Gattungen und Arten. AM: 


Auf einer Höhe von 6000 — 7000 Fufs der Cuesta de S. Pedro im 
Departement Oajaca (Mexico) vom Professor Liebmann entdeckt. Nicht 
in Kultur. 


14) Gireoudia setulosa Kl. Caulescens; foliis oblique cordatis 
acuminatis subangulatis inaequaliter argute denticulatis ciliatis, nervis ramis- 
que utrinque setulosis; eymis pedunculatis paucifloris, basi incarnatis. 

Begonia setulosa Bertero, Flora Guatim. p. 37. 

Diese zweifelhafte Art soll in Central- America zu Hause sein. 


15) Gireoudia rotata Kl. Rufo-villosa; trunco erecto crasso car- 
noso stipulaceo; foliis longe petiolatis peltato-digitatis, foliolis 5—7 longe 
petiolulatis, oblique elliptieis acuminatis, basi cuneatis irregulariter denti- 
culatis, supra atro-viridibus pilis rufis adspersis, subtus pallidioribus sub- 
tilissime lepidoto-granulatis imprimis ad nervos rufo-pilosis; pedunculo folia 
duplo superante; cyma dichotoma; bracteis numerosis lato-ovatis denticulatis 
longe rufo-pilosis; floribus parvis. 

Begonia rotata Liebmann ].c. p. 11. n. 19. 

Blattstiele 4—5 Zoll lang. Blättehen 3—4 Zoll lang und 1 Zoll breit. 
Stiele der Blättchen 1 Zoll lang. Trugdoldenstengel 1 Fufs lang. Bracteen 
" Zoll lang. 

Im Departement Oajaca von Mexico durch den Professor Liebmann 
entdeckt. Nicht in Kultur. 


16) Gireoudia caroliniaefolia Kl. F errugineo - villosa; trunco 
erecto crasso carnoso simplice stipulaceo; stipulis ovatis acuminatis scariosis, 
extus ferrugineo-villosis; foliis longe petiolatis peltato-digitatis, foliolis 
6— 3 longe petiolulatis incuryo-inaequilateris oblongis acuminatis sinuato- 
serratis, basi obtusis aut cuneatis, supra atro-viridibus glabris, subtus palli- 
dioribus nervoso - villosissimis; petiolulis dense ferrugineo-villosis squamis 
angustis longissimis concoloribus interspersis; pedunculo rufo-piloso folia 
duplo superante; cyma repetite dichotoma; floribus roseis; petalis orbicu- 
laribus; capsulis inaequaliter trialatis glabris; ala maxima oblique ovata, 
reliquis angustis. 

Begonia caroliniaefolia Regel, Gartenflora I, p. 259. t. 25. 

Stamm aufrecht, ungetheilt, 1—2Fufs hoch und 1— 1%, Zoll im 
Durchmesser. Blatt und Blättchenstiele dicht und langzottig- rostfarben- 


Dd2 


212 Kırorzscn: 


behaart. Erstere 5—7 Zoll lang, letztere ,—1 Zoll lang. Trugdolden aus- 
gebreitet, vielfach gabelförmig-verästelt, dünn zottig-langhaarig, sammt 
dem Stengel 2 Fufs lang. Gröfster Fruchtflügel 4 Linien lang und 3LLi- 
nien breit. 

Standort und Einführung unbekannt. 

Im botanischen Garten zu Schöneberg bei Berlin wird ein Bastard 
kultivirt, der dem Samen von G. caroliniaefolia entsprossen, von väterlicher 
Seite aber unbekannt ist und mit Begonia caroliniaefolia var. folüs indivisis 
bezeichnet wird. Das Exemplar ist kahl, die Blätter fast kreisrund, acht- 
lappig, an der Basis tief herzförmig ausgerandet und die Lappen der Aus- 
buchtung sich deckend. Die Lappen in der Peripherie des Blattes kurz und 
breit, entfernt sägezähnig, fein zugespitzt. Vom Herrn Inspector Regel 
aus Zürich erhielt ich einen zweiten Bastard unter dem Namen Begonia 
Verschaffelti der durch Kreuzung von Gireoudia manicata auf G. caro- 
liniaefolia entstanden ist. Er ist als Gireoudia manicato-caroliniaefolia zu 
bezeichnen. 

& Rhizoma repens aut nullum. 

17) Gireoudia urophylla Kl. Acaulis; foliis amplis lato-cordatis 
inciso - dentatis, apice caudato-acuminatis, venis flabellatis subtus setulosis; 
petiolis longis teretibus robustis setosis, setis mollibus deflexis; pedunculis 
radicalibus glabris; cymis amplis repetite di-trichotomis; petalis florum 
masculorum obovatis planis albidis versus basin roseo tinctis, femineorum 
suborbicularibus concavis; capsulae inaequaliter trialatae alis duabus angustis 
tertia duplo majore rotundato - quadrangulari. 

Begonia urophylla W. Hooker, Bot. Mag. t. 4855. 

Stammlos. Blattstiele kräftig, stielrund. Blätter 8—9 Zoll lang und 
6—7 Zoll breit; die Adern sind strahlenförmig verlaufend und beginnen an 
einer die Insertion des Blattstiels bezeichnenden Scheibe von 4 Zoll Durch- 
messer. Trugdolde stark verästelt. 

Ist durch die belgischen Gärten verbreitet worden. Standort 
unbekannt. 

18) Gireoudia setosa Kl. Repens; foliis oblique cordatis laete 
viridibus nitidis suborbieularibus crispato-dentatis, antice tri- quadrilobatis, 
lobis brevibus acuminatis, supra sparsim setoso-scabris, subtus pallidiori- 
bus costato-setosis; petiolis longis teretibus strictis rufescentibus deorsum 


Begoniaceen - Gattungen und Arten. 2313 


incrassatis, retrorsum incano-setosis; pedunculis folio langioribus plus minus 
patente pilosis; cyma ampla repetite dichotoma multiflora; floribus germi- 
nibus pedicellisque candidis subinde dilutissime roseo tinctis; petalis sub- 
orbieularibus; capsulis trialatis, ala maxima ovata obtusa, apice truncata. 

Blätter 4—7 Zoll lang und breit. Blattstiel 6—9 Zoll lang, an der 
Basis von der Dicke eines Schwanenkiels. Trugdoldenstiel 15 Zoll lang. 
Blumenblätter 5 Linien lang und 5 Zoll breit. Gröfster Fruchtflügel 4 Li- 
nien lang und 3 Linien breit. 

Von dem Herrn von Warscewicz auf dem Chiriqui-Gebirge in 
Central-America entdeckt und unter n. 1756 als Samen eingeführt, den Herr 
L. Mathieu in Berlin zum Keimen und die daraus gewonnenen Pflanzen zur 
Verbreitung brachte. 

19) Gireoudia strigillosa Kl. Rhizomate brevi repente; foliis 
oblique cordatis transverse ovatis acutis angulato- dentatis rubro - marginatis, 
dentibus crispato-setosis, supra subtusque laete viridibus sparsim venoso- 
rubro-setosis; petiolis brevibus pedunculisque longis remote fasciculato - se- 
tosis; stipulis ovatis magnis acutis aristatis, margine pellucidis piliferis; 
cymis dichotomis; bracteis ovatis acutis roseo - costatis deciduis glabris; pe- 
talis cordato -orbicularibus subacutis, intus albidis, extus virescenti-albidis 
roseo-marginatis; germine inaequaliter trialato, alis duabus obtusangulis tertia 
parum latiore acutangula. 

Begonia strigillosa Dietrich partim, Allgemeine Gartenzeitung vol. 
XIX, p. 330. 

Blätter 3%, Zoll lang und 5 Zoll breit; die beiden Lappen an der Basis 
abgerundet, sich deckend, 1—1} Zoll lang. Blattstiele 3—4 Zoll lang. 
Afterblättchen 10 Linien lang. Trugdoldenstengel 4 Zoll lang. 

In der Bergemann’schen Kunstgärtnerei aus Samen gezogen, den 
Herr von Warscewicz aus Central- America geschickt hatte. 

20) Gireoudia stigmosa Kl. Rhizomate brevissimo repente; foliis 
oblique cordatis indivisis brevi acutis inaequaliter dentato-setosis, supra sa- 
turate viridibus subglabris inter furcationes venarum atro-purpureo-maculatis, 
subtus pallidioribus sparse nervoso-setosis; petiolis ramentaceis seu laciniato- 
squamosis, apice barbato-squamatis; cymis divaricato - dichotomis glabris 
longe pedunculatis; pedunculis inferne sparsissime setosis; bracteis parvis 
oblongis acutis; petalis albido- virescentibus oboyatis flor. femin. obovato- 


914 Krorzsch: 


orbieularibus duplo minoribus; capsulae alis obtusis rotundatis altera elon- 
gata subadscendente obtusata. 

Begonia stigmosa Lindl., Miscellaneous matters to the Bot. Reg. 
4845. n. 40. 

Wurzelstock kurz, vielästig. Blätter 3—5 Zoll lang und 4—7 Zoll 
breit. Blattstiele 4—8 Zoll lang, gänsekieldick. Schuppen an der Spitze 
vielfach eingeschnitten, zurückgekrümmt, 15—2 Linien lang und 3, Linie 
breit. Trugdoldenstengel von der Länge der Blattstiele, fast kahl, nur 
unterwärts sparsam borstig-behaart. Bracteen 3 Linien lang und 1%, Linie 
breit. Männliche Blumenblätter 5 Linien lang und 4 Linien breit; weibliche 
Blumenblätter 3 Linien lang und breit. Gröfster Fruchtflügel 3 Linien hoch 
und 6 Linien breit. 

Eine weniger schöne aber doch beliebte Kulturpflanze, welche aus 
Central- America stammt. 

21) Gireoudia manicataK]. Caule carnoso decumbente subbrevi; 
foliis longe petiolatis oblique cordatis repando - dentatis breviter acuminatis 
ciliatis, supra laete viridibus glabris, subtus ad nervos squamis sparsissimis 
purpureis apice filamentosis adspersis, ad insertionem petioli squamis majo- 
ribus reflexis palmatifidis purpurascentibus verticillatis obsitis; petiolo lami- 
nam subaequante v. superante imprimis apicem versus squamis purpureis 
subverticillatis reflexis fimbriatis obsito; stipulis lanceolatis fimbriatis; pe- 
dunculo folia superante glabro; cyma repetite dichotoma; bracteis deciduis 
hyalinis ovatis obtusis; petalis roseis flor. masc. ovalibus flor. fem. obovatis 
minoribus; antheris brevissime apiculatis; capsula obovata glabra; alis sub- 
aequalibus pallide virescentibus, basi cuneatis, apice rotundatis. 

Begonia manicata Cels. mss. ex Visiani L’Orto bot. di Padoya nell’ 
anno 1842, p. 135. B. schizolepis Liebmannl.c. p. 17. n. 33. 

Blätter 3— 9 Zoll lang und 2— 6 Zoll breit. Blattstiele 2— 5 Zoll 
lang. Afterblättchen 4, Zoll lang. Trugdoldenstiel 6— 12 Zoll lang. 
Fruchtstielchen 4— 5 Linien lang. Kapsel 6 Linien lang und 1 Linie im 
Durchmesser. 

In Mexico einheimisch (Liebmann). Ein in der Kultur sehr ver- 
breitetes Gewächs. 

22) Gireoudia heracleifolla Kl. Rhizomate repente crasso sca- 
bro-setoso ; stipulis latissimis triangularibus in setam longam terminantibus, 


Begoniaceen - Gattungen und Arten. 215 


hyalinis, margine revolutis, dorso subalato-carinatis, carina setoso-ciliata; 
petiolis longis teretibus sursum attenuatis purpureo-punctatis patente albido- 
setosis, apice annulato-barbatis; foliis cordatis ambitu suborbicularibus, plus 
minus profunde septem-lobatis, lobis ovato-lanceolatis dentatis ciliatis, sub- 
inde sinuatis, utrinque raro sparsim pilosis, supra saturate viridibus mi- 
cantibus, subtus pallidioribus nervoso-prominentibus; cymis trichotomis 
pedunceulatis foliis longioribus; peduneulis rubro-punctulatis patente pilosis; 
bracteis e viridi-roseis oblongo-orbicularibus obtusis dentato-serratis; petalis 
obovato-orbicularibus roseis; capsulae viridis inaequaliter trialatae alis roseis, 
apice truncatis. 

Begonia heracleifolia Cham. et Schlechtd. Linnaea V, p. 608. 
Otto et Dietrich, Allgemeine Gartenzeitung IV, p. 348. 


Var. « viridis Kl. petiolis laevibus; foliis pure viridibus hirtellis subtus 
pallidis; petalis alisque inpunctatis. 

Begonia heracleifolia Hooker, Bot. Mag. t. 3444. Lindley, Bot. 
Reg. t. 1668. B. heracleifolia et B. jatrophaefolia Hort. Berol. 

Var. punctata Kl. petiolis tuberculis elongatis praesertim in partem 
superiorem obsitis; foliis ad paginam inferiorem versus marginem 
plus minus rubescentibus, supra nigrescenti-micantibus; petalis 
alisque coccineo - punctatis. 


Begonia punctata Link, Kl. et Otto, Ic. plant. rar. I, p. 17. t. 7. 


B. punctata et B. nigricans Hort. Berol. 


Wurzelstock kurz und dick, 3—6 Zoll lang und bis 14, Zoll dick. 
Afterblättchen $—9 Linien lang und an der Basis eben so breit, der geflü- 
gelte Kiel auf dem Rücken derselben 1 Linie breit. Blattstiele 5—12 Zoll 
und an der Basis schwanenkieldick. Blätter 5-8 Zoll breit und 3—6 Zoll 
lang. Trugdoldenstiele 8-12 Zoll lang und raben - bis gänsekieldick. Blu- 
menblätter 7 Linien lang und 5—6 Linien breit. Gröfster Fruchtflügel 4— 
7 Linien breit. 

In Mexico einheimisch von Schiede und Deppe entdeckt, durch 
letzteren im Berliner botanischen Garten lebend eingeführt und vom Professor 
Liebmann wiederum aufgefunden. 

Die von dem Herrn Dr. A. Dietrich im Jahre 1847 in der allge- 
meinen Gartenzeitung v. XV, p. 282 beschriebene Begonia ricinifolia, ist ein 


216 Krorzsch: 


durch Kreuzung des Pollens entstandener Bastard zwischen Gireoudia hera- 
cleifolia und der Gireoudia macrophylla var. peponifolia. 


23) Gireoudia macrophylla Kl. Rhizomate brevi crasso tuber- 
culato squamoso;, stipulis maximis basi latissimis triangularibus hyalinis se- 
toso- cuspidatis, dorso carinatis piloso-setosis, carina convexa, superne in 
laminam angustata; petiolis crassis robustis erectis teretibus squamis angustis 
laciniatis recurvis hyalinis obsitis; foliis maximis profunde cordatis ambitu 
suborbicularibus dentato-serratis et sinuato - dentatis ciliatis, subtus nervoso- 
hispidis, junioribus convolutis plicato-angulatis; cymis amplis divaricatis 
repetite dichotomis longe pedunculatis; pedunculis robustis strietis striatis 
sparsim setulosis; floribus parvis albis; petalis brevi-obovatis; antheris bre- 
vissime apiculatis; capsulae alis obtusangulis una maxima. 

Begonia macrophylla Dryander, Trans. of the Linnean Soc. I, 
p. 164. Willd. Spec. plant. IV, p. 416. 

Var. @ concolor Kl. Petiolis sparsim laciniato-squamosis; foliis supra 
nitidis subtus pallide viridibus. 

Begonia macrophylla Hort. Berol. 

Var. 8 discolor Kl. Petiolis dense laciniato-squamosis, foliis supra opacis, 
subtus inter nervos plus minus rufescentibus. 

Begonia peponifolia Hort. Berol. 

Wurzelstock 3 Zoll lang und 2 Zoll dick. Afterblätter 1%, Zoll lang 
und breit. Blattstiele 8—10 Zoll lang und an der Basis ,—1 Zoll im Durch- 
messer, oberwärts allmählig verdünnt. Blätter 1 Fufs und darüber im 
Durchmesser, deren Lappen an der Basis sich deckend, 6 Zoll lang. 
Trugdoldenstiel 16—18 Zoll lang und unterwärts von der Dicke eines klei- 
nen Fingers. Blumenblätter 3—4 Linien lang und breit. Gröfster Frucht- 
flügel 5 Linien hoch und 6 Linien breit. 

Wächst auf Gebirgen der Insel Jamaica. In Kultur. 


24) Gireoudia Barkeri Kl. Acaulis; foliis basi inaequaliter cor- 
datis obsolete lobatis acutis, supra glabris nitidis, subtus hirsutis; pedunculo 
longissimo piloso; eyma dichotoma divaricata ramosissima; petalis obovatis, 


extus pilosis. 
Begonia Barkeri Knowl. et Weste. III, 179, t. 135. 
In Mexico einheimisch. Selten in Kultur. 


Begoniaceen-Gattungen und Arten. 347 


25) Gireoudia plebeja Kl. Rhizomate obliquo brevi carnoso digi- 
tum crasso subterraneo; stipulis scariosis glabris lanceolatis carinatis longe 
acuminatis; foliis tenuibus longe petiolatis oblique cordatis subangulatis 
acutis irregulariter dentato-dentieulatis ciliatis, sinu basilari acuto, 7—9 ner- 
viis, supra laete-viridibus glaberrimis, subtus pallidioribus albo - punctulatis 
adsperse pilosulis, petiolo laminam superante vel subaequante; pedunculo 
folia superante tereti sulcato primum dense rufo-piloso demum glabrescente; 
cyına repetite dichotoma; bracteis deciduis scariosis ovatis obtusis denticu- 
lato-ciliatis pilosis; petalis albis rotundis; capsulae alis hyalinis membrana- 
ceis, maxima triangula margine superiori truncato, dorsali leviter curvato, 
ala altera minori obtusangula, tertia minima rotundata; pedicellis ad- 
sperse pilosis. 

Liebmann.c. p. 8, n. 11. 

Blätter 3— 6 Zoll lang und 2—4 Zoll breit. Blattstiele 3—7 Zoll 
lang. Trugdoldenstiel 6--9 Zoll lang. Fruchtstielchen 3—7 Linien lang. 
Kapsel 6 Linien lang und 6—7 Linien im Durchmesser. 

Von Oersted auf dem Vulcan El Viego in Nicaragua, in einer Höhe 
von 3000 Fufs und auf dem Aguacate in Costa rica 2000 Fufs hoch entdeckt. 
Nicht in Kultur. 


26) Gireoudia conchaefolia Kl. Tota rufo-villosa; rhizomate 
brevi obliquo digitum crasso; stipulis scariosis lanceolatis acuminatis; foliüs 
longe petiolatis peltatis oblique lato-ovatis subintegerrimis breviter et obtuse 
acuminatis crassis 7 nerviis, supra pilis longis flaccidis fuseis obsitis, subtus 
dense rufo-villosis; peduneulis plurimis fusco-villosis folia superantibus 
ceymoso-corymbosis; bracteis deciduis lato-ovatis apiculatis dense rufo-vil- 
losis; petalis obovato- orbicularibus parvis ex albido - virescentibus; capsulae 
alis tenuissime membranaceis rotundatis, basi obtusis, apice truncatis aut 
emarginatis, duabus parum majoribus. 

Begonia conchaefolia Dietrich, Allgemeine Gartenzeitung 1851, 
v. XIX, p. 258. 

Var. « scutellata Kl. Petiolis laete viridibus. 

Begonia scutellata Liebmann ].c. p. 9, n. 13. 

Var. Warscewieziana Kl. Petiolis sanguineis. 


Gireoudia Warscewieziana Kl. mss. in horto bot. Berol. olim. 
Phys. Kl. 1854. » Be 


218 K vio TiZ SCH: 


Blätter 2—5 Zoll lang und 1,—4 Zoll breit. Blattstiele 2,—4 Zoll 
lang und rabenkiel- bis gänsekieldick. Trugdoldenstiele 5— 9 Zoll lang. 
Fruchtsielchen 6— 8 Linien lang. Blumenblätter 4 Linien lang und breit. 
Kapsel 4 Linien lang und breit. 

Von den Herren Oersted und von Warscewicez in Costa rica 5000 
bis 6000 Fufs über dem Meeresspiegel entdeckt und von dem Letzteren le- 
bend in Deutschland eingeführt. 


37) Gireoudia nelumbüfolia Kl. Acaulis; foliis peltatis oblique 
orbiculari-ovatis brevi acuminatis denticulatis ciliatis, umbone depresso ex- 
centrico duabus circiter diametri majoris tertiis parlibus ab apice remoto, 
utrinque glabris, subtus pallidioribus veniculiferis novemnerviis, nervis sub- 
tus prominentibus fuscescentibus retrorsum hirtellis; petiolo erecto longo 
retrorsum hirtello; cyma quinquies dichotoma ampla longe pedunculata ; 
peduneulo foliis longiore strieto sparsim retrorsum piloso; bracteis subpel- 
lueidis complicato-concavis acutis; floribus albis parvis; petalis orbieularibus; 
capsulae glabrae virescentis alis duabus angustis, tertia majore ovata obtusa, 
apice truncata, basi subemarginata. 

Begonia nelumbifolia Cham. etSchlechtd. Linnaea vol. V, p. 604, 
n. 730. B. hernandiaefolia Hort. Berol. nee Hooker. 

Wurzelstock kurz, unterirdisch. Blätter 7—11 Zoll breit und 10— 
13 Zoll lang. Blattstiele 7—11 Zoll lang. Die gestielte, ausgewachsene 
Trugdolde 12— 20 Zoll lang. Blumenblätter 3 Linien im Durchmesser. 
Gröfster Fruchtflügel 5 Linien lang und 4 Linien breit. 

Von Schiede bei Misantla in der östlichen tropischen Region von 
Mexico entdeckt, von Liebmann wiederum aufgefunden. In Kultur. 


28) Gireoudia hydrocolylifolla Kl. Rhizomate brevi crasso car- 
noso horizontali; stipulis lato-ovatis acutis carinatis seta terminatis; foliis 
carnosulis petiolatis reniformi-cordatis rotundatis integerrimis eiliatis 5 — 7 
nerviis, (in speciminibus excultis majoribus,) supra obscure viridibus glabris, 
sinu basilari angusto acuto; petiolo laminam superante rufo-villosulo, demum 
glabrescente; peduneulo tenui furcato-dichotomo subcontracto-cymoso foliis 
pluries longiore-glabro; pedicellis tenuibus; floribus roseis; petalis orbieu- 
laribus; capsulae membranaceae alis subaequalibus angustis rotundatis, utrin- 


sinatis. 


que subemarg 


Begoniaceen - Gattungen und Arten. 219 


Begonia hydrocotylifoliaHooker, Bot. Mag. t. 3968. B. asarifolia 
Liebmann ].c.p. 8, n. 19. 

Wurzelstock 14,—2 Zoll lang und fingerdick. Blätter 14,—2!, Zoll 
lang und 2—3!, Zoll breit. Blattstiele dünn, 15,—7 Zoll lang. Trugdolden- 
stiele 3—9 Zoll lang. Fruchtstiele 4 Zoll lang. Kapseln 6—7 Linien lang 
und breit. Fruchtflügel 1}, Linie breit. 

In Mexico in einer Höhe von 2500 Fufs vorkommend. In Kultur. 


XXVI. Rossmannia(') Kl. 
Mär, RI Al 


Flores monoiei subeorymbosi terminales. Masculi: Petala 2 subor- 
bicularia. Stamina plurima inaequilonga, exteriora breviora; antheris bre- 
vibus ovalibus, utrinque obtusis, apice brevi productis, loculis lateralibus 
tumidis; filamentis filiformibus brevissime monadelphis. Flores feminei: 
Petala 2 suberecta ovato-erbicularia. Ovarium inferum triloculare depresso- 
trigonum valde inaequaliter trialatum. Ovula in placentis e loculorum an- 
gulo centrali bilamellatis creberrima, anatropa, lamellis arcuatim subconni- 
ventibus in stipitem brevem exoyuliferum conjunetis. Stylus tripartitus glaber 
persistens, lobis arcuatim bicornulis erectis tortuosis, fascia papillosa ter 
spiraliter torta, inferne continua einctis. Capsula turbinato -triquetra trilo- 
eularis valde inaequaliter trialata, ala maxima oblonga adscendente suberecta 
obtusa, ad alarım originem per rimas arcuatas dehiscens, bracteis tribus or- 
bieulatis magnis persistentibus obducta. Semina innumerabilia minutissima 
oblonga reliculata exalbuminosa. 

Herba scandens radicans peruviana; foliis subaequalibus oblongis acu- 
minatis membranaceis argute serratis glabris brevi petiolatis; stipulis caducis; 
corymbis laxis terminalıbus; floribus roseis; capsulae ala maxima longissima 
erecta obtusa. 

1) Aossmannia repens Kl. Herbacea, scandens, glabra; caulibus 
longis ramosis radicantibus; foliis aequalibus membranaceis utrinque glabris 
oblongis acuminatis argute serratis, basi subattenuato-obtusis brevi petiolatis, 
supra laete viridibus, subtus pallidioribus fuscescente - nervosis; stipulis 


(') Dem Andenken des Herrn Dr. Julius Rossmann, Privat-Docenten der Botanik an 
der Universität Giessen, Verfasser der Beiträge zur Kenntnifs der Wasserhahnenfülsse. Giessen 
1854, gewidmet. 


Ee2 


220 KrLorzscn: 


membranaceis oblongo-spathulatis caducis brevi apiculatis; corymbi ramis 
alternis subremotis; petalis saturate roseis suborbicularibus; ala maxima 
elongato-oblonga obtusa capsula quater longiore. 

Begonia repens Herb. Ruizii. 

Stengel krautartig, verästelt, klimmend, wurzelnd, mehrere Fufs 
lang und von der Dicke eines Rabenkiels. Blätter 2!, — 3!, Zoll lang und 
8—12 Linien breit. Blattstiele 2—4 Linien lang. Nebenblätter 4 Linien 
lang und 141, Linie breit. Blumenblätter 4 Linien im Durchmesser. Die 
bleibenden Bracteen, welche die Kapselfrucht einschliefsen, rauschend, fast 
kreisrund, 5 Linien lang und breit. Afterdolde 4% Zoll lang. Kapsel 
5 Linien lang und breit. Gröfster Fruchtflügel 21 Linien hoch und 5 Li- 
nien breit. 

Von Ruiz und Pavon in Pueblo nuevo (Peru) entdeckt und von 
Tafalla gezeichnet. Die Zeichnung ist im brittischen Museum in London 
unter no. 61 d. aufbewahrt. Nicht in Kultur. 


AXAXVYII. Cyathocnemis(‘) Kl. 


Flores monoici dichotomo-cymosi ebracteolati, ad basin dichotomiarum 
bractea magna ceyathiformi, apice sinuato-lobata muniti. Masculi: Petala 
2 opposita suborbicularia plana. Stamina numerosa inaequilonga; antheris 
linearibus luteis filamenta aequantibus, utrinque rima longitudinali ab apice 
ad basim dehiscentibus; filamentis filiformibus albis, basi breviter monadel- 
phis, extimis brevioribus, interioribus sensim longioribus. Flores feminei: 
Petala 2 obovato-orbicularia. Ovarium inferum trigonum triloculare in- 
aequaliter trialatum. Ovula in placentis e loculorum angulo centrali bila- 
mellatis creberrima, anatropa, lamellis arcuatim conniventibus in stipitem 
exoyuliferum conjunctis. Stylus tripartitus glaber persistens, lobis bicor- 
nutis tortuosis, fascia papillosa ter spiraliter torta, inferne continua cinctis. 
Capsula membranacea utrinque acuta triquetra trilocularis inaequaliter tria- 
lata, alis duabus marginem membranaceum angustum constituentibus, tertia 
in lobum obtusum, apice subtruncatum, totius capsulae inter alas parallele 
striatae diametrum superantem venosumque producta, ad alarum originem 
per rimas arcuatas dehiscens. Semina numerosissima subeylindrica fusces- 
centia reticulata exalbuminosa. 


(') Aus den griechischen Wörtern zU@Sos und zvruis zusammengesetzt. 


Begoniaceen- G altungen und Arten. 221 


Herba subtuberosa succulenta erecta glabra peruviana; caule tripedali 
strieto tereti; foliis petiolatis oblique cordatis; transverse ovatis aculis si- 
nuato -angulatis crenatis roseo-marginatis, utrinque glabris; stipulis magnis 
subpersistentibus flabellatis; pedunculo axillari longissimo repetite dicho- 
tomo; bracteis ad basin dichotomiarum magnis viridibus in cyathum obverse 
conicum connatis, deinde basi eircumseissis deciduis, ore truncato eroso- 
lobato ; florum pedicellis longis filiformibus ebracteolatis. 

1) Cyathocnemis obligua Kl. Tuberosa; caule subsimplici glabro 
strieto; stipulis obovato-flabellatis magnis subpersistentibus; foliis oblique 
cordatis, transverse ovatis acutis sinuato - angulatis crenatis; pedunculis axil- 
laribus terminalibusque longissimis glabris; floribus candidis ebracteolatis; 
capsulae alis inaequalibus. 

Begonia obliqua Herb. Ruizii. B. cyathophora Poeppig et End- 
licher, Genera et spec. plant. I, p. 7. n. 1. t. 11. 

Wurzelstock knollenartig. Das ganze Gewächs fleischig- saftig, glän- 
zend. Stengel 3 Fufs hoch, stielrund, kaum verästelt, Afterblätter 1 Zoll 
lang und breit. Blattstiele stielrund, gerade, aufrecht, 5—6 Zoll lang. 
_ Blätter 3—4 Zoll lang und 6—7 Zoll breit. Trugdoldenstiele 2 Fufs lang. 
Die becherförmigen Bracteen, welche die Verzweigungen der Trugdolden 
einhüllen 1 Zoll lang und an der Mündung 1 Zoll weit. Die Blüthenstiel- 
chen fadenförmig, 8—10 Linien lang. Blumenblätter 4—5 Linien lang und 
breit. Gröfster Fruchtflügel 5 Linien hoch und 6 Linien breit. 

Im östlichen Peru in bewaldeten, felsigen Lokalitäten der Anden bei 
Cuchero. Ruiz und Pavon, Poeppig. Nicht in Kultur. 

Die von dem Professor Poeppig gemachte Angabe, nach welcher 
die weiblichen Blüthen 5blättrig sein sollen, beruht, wie ein Exemplar 
von Ruiz beweist, das im Berliner Herbar aufbewahrt wird, auf einem 
Irrthume. 


AXXIX. Magnusia (‘) Kl. 
BatpIX WB, 


Flores monoiei albi cymosi. Masculi: Petala 2 latissima semiorbicu- 
laria, extus sparsim pubescentia rigida. Stamina 50 — 60 toro pulvinato 


(') Dem Andenken des Physikers, Herrn Professor Dr. Magnus, ordentlichen Mitgliede 
der Königlichen Akademie der Wissenschaften in Berlin, gewidmet. 


3232 KrLorzsen: 


inserta,; antheris elongatis, utrinque truncatis, apice subemarginatis per 
rimas laterales usque ad apicem dehiscentibus; filamentis brevibus liberis 
tenuibus planiuseulis. Flores feminei: Petala 2 latissima semiorbicularia 
carnosa subeonvoluta nec expansa, extus hirta. Ovarium inferum triloculare 
trigonum inaequaliter trialatum, extus hirsutum. Ovula in placentis e locu- 
lorum angulo centrali gyroso-bilamellatis creberrima, anatropa. Stylus tri- 
fidus glaber persistens; stigmatibus bicornutis, fascia papillosa bis spiraliter 
torta, inferne continua cinctis. Capsula turbinato-triquetra trilocularis valde 
inaequaliter trialata utrinque emarginata, ad alarum originem per rimas ar- 
cuatas dehiscens. Semina innumerabilia minutissima oblonga reticulata ex- 
albuminosa. 

Suffrutex in montibus regni mexicani obvius. Rhizomate crasso car- 
noso cicatrisato setoso; foliis suborbieularibus angulatis dentatis oblique 
cordatis longissime petiolatis; pedunculis longis longissime repetito - dicho- 
tomis; floribus albis; petalis florum femineorum carnosulis margine inflexis 
subclausis; capsulae brevi setosae ala maxima ovata obtusa, versus apicem 
dentato - ciliata. 


1) Magnusia fusca Kl. Rhizomate crasso carnoso obliquo cica- 
trisato stipulato; foliis longe petiolatis oblique cordatis acute angulato-loba- 
tis acuminatis, lobo basilari maximo rotundato, sinu profundo angusto, 
7—9 nerviis, utrinque ferrugineo-setosis, supra saturate viridibus, subtus 
fuscescentibus imprimis ad nervos pilosis; petiolo longo fusco-piloso; pe- 
dunculo longo crasso tereli parce puberulo, demum glabrescente; cyma 
elongata repetite dichotoma; bracteis deciduis concavis ovatis obtusis ciliatis, 
externe rulo-setosis; floribus albidis, extus brevi setosis; petalis carnosis 
setoso-denticulatis, margine tenuioribus; capsulae brevi setosae alis ciliatis, 
2 angustioribus rotundatis, maxima chartacea lato-falcata obtusangula 
denticulata. 

Begonia fusca Liebmann].c.p.8, n. 10. 


Wurzelstock 2— 3 Zoll lang und 1!, Zoll diek. Blätter 6 — 11 Zoll 
lang und 3— 9 Zoll breit.  Blattstiele 1 —1', Fufs lang, walzenförmig, an 
der Basis von der Dicke eines kleinen Fingers, oberwärts allmählig verdünnt. 
Trugdoldenstiele 1 — 1!, Fuls lang. Trugdolde 1 Fufs lang. Fruchtstiele 
—1 Zoll lang. Frucht 6—7 Linien lang und 12 Linien breit. 


m 


Begoniacceen - Gatlungen und Arten. 223 


Im Departement Oajaca auf Gebirgen in einer Höhe von 3000— 5000 
Fufs. Liebmann. Nicht in Kultur. 

9) Magnusia maxima Kl. Rhbizomate repente crasso setoso cica- 
trisato, radieulis roseis instructo; stipulis magnis late ovatis subacuminatis 
serrato- setosis evanescente pilosis albido-tuberculatis; petiolis strictis tere- 
tibus retrorsum pubescentibus sursum attenuatis sesquipedalibus; foliis 
magnis transverse orbiculato-ovatis oblique acuminatis novemnerviis pro- 
funde cordatis, margine leviter sinuatis fusco -serratis setosis, utrinque viri- 
dibus albido-pubescentibus, nervis subtus magis prominentibus; pedunculo 
longissimo stricto glabrescente; cyma elongata repetite dichotoma; bracteis 
deeiduis magnis obovatis albido-virescentibus puberulis; floribus magnis 
candidis, externe sparsim pilosis; capsulae pubescentis alis serrato-ciliatis 
duabus angustioribus rotundatis, tertia maxima adscendente ovata. 

Magnusia fusca Taf. IX. C. fig. a—m. 

Begonia maxima Hort. Berol. 

Wurzelstock 6—8 Zoll lang und 14, Zoll dick, zwischen den zoll- 
breiten Blattnarben mit weilsen Punkten bezeichnet, welche von den abge- 
fallenen, grünen 7 Linien langen und linienbreiten, entfernt gewimperten, 
borstenartigen Schuppen herrühren, die noch an den aktiven Vegetations- 
partien sichtbar sind. Afterblätter 1!, Zoll lang und zollbreit. Blatistiele 
stielrund, 14, Fuls lang und an der Basis daumendick. Blätter 12 Zoll lang 
und 15 Zoll breit, die herzförmigen Lappen der Basis abgerundet, sich 
deckend und 3—4 Zoll lang. Trugdolde 3 Fuls lang, deren Stiel 1—1} 
Fufs lang. Blumenblätter $ Linien lang und zollbreit. Kapsel an beiden 
Enden ausgerandet, 7, Zoll hoch und 15 Linien breit. Gröfster Fruchtflügel 
10 Linien breit und 8 Linien hoch. 

Wird im Berliner botanischen Garten kultivirt und ist wahrscheinlich 
ebenfalls in Mexico einheimisch. 

"* Placentae integrae pedicellatae. 
AAX. Haagea('‘) Kl. 
Dat IX: -C. 

Flores monoiei rosei eymosi. Masculi: Petala 2 late obovata glabra. 

Stamina crebra inaequilonga, centralia longiora toro subplano inserta, antheris 


(') Dem Andenken eines der renommirlesten deutschen Handelsgärtner, des Kunstgärtner 
Herrn F. Adolph Haage jun. in Erfurt, als ein Zeichen besonderer Achtung gewidmet. 


71 Krorzscen: 


obovatis, apice truncato-tumidis, basi attenuato-obtusis filamentis liberis 
subbrevioribus. Flores feminei: Petala 2 orbiculato-oboyata. ÖOvarium in- 
ferum triloculare trigonum aequaliter trialatum roseum. Ovula in placentis 
e loculorum angulo centrali integerrimis pedicellatis (sectio transversa ovato- 
lanceolata) sessilia, creberrima, anatropa. Stylus tripartitus glaber per- 
sistens. Stigmata latissime expansa subplana divaricato-biloba, lobis brevis- 
simis subtortuosis, fascia papillosa semel spiraliter torta antice continua 
einetis. Capsula tenuissime membranacea triquetra trilocularis obovata 
aequaliter trialata, ad alarum originem per rimas arcuatas dehiscens. Semina 
innumerabilia minutissima oblonga reticulata exalbuminosa. 

Frutices erecti parce romosi indici; foliis semieordatis transverse ovatis 
attenuato-acutis duplicato-serratis discoloribus petiolatis; stipulis oblongis se- 
micordatis; eymis paucifloris pendulis axillaribus rubro-pedunceulatis; floribus 
longissime pedicellatis magnis germinibusque roseis; capsulis aequaliter trialatis. 

1) Haagea dipetala Kl. Fruticosa, erecta, subglabra; caule erecto 
parce ramoso cinereo-fusco roseo-punctato; foliis semicordatis transverse 
ovatis acutis duplicato - serratis inaequilateris rubro petiolatis, supra laete 
viridibus albido-maculatis setis sparsis brevibus obsitis, subtus purpurascen- 
tibus; stipulis ovato-oblongis semicordatis; cymis paucifloris pedunculatis 
pendulis axillaribus; floribus germinibusque saturate roseis; capsulae alis 
subaequalibus rotundatis, basi plus minus attenuatis. 

Begonia dipetala Graham in Bot. Magaz. t. 2849. R. Wight, Ic. 
plant. Ind. or. v. V, t. 1813! 

Ein 2— 3 Fufs hoher, kaum- oder wenig verästelter Strauch mit 
grau-braunem, sparsam roth-punktirtem Stengel und Zweigen. Afterblätt- 
chen abgerundet, stachelspitzig, 8 Linien lang. Blattstiele 1,—3 Zoll lang. 
Trugdoldenstiele 1—2 Zoll lang. Trugdolden 3 Zoll lang. Blumenblätter 
der männlichen Blüthe 9 Linien lang und breit, die der weiblichen Blüthe 
9 Linien lang und 12 Linien breit. Kapsel 10 Linien lang und 6 Linien 
im Durchmesser. Flügel 2 Linien breit. 

Durch den Dr. Johnstone aus Bombay im Jahre 1826 zuerst in Eng- 
land eingeführt. Gegenwärtig sehr allgemein verbreitet. 

Aus einer Bemerkung des Dr. R. Wight in dem oben citirten Werke 
ist ersichtlich, dafs die Gattung Haagea nicht auf die eine hier diagnosirte 
Art beschränkt ist. Er sagt, er habe sie nicht allein in den Neilgherri-Gebirgen, 


Begoniaceen - Gattungen und Arten. 2935 


sondern auch an vielen anderen Orten und in so abweichenden Formen an- 
getroffen, dafs er annehmen müsse, die durch zweiblättrige Blumen charak- 
terisirte indische Art zerfalle in mehrere. 


B. PRITZELIEAE. 


Stylorum stigmatumque rami undique papillosi. 
+ Flores masculi 4 -, feminei 5 petali. 
* Placentae crasso-bilamellatae. 


AXXI Tittelbachia (') Kl. 
Taf A: 


Flores monoici pedunculato-cymosi penduli e miniato coccinei. Mas- 
culi: Petala 4 biserialia eruciatim opposita, 2 exteriora ovata obtusa majora 
crassa carnosa, 2 interiora tenuiora oblonga minora. Stamina dense aggre- 
gata toro pulvinato inserta; antheris oblongis, utrinque rotundato-obtusis 
filamenta aequantibus; filamentis brevibus filiformibus liberis. Feminei: 
Petala 5 pluriserialia inaequalia carnosula. Uvarium inferum trigonum tri- 
loculare inaequaliter trialatum, apice truncatum. ÖOvula in placentis e lo- 
culorum angulo centrali geminis crassis conniventim falcatis creberrima, 
anatropa. Stylus persistens perbrevis trifidus; stigmatibus bicornutis erectis 
sursum attenuatis, ramis versus apicem divaricatis nec tortuosis undique 
minutissime papillosis. Capsula carnoso-membranacea turbinato -triquetra 
trilocularis inaequaliter trialata, ad alarum originem per rimas arcuatas de- 
hiscens. Semina innumerabilia minutissima oblonga reticulata exalbuminosa. 

Frutices glabri ramosi Novogranatenses; foliis parvis obliquis distiche 
recurvis subcoriaceis semiovatis acutis ciliato-serratis viridibus, subtus pallidis 
nitidis brevi petiolatis; stipulis oblongis setoso-apiculatis marcescentibus; 
eymis parvis in apice ramulorum axillaribus pedunculatis pendulis; floribus 
longe pedicellatis globoso -conniventibus; capsulis carnoso - membranaceis 
coloratis; alis inaequalibus crassiusculis obtusangulis. 


(') Es ist ein Act schuldiger Dankbarkeit, die mich veranlalst diese Gattung dem An- 
denken des Herrn Kunstgärtner Tittelbach, jetzt in Kew bei London, früher im botanischen 
Garten bei Berlin mit der Kultur der Begoniaceen betraut, zu widmen. Derselbe hat meine 
Arbeit in einer Weise unterstützt, die öffentlich gerühmt zu werden verdient und dabei ein 
wissenschaftliches Interesse an den Tag gelegt, wie es mir nur selten begegnet ist. 


Phys. Kl. 1854. Ff 


226 Kıorzsch: 


1) Tittelbachia fuchsioides Kl. Fruticosa, ramosissima, glabra; 
caule erecto tereti griseo-fuligineo sparsim flavido-punctato; ramis pendulis 
e viridi-rubicundis; stipulis lato lanceolatis unicostatis setoso-cuspidatis, basi 
oblique cordatis semipellueidis, deinde marcescentibus; foliis parvis oblongis 
acutis rubrocuspidato-serratis distiche deflexis, basi oblique emarginatis, 
supra laete viridibus opacis, subtus pallide viridibus albido - punctulatis niti- 
dis; petiolis brevibus pallide rubris, supra sulcatis; eymis in apice ramu- 
lorum axillaribus pedunculatis paucifloris pendulis; bracteis roseis ovato- 
lanceolatis cuspidatis subintegerrimis subinde bieuspidatis; petalis exterioribus 
ovatis obtusis carnosis, extus convexis coccineis, intus concavis pallidio- 
ribus; pedicellis longis roseis; capsulae alis inaequalibus subcoccineis, apice 
truncatis. 

Begonia fuchsioides Hooker, Bot. Mag. t. 4281. 

Strauch verzweigt, 3—4 Fufs hoch und schwanenkieldick. Aste 1— 
1!, Fufs lang und gänsekieldick. Afterblättchen 5 Linien lang und 1%, Linie 
breit. Blattstiele 2 Linien lang. Blätter 12—21 Linien lang und 5—9 Li- 
nien breit. Trugdoldenstiele dünn, 2 Zoll lang. Blüthenstiele 8— 12 
Linien lang. Bracteen 2— 3 Linien lang. Äufsere Blumenblätter der männ- 
lichen Blüthe 6 Linien lang und 4 Linien breit, etwas kürzer und schmäler 
an denen der weiblichen Blüthe. 

Durch Herrn Purdie auf dem Bergrücken von Ocana in Neu-Gra- 
nada entdeckt und in Kew bei London lebend eingeführt. Gegenwärtig in 
der Kultur sehr verbreitet. 

2) Tittelbachia miniata Kl. Fruticosa, ramosa, glabra; caule 
erecto tereti viridi-cinereo leviter striato-angulato; ramis adscendentibus e 
viridi rubescentibus; stipulis sessilibus lanceolatis unicostatis setoso-cuspida- 
tis marcescentibus, nec basi cordatis; foliis parvis oblongis acutis roseo- 
cuspidato-serratis distiche reflexis, basi oblique emarginatis, supra laete 
viridibus pellueido-nervosis, utrinque nitidis, subtus pallide viridibus albido- 
punetulatis; petiolis brevibus pallide viridibus, supra sulecatis; eymis in apice 
ramulorum axillaribus pedunculatis paucifloris pendulis; bracteis ovato- 
lanceolatis cuspidatis hine inde sparsim serratis; petalis exterioribus ova- 
tis obtusis carnosis, extus convexis miniatis, intus concavis pallidioribus; 
pedicellis longis saturate roseis; capsulae alis inaequalibus coccineis, apice 
truncatis. 


Begoniaceen - Gattungen und Arten. 297 


Begonia miniata Planchon et Linden, Flore des Serres vol. VII, 
p- 105 cum icone piecta. s 

Strauch verzweigt, 3—4 Fufs hoch und schwanenkieldick. Aste auf- 
steigend, nur an der Spitze niedergebogen, fufslang und rabenkieldick. Af- 
terblättchen 6 Linien lang und 1%, Linie breit. Blattstiele 1—2 Linien lang. 
Blätter 12—20 Linien lang und 7—10 Linien breit. Trugdoldenstiele 1%, — 
2 Zoll lang, oberwärts geröthet. Blüthenstiele 3—6 Linien lang. Bracteen 
4—6 Linien lang. Äufsere Blätter der männlichen Blüthe 5 Linien lang und 
3 Linien breit. 

Durch Herrn Linden in Brüssel aus Columbien eingeführt. In der 
Kultur sehr verbreitet. 


** Placentae integrae pedicellatae. 
XXXNH. Pritzelia(‘) Kl. 
Taf. B: 

Flores monoici albi rösei aut coccinei. Masculi: Petala 4 biserialia 
eruciatim opposita, 2 exteriora suborbicularia paullulum latiora quam longa, 
intus concava, 2 interiora oblonga angustiora, basi attenuata. Stamina 17 — 
40 toro pulvinato inserta,; antheris elongatis oblongis obtusis compressius- 
culis, basi subemarginatis, filamentis brevissimis liberis teretibus. Flores 
feminei: Petala 5 triserialia subaequalia vel interiora minora ovato-oblonga 
obtusa. Germen inferum triloculare trialatum coloratum. Ovula in pla- 
centis e loculorum angulo centrali integerrimis pedicellatis, (sectio transversa 
ovato-triaugularis) creberrima, anatropa. Stylus brevis persistens puberulus 
trifidus aut tripartitus. Stigmata tria bicornuta, cornubus plus minus tor- 
tuosis undique puberulo-papillosis. Capsula triquetra trilocularis glabra 
colorata, alis aequalibas aut inaequalibus, apice truncatis, ad alarum origi- 


nem per rimas arcuatas dehiscens. Semina innumerabilia minutissima ovalia 
reticulata exalbuminosa. 


(') Dem Andenken des Archivars der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, 
Herrn Dr. Georg Pritzel gewidmet, der sich durch die Publication seiner „„Anemonen”, 
durch seinen „Thesaurus literaturae botanicae omnium gentium”, sowie durch seinen „Index 
iconum botanicarum” aufserordentliche Verdienste um die Botanik erworben und deshalb das 
grölste Anrecht hat seinen Namen in der botanischen Nomenclatur, als ein Denkmal der 
Anerkennung vertreten zu sehen. Ich thue dies mit um so grölserem Beruf, als zwei frühere 
derartige Versuche von Walpers und Schauer milsglückten. 


Ff2 


228 Krorzsch: 


Suffrutices Brasilienses; caulibus ramosis erectis aut flexuoso -adscen- 
dentibus, tenuibus aut crassis; stipulis deciduis; foliis oblique cordatis 
inaequilateris brevi- aut longe -petiolatis subcoloratis, supra nitidis; cymis 
repetite dichotomis amplis longe pedunculatis axillaribus; floribus ex albido 
roseis aut coccineis; capsularum alis variaeformibus. 

* Caule erecto ramoso; lobis stigmatum semel arcuato-tortuosis ; 
capsulae alis subaequalibus, inferne subattenuatis, apice truncatis. 

1) Pritzelia Fischeri Kl. Tenuis, erecta, ramosa; caule erecto 
rubescente semipellucido tumido-articulato; foliis semicordatis subparvis 
tenuibus transverse ovato-oblongis acuminatis angulato-dentato-serratis, supra 
micantibus, subtus rubescentibus; stipulis ovatis integerrimis; cymis parvis 
pedunculatis subterminalibus; petalis flor. masc. exterioribus rotundatis con- 
cavis, marginibus plano-revolutis; petalis flor. fem. ovato-lanceolatis; cap- 
sulae alis duabus majoribus. 

Begonia Fischeri Otto und Dietr., Allgemeine Gartenzeitung v. IV, 
p- 354. Graham, New Edinb. philos. Journal v. XXI, p. 154 et in Bot. 
Mag. t. 3532. 

Stämme schlank, verästelt, 1,—2 Fufs hoch. Blattstiele —1%, Zoll 
lang. Blätter dünn, 11—17 Linien lang und 2—3%, Zoll breit. Afterblätt- 
chen 5 Linien lang und 2 Linien breit. Trugdoldenstiele 11, Zoll lang. 
Trugdolden zolllang und 14 Zoll im Durchmesser. Äufsere Blumenblätter 
4 Linien lang, weifslich, etwas geröthet. Kapsel 5 Linien lang und 4 Li- 
nien breit. 

In Brasilien einheimisch. Durch den botanischen Garten in Peters- 
burg verbreitet. 

2) Priützelia coccinea Kl. Evrecta, glabra; caule sanguineo arti- 
eulato-tumido; foliis obliquis semicordatis carnosis transverse oblongo-ovatis 
acutis sinuato-dentatis rubro -marginatis majoribus, supra concaviusculis; 
stipulis amplis obovatis concavis coloratis deeiduis; pedunculis erectis, ceymis 
ramificationibus floribusque coccineis pendulis; petalis obovatis; capsulae 
pyriformis alis subaequalibus. 

Begonia coccinea Hooker, Bot. Mag. t. 3990. Paxton, Mag. of 
Bot. v.X, p. 73 cum icone picta. 

Stamm robust, wenig verästelt, 11—2 Fufs hoch. Blattstiele 4 —1 


Zoll lang. Blätter 1,— 2%, Zoll lang und 4—6 Zoll breit. Afterblättchen 


Begoniaceen- Gallungen und Arten. 229 


1 Zoll lang und 4, Zoll breit. Trugdoldenstiele aufrecht, 2 Zoll lang. Trug- 
dolden hangend, 2—3 Zoll lang und 4—5 Zoll im Durchmesser. Blüthen- 
stiele der männlichen Blüthe % Zoll, die der weiblichen Blüthe 1 Zoll lang. 
Kapseln 1 Zoll lang und an der Spitze 7—S Linien im Durchmesser. 

Auf dem Orgelgebirge in Brasilien entdeckt und im Jahre 1841 lebend 
in England eingeführt. Durch die Handelsgärtnerei von Veitch in London 
verbreitet. 

3) Pritzelia sanguinea Kl. Caule erecto subramoso, inferne ci- 
nereo, superne ramisque sanguineis; stipulis magnis convexis ovatis acutis, 
extus roseis, intus magis concavis; petiolis teretibus sanguineis folio bre- 
vioribus; foliis oblique cordatis transverse ovatis brevi acuminalis carnosis 
magnis, margine revolutis crenatis, supra saturate viridibus nitidis, subtus 
sanguineis; pedunculis eymis pedicellisque erectis axillaribus sanguineis; 
floribus candidis; germinibus capsulisque flavido - viridibus; alis sub- 
aequalibus. 

Begonia sanguinea Raddi in Sprengel, Syst. veget. v. II, p. 625. 
Link et Otto, Icones plant. rar. horti Reg. bot. Berol. p. 25. t. 13. 
Hooker, Bot. Mag. t. 3520. 

Stamm 2—3 Fufs hoch, unterwärts grau und verholzt, oberwärts wie 
seine Zweige blutroth, krautartig, angeschwollen - gegliedert. Afterblätt- 
chen 1!, Zoll lang und zollbreit. Blattstiele 1—4 Zoll lang. Blätter 3—4 
Zoll lang und 5—7 Zoll breit. Trugdoldenstengel 6—8 Zoll lang. Trug- 
dolden 6 Zoll lang und 8 Zoll im Durchmesser. Die äufseren Blumen- 
blätter der männlichen Blüthe 4 Linien lang und 5 Linien breit, die beiden 
inneren 4 Linien lang und 2 Linien breit. Die äufseren Blumenblätter der 
weiblichen Blüthe 4 Linien lang und breit und die inneren um die Hälfte 
schmaler. Die Kapseln besitzen eine Länge von 8 Linien und an der Spitze 
einen Durchmesser von 6 Linien. 

Im Jahre 1823 durch Sello im botanischen Garten zu Berlin lebend 
aus Brasilien eingeführt. 

4) Pritzelia glauca Kl. Caule erecto subgracili, inferne sub- 
lignoso cinerascente, superne herbaceo rubescente, stipulis ovatis brevi 
apiculatis; petiolis teretibus erectis rubicundis folio brevioribus; foliis car- 
nosulis semicordatis transverse ovatis incurvo-acuminatis serrato - dentatis 
ereclis; cymis congestis; ramificationibus inaequaliter evolutis; petalis 


230 Krorzscen: 


exterioribus reniformi-semiorbicularibus, interioribus angustis; petalis exte- 
terioribus flor. femin. obovato-rotundatis; capsulae alis inaequalibus ro- 
tundatis. 

Begonia glauca Herb. Ruizii. 

Stengel aufrecht, 2 Fufs hoch, einfach, unterwärts verholzt, stiel- 
rund, an den Gliederungen verdickt. Blätter 1,—2 Zoll lang und 3—4 
Zoll breit. Blattstiele ,—1 Zoll lang. Afterblättchen 1 Zoll lang und 
1, Zoll breit. Trugdoldenstiele 2—2!, Zoll lang. Trugdolden 2 Zoll lang 
und breit. Äufsere Blumenblätter 3 Linien lang und 4 Linien breit. Früchte 
5 Linien lang und 6 Linien breit. 

Von Ruiz in Muna (Peru) im Jahre 1784 entdeckt. Nicht in Kultur. 

5) Prizelia zebrina Kl. Caulibus usque ad basin divisis erectis 
acute sexangularibus parce ramosis; stipulis magnis ovatis brevi apiculatis 
carinatis marcescentibus; petiolis brevibus erectis teretibus; foliis subcoria- 
ceis semicordatis transverse elongato-ovatis acutis, margine subundulatis in- 
aequaliter crenato-serratis, supra micantibus albido-venosis, subtus viridibus 
aut sanguineis; eymis pedunculatis axillaribus viridibus aut saturate roseis; 
floribus albidis vel roseo tinctis parvis; petalis flor. masc. exterioribus or- 
bieularibus, intus excavatis, interioribus obovatis; petalis flor. femin. ova- 
tis subacutis; capsulae alis inaequalibus rotundatis, apice truncatis, basi 
obtusis. 

Begonia zebrina Hort. Angl. 

Var. « concolor Kl. Caule ramis petiolis foliis cymisque undique viri- 
dibus floribus albidis. 

Var. ® discolor Kl. Foliorum pagina inferiore sanguineo; cymis flori- 
busque roseis. 

Stengel 2—3 Fufs hoch, bis zur Basis getheilt, schwanenkieldick, 
4—beckig. Afterblättchen 1 Zoll lang und 10 Linien breit. Blätter 2—3 
Zoll lang und 5—7 Zoll breit. Blattstiele 4 —2 Zoll lang. Trugdolden- 
stengel 2%, Zoll lang. Trugdolde 4 Zoll lang und 5 Zoll im Durchmesser. 
Äufsere Blumenblätter der männlichen Blüthe 3 Linien lang und 34 Linien 
breit, die der weiblichen Blüthen 3 Linien lang und 1 bis 2 Linien breit. 
Früchte 5 Linien lang und breit. 

Stammt aus Brasilien und wurde im Jahre 1845 lebend in England 
eingeführt. Im Berliner botanischen Garten befinden sich beide Varietäten. 


Begoniaceen- Gatlungen und Arten. 231 


** Caule brevi flexuoso ramoso; internodiis brevissimis; stipulis 
dorso connatis; petiolis longis; stigmatum lobis crassis strictis; 
capsulae alis valde inaequalibus. 

6) Pritzelia ramentacea Kl. Caule sanguineo erecto flexuoso 
ramoso squamis albis recurvis laciniatis asperato dense folioso; stipulis con- 
duplicatis connatis, versus marginem exteriorem squamoso-villosis, deinde 
apice bifidis; petiolis extus intusque coccineis teretibus sursum attenuatis 
squamis candidis piloso-laciniatis aridis recurvatis dense annulatim ortis vesti- 
tis folio subduplo longioribus; foliis oblique cordatis transverse ovatis brevi 
acuminatis, margine deflexis remote angulato-dentatis inter dentes suberenatis, 
supra saturate viridibus nitidis in centro umbilicato planiusculis flavido-veno- 
sis, subtus sanguineis dense coceineo-setosis, (setis complanatis patentibus 
anguste laciniatis); cymis repetite dichotomis axillaribus longe pedunculatis; 
pedunculis rubescentibus sulcato - striatis sparse squamoso -hirtis; floribus 
roseis; petalis flor. masc. exterioribus oblongo-rotundatis, interioribus obo- 
vatis, basi attenuatis; petalis flor. femin. elliptieis aut lato obovatis; capsulae 
glabrae alis inaequalibus, maxima adscendente ovata subacuta. 

Begonia ramentacea Paxton, Mag. of Bot. vol. X, p. 73 cum 
icone picta. 

Stamm verästelt, —1 Fufs lang, von der Dicke eines kleinen Fin- 
gers. Afterblätter an den seitlichen Rändern geröthet 10 Linien lang und 
breit und hinten der Länge nach verwachsen. Blattstiele bis zur Dicke eines 
Schwanenkiels, 5— 10 Zoll lang. Blätter 2,— 41, Zoll lang und 4—6 
Zoll breit. Trugdoldenstengel von der Dicke eines Rabenkiels und 4—1 
Fufs lang. Trugdolde 3 Zoll lang und 4 Zoll breit. Äufsere Blumenblätter 
der männlichen Blüthe 9 Linien lang und 7 Linien breit, innere 5 Linien 
breit. Kapseln 6 Linien lang und 8 Linien breit. 

Auf dem Örgelgebirge in Brasilien entdeckt. In Kultur. 

7) Pritzelia princeps Kl. Caule flexuoso densissime folioso se- 
toso-fibrilloso; stipulis magnis conduplicatis carinatis setuloso-villosis, apice 
truncatis; petiolis robustis teretibus longis viridibus, basi rubescentibus re- 
mote annulatim inciso-squamatis, squamis brevissimis latis albidis deflexis; 
foliis oblique cordatis transverse Jato-ovatis acutis, margine recurvatis obso- 
lete dentatis, supra saturate viridibus lucidis flavido - venosis, subtus sangui- 
neis viridi venosis sparsim scabris; cymis majoribus repetite dichotomis longo 


232 Krorzscn: 


pedunculatis axillaribus subglabris laete rubris; floribus candidis; petalis 
exterioribus flor. masc. obovato orbiecularibus, interioribus minoribus, inter- 
dum filiformibus, hine inde nullis; eapsulae glabrae alis valde inaequalibus, 
maxima adscendente rotundata. 

Begonia princeps et Begonia libonica Hort. Berolinensis. 

Stamm verästelt, fufslang und daumendick. Afterblätter 11, Zoll lang 
und breit. Blattstiele 6—10 Zoll lang und an der Basis von der Dicke eines 
kleinen Fingers. Blätter 4—6 Zoll lang und 7—10 Zoll breit. Trugdolden- 
stengel 1—1!, Fufs lang und fast kahl. Trugdolde 5 Zoll lang und 7 Zoll 
breit. Äufsere Blumenblätter der männlichen Blüthe 6 Linien lang und 
9 Linien breit. Kapsel 6 Linien lang und 7 Linien breit. 

Vaterland unbekannt. Nach Angabe der Gärtner soll sie aus ea 
stammen. Es ist jedoch nicht unmöglich, dafs sie in den Gewächshäusern 
durch Kreuzung entstanden ist. 


XXAIH. Wageneria(‘) Kl. 
HalX, G. 

Flores albi monoiei genieulatim dichotomo-cymosi. Inflorescentia 
sexibus mixta aut sejuncta. Masc. Petala 4 cruciatim opposita, exteriora 
majora elliptica, interiora angustiora oblonga, inferne attenuata, intus con- 
cava. Stamina crebra, filamentis subbrevibus basi brevissime connatis; an- 
theris elongato-oboyatis bilocularibus longitudinaliter dehiscentibus filamentis 
sublongioribus. Flores feminei: Petala 5 patentia subinaequalia oblonga 
pluriserialia, exteriora minora. Ovarium inferum triloculare trigonum valde 
inaequaliter trialatum. Ovula in placentis e loculorum angulo centrali soli- 
tariis pedicellatis (sectio transversa ovata obtusa, basi truncata aut subcor- 
data,) creberrima, anatropa. Stylus tripartitus brevis persistens puberulus; 
stigmatibus arcuato-bicornutis, cornubus bis-ter spiraliter tortis, undique 
puberulo-papillosis. Capsula turbinato-triquetra trilocularis inaequaliter 
trialata, alis duabus angustissimis, tertia maxima patentissima, ad alarum ori- 
ginem per rimas arcuatas dehiscens. Semina innumerabilia minutissima ob- 
longa reticulata exalbuminosa. 


(’) Dem Andenken des wackeren Reisenden und Sammlers in Venezuela, Herrn H. Wa- 
gener aus Halle a.S., gegenwärtig in Caracas, dem wir eine grolse Menge neuer und 
interessanter Einführungen an Orchideen, Begoniaceen, Palmen und baumartiger Farrn dan- 
ken, gewidmet. 


Begoniaceen-Gatlungen und Arten. 9233 


Suffrutices ramosi erecti v. flexuoso-subscandentes radicantes in Ame- 
rica tropica indigeni; foliis aequalibus aut obliquis integris aut lobatis petio- 
latis bistipulatis; stipulis marcescentibus; petiolis supra sulco instructis; 
cymis geniculato-dichotomis peduneulatis axillaribus; floribus albis; bracteis 
parvis; capsulae glabrae ala maxima patentissima. 


a Caule ramisque flexuoso-subsandentibus radicantibus. 

1) Wageneria deflexa Kl. Flexuoso-radicans, glabra; foliis sub- 
aequalibus ovatis acuminatis, margine undulatis obsolete crenato - serratis 
hinc inde grosse dentatis, supra nitidis saturate-, subtus pallide viridibus, basi 
subemarginato-rotundatis, arcuatim deflexis nervoso - plicatis; stipulis lato- 
lanceolatis carinatis apieulatis; cymis geniculato -dichotömis pedunculatis 
axillaribus; floribus alisque candidis; capsulae ala maxima rectangula latis- 
sima angusta obtusa, duabus obsoletis. 

Begonia scandens Hort. Berol. et Schoenbr. 

Stamm von der Dicke eines Gänsekiels, grün, kahl, 2—3 Fufs hoch, 
von der Basis bis zur Spitze verästelt. Äste aufsteigend. Afterblättchen 
breit-lanzettförmig, kurz zugespitzt, durchsichtig, auf dem Rücken gekielt, 
10 Linien lang und 3 Linien breit, welkend. Blattstiele aufrecht, 1—2 Zoll 
lang, grün, halbrund, auf der Oberseite flach gefurcht, an der äufsersten 
Spitze geröthet. Blätter wellig-gefaltet, 21,—3!, Zoll lang und 1,— 21, Zoll 
breit. Trugdoldenstiele 4 Zoll lang. Trugdolden 3 Zoll lang und 6 Zoll 
breit. Äufsere Blumenblätter der männlichen Blüthe 3 Linien lang und 
1%, Linie breit, innere 2 Linien lang und 1 Linie breit. Blumenblätter der 
weiblichen Blüthe 4 Linien lang und 2 Linien breit, die des äufsersten Kreises 
ein wenig kleiner. Gröfster Fruchtflügel 5 Linien breit und 3 Linien hoch. 

Von dem Herrn H. Wagener aus Venezuela unter no. 2543 lebend 
im Berliner botanischen Garten eingeführt. Von dem Herrn Director Schott 
in Schönbrun, dem ich für die Zusendung seiner sämmtlichen Begoniaceen 
meinen wärmsten Dank schulde, empfing ich diese Art mit der Bezeichnung 
des Vaterlands Central-America. Es kommt jedoch meines Wissens in Cen- 
tral- America keine Mageneria vor. 


2) /Fageneria fagifolia Kl. Flexuosa, radicans, pilosa, ramosa; 
foliis deflexis subaequalibus ovatis acutis subangulato -serratis plicatis, basi 


emarginato-rotundatis, supra saturate viridibus nitidis, subtus pallidis, utrin- 


Phys. Kl. 1854. Gg 


234 Krorzsch: 


que pilosis; petiolis erecto-patentibus rubescentibus pilosis semiteretibus, 
supra planis; stipulis lato-ovato-oblongis piloso-carinatis recurvo-apieulatis 
marcescentibus semicordatis inaequilateris; pedunculis pilosis patentibus 
axillaribus; eymis divaricato-genieulatis pilosis; floribus fructibusque candi- 
dis; capsulae ala maxima acutangula, apice truncata, margine laterali obliqua. 

Begonia fagifolia Fischer Mss. ex Otto und Dietrich, Allgem. 
Gartenzeitung v. IV, p. 356. 

Stamm schwanenkieldick, geröthet, 3 Fufs hoch, von der Basis bis 
zur Spitze verästelt. Afterblättchen 9 Linien lang und an der Basis 5 Linien 
breit. Blattstiele 9—15 Linien lang. Blätter 2—3 Zoll lang und 14,—13, 
Zoll breit. Trugdoldenstiele 2 Zoll lang. Trugdolden 5 Zoll lang und 
8 Zoll breit. Die Gröfse der Blumenblätter beider Geschlechter wie bei der 
vorigen Art. Gröfster Fruchtflügel 3 Linien breit und 5 Linien hoch. 

Durch den Petersburger botanischen Garten verbreitet, der sie aus 
Brasilien erhielt, woselbst sie nach einem Exemplare von Gaudichaud mit 
no. 1060 bezeichnet, bei Rio de Janeiro vorkommt. 

3) Wageneria lucida Kl. Fruticosa, scandens, ramosa, glabra, 
radicans; foliis subrotundo-ovatis abbreviato-acuminatis deflexis planis irre- 
gulariter crenato-denticulatis subaequilateris, basi emarginato -rotundatis, 
supra laete viridibus impresso-punctatis nitidis, subtus pallidioribus; petiolis 
erectis semiteretibus rubescentibus, supra lato-sulcatis; stipulis elongatis 
carinatis truncatis, basi oblique cordatis marcescentibus; eymis divaricato- 
geniculatis pedunculatis axillaribus; floribus parvis albidis; petalis flor. masc. 
exterioribus ovatis, interioribus angustioribus; petalis flor. fem. subaequa- 
libus oblongis obtusis; capsulae parvae alis duabus obsoletis, tertia maxima 
adscendente oblonga obtusa. 

Begonia lucida Otto und Dietrich, Allgem. Gartenzeitung v. XV], 
p- 162. B. Moritziana Kunth et Bouch&, Ind. sem. in horto Berol. 1848. 
p- 16. n. 28. 

Fin 4 Fufs hoher, verästelter, schwanenkieldicker Stamm. After- 
blättichen zolllang und an der Basis 5 Linien breit. Blattstiele 1—1, Zoll 
lang. Blätter 4 Zoll lang und 3, Zoll breit. Trugdoldenstiele 2—3 Zoll 
lang. Trugdolden 3 Zoll lang und 6 Zoll breit. Männliche Blüthen 4 Li- 
nien -, weibliche Blüthen 8 Linien im Durchmesser. Frucht 3 Linien lang. 


Gröfster Fruchtflügel 4 Linien hoch. 


Begoniaceen - Gattungen und Arten. 235 


Durch Herrn C. Moritz aus Caracas lebend eingeführt und durch 
den Berliner botanischen Garten im Jahre 1548 verbreitet. 

4) VVageneria montana Kl. Scandens, radicans, glabra; folis 
subaequalibus ovatis acuminatis inaequaliter angulato-serratis subeiliatis, basi 
subemarginato-rotundatis, supra saturate-, subtus pallide viridibus, utrinque 
glabris; petiolis semiteretibus erectis, supra lato-sulcatis; stipulis mar- 
cescentibus ovato-oblongis acuminatis carinatis glabris, basi semicordatis; 
cymis repetite dichotomis divaricatis glabris pedunculatis in apice caulis axil- 
laribus; floribus albidis parvis, femineis minimis; bracteis minutis lanceolato- 
subulatis; germinis alis duabus obsoletis, tertia maxima oblique ovata obtusa 
subadsendente. 

Stengel kletternd, gänsekieldick, wurzelnd. Blätter 2—5 Zoll lang 
und 1—2!, Zoll lang. Blattstiele 6—10 Linien lang. Afterblättchen 10 Li- 
nien lang und 4 Linien breit. Trugdoldenstiele 25— 3} Zoll lang. Trug- 
dolden 31, Zoll lang und 7 Zoll breit. Männliche Blüthen 4 Linien im 
Durchmesser. Blumenblätter der weiblichen Blüthe 1 Linie lang, die beiden 
des äufseren Kreises fein gespitzt. Gröfster Flügel des Fruchtknotens 1 Linie 
hoch und 14, Linie breit. 

Auf Bergen, an Wegen bei Muna in Peru von Ruiz und Pavon ent- 
deckt. Nicht in Kultur. 

5) Wageneria glabra Kl. Scandens, nodoso-radicans, glabra; 
foliis ovatis acutis subangulato-dentatis, basi emarginato-rotundatis, utrinque 
glabris; petiolis sublongis; stipulis (ex icone) ovato-oblongis dentatis; eymis 
divaricato - geniculatis repetite dichotomis pedunculatis axillaribus; floribus 
parvis albidis; bracteis minutis persistentibus; ala maxima adscendente fal- 
cata obtusa, duabus obsoletis. 

Begonia glabra Aublet, Hist. des pl. de la Guiane franc. p. 916, 
t. 349. Lamarck, Encyc. v.I], p. 394, n. 4. 

Diese Art, welche ich nicht zu sehen Gelegenheit hatte, kenne ich 
nur aus der Aublet’schen Abbildung, die, wenn sie correct ist, eine wohl 
unterscheidbare Art begründet und jedenfalls zur Gattung MWageneria ge- 
hört. Diöcisch ist sie nicht, wie Aublet angiebt. Er hat sich getäuscht, 
indem er nicht wufste, dafs die männlichen Blüthen früher als die weiblichen 
an den jungen Blüthenständen erscheinen, von den älteren Trugdolden aber 


abgefallen sind. 
Gg2 


236 Kıorzsca: 


Mit Unrecht zieht sie Dryander zu Begonia scandens Swartz, 
einer auf Jamaica vorkommenden Art, über deren eigentliche Stellung ich 
zweifelhaft bin. 

Die Aublet’sche Pflanze rankt an lebenden Baumstämmen in Wal- 
dungen der Cajenne. 

6) VVageneria coneoloulacea Kl. Scandens, radicans, glabra; 
foliis magnis latissimis, apice abruptis acute sinuato-lobatis inaequaliter den- 
tatis, basi evanescente cordatis longe petiolatis; stipulis magnis ovatis acumi- 
natis carinatis marcescentibus; cymis repetite diechotomis divaricato - genicu- 
latis longe pedunculatis axillaribus; floribus albidis; pedicellis minutissime 
scabriusculis; petalis oblongo-obovatis glanduloso- punctatis, exterioribus 
flor. fem. acutis minoribus; bracteis minutis linearibus acuminatis; capsulae 
ala maxima obliqua acutangula, superne truncata, duabus angustis sub- 
obsoletis. 

Begonia rugosa et B. scandens Hort. Schoenbrunnensis. 

Ein robustes, kletterndes Gewächs, das nicht allein an den knotig- 
verdickten Gliederungen, sondern der ganzen Länge des Stengels nach, der 
sich wenig verzweigt, Wurzeln treibt. Afterblättehen 9 Linien lang und 
3—4 Linien breit. Blattstiele 3—6 Zoll lang. Blätter 21,—6 Zoll lang und 
3,—8Zoll breit. Trugdoldenstiele 10 Zoll lang und 4 Linien dick. Äufsere 
Blumenblätter der männlichen Blüthe 4 Linien lang und 2 Linien breit, 
innere 3 Linien lang und 1 Linie breit, die der weiblichen Blüthe 3 Linien 
lang und 1—2 Linien breit. Bracteen 1 Linie lang. Fruchtkapsel 4 Linien 
lang. Gröfster Fruchtflügel an dem abgestutzten oberen Ende 2—3Li- 
nien breit. 

Sello fand sie in Brasilien (Mandioca, Guidawald, Paraiba). In Kul- 
tur in Schönbrunn. 

ß Caule erecto strieto non radicante. 

7) VVageneria vilifolia Kl. Erecta, puberula; caule elato stricto 
striato evanescente puberulo; foliis magnis transverse ovatis oblique acutis 
angulato-sublobatis dentato -serratis, basi inaequaliter reniformi- cordatis, 
utrinque puberulis, supra laete -, subtus pallide viridibus; petiolis longis 
erectis teretibus, supra sulcatis, apice rubescentibus; stipulis magnis ovatis 
carinatis glabris, apice conduplicatis acutis; cymis patenti- divaricatis pube- 
rulis axillaribus pedunculatis; floribus albis glabris; petalis flor. masc. ex- 


Begoniaceen - Gattungen und Arten. 9337 


terioribus cordato-ovatis, flor. femin. exterioribus acutissimis; capsulae 
albidae glabrae alis duabus obsoletis, ala maxima adscendente ovata glandu- 
loso - punctata. 

Begonia vitifolia Schott in Sprengel, Syst. veg. cur. post. p. 407. 
B. grandis Fr. Otto. B.reniformis Hooker, Bot. Mag. t. 3225? 

Stamm gerade, aufrecht, unverzweigt, 4—6 Fufs hoch und zolldick. 
Blattstiele 5 Zoll lang und gänsekieldick. Afterblättchen 15 Linien lang 
und 6Linien breit. Blätter 6 Zoll lang und 10 Zoll breit. Trugdoldenstiele 
10 Zoll lang. Trugdolden 4 Zoll lang und fufsbreit. Äufsere Blumenblätter 
der männlichen Blüthe 5 Linien lang und 3 Linien breit. Weibliche Blu- 
menblätter 3 Linien lang und 1', Linie breit. Fruchtkapsel 6 Linien lang 
und 4 Linien breit. Gröfster Fruchtflügel von der Basis bis zur abgerunde- 
ten Spitze gemessen 9 Linien. 

Von Pohl, Schott und Sello in Brasilien entdeckt. In Kultur. 

8) Wageneria dicholoma Kl. Fruticosa, erecta, sparsim ra- 
mosa; caule tereli crasso punctis elevatis obsito;; stipulis magnis ovatis ca- 
rinatis, apice conduplicatis obtusis setoso-apiculatis; petiolis longis teretibus, 
apice annulato-setosis, supra sparsim hispidis versus basim planiuseulis; foliis 
oblique cordatis transverse ovatis acutis subangulatis denticulatis, supra 
glabris impresso -nervosis laete viridibus, subtus pallidioribus ad venas sca- 
bridis; pedunculis erectis striatis glabris; cymis patentissimo - dichotomis; 
capsulae ala maxima acutangula, reliquis parallelis acutangulis. 

Begonia dichotoma Jacquin, Ic. plant. rar. v.IH, t.619. Willd. 
Spec. pl. v.IV, p. 412. 

Stamm 11,—2 Fufs hoch und daumendick. Afterblätter 1%, Zoll lang 
und zollbreit. Blattstiele 3—7 Zoll lang und gänsekieldick. Blätter 6 Zoll 
lang und 9 Zoll breit. Trugdoldenstiele 8 Zoll lang und rabenkieldick. 
Trugdolden 2—21, Zoll lang und 8 Zoll breit. Äufsere Blumenblätter der 
männlichen Blüthe 3 Linien lang und 2 Linien breit. Gröfster Fruchtflügel 
von der Basis bis zur Spitze gemessen 6 Linien lang, die beiden kleineren 
respective 1 und 2 Linien breit. 

In feuchten Waldungen bei Caracas von dem älteren Jacquin ent- 
deckt. In Kultur. 

9) WWageneria longipes Kl. Caule elato robusto leviter striato 
sparsim tuberculato versus apicem puberulo; petiolis longissimis supra sul- 


338 Kıorzsch: 


catis deorsum incrassatis minutissime puberulis; stipulis ovatis acutis carinatis, 
apice contracto-conduplicatis; foliis amplis oblique cordatis transverse ovatis 
acuminatis angulatis denticulatis, supra saturate viridibus nitidis, subtus pal- 
lidioribus evanescente puberulis; pedunculis axillaribus longissimis; cymis 
dichotomo-corymbosis; floribus albidis femineis minoribus; bracteis sub- 
persistenlibus minutissimis subulatis; petalis flor. masc. exterioribus ovato- 
rotundatis, interioribus oblongis; capsulae ala maxima adscendente oyata 
obtusa, reliquis sensim angustioribus subacutis. 

Begonia longipes Hooker, Bot. Mag. t. 3001. B. vitifolia, glabra 
Hort. Berol. 

Stamm 4Fufs hoch und an der Basis 1%, Zoll im Durchmesser. After- 
blättchen 14, Zoll lang und 7 Linien breit. Blattstiele 5—8 Zoll lang und 
an der Basis schwanenkieldick. Blätter 7 Zoll lang und 11 Zoll breit. Trug- 
doldenstiele 15 Zoll lang. Trugdolden 4%, Zoll lang und 8 Zoll breit. Äufsere 
Blumenblätter der männlichen Blüthe 5 Linien lang und 3%, Linien breit. 
Blumenblätter der weiblichen Blüthe 3 Linien lang und 2 Linien breit. 
Gröfster Fruchtflügel 6 Linien hoch und 3 Linien breit. 

Vaterland unbekannt. Die Hooker’sche Angabe, welche Mexico 
nennt, bezweifle ich. In Kultur. 

10) FF ageneria reniformis Kl. Caule erecto robusto striato eva- 
nescente puberulo; stipulis oblongis carinatis magnis, apice conduplicato- 
attenuatis; petiolis longis semiteretibus evanescente pubescentibus, supra 
canaliculatis; foliis magnis latissimis oblique cordato-reniformibus angulato- 
lobatis crenato - dentatis adscendente acuminatis, supra saturate viridibus, 
subtus pallidis evanescente pubescentibus; cymis geniculato - dichotomis 
striato- pedunculatis glabris axillaribus; floribus albis; bracteis longis su- 
bulatis subpersistentibus; capsulae longae ala maxima rectangula, apice lato- 
truncata inferne attenuata, reliquis obsoletis. 

Begonia reniformis Dryander, Linnean Trans. v.I, p. 161, n.3, 
it. 14, fig. 1u.2. Willd., Spec. plant. v. IV, p. 413. Vellozo, Flora 
Flumin. v.X, t. 40. 

Stamm mehrere Fufs hoch, aufrecht, 4 Zoll dick. Afterblättchen 
zolllang und 4 Linien breit. Blattstiele 3—5 Zoll lang. Blätter 2,—4 Zoll 
lang und 5—6 Zoll breit. 'Trugdoldenstiele 5—8 Zoll lang und raben- bis 
gänsekieldick. Trugdolden 4 Zoll lang und 8 Zoll breit. Äufsere Blumen- 


Begoniacceen- Gattungen und Arten. 239 


blätter der männlichen Blüthe 3 Linien lang und 2 Linien breit. Die Blu- 
menblätter der weiblichen Blüthe 2 Linien lang und 1! Linie breit. Gröfster 
Fruchtflügel von der Basis bis zur abgerundeten Spitze gemessen 6 Li- 
nien lang. 

In schattigen Felsklüften bei Rio de Janeiro von Sir J. Banks entdeckt 
und von Sello und Gaudichaud wiederum gesammelt. Nicht in Kultur. 

11) /Wageneria BrasiliensisK]. Caule elato glabro leviter striato; 
foliis oblique ovatis acuminatis subsessilibus remote subangulato - dentatis, 
supra saturate-, subtus pallide viridibus, utrinque glaberrimis; stipulis lato- 
ovatis acuminatis; pedunculis axillaribus glaberrimis; ceymis amplis diva- 
ricato-geniculatis; floribus albis, maseulis triplo minoribus; petalis flor. fem. 
obovatis subaequalibus; capsulae albidae ala maxima lato-ovata obtusa, re- 
liquis sensim minoribus acutangulis. 

Stamm schlank, gänsekieldick, kaum verästelt, 2—3 Fufs lang. 
Blätter fast sitzend, 35—4 Fufs lang und 1 Zoll bis 16 Linien breit. After- 
blättchen 9 Linien lang und an der Basis 5 Linien breit. Trugdolden 9 Zoll 
lang und fufsbreit. Äufsere Blumenblätter der männlichen Blüthe 2 Linien 
lang und 1! Linie breit. Weibliche Blumenblätter 3%, Linien lang und 2Li- 
nien breit. Gröfster Fruchtflügel 3 Linien hoch und 4 Linien breit. 

In Brasilien von Sello entdeckt. Nicht in Kultur. 


ll. GYMNOCARPEAE. 
Stylus deciduus. 


A. PLATYCENTREAE. 


Stylorum rami subglabri, fascia papillosa plus minus spiraliter torta 
instructi. Capsula inflexa inaequaliter trialata bilocularis, ad alarum angusta- 
rum originem per rimas arcuatas dehiscens. 


“7 Flos masculi 4-, feminei 3 petali. 
AAAXY. Weilbachia(') Kl. et Oersted. 
Flores monoiei cymosi rosei aut albidi. Masculi: Petala 4 biserialia, 
exteriora majora lato-elliptica aut rotundato-subcordata, interiora oblonga 


(') Dem Andenken des botanischen Gärtners zu Kopenhagen Herrn Weilbach, eines 
umsichtigen und erfahrenen Cultivateurs, der sich um den dortigen Garten, dem er seine 


ganze Kraft widmet, nicht geringe Verdienste erworben hat, gewidmet. 


240 Krorzsch: 


anguste obovata. Stamina crebra subaequilonga; antheris oblongis latiuscu- 
lis, utrinque rotundatis filamentis liberis longioribus. Flores feminei: Petala 
3 biserialia, exteriora majora rotundato-ovata, interius obovatum angustum. 
Germen inferum trigonum valde inaequaliter trialatum biloculare. Ovula in 
placentis e loeulorum angulo centrali bilamellatis creberrima, anatropa, ses- 
silia, lamellis arcuato-conniventibus hine inde incisis. Stylus brevissimus 
bifidus. Stigmata brevi bieruria, lobis fascia papillosa bis spiraliter torta, 
antice infra lobos continua instructis. Capsula triquetra bilocularis glabra 
inaequaliter trialata ad alarum angustarum originem per rimas arcuatas de- 
hiscens. Ala maxima rotundato-falcata rigida, apicem capsulae non attingens, 
dissepimento opposita. Semina innumerabilia minutissima oblonga reticulata 
exalbuminosa. 

Suffrutices mexicani caulescentes; rhizomate brevi; caulibus reptan- 
tibus abbreviatis; foliis profunde cordatis subobliquis polymorphis longissime 
petiolatis; stipulis subdeeiduis; ceymis dichotomis paueifloris longe peduncu- 
latis axillaribus;, floribus albidis aut roseis; bracteis parvis caducis; capsulae 
alis valde inaequalibus acutangulis. 

1) WWeilbachia reptans Kl. et Oersted. Rhizomate brevi obli- 
quo crasso; caulibus gracilibus pilosis reptantibus; stipulis lanceolatis acutis 
deciduis; foliis longe petiolatis polymorpbis oblique cordatis elongatis acu- 
minatis irregulariter denticulatis, denticulis setiferis, angulato-lobatis v. 3— 
4 lobis, lobis tribus superioribus lanceolatis longe acuminatis arrectis v. pa- 
tulis sinubus rotundatis, lobo quarto infimo obtuse angulato, supra opacis 
viridibus glabris v. pilis minutis paueis adspersis, subtus pallidioribus fusco- 
furfuraceo-granulatis, nervis 7 parce fusco-pilosis; petiolo laminam superante 
erecto pilis rufis adsperso, deinde glabrescente; pedunculo petiolum sub- 
aequante, cyma dichotoma paueiflora; bracteis deciduis scariosis lanceolatis; 
floribus albis; petalis flor. masc. exterioribus majoribus lato-elliptieis ob- 
tusis, interioribus oblongo -obovatis; petalis flor. fem. duobus exterioribus 
majoribus lato-ovatis obtusis, tertia interiore minore obovato-oblongo; cap- 
sula pilosula mox glabrescente carnosula nutante, ala maxima rigida falcato- 
dimidiata acutangula, duabus minoribus angustis subparallelis, apice brevi-, 
basi longe attenuatis. 

Begonia reptans Bentham, Plantae Hartwegianae p.61. Liebmann, 
Mexicos Begon. p. 5, n. 10. 


Begoniaceen- Gattungen und Arten. 241 


Wurzelstock schwanenkieldick, zolllang. Stengel rabenkieldick, 5— 
6 Zoll lang. Blätter 3,—6 Zoll lang und 2—4!, Zoll breit. Blattstiele 
3—7 Zoll lang. Fruchtstielchen 6—7 Linien lang. Kapselfrucht 4 Linien 
lang und 2, Linie breit. 

In Mexico einheimisch. (Hartweg. Liebmann). Nicht in Kultur. 

2) WWeilbachia pustulata Kl. Tota planta pilis longis rufis obsita; 
rhizomate brevi crasso obliquo; caule geniculato radicante rufo-setoso; foliis 
longe petiolatis oblique cordatis rotundato-ovatis subincurvo-acuminatis den- 
ticulatis ciliatis, supra dense pustulatis, pustulis seta subulata terminatis, 
subtus pallidioribus foveolatis ferrugineo-pilosis, nervis 10 prominentibus ; 
petiolo laminam subaequante dense rufo-setoso, setis longis flexuosis paten- 
tibus; pedunculo folia aequante v. superante; cyma bis ter dichotoma; 
bracteis deciduis lanceolatis acuminatis pilosis; floribus roseis; petalis flor. 
masc. externe rufo-pilosis, exterioribus 2 majoribus cordato-rotundatis, in- 
terioribus 2 minoribus ovato-lanceolatis; petalis flor. fem. exterioribus 2 
majoribus cordato-rotundatis, tertio parvo ovato; capsula nutante pilosula 
glabrescente; ala maxima rotundato-falcata apicem capsulae non attingente 
rigida, alis 2 angustis rotundatis. 

Begonia pustulata Liebmann.c. p.6, n. 8. 

Wurzelstock knollenartig verdickt, % Zoll lang. Stengel von der 
Dicke eines Rabenkiels 6—8 Zoll lang. Blätter 5—6 Zoll lang und 3—4 
Zoll breit. Blattstiele 4—6 Zoll lang. Trugdoldenstiel 6—8 Zoll lang. 
Fruchtstiele 6—8 Linien lang. 

Im Departement Oajaca in Mexico vom Professor Liebmann aus 


Kopenhagen entdeckt. Nicht in Kultur. 


*r Flores masculi et feminei 4 petali. 


AXXAXVY. Lauchea (') Kl. 


Flores monoici minuti in cymas paniculatas gracillimas pedunculatas 
plurimas dispersi. Masculi: Petala 4 biserialia, intus concava, exteriora 
majora obovato-orbicularia; interiora angustiora oblonga obtusa, inferne 


(') Dem Andenken des Herrn Lauche, Obergärtner des überaus reichen und zweck- 
mälsig eingerichteten Augustin’schen Etablissements auf der Wildpark-Station bei Potsdam, 
der zu den vorzüglichsten Pflanzenzüchtern zählt, sich durch Umsicht und Gewandtheit aus- 
zeichnet, und eine Regsamkeit entwickelt, welche grolse Erfolge erwarten lälst, gewidmet. 


Phys. Kl. 1854. Hh 


242 Krorzsca: 


sensim attenuata. Stamina octo inaequilonga majuscula monadelpha; anthe- 
ris oblongis; filamentis brevibus connatis. Flores feminei: Petala 4 bise- 
rialia, intus magis concava, exteriora majora rotundato-obovata, interiora 
angusta oblonge obtusa. Germen inferum triquetrum oblongum valde in- 
aequaliter trialatum biloculare, angulis anterioribus angustissime alatis loculis 
oppositis conniventibus, angulo dorsali dissepimento opposito ala maxima 
adscendente ovata instructo. Ovula in placentis e loculorum angulo centrali 
bilamellatis ereberrima, anatropa, sessilia. Stylus bipartitus glaber deciduus. 
Stigmata bicruria, fascia papillosa bis spiraliter torta, inferne continua eincta. 
Capsula matura et semina ignota. 

Herba annua Indiae orientalis; radice fibrosa; caule erecto strieto 
nudo 2—5 pollicari; foliis ovatis acuminatis leviter cordatis subaequalibus 
grosse inciso-dentatis longissime petiolatis in comam terminalem aggregatis; 
stipulis lineari-subulatis; peduneulis 3—4 gracillimis eymoso - paniculatis 
subterminalibus erectis foliis longioribus; bracteis obovato-rotundatis glan- 
duloso-ciliatis; floribus minutis albidis; capsulae ala maxima oblique ovata. 

1) Lauchea verticillata Kl. Annua, parva, erecta, subglabra; 
caule simplici glabro, apice folioso; foliis longe petiolatis patentibus aggre- 
gatim verticillatis cordato-ovatis acuminatis subaequilateris pilosulis grosse 
ineiso - serratis; stipulis minutis lanceolato-subulatis; pedunculis plurimis 
subterminalibus gracillimis folio longioribus; eymis dichotomo - panieulatis; 
bracteis rotundato-obovatis glanduloso-eiliatis; floribus minutis albidis; cap- 
sulis alato-triquetris, ala maxima elongata oblique ovata. 

Begonia verticillata Hooker, Ieones plantarum, t. 811. 

Stamm nackt, 2—5 Zoll lang und rabenkieldick, etwas geröthet. 
Blätter in einem Wirtel von 4—12 auf dem Gipfel des Stammes zusammen- 
gedrängt, 1,—2 Zoll lang und 9 Linien breit. Blattstiele 8 — 16 Linien 
lang. Afterblättchen 1—1}, Linie lang. Die Stiele der rispenartigen Trug- 
dolden 2—4, aufrecht, 2—2!, Zoll lang. Trugdolden 1}, Zoll lang und 
eben so breit. Blüthen 2 Linien im Durchmesser. Unreife Frucht 2 Linien 
lang und 1 Linie dick. Gröfster Fruchtflügel 2', Linien breit. 

Von dem Herrn Thomas Lobb in Moulmein entdeckt. Nicht in 
Kultur. 


[82) 
rn 
= 


Begoniaceen - Gattungen und Arten. 


*r Flores masculi 4 -, feminei 5 petali. 
AXAXV]I. Platycentrum (') Kl. 


Flores monoiei eymosi. Masculi: Petala 4 subaequalia biserialia, ex- 
teriora paullulum majora carnosula bicoloria, interiora membranacea uni- 
coloria. Stamina numerosa subaequilonga; antheris oblongis, apice basique 
obtusis, inferne subattenuatis; filamentis anthera subbrevioribus brevi um- 
bellatim monadelphis. Flores feminei: Petala 5 subaequalia triserialia, 
exterioribus tribus carnosulis, religuis membranaceis. Germen inferum 
trigonum biloculare valde inaequaliter trialatum. Ovula in placentis e lo- 
culorum angulo centrali bilamellatis ereberrima, anatropa, lamellis hine 
inde divisis. Stylus brevissimus bifidus glaber robustus deeiduus. Stigmata 
brevi bieruria, eruribus dilatato-marginatis tortuosis, fascia papillosa bis 
spiraliter torta, inferne continua einctis. Capsula triquetra bilocularis su- 
beroso-spongiosa valde inaequaliter trialata ad alarum angustarum loculis 
oppositarum originem per rimas arcuatas dehiscens. Ala maxima latissima 
rectangula crassa subspongiosa dissepimento opposita. Semina innumerabilia 
minuta oblonga, utrinque truncata reticulata exalbuminosa. 

Suffrutices acaules v. caulescentes Indiae orientalis; rhizomate brevi 
obliquo crasso radicante; caulibus adscendentibus aut erectis; foliis longe 
petiolatis oblique cordatis ovatis acuminatis magnis; petiolis supra sulcatis; 
stipulis ovatis acuminatis carinatis plus minus coloratis deciduis; pedunculis 
longis axillaribus; cymis dichotomis divaricatis brevibus paucifloris rarissime 
unifloris; floribus bicoloribus e rubro-albidis aut rubro-flavidis subinde 
maximis bracteis caducis suffultis; capsula matura incurvo -nutante. 

1) Platycentrum xzanthinum Kl. Subacaulis; rhizomate brevi 
erasso, subtus radicante; stipulis erinitis magnis ovatis carinatis seta termi- 
natis; foliis amplis oblique cordato-ovatis brevi acuminatis sinuato-dentatis, 
supra rugulosis glabris atro- viridibus micantibus, subtus sanguineis promi- 
nente nervosis, nervoso-hispidis; petiolis erectis aggregatis longis rubris 
piloso-hispidis folium subaequantibus; pedunculis petiolo duplo longioribus 
rubris sparse pilosis teretibus deorsum incrassatis; floribus nutantibus 
cymosis flavidis, masculis subduplo - majoribus, exterioribus carnosulis 


(') Aus den griechischen Wörtern mA«rVs und z2vrgov zusammengesetzt. 


Hh 2 


244 Krorzsch: 


extus convexis rubescentibus; capsulae glabrae ala maxima latissima rectan- 
gula, apice rotundata. 

Begonia xanthina Hooker, Bot. Mag. t. 4683. 

Ein fleischiger, fingerdicker, kriechender Wurzelstock. Blätter 6— 
9 Zoll lang und 3—4!, Zoll breit. Blattstiele 9 Zoll lang. Afterblättchen 
geröthet, zolllang und 4 Linien breit. Trugdoldenstengel 12—18 Zoll lang, 
oberwärts kahl. Trugdolden 4 Zoll breit. Blumenblätter der männlichen 
Blüthe 10 Linien lang und 6 Linien breit, die der weiblichen Blüthe 4 Linien 
lang und 3 Linien breit. Frucht 3, Linie lang. Gröfster Fruchtflügel 3 Li- 
nien hoch und 6 Linien breit. 

Durch Herrn Booth im Jahre 1850 aus Boutan in Ostindien lebend 
in England eingeführt und durch dessen Oheim, dem Herrn Nuttall auf 
Rainhill bei Preston (Lincolnshire) verbreitet. Eine sehr seltene Pflanze, 
für welche ein Bastard fast allgemein kultivirt wird, der durch Kreuzung 
zwischen Platycentrum xanthinum und P. rubro-venium erzeugt ist und der 
sich durch deutliche Stengelgebilde auszeichnet. 

2) Platycentrum rubro-venium Kl. Glaberrima; rhizomate car- 
noso ramoso digitum crasso rubescente; caulibus petiolis pedunculisque san- 
guineis; stipulis rubescentibus ovato-lanceolatis cucullato-acuminatis carinatis 
glabris deciduis; petiolis erectis sanguineis folium superantibus supra sulcatis; 
foliis oblique ovatis acuminatis inaequaliter dentato-serratis laete viridibus 
albido-striato-maculatis, subtus prominente nervosis plus minus purpuras- 
centibus; pedunculis axillaribus internodium caulinum superantibus laete pur- 
pureis; cymis divaricato-dichotomis abbreviatis; petalis flor. masc. exterio- 
ribus parallele rubro-venosis, interiorıbus candidis; petalis flor. femin. 
minoribus, exterioribus reticulato -rubro- venosis; capsulae rubescentis alis 
duabus angustis rotundatis, tertia maxima horizontaliter elongata ellip- 
tica obtusa. 

Begonia rubro-venia Hooker, Bot. Mag. t. 4659. 

Wurzelstock kriechend. Stengel walzenförmig, 6—10 Zoll lang und 
gänsekieldick. Afterblättchen 1 Zoll lang und an der Basis 5 Linien breit. 
Blattstiele 3—6 Zoll lang und rabenkieldick. Blätter 5,— 61, Zoll lang und 
2,—3 Zoll breit. Trugdoldenstengel länger als die Blattstiele aus deren 
Winkel sie hervortreten. Trugdolden 3 Zoll breit, 8— 10blüthig. Blu- 
menblätter der männlichen Blüthe 6 Linien lang und 4—5 Linien breit, die 


Begoniaceen-Gatiungen und Arien. 245 


der weiblichen Blüthe 4 Linien lang und 3 Linien breit. Fruchtkapsel 3— 
4 Linien lang. Gröfster Fruchtflügel grün, 3 Linien hoch und 7 Linien 
breit, netzartig roth-geadert. 

Diese Art ändert in zwei Formen ab, die aber hin und wieder in ein- 
ander übergehen und deshalb nicht zu Varietäten erhoben werden können. 
Die Unterfläche des Blattes ist entweder mehr oder weniger geröthet oder sie 
ist grün und roth-geadert. 

Standort, Einführung und Verbreitung wie bei der vorigen Art. In 
der Kultur fast allgemein bekannt. 

4) Platycentrum Zollingerianum Kl. Radice fibroso; caule ad- 
scendente subglabro, inferne repente; foliis oblique cordatis lato-ovatis 
subacuminatis angulato-sinuatis, supra saturate viridibus glaberrimis, subtus 
pallidioribus petiolisque sparsim hirtello-venosis; pedunculis glabris axilla- 
ribus folium superantibus; cymis elongatis contracto-paniculatis; capsulae 
nutantis alis acutangulis, maxima patentissima ovata acuta. 

Plant. javanic. a cl. Zollingero lect. n. 2630. 

Stengel 9—10 Zoll lang. Blattstiele 1—5 Zoll lang. Blätter an der 
Basis 3— 3%, Zoll breit und 4%, —5!, Zoll lang. Kapsel 4 Linien lang. Gröfs- 
ter Fruchtflügel 4 Linien breit, kleinster 1 Linie breit. 

Von dem Herrn Seminar-Director Zollinger auf Java entdeckt. 
Nicht in Kultur. 

4) Platycentrum Cathcartü Kl. Robustum, erectum, retrorso- 
squamosum; caule elato stricto tereti squamis aculeiformibus reflexis obsito; 
foliis magnis carnoso-coriaceis inaequilateris profunde obliquo-cordatis ovatis 
brevi- acuminatis inciso-serratis, supra glabris, subtus nervoso-squamatis; 
petiolis erectis robustis folio brevioribus; stipulis ovatis acutis glabris den- 
tatis; pedunculis erectis retrorsum squamosis petiolo duplo longioribus uni- 
floris; floribus maximis nutantibus bractea magna oyata acuta dentata supra 
medium peduneuli suffultis; petalis ovatis acutis denticulatis, exterioribus 
extus brevi aculeatis; capsulae dense aculeatae alis inaequalibus crassis ro- 
tundatis sparsim aculeatis. 

Begonia Cathcartü Hook. fil. et Thomson, Flora indica t. 13. 

Die in einer lithographirten Abbildung mir freundlich durch Herrn 
Hooker mitgetheilte fufslange Figur, aus der ich meine Kenntnifs dieser 
höchst merkwürdigen und interessanten Art schöpfe, welche den oberen 


246 Krorzscn: 


Theil des Gewächses darstellt, zeigt einen Durchmesser des Stammes von 
4 Linien. Die Afterblättchen sind 8 Linien lang und 5 Linien breit. Die 
Blattstiele 2—3 Zoll lang und gänsekieldick. Die Blätter 6—81, Zoll lang 
und 3—4 Zoll breit. Die Blumenstiele 4—6 Zoll lang. Die Bractee von 
der Gröfse der Afterblättchen. Die äufseren Blumenblätter der männlichen 
Blüthe 14, Zoll lang und 1 Zoll breit, die der weiblichen Blüthe 15 Linien 
lang und 9 Linien breit. Die unreife Frucht 5 Linien lang und 11 Linien 
im Durchmesser. Gröfster Flügel 4 Linien breit, die beiden andern um die 
Hälfte schmäler. 

Von den Herren J. Hooker und Thomson in Östindien entdeckt. 
Nicht in Kultur. 


B. ISOPTERYGEAE. 


Stylus usque ad basin tripartitus. Rami simplices multifidi aut multi- 
partiti teretiusculi aut compressi, numquam tortuosi undique-rarissime apice 
tantum papillosi. Fructus erectus trilocularis triangularis, nec membrana- 
ceus; anguli cornuti aut compresso-gibbosi dehiscentes, iidem in duas par- 
tes divisi. 


‘-" Flores masculi 4 -, feminei 6 petali. 


XAXXVI. Casparya(') Kl. 
Ta. XL. .G, 


Flores monoici coceinei cymoso-corymbosi. Masculi: Petala 4 bise- 
rialia subaequalia patentia brevi-oblonga aut lato-ovata. Stamina creberrima 
aequilonga toro plano inserta; antheris linearibus elongatis, utrinque obtu- 
sis compressiusculis, lateraliter dehiscentibus; filamentis brevissimis liberis 
anthera sextuplo brevioribus. Flores feminei: Petala 6 triserialia subaequalia 
ovata obtusa explanato-subcampanulata. Germen inferum trigonum trilo- 
culare aequaliter trieornutum, apice in rostrum strietum productum, cor- 
nubus falcato-erectis apiculatis. Ovula in placentis e loculorum angulo 
centrali geminis conniventim lamellatis, utrinque ovuliferis creberrima, ana- 
tropa. Stylus deeiduus profunde tripartitus, lobis teretibus elongatis erectis 


(') Dem Andenken des Herrn Doctor Robert Caspary, Privat-Docenten der Botanik 
an der Berliner Universität, der sich durch mehrere beachtenswerthe Arbeiten im Felde der 
Anatomie, der Entwickelungsgeschichte und der Systematik hervorgethan hat, gewidmet, 


Begoniaceen-Gattungen und Arten. 247 


undique papilloso-puberulis bis trifidis. Capsula cartilagineo -suberosa tri- 
locularis aequaliter tricornuta, apice in rostrum longum prodacta, basi 
turbinata, cornubus falcato-ereetis cuspidatis loculis oppositis, in parte in- 
feriore angulorum secundum longitudinem dehiscens. Semina innumerabilia 
minuta ovata reticulata exalbuminosa. 

Frutieuli ramosissimi scandentes in Peruvia ad Munam crescentes; fo- 
liis dimidiato-cordatis oblique ovatis acutis serratis hirtellis subglabrescenti- 
bus petiolatis, supra saturate viridibus, subtus pallidioribus hirtello-nervosis; 
stipulis membranaceis deciduis; cymis corymbosis pedunculatis axillaribus 
erectis; floribus coccineis longe pedicellatis; petalis integerrimis; capsulae 
longe rostratae cornubus erecto - falcatis cuspidatis. 

1) Casparya hirta Kl. Caule tereti tumido-articulato evanescente 
ferrugineo-hirto ramosissimo; foliis petiolatis dimidiato-cordatis oblique 
ovatis acutis inaequaliter dentatis ciliato-serratis, supra saturate viridibus 
sparsim strigoso-hirtis, subtus pallidioribus subgriseis albido - punctulatis 
deinde ferrugineis fusco-nervoso-hirtis; petiolis hirtis; stipulis deeiduis ova- 
tis emarginato-cuspidatis glaberrimis; pedunculis erectis glabris eymoso - co- 
rymbosis; floribus coceineis; bracteis magnis obovatis obtusis deciduis colo- 
ratis; germinibus glabris. 

Begonia coceinea Ruiz et Pavon, Herb. Mss. 

Stamm 2 Fufs lang und gänsekieldick, unterwärts wurzelnd. Zweige 
aufrecht, rabenkieldick und 3—4 Zoll lang. Blätter 2,—3!, Zoll lang und 
1—1%, Zoll breit. Blattstiele 5—7 Linien lang. Afterblättchen 8 Linien 
lang und 4 Linien breit. Trugdoldenstiele kahl, aufrecht, 1!, Zoll lang. 
Bracteen 5 Linien lang und 2 Linien breit. Blumenblätter der männlichen 
Blüthe 6 Linien lang und 3 Linien breit, die der weiblichen Blüthe 3 Linien 
lang und 11, Linie breit. 

Im Jahre 1784 von Ruiz und Pavon in Peru (Muna) entdeckt. 
Nicht in Kultur. 

2) Casparya columnaris Kl. Caule ramosissimo erecto glabro 
rubescente; ramis erectis elongatis; foliis semicordatis oblique ovatis acu- 
minatis argute sinuato-dentatis denticulato-ciliatis, supra saturate viridibus 
sparsim brevi hirtellis, subtus cinerascentibus albido-punctulatis ferrugineo- 
nervosis in venis sparsim pubescentibus; petiolis elongatis sparso-hirtellis; 
stipulis oblongis membranaceis obtusis mucronatis deciduis, superne subeciliatis; 


248 Krorzsch: 


peduneulis cymoso-corymbosis erectis glabris; bracteis maximis obovatis 
reticulato - venosis vaginato -conduplicatis deeiduis coloratis, apice truncatis; 
petalis flor. masc. ovatis, apice attenuato-obtusis; petalis flor. fem. elongatis 
angustioribus; germinibus glabris. 

Begonia columnaris Ruiz et Pavon, Herb. Mss. 

Stamm 2 Fufs lang und gänsekieldick. Internodien 2—31, Zoll lang. 
Zweige aufrecht, 5—10 Zoll lang. Blätter 2—3% Zoll lang und 1—1° Zoll 
breit. Blattstiele 3—1', Zoll lang. Afterblättchen 5 Linien lang und 3 Li- 
nien breit. Trugdoldenstiele 2—4 Zoll lang. Trugdolden 3 Zoll lang und 
3 Zoll breit. Bracteen 7 Linien lang und oberwärts 4 Linien breit. Blu- 
menblätter der männlichen Blüthe 5 Linien lang und 3 Linien breit,. die 
der weiblichen Blüthe 5 Linien lang und 13, Linie breit. Früchte 1 Zoll lang 
und eben so breit. 

Von Ruiz und Pavon in Peru (Muna) entdeckt. Nicht in Kultur. 

3) Casparya coccinea Kl. Caule lignoso tereti glaberrimo geni- 
culato-ramoso tumido-articulato; foliis oblique ovatis parvis subsemicordatis 
duplicato-serrato-ciliatis, utrinque glaberrimis acutis, supra saturate viridi- 
bus, subtus pallide viridibus dense albido-punctulatis; petiolis brevibus 
glabris; stipulis membranaceis obovatis obtusis; pedunculis cymoso-corym- 
bosis axillaribus glabris; fructibus immaturis longissime rostratis gla- 
berrimis. 

Begonia coceinea Ruiz etPavon, Herb. Mss. 

Stamm hahnenkieldick, holzig, gekniet-ästig, 2 Fufs lang. Blätter 
43, Zoll lang und 3% Zoll breit. Blattstiele 3 Linien lang. Afterblättchen 
4 Linien lang und 2 Linien breit. Trugdoldenstiele 1—1!, Zoll lang. 
Fruchtstiele 3 Linien lang. Früchte 1 Zoll lang und unterhalb des Rüssels 
$ Zoll breit. 

Von Ruiz und Pavon in Peru (Muna) entdeckt. Nicht in Kultur. 


XXXVIIH. Stibadotheca('!) Kl. 
TataRKIT HA: 


Flores monoici magni coceinei. Masculi: Petala 4 extus pubescentia, 
cruciatim opposita biserialia, exteriora elliptica obtusa longiora, interiora 


(‘) Aus den griechischen Wörtern orı@«&s und Syn zusammengesetzt. 


Begoniaceen- Gattungen und Arten. 249 


breviora obovata brevissime biloba. Stamina 16 — 20 toro plano inserta; 
antheris elongatis connectivo in appendicem subulatam rectam attenuatis; 
filamentis brevibus liberis. Feminei: Petala 6 triserialia subaequalia, extus 
sparsim pubescentia oblonga subobtusa. Ovarium inferum turbinatum vil- 
loso - scabrum triquetrum recurvalim obtuso-tricornutum triloculare, apice 
obtusum non rostratum, basi subattenuatum. Ovula in placentis e loculorum 
angulo centrali geminis conniventim lamellatis utrinque ovuliferis creberrima, 
anatropa. Stylorum rami profunde tripartito-multifidi undique puberulo- 
papillosi, lobis teretibus elongatis. Capsula triquetra villosa, basi turbi- 
nata et breviter stipitata, apice obtusa, fructum Trapae natantis referens, 
trilocularis tricornuta, cornubus compressiusculis aequalibus obtusis parum 
deflexis loculis oppositis in parte inferiore angulorum secundum longitudinem 
dehiscens. Semina innumerabilia parva ovata reticulata exalbuminosa. 

Suffrutices in regno Novogranatensi erescentes; caule dichotomo - ra- 
moso pubescente; foliis brevi petiolatis carnoso - subcoriaceis oblique reni- 
formi-cordatis transverse ovatis acutis leviter sinuatis inaequaliter serrato- 
erenulatis discoloribus; stipulis inaequalibus foliaceis cordatis persistenti- 
bus; pedunculis cymosis subterminalibus; floribus magnis coccineis, femineis 
bibracteatis; fructibus ferrugineo - villosulis. 

1) Stibadotheca magnifica Kl. Suffruticosa, robusta; caule fle- 
xuoso hirsuto rufescente ramoso; ramis petiolis et pedunculis purpureis; 
foliis oblique reniformi-cordatis transverse ovatis acutis leviter sinuatis in- 
aequaliter serrato-crenulatis, supra laete viridibus scabris, subtus pallidiori- 
bus densissime albido-bullatis asperis coceineo-venosis; petiolis brevibus 
rubris hirto-villosis; stipulis foliaceis inaequalibus oblique ovatis cordatis 
obtusis, margine sparsim dentatis; pedunculis atro-sanguineis sparsim hirtis, 
apice repetite dichotomis; floribus maseulis 16—20 andris; petalis flor. fem. 
tribus exterioribus extus pubescentibus; capsulis turbinatis triquetris ferru- 
gineo-villosis. 

Begonia magnifica de Warscewicz in lit. 1852. Linden in Ca- 
talogus 1855. 

Ein 2 Fufs hoher, oberwärts gabelförmig-verästelter Halbstrauch, 
dessen Stengel gänsekieldick geröthet und pubescirend ist. Die Blätter 14, — 
24 Zoll lang und 2%, —4 Zoll breit. Blattstiele 4,— 11, Zoll lang. After- 
blättchen ungleich-grofs, fast bleibend, blattartig, an der Basis ohrförmig- 

Phys. Kl. 1854. Ii 


250 Krorzsc 


verlängert, halbkreisförmig, undeutlich kerbzähnig, das eine gröfsere 1 Zoll 
lang und 5 Linien breit, das andere 7 Linien lang und 3 Linien breit. Trug- 
doldenstengel rabenkieldick und 3 Zoll lang. Aufsere Blumenblätter der 
männlichen Blüthe 17 Linien lang und !, Zoll breit, innere 1 Zoll lang und 
4—5 Linien breit, die der weiblichen Blüthe 16 Linien lang und 5 Linien 
breit. Der vielfach gabelförmig-vertheilte Griffel %, Zoll lang. Bracteen 
sägeartig - gezähnelt. 

In der Tunja-Cordillera von Neu-Granada durch Herrn von War- 
scewicz entdeckt und gesammelt, durch Herrn Linden in Brüssel lebend 
in Belgien eingeführt. Unstreitig die schönste aller Begoniaceen. 

2) Stibadotheca ferruginea Kl. Caule erecto ramoso ferrugineo- 
hirsuto; foliis oblique reniformi-cordatis transverse ovatis subacuminatis 
inaequaliter ciliato -serratis undique asperatis, supra atro-viridibus, subtus 
pallidioribus albido-bullatis hirsuto-nervosis; petiolis brevibus ferrugineo- 
pubescentibus; stipulis inaequalibus foliaceis semilunatis magnis ciliatis sub- 
scabris; pedunculis pubescentibus eymosis axillaribus terminalibusque sul- 
cato-striatis; bracteis elongatis membranaceis truncatis serrato-ciliatis, inferne 
subattenuatis, apice truncatis; petalis flor. masc. exterioribus oblongis, extus 
hirtellis, interioribus apice emarginato -bidentatis; staminibus 13 — 14; pe- 
talis flor. fem. exterioribus oblongo-lanceolatis, apice dentato-ciliatis, externe 
hirtellis, interioribus sensim minoribus tenuioribus et glabris; capsulae vil- 
losulae nutantis cornubus divergenti - deflexis. 

Begonia ferruginea Linne fil., Suppl. p. 419. Smith, Icones II, 
t. 44, p.44. Dryander, Öbserv. on the Genus of Begonia in Trans. of 
the Linnean Soc. I, p. 163. Willd. v.IV, p. 415. Humb., Bonpl., 
Kth., Nova gen. et spec. v. VII, p. 144, n. 13. 

Stamm robust, verästelt, hin- und her-gebogen, 2 Fufs hoch. Blät- 
ter 1,— 2 Zoll lang und 3— 41, Zoll breit. Blattstiele 6 — 8 Linien lang. 
Afterblättchen 8—15 Linien lang und 3—6 Linien breit. 'Trugdoldenstiele 
11,—5 Zoll lang. Bracteen 4—5 Linien lang. Blüthenstiele der männlichen 
Blüthe zolllang. Äufsere Blumenblätter der männlichen Blüthe 44 Linien 
lang. Weibliche Blüthenstiele 6—7 Linien lang. Früchte 9— 10 Li- 
nien lang. 

Von Mutis in Neu-Granada entdeckt und später von Humboldt und 
Bonpland wiederum aufgefunden. Nicht in Kultur. 


Begoniaceen- Gattungen und Arten. 351 


3) Stibadotheca trachyptera Kl. Suffruticosa, scabro-hirtella; 
stipulis membranaceis oblique oblongis; foliis semicordatis oblique ovato- 
oblongis serratis hispidulis; floribus in umbella masculis paueis 4 petalis, 
foemineo unico 6 petalo, petalis exterioribus omnium extus hirsutis; capsula 
scabro-hirta obtuso -tricornuta. 

Begonia trachyptera Bentham, Plantae Hartwegiana, p. 184, 
n. 1023. 

Von Hartweg in einer Höhe von 10,500 Fufs in der Provinz Popayan 
bei Pitaya entdeckt. Nicht in Kultur. 


IXL. Isopteryx () Kl. 
Taf. XIL B. 


Flores monoici sexu distincti, masculi superiores umbellatim eymosi, 
feminei inferiores solitarii. Masculi: Petala 4 aequalia biseriata cruciatim 
opposita, apice pectinato-ciliata, exteriora ovata; extus hirta, interiora el- 
liptica glabra. Stamina creberrima toro plano inserta; antheris brevibus 
ovalibus; filamentis filiformibus longissimis liberis. Feminei: Petala 6 tri- 
serialia oblonga concava, apice fimbriata, tria exteriora paulo majora, extus 
hirtella. Ovarium triquetrum trialatum triloculare, apice brevi rostratum, 
alis sparsim pubescentibus adscendentibus erecto-cornutis, basi attenuatis 
aequalibus. Ovula in placentis e loculorum angulo centrali geminis conni- 
ventim lamellatis utrinque ovuliferis creberrima, anatropa. Stylus profunde 
tripartitus, lobis teretibus multifidis subulatis undique papilloso - puberulis. 
Capsula cartilagineo-papyracea turbinata trialata trilocularis loculicide tri- 
valvis, ad verticem desinens in rostrum brevem truncatum, alis aequalibus 
deorsum attenuatis, apice incuryo-cuspidatis, sub maturitate secundum lon- 
gitudinem in lamellas duas scissis. Epicarpium membranaceum in fructu 
maturo ab endocarpio chartaceo faciliter solubile. Semina innumerabilia 
parva oblonga fusca reticulata exalbuminosa. 

Frutex Novo-Granatensis subvolubilis ramosus; ramis laevibus glabris, 
junioribus atro-rubris et albo-punctatis pendulis; foliis obsolete oblique 
cordatis ovatis brevi-acuminatis longe petiolatis ciliato-serratis; stipulis mem- 
branaceis deciduis; eymis axillaribus florum masculorum umbellatis, superio- 


(') Aus den griechischen Wörtern isos und rr:2vE abgeleitet. 
li 2 


2523 Krorzsch: 


ribus longe pedunculatis, cymis flor. fem. unifloris inferioribus; bracteis 
membranaceis, apice dentato-ciliatis; capsulis cartilagineis trialatis, apice 
brevi rostratis, alis aequalibus, apice latioribus truncatis, ob alas in cuspi- 
dem adscendentem desinentes tricornigeris, basi angusto - attenuatis. 

1) Isopteryx umbellataK]. Fruticosa; ramis glabris ; foliis oblique 
cordatis ovatis brevi acuminatis duplicato-serrato-ciliatis, supra saturate viri- 
dibus sparsim et evanescente hirtellis, subtus pallidioribus albido-punctulatis 
nervoso-hirsutis longe petiolatis; floribus roseis, masculis cymoso -umbel- 
latis superioribus longe pedicellatis, femineis brevi pedicellatis inferioribus 
solitariis; petalis exterioribus extus hirtellis; alis fructuum evanescente 
hirtis. 

Begonia umbellata Humb., Bonpl., Kth., Nov. gen. et spec. 
v. VII, p. 143, n. 12. 

Blätter 2—3 Zoll lang und 14,—1°, Zoll breit. Blattstiele 9—18 Li- 
nien lang. Afterblästchen !, Zoll lang und 3 Linien breit. Männliche Trug- 
doldenstiele 1,—4 Zoll lang, weibliche 2 Zoll lang. Äufsere Blumenblätter 
der männlichen Blüthe 8 Linien lang und 2 Linien breit, innere 7 Linien 
lang und 3 Linien breit. Fruchtkapsel 15 Linien lang und 10 Linien im 
Durchmesser. 

Von Humboldt und Bonpland auf den westlichen Ahängen des 
Quindiu-Gebirges entdeckt, von dem Herrn Linden ebenfalls in Neu- 
Granada (Antiocha) aufgefunden. Nicht in Kultur. 


*”r Flores masculi 4 -, feminei 5 petali. 


XL. Sassea (') Kl. 
Taf. XI iG: 


Flores monoici coccinei cymosi. Masculi: Petala 4 biserialia sub- 
aequalia patentia subrotundato-ovata. Stamina 10 — 15 subaequilonga toro 
plano inserta; antheris linearibus filamenta superantibus bilocularibus late- 
raliter dehiscentibus, utrinque obtusis; filamentis brevibus monadelphis. 


(') Dem Andenken des Kabinets-Sekretair S.M. des Königs und I.M. der Königin, Herrn 
Legationsrath Sasse zu Berlin, der sich um die Kultur tropischer Gewächse während des 
Sommers im freien Lande sehr verdient gemacht hat und dem namentlich zuerst die Versuche 
glückten die Begoniaceen im offenen Grunde zu einem hohen Grade vollkommener Entwicke- 
lung zu bringen, gewidmet. 


Begoniaceen-Gatlungen und Arten. 9353 


Flores feminei: Petala triserialia subaequalia ovalia rotundata patentia. 
Germen inferum trigonum triloculare, aequaliter tricornutum, apice in 
rostrum longum strietum triangulatum attenuatum, bractea basi suffultum, 
cornubus adscendente -apiculatis compressis subfalcatis. Ovula in placentis 
e loculorum angulo centrali geminis conniventim lamellatis, utrinque ovuli- 
feris creberrima, anatropa. Stylus profunde tripartitus deciduus, lobis 
compressis multifidis undique papilloso-puberulis. Capsula suberosa tri- 
quetra trilocularis aequaliter compresso-tricornuta, apice in rostrum longum 
triangulatum producta, basi turbinata, cornubus erecto-patentibus apicu- 
lato-incurvis loculis oppositis, in parte inferiore angulorum secundum lon- 
gitudinem dehiscens.. Semina innumerabilia minuta oyata reticulata exal- 
buminosa. 

Fruticuli ramosi scandentes in andibus Peruviae et Novo - Granatae 
crescentes; caule adscendente evidenter nodoso, inferne radicante teretius- 
culo; foliis petiolatis oblongis acutis inciso-ciliato-serratis, basi inaequalibus; 
stipulis membranaceis geminis deeiduis; ceymis pedunculatis axillaribus pauei- 
floris; bracteis deciduis ciliato-dentatis coloratis; floribus parvis coccineis; 
capsulae longe rostratae cornubus erecto-falcatis incurvo-cuspidatis. 

1) Sassea Urticae Kl. Caule decumbente ramosissimo, basi re- 
pente; ramis erectis hispidulis; foliis brevi petiolatis oblongis acutis inaequi- 
lateris duplicato-ciliato-serratis, basi oblique attenuatis, supra evanescente 
hispidis saturate viridibus, subtus pallidioribus albido-punctulatis ferrugineo- 
hirsuto-nervosis; petiolis fusco-hirsutis; stipulis oblongo -ovatis obtusis 
seta terminatis; pedunculis filiformibus erectis folio longioribus scabris; 
bracteis deciduis ciliato-dentatis; capsulae brevi setosae cornubus longe at- 
tenuato - cuspidatis. 

Begonia Urticae Linn&, f. Suppl. p. 420. Sprengel, Syst. veg. 
v.II, p. 626, n.30. B.urticaefolia Dryander in Linnean Soc. Trans. 
v.1, p. 160. 

Stengel fufslang und darüber, verästelt. Blätter 1,—2 Zoll lang und 
6—9 Linien breit. Blattstiele 2—3 Linien lang. Afterblättchen 3—4 Linien 
lang und 2— 2%, Linien breit. Trugdoldenstiele 1—2 Zoll lang. Frucht- 
rüssel 5 Zoll lang. Die ganze Frucht 1 Zoll lang und breit. 

In Neu-Granada von Mutis entdeckt, von Bonpland wiederum 
aufgefunden. Nicht in Kultur. 


254 Krorzsch: 


3) Sassea columnaris Kl. Subherbacea, ramosa; caule ferru- 
gineo-puberulo demum glabrato; stipulis membranaceis oblique acuminatis 
integerrimis; foliis ovatis oblongis semicordatis serratis hispidulis, supra de- 
mum glabratis; pedunculis folio subaequilongis axillaribus; floribus parvis; 
petalis obovato - oblongis exterioribus hirtis; pedicellis flor. femin. hirsutis; 
bracteis masc. integerrimis, fem. apice laceris; filamentis usque ad medium 
monadelphis; germinibus hirsutis; capsulae longe rostratae alis supra incras- 
satis acutissimis incurvis subglabris. 

Begonia columnaris Bentham, Plantae Hartweg. p. 131. n. 740. 

Stengel fufslang, rabenkieldick. Blätter 1%, Zoll lang und 6—9 Linien 
breit. Afterblättehen 2— 3 Linien lang. Männliche Blüthenstiele 4, Zoll 
lang. Blumenblätter 3 Linien lang. Weibliche Blüthenstiele kurz, striegel- 
haarig. Fruchtrüssel 7 —8 Linien lang. 

In den Gebirgen von Loxa in Peru. Hartweg. Nicht in Kultur. 

3) Sassea glabra Kl. Subherbacea, glaberrima; caule adscen- 
dente ramoso, inferne repente articulato-nodoso; foliis ovatis subacuminatis 
argute ciliato-serratis subineisis, basi inaequalibus, supra saturate viridibus, 
versus marginem sparse hirtellis, subtus pallidioribus glaberrimis; stipulis 
elongato-oblongis obtusis; pedunculis paucifloris rubescentibus folio sub- 
brevioribus; bracteis integerrimis coloratis; pedicellis flor. masc. longis; 
germinibus glaberrimis; cornubus brevi acutis. 

Begonia cucullata Herb. Ruizii Mss. 

Stengel 1 — 1!, Fufs lang und rabenkieldick. Blätter 1 —2 Zoll lang 
und 4—1 Zoll breit. Blattstiele 2—4 Linien lang. Afterblättchen 3—4 Li- 
nien lang und 2—3 Linien breit. Blumenstengel 14, Zoll lang. Halbreife 
Früchte 1 Zoll lang und 8 Linien breit. Fruchtrüssel 4, Zoll lang. 

In schattigen Gegenden der Anden von Muna (Peru). Nicht in Kultur. 


XLI. Putzeysia(‘) Kl. 


Flores monoiei gemini terni axillares. ‚Masculi: Petala 4 biserialia 
subaequalia oblongo-orbicularia rotundata cruciatim opposita, exteriora 


(') Dem Andenken des Herrn Jul. Putzeys, Königlich Belgischen Director im Justiz- 
Ministerium zu Brüssel, der im Besitze einer der grölsten Sammlungen von Begoniaceen, 
dieselben nicht allein sehr gut zu kultiviren versteht, sondern sie auch vortrefflich kennt und 
mich bei meiner Arbeit wacker unterstützt hat, gewidmet. 


Begoniaceen - Gattungen und Arten. 255 


paulo majora intus magis concava. Stamina creberrima inaequilonga brevia 
toro plano inserta; antheris obovatis, apice subemarginatis, basi attenuatis; 
filamentis brevibus monadelphis. Flores feminei: Petala triserialia erecto- 
patentia subaequalia orbiculari-ovata rotundata. Germen inferum triloculare 
globoso-trigonum aequaliter compresso-tricornutum, basi rotundatum, apice 
vix attenuatum nec productum, cornubus erecto-falcatis compressis brevibus 
non apiculatis. Ovula in placentis e loculorum angulo centrali geminis con- 
niventim lamellatis, utrinque ovuliferis creberrima, anatropa. Stylus deci- 
duus profunde tripartitus, lobis spathulato -truncatis, apice transversim 
tumidis papilloso - puberulis. 

Suffrutex subtuberosus indicus; caule robusto erecto simplici; foliis 
petiolatis pedatinerviis oblique cordatis 4—5 lobatis, lobis inciso - serratis; 
floribus binis ternisque axillaribus pedicellatis; ramulis abbreviatis extra- 
axillaribus turbinatis, extus imbricato -squamatis, apice cupulas pluriseriatim 
ordinatas bulbillis ovalibus, basi bibracteatis brevi stipitatis repletas gerenti- 
bus; capsulis depresso - globosis aequaliter tricornutis. 

1) Pulzeysia gemmipara Kl. Suffruticosa, glabra, erecta; caule 
tereti erecto simpliei basi parvo-tuberoso; foliis pedatinerviis 4—5 lobatis, 
basi oblique cordatis, lobis ovato-lanceolatis acutis grosse serratis, lobo me- 
dio elongato subinde pinnatifido grosse serrato; floribus axillaribus geminis 
ternisque ramulos aequali altitudine insertos, apice bulbilliferos superantibus. 

Begonia gemmipara Hooker fil. et Thomson, Flora indica t. XIV. 

Stengel 1‘, Fufs lang und schwanenkieldick. Blattstiele 1—1!, Zoll 
lang. Blätter 5—6 Zoll lang und 3—4 Zoll breit. Blumen 8—9 Linien im 
Durchmesser, 11, Zoll langgestielt. 

In Östindien von Hooker und Thomson entdeckt. Nicht in Kultur. 


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Ger. u.litn.o Cl Schmidt: 


4 A. uszıa pelopelala B. Eupetalum Kunthianum. €.Besonia eueullata Willd. 


Ger. u lith.o CF Schmedt 


A Saueria suleata. B. Barya monadelpha. C.Knesebeckia Martiana, 


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| In HrmRlotzschs AbhüberBeson Physik Abh von 1854. | Taf il. 
A. N | 


Ger u.lih,.». CF Schmidt 


A.Gaerdtia maculata.B. Trendelenhursia frutieosa.(. Ewaldia lohata. 


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Zulfm.Klotzsch’s Abh.über Beson. Physik. Abh.von 1854. 


3 
Br 


Ger. .lbr.0. Cl Schnidt 


A.Reichenheimia Thwaitelii B.Gurltia Meveri C. Scheidweileria disitata. 


Ger. u. lith.o CF Sohmudt. 


A.Lepsia foliosa B.Doratometra Wallichlana C.Riessia ferruginea. 


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rm. Rlotzsch's Abh über Beson Physik Ahlıvon 1854. 
ru NE 


Gex.n bio C Piohudt. 


A.Mitscherliehia albo-coceinea. B.Rachia peltata.C. Petermannia Cumindiana. 


TafIH. 


A Pilderia urticaefolia B.Donaldia ulmifolia Ü.Gtreondia lobulata. 


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Zu Hm. Klotzschi Abh. über Beson. Physik. Abh.u. 1854. 


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A. Moschkowitzia Fasopyroides B. Ausustia Dresei C.Trachelanthus rhizecarpıs. 


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/ullen.Klotzschs Abh.über Beson.Physik Abhiv 1854. Taf IN. 


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A.Rossmannia repens B. Masnusia fusca.C. Haasea dipelala. 


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Allitelbachia fuchsioides B.Pritzelia Fischeri (Waseneria fasifolia. 


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Zu Hm.Klotzsch's AbhüberBegonPhysik.Ablv. 354. 


‚ANeilbachia replans B.Platveentrum rubro-venium ( ‚Casparva hirta. 


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Zulfrn.Klotzsch& Abh.überBeson.Physik.Ablıx. 185%. 


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AStiradotheca masnilica B.Jsopteris umbellata Ü.Sassea slahra. 


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Mathematische 


Abhandlungen 


der 


Königlichen 


Akademie der Wissenschaften 


zu Berlin. 


aan 


una. 


Aus dem Jahre 


1854. 


nn. anne. 


Berlin. 


Gedruckt in der Druckerei der Königlichen Akademie 
der Wissenschaften. 


1855. 


In Commission in F. Dümmler’s Verlagsbuchhandlung 


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ENcKE über den Cometen von Pons. (Siebente Abhandlung.) .............. Seite 1 
HAGEN über den Einfluls der Temperatur auf die Bewegung des Wassers in Röhren. - 17 


LEJEUNE DIRICHLET: Vereinfachung der Theorie der binären quadratischen Formen 


NOLEDOSIUVELNDIETETTUNAN TEE ee ehe ee ee ler ehe tete 93 


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Über 
den Cometen von Pons. 


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H” ENCKE. 
Siebente Abhandlung. 


[Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 1. Juni 1854.] 


Ss meiner letzten am 31. Juli 1851 gelesenen sechsten Abhandlung über 
diesen Cometen ist derselbe im Jahr 1852 wieder zum Perihel zurückge- 
kehrt, und wird 1855 im Juli von Neuem wieder erscheinen. Ich werde 
zur Fortsetzung der früheren Untersuchungen jetzt über seine Erscheinung 
im Jahre 1852 berichten, und dann die kommende Erscheinung ihrem Ver- 
laufe nach angeben. 

Die immer wachsende Masse von Rechnungen, die fast in demselben 
Verhältnisse sich vermehrt, als die Neigung sich mit solchen weitläuftigen 
Arbeiten zu beschäftigen abnimmt, hat es mir nicht möglich gemacht die 
Störungen während der Perioden von 1848— 1852 und 1852— 1855 mit der 
Vollständigkeit zu berechnen, wie es von 1819— 1845 in diesen 9 Umläufen 
geschehen ist. In der That aber wird auch, je längere Zeit hindurch ein 
Körper beobachtet wird, die Arbeit immer lästiger und lästiger und wenn 
man bedenkt dafs, wenn auch von 1819— 1848 die Störungen angenommen 
werden können, als seien sie wenigstens genähert vollständig, doch ein noch 
längerer früherer Zeitraum von 1756—1819 ganz unbearbeitet da liegt, so 
sieht man wie sehr weit man noch von der Lösung der Hauptaufgabe der 
Astronomie entfernt ist, alle Beobachtungen eines und desselben Himmels- 
körpers durch das Newton’sche Gesetz der Anziehung vereinigen zu können. 
Indessen haben auch unvollkommen durchgeführte Störungen, wenn sie nur 
die hauptsächlichsten Werthe umfassen, doch den Nutzen, einmal die Auf- 
suchung des Cometen und seine Beobachtung möglich zu machen, und da 


sie den jedesmaligen Lauf wenigstens mit grofser Annäherung darstellen, die 
Math. Kl. 1854. A 


D Encke 


Fehler der einzelnen Tage in so engen Grenzen zu halten, und so gesetz- 
mäfsig ihren Gang von einem Tage zum andern anzugeben, dafs man meh- 
rere Tage mit einander zur genaueren Ermittelung der wirklichen Ab- 
weichungen verbinden kann, und so den später zum Grunde zu legen- 
den Beobachtungen, oder eigentlich den daraus hergeleiteten der Wahr- 
heit nahe kommenden Gröfsen, eine gröfsere Sicherheit verschaffen. Darauf 
wird auch für die Zukunft mein hauptsächlichstes Augenmerk gerichtet sein, 
und auf diese Weise werden wenigstens die Data vorbereitet werden, welche 
in der Folge der Zeiten, wenn die Ermittelung der Störungen zu einer grö- 
fseren Vollkommenheit gediehen ist, die Grundlage bilden müssen. 

In der sechsten Abhandlung habe ich drei verschiedene Combinatio- 
nen der Örter gebildet, welche von 1819 —1848 beobachtet sind, und bei 
welchen die Störungen der Planeten %$, 2, d, d, %, tı so wie der Ein- 
flufs der Widerstandskraft vollständig in Betracht gezogen sind. Aus jeder 
wurde das ihr zukommende Elementensystem, die Mercurmasse und die Wi- 
derstandskraft hergeleitet. Zusammengestellt bezieht sich das Elementensy- 
stem (A) auf alle Normalörter aus den 10 Erscheinungen, ohne Rücksicht 
darauf ob die Beobachtungen vor oder nach dem Perihele angestellt sind. 
Es gründet sich dasselbe auf 70 Bedingungsgleichungen, welche nach den 
übrigbleibenden Unterschieden, einen mittleren Fehler von 247,5 für das ein- 
zelne Datum ergeben, aber den Nachtheil haben, dafs gerade die am sicher- 
sten beobachtete Reihe im Jahre 1828, am wenigsten gut dargestellt wird. 
Das zweite Elementensystem (B) bezieht sich nur auf die 7 Erscheinungen 
1829 —1848, mit Ausschlufs der drei früheren. 1819—1825, weil für die 
Periode von 19819 — 1528 die Störungen mit weniger genauen Elementen be- 
rechnet waren, und sonach einem kleinen Zweifel unterliegen konnten. Bei 
46 Daten lassen sie einen mittleren Fehler von 14,6 übrig, und die besseren 
Beobachtungen werden weit befriedigender dargestellt. Endlich das dritte 
Elementensystem (C) schliefst von den bei (B) berücksichtigten Daten noch 
die 4 Data aus, die aus Beobachtungen nach dem Perihele auf der südlichen 
Halbkugel angestellt hergeleitet sind, weil bei der sehr willkürlichen An- 
nahme über das Widerstandsgesetz vor und nach dem Perihele eine merk- 
liche Verschiedenheit möglicherweise stattfinden könnte. Es ist natürlich, 
dafs die bei (B) und (€) ausgeschlossenen Data eine gröfsere Abweichung 
bei der Vergleichung mit den ohne sie hergeleiteten Elementensystemen 


über den Cometen von Pons. 3 


zeigen. Doch fällt diese hauptsächlich nur auf die Erscheinung 1819, wo sie 
bis 3 und 5; bei zwei Daten steigt. Der Unterschied bei 1822 ist weniger 
erheblich, bei 1925 ist er fast verschwindend. Diese drei Elementensysteme 
sind die folgenden, wenn man sie auf einerlei Epoche reducirt. 

Epoche 1829 Jan. 9,72 M. Paris. Zt. 


Elemente A B & 


M | 359°39’ 21793 359°59’ 24783 | 359°59’ 25722 
W 1069,851933 | 1069,851827 | 1069,851672 
$ 57°38' 8,67) 57°38° 150| 57°38' 0345 
7 157 18 25,75 | 157 18 10,31 | 157 18 655 
2 1334 29 50,98 | 334 28 40,75 | 334 29 49,70 
D 13 20 40,91 | 13 20 30,51 | 13 20 39,36 
1 

U 


re 
742 10252900 8234192 
A ER IE 1 
894.892 329,0167 835,459 


Vergleicht man diese auf verschiedene Combinationen gegründeten 
Elementensysteme mit einander, so zeigt sich das befriedigende Resultat, 
dafs die Elemente unter sich so nahe übereinstimmen, dafs eine sehr grofse 
Annäherung an die Wahrheit daraus hervorgeht. Der gröfste Unterschied 
bei der mittleren Anomalie steigt auf 373, bei der mittleren Bewegung auf den 
3800sten Theil einer Secunde, bei der Excentricität auf 82, bei der Länge 
des Perihels auf 19/2, bei der Länge des Knotens auf 1072, bei der Nei- 
gung auf 1074. Die angenommenen Massen und Störungswerthe von Mer- 
kur und der Widerstandskraft ergänzen sich dabei wechselseitig, so dafs, 
wenn die eine zunimmt, die andere abnimmt. Eine um das dreifache ver- 
minderte Merkurmasse wird aufgehoben oder ersetzt durch eine um den 
funfzehnten Theil vergröfserte Widerstandskraft. Es hängt dieses natürlich 
damit zusammen, dafs der Betrag der Störungen des Merkurs in der mittle- 
ren Anomalie während dieser 20 Jahre 1828— 1848 bei den 

Elementen 4 war 5 250,103 U 2152,900 
BeBe Pal | 7U800 2323,968 


je nach den veränderten Massen. Die Summe beider Gröfsen war bei 
Elem. 4 2103,003 
»  B 2%403,777 
so dafs sie am Schlusse der ganzen Reihe sich fast völlig ausgleichen. Über- 
haupt um die gegenseitige Abhängigkeit der angenommenen Merkursmasse 


A2 


4 Encexs 


und der Widerstandskraft zu übersehen werde ich hier den Betrag der Stö- 
rungen des Merkurs und der Widerstandskraft für jedes Perihel zusammen- 
stellen und dann die Summen beider nach den verschiedenen aber zusam- 
mengehörigen Annahmen vergleichen. Es betrugen von 1829 an gerechnet 
bis zu dem jedesmaligen Perihele die Störungen durch Merkur und durch 
U in der mittleren Anomalie: 


Elem. A Elem. 3 Summe 
5 | U 3 U Elem. 4 Elem. 3 
1819 | + 17.052 | + 533217 | + 5441 | + 575,588 | + 550,269 | + 581,029 
1822 | + 4285 |-+ 237593 | + 1445 | + 256,472 | -+ 241,878 | + 257,917 
1825| + 6034 |+ 59268 | + 1,925 | -+ 63,978 | + 65,302 | + 65,903 
ıs32 | + 3873 |+ 59362 | + 1236 |+ 6409| + 63235 | -+ 65,315 
1835 | + 1,648 | + 238110 | + 0526 | + 257,354 | + 240,058 | -+ 257,880 
1838 | + 70,989 | + 537,031 | +22,653 | + 579,705 | + 608,020 | -+ 602,358 
1842 | +128,557 | + 955244 | +41,023 | +1031,150 | +1083,801 | +1072,173 


1845 | +189,216 | +1494,666 | -+60,379 | +1613,436 | + 1683,882 | +1673,815 
1848 | -+250,103 | +2152,900 | +79,309 | +2323,968 | +2403,003 | +2403,777 


Der gröfste Unterschied beider Annahmen geht auf 307,8 bei 1819, 
eine Erscheinung, die bei den Elementen B ausgeschlossen war. Bei den 
wirklich benutzten ist sie 1835 am gröfsten, wo sie bis 17,8 steigt. 

Diese Bemerkungen zeigen hinlänglich, dafs im Ganzen genommen 
die Bahn des Cometen auf eine zwanzigjährige Reihe von Erscheinungen ge- 
gründet sicher bestimmt ist und dafs man hoffen darf, wenn auch die voll- 
ständige Berechnung der Störungen für die Folgezeit nicht mehr möglich sein 
sollte, indem man immer von der nächsten Erscheinung ausgeht, die nächst- 
folgende hinlänglich vorbereiten zu können. 

Im Jahre 1851 hatte ich deshalb die Elemente (B) zuerst mit den voll- 
ständigen Störungen bis auf 1848 fortgeführt, wodurch für diese letzte Er- 
scheinung die folgenden Elemente hervorgingen : 

Epoche 1848 Nvb. 26 3: M. Par. Zeit. 
0° 0’ 38/36 
1076/43281 
57°58' 42/9 


157 47 23,7 x 
334 21 2081 M. Aq. 1848 Nvb. 26 


13 8 32,0 


-.D 345° R 
nuumnN 


Hierauf hatte ich die Jupiterstörungen von 50 zu 50 Tagen berechnet, 
welche ergaben 


über den Cometen von Pons. 


AM 
Au 
Ad 
Ar 
AR 
Ai 


nam 
+ 


— 13’ 603 
— 05730116 
= 14290 
0 53,7 
— 45,0 
— 39,0 


Qu 


Verbindet man sie mit dem obigen Systeme und bringt die Praeces- 
sion und die Correction wegen der veränderten Lage der Ekliptik an, so er- 


hält man für 1852 


Epoche 1852 März 10 0b M. Berl. Zt. 


358° 33° 24/98 
1076,13165 


SOIETR 
INN 


57°57' 3379 
157 51 2,4 


334 23 20,8 


13 754,5 


Vermittelst dieser Elemente war damals eine Ephemeride, und zwar 


für das scheinbare Äquinoetium für den jedesmaligen Tag der Beobachtung 


berechnet und in den astronomischen Nachrichten zur Vorbereitung für die 


Beobachtung publieirt worden, die .ich hier der Vollständigkeit wegen so 
weit aufnehme als sie nachher in Anwendung kommt. 


Lauf des Cometen von Pons 1852. 
Scheinbares Äquinoctium. 


12h lg. Dist. le. Dist. 
M. Berl. Zt. | AR. £ | Dec. £ | a ES 
1852 Jan. 1 | 343 34 41 | + 317 195 | 0,193856 | 0,165730 
2 | 343 47 24,2 3 20 37,0 | 0,193647 
3/34 1 783 324 6,1 | 0,193380 
4 | 344 15 13,3 3 27 46,6 | 0,193052 
5 | 344 29 42,2 3 31 38,5 | 0,192662 | 0,149116 
6 | 344 44 34,0 3 35 41,7 | 0,192208 
7 | 344 59 485 3 39 56,0 | 0,191690 
8|35 15 355 3 44 21,3 | 0,191105 
9 | 345 31 249 3 48 57,5 | 0,190453 | 0,131416 
10 | 345 47 463 3 53 44,4 | 0,189731 
11 | 346 4 29,8 3 58 42,1 | 0,188939 
12 | 346 21 35,5 4 350,4 | 0,188074 
13 | 346 39 34 4 9 93 | 0,187136 | 0,112492 
14 | 346 56 53,4 4 14 38,8 | 0,186124 
15 1347 15 54 4 20 18,6 | 0,185035 
16 | 347 33 39,3 426 8,7 | 0,183868 
17 | 347 52 35,0 4 32 8,8 | 0,182620 | 0,092194 


6 


EnckE 


12h lg. Dist. lg. Dist. 
M. Berl. Zt. | AR. | Dec. F = 9 | v. (6) 
1852 Jan. 18 | 348.11 52,4 | -F 4 38 18,9 | 0,181290 
19 | 348 31 31,6 4 44 38,9 | 0,179876 
20 | 348 51 32,4 451 8,4 | 0,178376 
21 | 349 11 54,9 4 57 47,5 | 0,176786 | 0,070336 
22 | 349 32 39,0 5 436,1 | 0,175104 
23 | 349 53 44,7 5 11 33,8 | 0,173329 
24 | 350 15 11,8 5 18 40,3 | 0,171457 
25 | 350 37 0,2 5 25 55,6 | 0,169487 | 0,046690 
26 | 359 59 10,0 5 33 19,5 | 0,167416 
27 | 351 21 41,0 5 40 51,6 | 0,165240 
28 | 351 44 33,1 5 48 31,3 | 0,162957 
29 | 352 7 46,2 5 56 18,5 | 0,160563 | 0,020990 
30 | 352 31 20,2 6 412,8 | 0,158055 
31 | 352 55 15,1 6 12 13,9 | 0,155430 
Febr. 1 | 353 19 30,7 6 20 21,3 | 0,152683 
2|353 4 70 6 28 34,6 | 0,149811 | 9,992901 
3|354 9 42 6 36 53,3 | 0,146810 
4 | 354 34 21,8 6 45 16,8 | 0,143674 
5 | 354 59 59,4 6 53 44,4 | 0,140399 
6 | 355 25 56,8 7 2 15,4 | 0,136981 | 9,962024 
7 | 355 52 14,0 7 10 48,8 | 0,133412 ; 
8 | 356 18 50,6 7 19 23,8 | 0,129687 
9 | 356 45 46,1 7 27 59,6 |.0,125801 
10 | 357 12 59,9 7 36 35,0 | 0,121746 | 9,927860 
11 | 357 40 31,4 745 88 | 0.117517 
12 | 358 8 19,7 7 53 39,5 | 0,113104 
13 | 358 36 23,9 8 2 5,5 | 0,108497 
14 359 442,7 8 10 24,9 | 0,103687 | 9,889814 
15 | 359 33 14,7 8 18 35,6 | 0,098666 
16| 0 1581 8 26 35,4 | 0,093422 
17 | 0 30 50,7 8 34 21,5 | 0,087946 
18 059499 8 41 50,7 | 0,082225 | 9,347169 
19 | 128 53,5 8 48 59,3 | 0,076244 
20 | 157549 8 55 43,2 | 0,069990 
21 | 2 26 5235 9 157,5 | 0,063446 
22 | 255 40,3 9 7 36,8 | 0,056599 | 9,799154 
23| 324 13,0 9 12 34,9 | 0,049432 
2141| 352199 9 16 44,3 | 0,041926 
2535| 419549 9 19 56,2 | 0,034063 
26 | 446 46,4 9 22 0,6 | 0,025823 | 9,745140 
27 | 512414 9 22 45,6 | 0,017189 
28 | 5 37 24,9 9 21 57,6 | 0,008141 
39| 6 0387 9 19 20,6 | 9,998663 
Mrz. 1| 622 12 9 14 36,4 | 9,988737 | 9,695250 
2! 64 70 9 723,7 | 9,978353 
s| 657266 8 57 17,7 | 9,967506 | 


1 


über den Cometen von Pons. 


12h j le. Dist. le. Dist. 
M. Berl. Zt. | AR. FE | Dei. £ | S Sl... .u@ 
1852 Mrz.4| 710250 | + 843 505 | 9.956203 
5| 719222 8 26 29,7 | 9,944454 | 9,622112 
6| 723 345 8 441,0 | 9,932302 
| 7221 7 37 45,9 | 9,919805 
8| 714209 7 5 72 | 9,907055 | - 
9| 659 97 626 22 | 9,894181 | 9,564532 
0| 635 42 5.40 0,1 | 9,881357 
1 | 6 3377 4 46 37,2 | 9,868811 
121 522 sı 3 45 44,4 | 9,856799 
13 | 431 18,4 | 2 37 36,7 | 9.345621 | 9,530686 
14 | 331 31,0| 122 43,0 | 9,935574 
>| 223315| 0 2136 | 9,326959 | 9,528846 


Der Comet konnte in Europa unter günstigen Umständen in den 
Abendstunden beobachtet werden und ist auch an mehreren Orten beobach- 
tet worden. Es liegt aber wiederum in der immer mehr fast überwältigen- 
den Masse der Rechnungen, dafs ich für jetzt wenigstens mir den Genufls 
versagen mufs ähnlich wie früher sämmtliche Beobachtungen zu sammeln und 
zu vergleichen. Dagegen habe ich völlig hinreichend für die nöthige Grund- , 
lage zur Erhaltung der Data für die Zukunft die zwei vollständigsten Reihen, 
nämlich die hiesige und die von Herrn Prof. Argelander in Bonn angestellte 
strenge verglichen. Die letztere beruht auf einer handschriftlichen Mitthei- 
lung des Herrn Prof. Argelander, welcher die verglichenen Sterne an sei- 
nem Meridiankreise neu bestimmt hat, so dafs, da die meisten derselben 
auch hier benutzt sind, auch die hiesigen Beobachtungen dadurch verbessert 
werden konnten. Die Beobachtungen gehen vom 15. Januar bis zum 8. 
März, wo der Comet und zwar nur sechs Tage vor seinem Perihele in Bonn 
und hier gesehen worden ist. In der folgenden Tabelle sind die Arge- 
landerschen Beobachtungen mit A, die Berliner mit B bezeichnet. Sie sind 
von Aberration und Parallaxe so befreit, dafs sie unmittelbar mit der Ephe- 
meride verglichen werden können. 


Berliner (B) und Bonner (A) Beobachtungen des Cometen von Pons 1552 
und Vergleichung mit der vorausberechneten Ephemeride. 


2 M. Berl. AR. Decl. Rechn. — Beob. 
Bun Zt. | Beob. | Berechn. | Beob. |  Berechn. AR. | Decl. DH 
h N 2 
Jan. 15 ı7 aa Hayes 10 0 al sl ra | — 10% 8 
16 |7 161347 29 59,11347 29 48,6 4 25 239| 4 2456,1| —10,5 | — 27,8 s| A 


bo} Encke 
. Berl. R. ; ._ B 

1852 i 5 | Beob. ’ Berechn. Beob. m Berechn. a. | Da [or 
Jan. 20 [6 31/44.6 | 348° 46 32/6 348° 46 56.9 |+ 4 49 55.0 RENORRI 243 |— 162| B 
„|718385| . 473011 47361 50 43 451,6|+ 60 |— 13,7| 4 
2ı |7 5242,7|349 8 18,2|349 8234| 456557] 456383|+ 52 |— 174| 4 
22 |6 45 51,0|349 28 2,91349 28 60| 5 3148| 5 3 63 |+ 3ıl— 8514 
„Ir a 34| 28205) 2826,1 3175 s129|+ 56 |— 46| 4 
„|7302833| 28364] 28445 329,6 3189|+ 81 |— 10,7| 4 
„|sı6395| 292791 29243 3 45,6 3320|- 36 — 136|B 
24 [6 42 0,9|350 10 13,7|350 1029| 5 17136] 517 55|+ 122 |—- sılB 
„7441751 . alas) Kalaı7 17 40,1 17240|+ 63 |— 161) B 
Febr. 10 [6 27 17,01357 628,8|357 6409| 7341442) 734360+ ı21ı |- 82! 3 
„|7 94483 721,8 729,1 34 57,2 sa515|+ 73 |— 5,7|B 
14 |7 21 31,7\358 5853,3 [358 59 135] s 842,7) 8 sa90l+ 202 | 63) 4 
15 |6 51 10,7|359 2651,1 [359 27 6,6| 8165521 sı6512|+ 155 |— 4014 
ı9 |7 7231| ı22249| 1 22585| s47183| 8 47333|+ 336 |+ 15,0| 4 
„|raaıs7| 22394| 2388| 847192 47 38,2 |+ 39,4 |+ 19,0| 4 
20 651541] 151 55| 151423] 853549| 854190|-+ 368 + 24,1| B 
„|r22561| 51344 52200 54 64 54 26,6 + 45,6 |+ 20,2| 4 
23|7 7409| 317267| 3 18 28,7 9 1059,1| 9 11 38,0 |-+ 62,0 + 38,9| B 
„Ir25468| 17523] 189478 11 90 11 39,9 |+ 55,5 |+ 30,9| 4 
„|rsa 82| 18 29| 18578 10 57,1 11 41,6 + 549 |+ 44,5| 4 
21 |7 2416| 345260] 346342| 915107| 915552|+ 682 |+ 445| 4 
„|716 02| ..45486| 46494 15 12,4 15 59,4|+ 60,8 |+ 47,0| B 
„|72501| #41 4 ıı 15 12,4 15 58,9 |-+ 730 |+ 465 | 4 
»5|7 2 07| 413 91) 414156| 9182384] 91929,6)+ 665 |+ 61,2| B 
„|rı242| 13196] 14279 18 26,0 19 20,5 + 683 + 54,5 | 4 
Mz. 2|740379| 635 95 | 637522| 9 6394| 9 8538 |-+162,7 Fısaa B 
3|7 44310) 651389 | 654464| 85641,2| 859 19,0/+187,5 1+157,8| 4 
4|7 7200| 7 4255| 7 8 48) 843529| 846522|+219,3 |+179,3| B 
5/7 14184| 713486 | 717569| 826521) 8 3016,4|+248,3 |+204,3| 4 
„rısızs|l 13430| 17576 26 47,8 30 15,1/+254,6 [+207,3| B 
„|724504| ı13525| ı8 02 26 41,8 s0 8.2|+247,7 |-+206,4| 4 
6 7ı1199| 7ı8s3s46| 723 92| 8 5308| 8 926,7|-+274,6 |+235,9| 4 
„732 63| 1891| 23114 5145 9 6,4|+277,3 |+231,9| 4 
7|7 9247| Tı7204| 722575| 7389172] 743383 |+337,1 |+261,1| 4 
„733 29| ııso| 22542 38 43,7 43 10,1'4336,2 |+-266,4| 4 
8|7 11174 710121 | 716287! 7 6586| 712 88|+3766 +5102| B 
„785120 106el 1630 6 35,6 11 49,3 43768 [+313,6| 4 
„7 44475 9493| 16147 6 76  1r213|+385,4 |+313,7| 4 


Man sieht, dafs während des Januars die Fehler fast verschwindend 
waren, im Februar stiegen sie am Ende bis auf etwas mehr als eine Minute, 
in den sechs Tagen vom 2. März bis $. März vergröfserten sie sich indessen 
fast von Tage zu Tage so stark, dafs sie am 8. März 6 Minuten in AR. und 
5 in Declination erreichten. 


über den Cometen von Pons. 9 


Obgleich nach der Lage der Bahn und der Nähe des Perihels gröfsere 
Fehler am Ende der Beobachtungen erwartet werden konnten, so deutete 
diese allzurasche Zunahme doch auf einen gröfseren Fehler der Elemente 
hin als ich auch bei den unvollständigen Störungen vermuthet hatte und län- 
gere Zeit brachte ich damit zu, die Quelle dieses Fehlers aufzufinden, bis er 
sich zuletzt in einem Umstande entdeckte, den ich sogleich hätte erkennen 
können, und den ich, wenn nicht in diesen letzten Jahren die vielen kleinen 
Planeten meine Aufmerksamkeit zu sehr in Anspruch genommen hätten, 
nicht begangen haben würde. Bei einem Himmelskörper nämlich, dessen 
Berechnung den hauptsächlichen Reiz hatte, dafs eine neue Kraft zu seiner 
Darstellung nöthig gewesen war, hätte mir es am wenigsten geschehen dür- 
fen, dafs ich die Anbringung dieser Kraft bei der Bestimmung der neuen 
Elemente hätte vergessen können und doch zeigen die oben angeführten Zah- 
len, dafs es geschehen war und nur allein die Jupiterstörungen angebracht. 
Hiervon überzeugten mich meine eigenen Herleitungen der neuen Elemente 
sogleich, als ich darauf aufmerksam geworden war und ich ward darauf 
geleitet durch die Untersuchung, um wie viel wohl die Zeit des Perihels 
hätte verschoben werden müssen, wenn die starken Fehler wegfallen sollten. 
Um bei einem Irrthum, der mir am schmerzhaftesten sein mufste, da er die 


frühere Bestimmung nicht so sicher erscheinen liefs, nicht den Anschein eines 


5 
absichtlichen Anschlusses zu gewinnen, habe ich die Verbesserung der Ephe- 
meride nicht ganz genau den Zahlen gemäfs vorgenommen, wie sie zufolge der 
Widerstandskraft hätte sein müssen, sondern da diese doch nicht den ganzen 
Fehler aufgehoben haben würde, die folgenden Verbesserungen angewandt: 


AM= +1 1815 

Au = -+ 010070 

Ad = — 36 

die Widerstandskraft, welche zufolge der Elemente (B) stattgefunden haben 
sollte, würde ergeben haben 


AM = + !T 456 
Au = + 0/10742 
Ad= — 3/8 


oder da die Verbesserungen durch die Änderungen von # und & von gerin- 

gem Einflusse sind, würde die Widerstandskraft allein, wenn sie schon für 

1552, wie es hätte geschehen müssen, angewandt worden wäre, Verbesserun- 

gen gegeben haben, welche etwa um # kleiner ausgefallen sein würden, als 
Math. Kl. 1854. B 


10 EncexeE 


die jetzt hier aufzuführenden. Die Elemente nach den eben angeführten 
Correktionen werden also 
Epoche 1852 März 10 O+ M. Berl. Zt. 


M = 358° 34 43/13 
w = 1076,23235 

& = 57°57 30/3 
” = 15751 24 
Q = 334 23 20,8 
i= 13 7545 


Berechnet man mit diesen die Ephemeride von Neuem mit Beibehal- 
tung aller übrigen Werthe, so erhält man die neuen und also jetzt der wah- 
ren Bestimmung genäherten Örter, wenn man zu der obigen Ephemeride die 
folgenden Correktionen algebraisch hinzulegt 


| AAR. |a Dec. | | A AR. | A Decl. 
Jan. 135 | — 20.1 | + 64 | Febr. 115 | — 300 | — 90 
145 | — 20,1 | + 62 1250 Tod 
155 | - 202 | -+ 59 135|—- 3235| — 120 
165| -202| +57 14sf|ı-43a.1) 4 188 
1751 —202 | + 55 158.2 4364. — 159 
35 | - 011454 165| — ss33| — 183 
1951-198 | + 52 175| — 1208| — 20,9 
205| —- 196 | + 50 1385| — 4837| — 238 
215| —193| + 47 195 | — 469 | — 270 
25| 198 | +44 205 | — 505 | — 30,6 
235|—-203|+ 41 2115| — 546| — 34,6 
215 | —- 208 | + 38 225| — 5992| — 391 
2355| —213 | + 34 235 eo iR 
26,5 | — 21,4 | + 3,0 2,5| — ”07| — 501 
275 | — 21,6 | + 2,6 Ba 778, | — 56,7 
2835| — 218 | + 22 SE Sl — 64 
3935| —-21l|l+17 2775| —- 5838| — 730 
3055| —24| +13 285 | — 1070 | — 83,0 
31,5 | — 227 |-+ 08 2935| — 1200| — 944 
Febr. 15 | —230| + 03| März ı15| —ı352| — 1075 
2535| -233| — 03 25| — 1530 | — 122,7 
35|—-28| —- 09 35 | — 1738 | — 140,2 
451 243 N 45 | — 197,9 | — 160,4 
55 949 | 24 55 | — 2256 | — 183,2 
65|—-236|— 33 65 | — 257,1 | — 2089 
15  —268 | = 43 751 —- 2925| — 237,4 
1 N s5 | — 332.0 | — 268,8 
951 —-280| — 65 95 | — 375,7 | — 303,2 


1005| — 289 | — 7,7 10,5 | — 423,7 | — 340,2 


über den Cometen von Pons 41 


Vergleicht man nun die so verbesserte Ephemeride mit den Beobach- 
tungen von Bonn und Berlin, so wird eine sehr befriedigende Darstellung 
erhalten, bei welcher auch jetzt der Übelstand wegfällt, dafs die Fehler der 
Rechnung so stark sprungweise von einem Tage zum andern variiren und 
zugleich eine so nahe Übereinstimmung beider Reihen von Beobachtungen 
stattfindet, dafs man völlig überzeugt seiu kann, es sei bei der Bestimmung 
des Ortes kein constanter einem einzelnen Beobachter eigenthümlicher Feh- 
ler vorgekommen. Die gröfsten Fehler am letzten Tage vermindern sich 
dadurch bis auf eine Minute. Sie würden mit der reinen Anwendung der 
Widerstandskraft, um 56” gröfser ausgefallen fein und folglich bei einer 
richtig angegebenen Ephemeride etwa 2 Minuten betragen haben 


Man kann deshalb mit grofser Sicherheit folgende Normalörter an- 
nehmen, wie sie aus dem Mittel der Fehler von mehreren Beobachtungen 


folgern 


Jan. 
Febr. 
März 


20,5 
12,5 
85 


— 18,0 
+ 55,8 


Zar, 10.5 
2138 
+ 50,2 


&J 
[88] 


Rechn. — Beob. Rechn. — Beob. 
| AR. Decl. | | | AR. Decl. | 
Jan. 5 | +124| — 47 |B| Feb.23| — 79| —ı22 | 4 
16 | — 30,7 |-— 22,11 4A ” — 8585| + 14/14 
20/|-+ 47| —ı12|B 241 — 12| — 4314 
„I —-136| — 7714 »1 = 836|— 18|B 
21| — 14,1| — 1237| 4 „I#+ 3656| — 233|4 
22/ — 166 | — 4014 23/— 98|+59|5 
„i—-14,1| — 0114 „| 8380| — 0814 
»i-11,6| — 6214 März 2| -+132 | + 46|B 
T — 2333| — 91, B 3|+1,7, +210| 4 
214|— 85|— a2|B 41|+-%365|+231|B 
„I —-144| —122|B 5/ +35 +359|14 
Febr. 10 | — 166 | — 157 | B „|+348| + 2839| B 
„| —214| —132|B „I +279| +280|4 
14 | — 136 | — 7114 +25 | +324|4 
15 | — 202 | — 195 | 4 »1+2368| +284|14 
19| — 26 | — 11314 71 +520 | +296 | 4 
„| 68| — 73|1A „I +51l1| +349|4 
20 ı —130| — 5,7, B 8 +528| +479|B 
„I 421 — 96|14 „| +530| +513|4 
2331| — 14| — 42| EB „I +616| +514|4 


12 Encxke 


und erhält damit für das scheinbare Äquinoctium 


Jan. 20,5 348°51°29,5 + 4° 51° 239 
Febr. 125 358 8 66 +7 53 430 
März 85 7 72531 --6 59 482 


als Normalörter, oder auf das mittlere Äquinoctium von März 15 dem Tage 
der Sonnennähe reducirt, als das sehr schätzbare Resultat dieser Erscheinung 
Normalörter von 1852 (Mitt. Äquin. März 15) 
12% M.Ber.ZL ARE Dec. £ 

1852 Jan. 20 348°51’40,9 -+ 4° 51'322 

Febr. 12 358 8241 -- 7 53 50,7 

März 8 7885 +6 59551 
Bei der nahen Übereinstimmung der verbesserten Ephemeride für 
1852, so wie sie aus den Elementen II folgt, habe ich diese Elemente einfach 
zum Grunde gelegt, um für 1855 die Erscheinung vorauszubestimmen und 
auch hier wieder mich begnügt, die Jupiterstörungen von 50 zu 50 Tagen 
berechnet, damit zu verbinden, so wie die Werthe der Widerstandskraft, 
welche bei den Elementen II angenommen wurden, beizubehalten. Es kann 
dann allerdings nicht eine genaue Übereinstimmung erwartet werden, aber 
es kann mit Grund gehofft werden, dafs der vorausberechnete Ort hinreichen 
wird, den Cometen zu rechter Zeit aufzufinden und seinen Lauf verfolgen 

zu können. 

Es setzen sich hiernach die Elemente für 1855 zusammen aus den 
Elementen II für 1852, die ich der Vollständigkeit nach einmal hersetzen will. 


Epoche 1852 März 10 0b Berl. Zg. 


M = 358° 34 43/13 

p = 1076,23235 

$ = 57 57 30,3 

” = 157 51 24 ee 
Q= 331 23 208 } M. Aegq. 1852 März 10 
i= 13 7545 


Ferner aus den Jupiterstörungen von 1852 März 10 — 1855 Jun. 23. 


AM= -+ 11'55'80 
Au= + 024262 


Ad= + 5197 
Ar= — 35,1 
ADQ= + 17,7 
As=ncr, 182 


Drittens aus den Störungen der Widerstandskraft 


über den Cometen von Pons. 13 


AM= + 6053 
Au = + 0,10070 
Ad= — 3,6 


und endlich aus den Gröfsen, die wegen der Präcession und der Änderung 
der Lage der Ekiptik hinzugelegt werden müssen, um Alles auf das mittlere 
Aequinoctium von 1855 Jun. 23. zu bringen 


Ar=4ARB= +70 
Ai= + 1,5 


Vereinigt man diese verschiedenen Zahlen mit einander, so dafs das 
neue M für 1855 Jun. 23 wird 
= 358° 34 43/13 + 1200 (1076,23235) + 11'55/80 + 60/53 
und bei den übrigen Elementen einfach die algebraischen Summen genom- 
men werden, so erhält man für 1855 das Elementensystem 


Epoche 1855 Juni 23 0" M. Berl. Zt. 
M = 357° 3% 18/26 


=  1076”57567 
d= 57°5818/4 
9 ar a = Er \ M. Aeq. 1855 Jun. 23. 
i= 13 8 923 


Es geht aus ihnen hervor, dafs der Comet sehr nahe am 1. Juli 6% sei- 
nen Durchgang durch das Perihel erreichen wird. Seine mittlere Anomalie 
ist dann 20,0, und da bei den früheren Ephemeriden immer der Tag des 
Durchgangs als der angenommen ist, auf dessen mittleres Aequinoctium sich 
die zuletzt ermittelten Örter beziehen, so habe ich auch jetzt für die Ephe- 
meride das mittlere Aequinoctium von 1855 Jul. 1. gewählt. 

Der Comet wird nur auf der südlichen Halbkugel sichtbar sein. Denn 
für die Zeiten vor dem Durchgange finden sich die Örter: 


Mai 2 AR. £ = 30°365 Dec.= + 18° 585 


14 40 11,4 22 20,2 
26 52 15,0 25 41 
Jun. 7 67 59,2 27 17,3 
19 88 48,4 DL 73 
Jul. 1 114 43 21 29,8 


Der Comet ist während dieser Zeit seiner jedesmaligen Conjunction 
mit der Sonne so nahe, dafs er nicht gesehen werden kann. Von dem 1. Juli 
an, wo er den niedersteigenden Knoten schon passirt hat, kann er wegen 


44 Encke 


seiner südlich werdenden Declination auf der nördlichen Halbkugel nicht 
gesehen werden, Auf der südlichen wird man ihn aber recht gut und anhal- 
tend beobachten können. Denn nach der folgenden Ephemeride wird für 
das Vorgebirge der guten Hoffnung sein Untergang und der der. Sonne 


Untergg. E 


erfolgen. 

Jul. 1 5b 58° M. Zt. 
13 725 
25 83 

Aug.6 105 
1871 23 
30 12 12 

Spt. 11 12 22 
23 12 28 


Dabei ist seine Entfernung von der Sonne günstig, da Jul. 1 der Tag 
des Durchgangs ist und die Entfernung am 1. September erst so grofs ist wie 
1552 Jan. 15., wo er in Berlin beobachtet ward. Der Erde wird er aber 
dann noch beträchtlich näher im Jahre 1855 sein, als er im Jahre 1852 war. 
Erst am 25. Septbr. 1855 wird er so weit von der Erde entfernt sein, als er 


1852 Jan. 15 war. 


U 


4 
5 


a ag 


ntergg. [0] 
h56 M. Zt. 
2 
10 
18 
26 
35 
43 
51 


Lauf des Cometen von Pons 185. 


Mittl. Äquinoct. vom Juli 1 


ob le. De 1 = 
M. Berl. Zt. | AR. £ | Dec. £ 8 #3 : 

1855 Jul. ı | 11a 415.6 |+ 21.29 a7ı | 0,090669 | 9,527836 

2\116 9576| 2043 13,2 | 0,082151 

3|118 13471 | 1954 21,4 | 0,073323 

4|120 15 311 | 19 3 27,4 | 0,064230 
512215 43| 1810 44,8 | 0,054921 | 9,546910 

6|ı124 12 274 | 17 26 35,3 | 0,045445 

7|ı26 7482| 16 20 38,7 | 0,035853 

8|128 1153| 15 23 33,1 | 0.026197 
9|12953 35 | 14 2% 14,6 | 0,016526 | 9,597952 

10 | 131 43 292 | 13 25 47,9 | 0,006889 

ı1ı 133 32 488 | 12 25 15,3 | 9,997329 

ı2 | 135 2ı ı9,1 | 11 23 38,7 | 9,987884 
ı3 | 137 9 177 | 10 20 58,2 | 9,978591 | 9,660588 

14 | 138 57 23,6 9 17 13,3 | 9,969483 

140 44 45,3 8 12 25,6 | 9,960595 


über den Cometen von Pons. 15 


ob le. Dist. le. Dist. 
M. Berl. Zt. | AR. F | De. £ & fe) wu 
1855 Jul. 16 | 142°32'404 | + 7 6 35.8 | 9,951958 
17 | 144 21 09 5 59 43,8 | 9,943600 | 9,722374 
18 | 146 9 58,0 4 51 51,1 | 9,935551 
19 | 147 59 41,2 343 0,3 | 9,927840 
20 | 149 50 18,3 2 33 15,0 | 9,920496 
21 | 151 41 56,6 1 22 38,8 | 9,913544 | 9,778824 
22 | 153 34 41,7 | + 011 16,2 | 9,907010 
23 | 155 28 37,7 | — 1 0 45,7 | 9,900921 
24 | 157 23 47,2 2 13 18,8 | 9,895302 
25 | 159 20 11,7 3 26 14,9 | 9,890177 | 9,829152 
26 | 164 17 51,4 4 39 25,3 | 9,885566 
27 | 163 16 48,1 5 52 37,1 | 9,881487 
28 | 165 16 50,4 7 5 40,2 | 9,877956 
29 | 167 18 3,9 8 18 22,3 | 9,874988 | 9,873812 
30 | 169 20 21,3 9 30 30,6 | 9,872592 
31 | 171 23 36,1 10 41 52,8 | 9,370775 
Aug. 1| 173 27 41,0 11 52 14,6 | 9,869538 
2 | 175 32 27,9 13 122,8 | 9,868881 | 9,913576 
3 | 177 37 48,1 14 9 4,7 | 9,868803 
4 | 179 43 31,9 15 15 8,8 | 9,869292 
5 | 181 49 29,1 16 19 24,5 | 9,870336 
6 | 183 55 29,2 17 21 41,9 | 9,871919 | 9,949182 
7|186 121,5 18 21 51,1 | 9,874024 
8 |ı88 6545 19 19 45,0 | 9,376629 
9 | 190 11 56,4 20 15 17,6 | 9,879710 
10 | 192 16 15,5 21 823,1 | 9,883243 | 9,981286 
11 | 194 19 40,2 21 58 57,1 | 9,887201 
12 | 196 22 0,9 22 46 58,2 | 9.891556 
13 | 198 23 8,4 23 32 26,6 | 9,896280 
14 | 200 22 53,4 24 15 22,3 | 9,901343 | 0,010404 
15 | 202 21 7,5 24 55 47,2 | 9,906717 
16 | 204 17 43,1 25 33 43,4 | 9,912374 
17 | 206 12 33,2 26 9 14,1 | 9,918289 
18 | 208 5 31,6 26 42 23,1 | 9,924435 | 0,036994 
19 | 209 56 32,8 27 13 14,6 | 9,930786 
20 | 211 45 32,5 27 41 53,9 | 9,937319 
21 | 213 32 27,2 28 8 26,6 | 9,944013 
22 | 215 17 13,8 28 32 58,2 | 9,950845 | 0,061406 
23 | 216 59 51,0 28 55 34,2 | 9,957796 
24 | 218 40 16,7 29 16 20,6 | 9,964847 
25 | 220 18 30,6 29 35 23,2 | 9,971982 
26 | 221 54 33,1 29 52 48,0 | 9,979185 | 0,083930 
27 1.223 28 25,7 30 8 40,9 | 9,986442 
23|2235 0 92 30 23 7,2 | 9,993739 
29 | 226 29 44,7 30 36 12,2 | 0,001065 
30 | 227 57 14,3 30 48 1,2 | 0,008409 | 0,104812 


16 


Encze über den Cometen von Pons. 


0,015760 
0,023111 
0,030453 
0,037778 
0,045081 
0,052355 
0,059594 
0,066794 
0,073953 
0,081065 
0,088127 
0,095136 
0,102089 
0,108985 
0,115821 
0,122597 
0,129311 
0,135962 
0,142549 
0,149072 
0,155530 
0,161923 
0,168250 
0,174512 
0,180708 
0,186839 


42 37,7 |, 0,192904 


125 1 u 
M. Berl. Zt. | AR. FE | Dec. £ IE E 
1855 Aug. 31 | 229°22’40,1 | — 30 58 39,1 
Sept. 1 | 230 46 4,6 31 8 10,6 
2|232 7305| 31 16 40,1 
3|23327 07| 3124 121 
4 | 234 44 38,4 | 31 30 50,6 
5|236 0266| 31 36 39,3 
6|237 14283 | 3141 41,8 
7238 26468 | 3146 1,3 
s|239 37 2353| 3149 41,0 
9 | 240 46 27,1 | 3152 43,7 
10 | 241 53 55,6 | 3155 11,9 
ı1 |242 59544 | 3157 7,8 
ı2 |244 4267| 3158 33,6 
ı3|245 7354| 3159 31,8 
11 [216 9230| 32044 
ı5 |217 9522| 32 0134 
ı6 |218 9 56| 32007 
ı7 |249 7 60| 3159 97,7 
ıs |250 3563| 3158 35,8 
ı9 | 250 59 393 | 31 57 26,2 
20 |251 54 174| 3156 02 
21 | 252 47532 | 3154 18,8 
22 | 253 40 29,0 | 3152 23,3 
23 254 32 61| 3150145 
24 | 255 22 454 | 3147 535 
25 256 12 30,1| 3145 21,0 
26 257 1283) 3l 
27 | 257 31 39 45,1 


49 25,5 


—b—— 


0,198905 


lg. Dist. 
v. © 


0,124250 
0,142410 
0,159432 
0,175440 
0,190530 
0,204798 


| 0,218312 


Über 
den Einflufs der Temperatur auf die Bewegung 
des Wassers ın Röhren. 


y Von 
H”- HAGEN. 


mnnnnnnannnaN 


[Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 10. November 1853 
und am 6. März 1854.] 


D:: die Beweglichkeit des Wassers von der Temperatur abhängt, ist schon 
mehrfach bemerkt worden. Bereits Dubuat sagt im Anfange seiner Prin- 
cipes d’hydraulique, das Wasser sei mehr und weniger flüssig, jenachdem es 
mehr oder weniger Wärme enthalte: am lebendigsten und beweglichsten sei 
es, wenn es bis gegen den Siedepunkt erhitzt werde, und in der Nähe des 
Gefrierpunktes scheine es zu erschlaffen. Zur Begründung dieser Angabe 
theilt Dubuat auch einige wenige Beobachtungen mit (II. $. 337), welche 
sich auf verschiedene Temperaturen beziehn, bei den sehr zahlreichen hy- 
draulischen Messungen, die er sonst anstellte, wird jedoch niemals der 
Wärmegrad angegeben. 

Der ältere Gerstner untersuchte später den Einflufs der Temperatur 
auf die Ergiebigkeit der Röhrenleitungen, und wenn seine Beobachtungen 
auch nicht weit genug ausgedehnt waren, um die eigenthümlichen Erscheinun- 
gen, die dabei eintreten, sicher erkennen zu lassen und dieselben weiter zu 
verfolgen; so zeigen sie doch, dafs die ausfliefsende Wassermenge in hohem 
Grade durch die Wärme bedingt ist, und in vielen Fällen sich verdoppelt, 
sobald die Temperatur um 20 bis 30 Grade zunimmt (Gilbert’s Annalen 
Band V. 1800. Seite 160 ff.). 

Obwohl diese Erfahrungen bereits gemacht waren, so wurden dennoch 
ebenso wohl durch Prony, als durch Eytelwein im Anfange dieses Jahr- 
hunderts Theorien über die Bewegung des Wassers in Röhren aufgestellt, 
welche die Temperatur ganz unberücksichtigt liefsen. Die darauf gegründe- 

Math. Kl. 1854. C 


18 Hasen über den Einflufs der Temperatur 


ten Formeln haben seitdem allgemeinen Eingang gefunden. Ein Versuch, 
den ich vor längerer Zeit machte, diese Formeln zu verändern und den Ein- 
flufs der Temperatur darin auszudrücken, kann nur als eine rohe Annähe- 
rung angesehn werden, weil die zum Grunde gelegten Beobachtungen sich 
nur auf mäfsige Wärmegrade beschränkten, und die Erscheinung nicht hin- 
reichend aufklärten (Poggendorff’s Annalen Band 46. Seite 423 ff.). 

Wenn man die Ergiebigkeit von Röhren und andern Leitungen, be- 
sonders bei kleinen Dimensionen, mit einiger Sorgfalt mifst; so überzeugt 
man sich leicht, dafs ein geringer Wechsel der Temperatur die Resultate 
schon wesentlich verändert. Bei der Erwärmung des Wassers um einen, und 
selbst um einen halben Grad, ändert sich die Wassermenge gewöhnlich schon 
so stark, dafs die Abweichung nicht mehr als Beobachtungsfehler angesehn 
werden kann. Am meisten wird man aber dadurch überrascht, dafs zuweilen 
die ausfliefsende Wassermenge bei zunehmender Temperatur sich nicht ver- 
gröfsert, sondern vermindert. Hiernach scheint es, dafs man in der Hydraulik, 
so weit diese Wissenschaft auf Beobachtungen gegründet ist, keinen wesentli- 
chen Fortschritt erwarten darf, so lange die sehr bedeutende und räthselhafte 
Einwirkung der Wärme auf die Beweglichkeit des Wassers unbekannt bleibt. 

Eine grofse Anzahl von Beobachtungen, die ich an verschiedenen Röh- 
ren uud mit verschiedenen Druckhöhen anstellte, und die sich von dem 
Gefrierpunkte bis nahe an den Siedepunkt erstreckten, gaben in ih- 
rer Zusammenstellung die Erscheinung sehr deutlich zu erkennen. Un- 
ter übrigens gleichen Umständen nimmt nämlich die Geschwindigkeit 
bei wachsender Temperatur stark zu, doch wird sie bei einem ge- 
wissen Wärmegrade ein Maximum, und fast ebenso schnell wie sie frü- 
her gewachsen war, vermindert sie sich nunmehr bei stärkerer Erwär- 
mung des Wassers. Doch auch diese Erscheinung hört bald auf, denn etwa 
10 bis 20 Grade von dem Maximum entfernt, liegt ein zweiter Wendepunkt, 
in welchem die Geschwindigkeit ein Minimum wird, und wenn die Tem- 
peratur noch höher steigt, so vergröfsert sich wieder die Geschwindigkeit, 
jedoch geschieht dieses in geringerem Maafse als anfangs. Diese Veränderun- 
gen der Geschwindigkeiten, oder vielmehr der ausfliefsenden Wassermengen, 
sind so augenfällig, dafs sie selbst bei rohen Messungen nicht unbemerkt blei- 
ben können. Sie entziehen sich nur häufig der Beobachtung dadurch, dafs 
die beiden Wendepunkte der Geschwindigkeits-Scale aufserhalb derjenigen 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 49 


Temperaturen liegen, welche die Grenzen des tropfbar flüssigen Zustandes 
des Wassers bezeichnen. Bei weiten Röhren und gröfsern Geschwindigkeiten 
fallen beide Wendepunkte unter den Gefrierpunkt, bei sehr engen Röhren 
und sehr kleinen Druckhöhen dagegen über den Siedepunkt. Die beigefügte 
Zeichnung Fig. 4., welche meine Beobachtungen graphisch darstellt, zeigt 
wie die Lage dieser Punkte durch die Druckhöhe und die Weite der Röhre 
bedingt wird. Genau dasselbe Resultat ergiebt sich auch schon aus Gerst- 
ner’s Beobachtungen, und namentlich aus der zweiten von ihm mitgetheil- 
ten Tabelle, welche die Geschwindigkeiten in einer 1,6 Linien weiten Röhre 
zwischen 1 und 40 Graden enthält. Das Eintreten der Maxima giebt sich daselbst 
in jeder Reihe zu erkennen; bei den stärksten Druckhöhen bemerkt man 
aber auch, dafs in der Nähe von 30 Graden die Geschwindigkeiten wieder 
zu wachsen anfangen, sie also hier Minima sind. 

Ich werde zunächst den von mir benutzten Apparat und die Methode 
der Beobachtung beschreiben, alsdann die Beobachtungen mittheilen und aus 
denselben die Gesetze herleiten, welchen die Erscheinung folgt. Hierbei 
wird sich eine gröfsere Übereinstimmung zu erkennen geben, als bisher in 
ähnlichen Untersuchungen der Hydraulik erreicht ist. Ferner werde ich ver- 
suchen, diese Gesetze zu erklären und zu begründen. Wenn hierbei auch 
manche Zweifel bleiben, deren Lösung mir nicht gelungen ist, so ergeben 
sich doch einzelne wichtige Aufschlüsse über die Bewegung des Wassers. 
Schliefslich werde ich noch die gefundenen Resultate mit den Beobachtun- 
gen vergleichen, die an gröfsern Röhrenleitungen gemacht sind. 


Ve Beschreibung des Apparates und der Beobachtungs-Art. 


Der Apparat, dessen ich mich zuerst bediente, war sehr genau der- 
selbe, den. Gerstner angewendet hatte. Die Gefäfse, welche die Röhren 
ren speisten, erhielten keinen Zuflufs, der Wasserspiegel senkte sich da- 
her während der Beobachtung, und der Druck nahm fortwährend ab, und 
die Messung bestand darin, dafs die Zeit beobachtet wurde, in welcher der 
Wasserstand bis zu gewissen Tiefen herabsank. Zu diesem Zwecke diente 
ein leichtes Blechgefäfs, welches auf dem Wasser schwamm, und einen 
Maafsstab trug, der selbst beim niedrigsten Stande noch einige Zolle weit 
über den Rand des Gefäfses vorragte. Um diesen Maafsstab in der senkrech- 

C2 


20 Hıcen über den Einflufs der Temperatur 


ten Stellung zu erhalten, wurde er am obern Ende durch einen feinen sei- 
denen Faden unterstützt, der über ein sorgfältig ausgedrehtes und möglichst 
leichtes Rad von Messing geschlungen und durch ein passendes Gegengewicht 
gespannt wurde. Die Anderung, welche sowohl das Gewicht des Schwim- 
mers, als das Gegengewicht erfuhr, indem der Faden bald auf der einen und 
bald auf der andern Seite des Rades hing, also theils das Gegengewicht und 
theils auch die Belastung des Schwimmers vermehrte, durfte ganz unbeach- 
tet bleiben, da hierdurch die Eintauchung noch nicht um den hundertsten 
Theil eines Zolles vergröfsert oder vermindert wurde. 

Der Maafsstab war über dem Rande des Gefäfses durch eine Öffnung 
geführt, die etwas gröfser als sein Querschnitt war, wodurch er also am 
Drehen verhindert wurde. Nahe darüber befand sich neben der Eintheilung 
eine horizontale Stahlspitze, die als Zeiger diente, und gegen welche das 
Maafs mittelst einer am Apparate befestigten Loupe abgelesen wurde. Die 
Messung bestand darin, dafs in gleicher Art wie beim Gebrauch eines Mit- 
tagsfernrohrs, der Vorübergang der vorher bestimmten und besonders be- 
zeichneten Theilstriche auf dem Maafsstabe, vor der Nadelspitze nach dem 
Schlage der Secunden-Uhr beobachtet wurde. Diese Theilstriche waren so 
ausgewählt, dafs die Zwischenzeiten durchschnittlich 1 Minute, wenigstens 
aber 20 Secunden betrugen, also zum Aufschreiben der Secunden und selbst 
zum Ablesen des Thermometers noch genügten. Diese Beobachtungsart ge- 
währte den grofsen Vortheil, dafs man, nachdem der Cylinder mit dem Was- 
ser von der bestimmten Temperatur gefüllt, und die Röhre geöffnet war, 
ohne neues Wasser hinzugiefsen zu dürfen, den Vorübergang aller Theilstri- 
che vor dem Zeiger nach einander beobachten konnte, und sonach jedesmal 
eine vollständige Beobachtungsreihe erhielt. 

Um aus dieser Messung die in den einzelnen Zwischenzeiten ausflie- 
fsenden Wassermengen herzuleiten, mufste der Querschnitt des Gefäfses be- 
kannt sein. Das Gefäfs war ein Cylinder aus Messingblech, etwas über 4 
Zoll weit und 15 Zoll hoch, der nach dem Lothe und zwar so aufgestellt 
wurde, dafs der Maafsstab, wenn er von der Rolle frei herabhing, genau in 
der Axe schwebte. Zur Messung des Querschnittes des Oylinders und zwar 
in seinen verschiedenen Höhen bediente ich mich des bekannten Verfahrens, 
dafs ich eine gläserne Flasche, die mit einem gut geschliffenen Stöpsel ge- 
schlossen werden konnte, wiederholentlich unter Wasser füllte, und ihren 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 21 


Inhalt in den Cylinder gofs, worauf jedesmal der Schwimmer herabgelassen 
und sein Stand abgelesen wurde. Der Inhalt der Flasche wurde im Beginne 
und am Schlusse der Messung durch Abwiegen ermittelt, und so war es 
leicht, die Querschnitte des Cylinders in den verschiedenen Höhen zu be- 
rechnen. Diese wichen nur wenig von einander ab, und sonach konnte mit 
grofser Sicherheit auch die Wassermenge gefunden werden, welche beim 
Sinken des Niveaus von einem Theilstriche des Maafsstabes bis zum folgen- 
den ausge flossen war. 

Die beschriebene Methode hat für die Beobachtung unverkennbare 
Vorzüge vor derjenigen, wobei man ein constantes Niveau bildet. Der Ein- 
flufs, den die verschiedene Erwärmung auf den Apparat ausübt, ist auch 
nicht erheblich und man kann davon leicht Rechnung tragen. Ein grofser 
Vortheil liegt endlich noch darin, dafs man in der bezeichneten Weise 
unmittelbar schon das Volum des ausfliefsenden Wassers findet, man 
also die Ausdehnung desselben nicht zu kennen braucht, was erforderlich 
wird, wenn man die Wassermenge aus dem Gewichte bestimmt. Eine we- 
sentliche Schwierigkeit stellt sich aber bei der spätern Berechnung und Ver- 
gleichung der Resultate ein, denn die bei bestimmten Druckhöhen ausfliefsen- 
den Wassermengen ergeben sich nicht unmittelbar aus diesen Messungen, 
und wenn die Geschwindigkeit nicht in einfacher Form durch die Druckhöhen 
ausgedrückt werden kann, so ist sie nur durch sehr zeitraubende Rechnun- 
gen zu finden, die um so unangenehmer sind, als sie in grofser Anzahl sich 
wiederholen. Wie sich aus dem Folgenden ergeben wird, ist die Beziehung 
zwischen Druck und Geschwindigkeit jedesmal ziemlich complicirt, woher 
diese Reduction der einzelnen Beobachtungen höchst mühsam und sogar sehr 
unsicher wird, so lange die zu wählende Form des Ausdrucks noch nicht 
bekannt ist. Nichts desto weniger ergaben die Beobachtungen, wenn ich für 
jede Messung zwischen je zwei Theilstrichen eine mittlere constante Druck- 
höhe voraussetzte, mit voller Sicherheit die oben bezeichnete eigenthümliche 
Erscheinung, dafs nämlich bei zunehmender Temperatur die Geschwindig- 
keit zuerst sich vergröfsert, alsdann abnimmt und endlich wieder gröfser wird. 

Zur Darstellung eines constanten Niveaus hatte ich schon bei 
anderer Gelegenheit einen Apparat eingerichtet, der darauf beruhte, 
dafs in einem besondern Speisebassin ein Blechkasten schwamm, der 
einen Heber trug. Letzterer reichte über den Rand des Gefäfses hinüber, 


DD 


22 Hasen über den Einfluss der Temperatur 


ohne denselben zu berühren, und gofs sonach, ganz unabhängig von dem 
Wasserstande, in gleichen Zeiten gleiche Wassermassen aus. Der Schwim- 
mer wurde aber durch eine besondere Führung an seiner Stelle gehalten, so 
dafs er ohne an der Beweglichkeit in verticaler Richtung gehindert zu wer- 
den, sich weder drehen noch fortschwimmen konnte. 

Um die zufliefsende Wassermenge jedesmal mit der bei einer bestimm- 
ten Druckhöhe abfliefsenden in Übereinstimmung zu bringen, war der He- 
ber mit einem Hahn versehn. Im Gebrauche desselben stellte sich die 
grofse Schwierigkeit ein, dafs man ihn vielfach verstellen mufste, bevor in 
der beabsichtigten Höhe, oder doch in der Nähe derselben, ein constantes 
Niveau wirklich sich bildete. Eine geraume Zeit war jedesmal nöthig, um 
an dem Maafse sicher wahrzunehen, ob der Wasserstand sich noch veränderte 
und sobald letzteres stattfand, mufste der Zuflufs verstärkt oder geschwächt, 
und hierauf der schwimmende Maafsstab wieder aufs Neue beobachtet wer- 
den. Aus diesen Gründen war es unmöglich in wenigen Minuten auch nur 
annähernd ein constantes Niveau zu bilden, vielmehr waren hierzu minde- 
stens 15 bis 20 Minuten erforderlich, und da während dieser Zeit der Abflufs 
nicht aufhören durfte, so war eine sehr starke Wasser-Consumtion dabei un- 
vermeidlich, während im vorliegenden Falle die eigentliche Beobachtung sich 
auf die Dauer von einigen Minuten beschränken durfte und eine geringe 
Quantität Wasser dazu genügte. 

Bei den grofsen Schwierigkeiten, welche die Beobachtung mit heifsem 
Wasser an sich schon bietet, konnte aus den erwähnten Gründen der schwim- 
mende Heber zur Darstellung eines constanten Niveaus nicht benutzt wer- 
den: ich habe denselben indessen hier beschrieben, weil er in andern Fällen, 
wenn nämlich die einzelne Beobachtung einen längern Zeitraum umfasst, ein 
sehr brauchbarer Apparat ist. Man kann in der That mittelst desselben den 
constanten Wasserspiegel beliebig lange erhalten, weil bei sorgfältiger Nach- 
füllung des Speisebassins die Wirksamkeit des Hebers gar nicht unterbro- 
chen und selbst vorübergehend nicht merklich geändert wird. 

Der Apparat, den ich in den vorliegenden Versuchen zur Bildung bs 
constanten Wasserspiegels benutzte, und sehr brauchbar befunden habe, 
stimmt wesentlich mit einer bekannten Vorrrichtung überein, die zu demsel- 
ben Zwecke in der Technik oft angewendet wird. Namentlich wird mittelst 
derselben häufig der Zuflufs des Öles in unsern Lampen regulirt. Ein Ge- 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 23 


Gefäfs, das mit Wasser gefüllt und dessen Öffnung nach unten gekehrt ist, 
speist das Reservoir immer von Neuem, so oft das Wasser unter die Öffnung 
herabsinkt, und durch letztere die Luft in das erste Gefäfs treten kann. 
Diese einfache Vorrichtung erfüllt jedoch den Zweck nur sehr unvollstän- 
dig, weil die Quantität der bei jedem Stosse eintretenden Luft, und sonach 
auch die des austretenden Wassers, so bedeutend ist, dafs der Wasserspiegel 
abwechselnd um mehrere Linien sich hebt und senkt, also die beabsich- 
tigte constante Druckhöhe dadurch noch nicht dargestellt wird. Das 
Wasser, welches jedesmal ausfliefst, reifst das umgebende Wasser mit 
sich fort, und giebt dadurch Veranlassung, dafs das Niveau neben der Öff- 
nung sich noch mehr senkt, und folglich der Zutritt der Luft längere Zeit 
hindurch anhält. Durch Anbringung eines Zwischengefäfses, welches das 
ausfliefsende Wasser zunächst aufnimmt, kann man diesen Übelstand leicht 
aufheben, oder wenigstens so weit mäfsigen, dafs nur noch geringe Schwan- 
kungen bemerkbar bleiben. Die Öffnung, welche das Zwischengefäfs mit 
dem Reservoir verbindet, darf nicht gröfser sein, als dafs sie denjenigen 
Wasserzuflufs dauernd darstellt, den man zur Beobachtung gerade braucht. 
Sobald daher die Luft in das Speisebassin tritt, kann das ausfliefsende Was- 
ser, das mit Heftigkeit herabstürzt, nicht schnell genug entweichen, es füllt 
also zunächst nur das Zwischengefäfs und sperrt dadurch augenblicklich die 
Öffnung, so dafs der Zuflufs der Luft und sonach auch der Ausflufs des 
Speisewassers jedesmal sogleich wieder unterbrochen wird. Das Wasser tritt 
also auch bei dieser Änderung keineswegs in continuirlichem Strahle, sondern 
nur stofsweise aus dem Speisegefälse. Der Vortheil besteht aber darin, dafs 
die Wirkung jedes Stofses sehr vermindert wird, und die Stöfse sich sehr 
schnell folgen. In manchen Fällen und namentlich bei starkem Abflusse er- 
folgten in jeder Secunde zwei und sogar drei Stöfse, und alsdann zeigte der 
Wasserspiegel im Reservoir allerdings noch eine schwache Wellenbewegung, 
aber abgesehn von dieser war ein abwechselndes Steigen und Fallen nicht 
mehr zu bemerken. 

Die beschriebene Einrichtung des Speisegefäfses ist Fig. 1 in der per- 
spectivischen Ansicht und Fig. 2 im Durchschnitte dargestellt. Dieses Gefäfs 
ist unten mit einem cylindrischen Halse versehen. Dicht über dem untern 
Rande desselben sind mehrere Löcher in gleicher Höhe angebracht, durch 
welche, sobald der Wasserspiegel herabsinkt, die Luft eintritt. Der Hals ist 


24 Hasen über den Einflufs der Temperatur. 


zwar ganz geöffnet, wird jedoch von dem Zwischengefäfse umgeben, und 
zwar so, dafs nur ein schmaler ringförmiger Raum, der etwa 1 Linie weit ist, 
zwischen beiden frei bleibt. Der Rand des Halses darf den Boden des Zwi- 
schengefäfses nicht berühren, vielmehr mufs das herabstürzende Wasser un- 
gehindert in den erwähnten ringförmigen Raum treten können. Zu diesem 
Zwecke ist die cylindrische Wand des Zwischengefäfses einige Linien höher 
als der Hals, so dafs ersteres gegen den Boden des Speisegefäfses gelehnt, 
und daran befestigt werden kann. Um den Zutritt der Luft an das Zwischen- 
gefäfs nicht zu hindern, sind nahe an dem obern Rande desselben vier grofse 
Öffnungen angebracht. 

Im Boden des Zwischengefäfses befindet sich eine Öffnung, welche 
das Speisewasser dem Reservoir zuführt. Diese Öffnung mufs aber der Was- 
sermenge genau entsprechen, die bei jedem Versuche dauernd abfliefst. Ist 
sie zu grofs, so stürzt beim Zutreten der Luft das Wasser unmittelbar in das 
Reservoir, und die Luft-Öffnungen werden nicht schnell genug geschlossen, 
woher der Wasserspiegel sich stark verändert. Ist sie dagegen zu klein, so 
kann der Verbrauch des Wassers sich nicht ersetzen, und der Wasserspiegel 
im Reservoir sinkt unter den Boden des Zwischengefäfses herab, stellt also 
nicht die beabsichtigte Druckhöhe dar. Im vorliegenden Falle, wo der 
Raum überaus beschränkt war, mufste ich mich begnügen einen Schieber vor 
der Öffnung anzubringen, der vor dem Beginne jedes Versuches in die ange- 
messenste Stellung gebracht und darin festgeschroben wurde. Bei einem 
gröfseren Apparate dieser Art, der einen halben Cubikfufs Wasser enthielt, 
und den ich zur Speisung weiterer Reservoire benutzte, setzte ich dagegen, 
wie Fig. 1 zeigt, den Schieber mit einer gezahnten Stange in Verbindung, 
die ich, während das Wasser ausflofs, mittelst eines Getriebes vor- und zu- 
rückschieben konnte. Diese Einrichtung war besonders bequem und gab 
sehr sichere Resultate, indem ich durch Beobachtung des Wasserspiegels die- 
jenige Gröfse der Öffnung leicht darstellen konnte, welche die geringsten 
Schwankungen veranlafste. 

Das Speisegefäfs ist oben mit einer conischen Öffnung versehn, in 
welche ein Ventil von gleicher Form eingeschliffen ist. Während der Wirk- 
samkeit des Apparates bleibt dieses geschlossen, sobald das Gefäfs aber aufs 
Neue gefüllt werden soll, braucht man nur die Öffnung frei zu machen und 
das Speisegefäfs in das vorher angefüllte Reservoir zu tauchen; dadurch füllt 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 25 


sich auch jenes, indem die Luft entweicht. Hiebei mufs indessen, wenn man 
die höhern Wasserstände darstellen will, noch Wasser nachgegossen werden, 
damit beide sich vollständig füllen, und dieses Nachgiefsen mufs auch wäh- 
rend des Aufhebens des Speisegefäfses (nachdem das Ventil geschlossen ist) 
noch fortgesetzt werden, weil sonst ein Theil des Speisewassers schon wäh- 
rend der Vorbereitung des Versuches ausfliefsen würde. 

Das Speisegefäfs hängt, wie die Figur zeigt, an einer starken Stange, 
die mit einer Reihe von Löchern versehn ist. Jenachdem man in das eine 
oder andere dieser Löcher den Bolzen einsetzt, der auf einem Gestelle ruht, 
und das Gefäfs trägt, so wird letzteres höher oder tiefer herabhängen, und 
man kann sonach die gewünschte Druckhöhe im Reservoir leicht darstellen. 
Hiebei bietet sich sehr einfach noch ein anderer Vortheil dar. Wenn näm- 
lich diese Löcher mit Vorsicht so eingebohrt sind, dafs ihre Abstände ganze 
oder halbe Zolle betragen, so kann man leicht auch die verschiedenen Druck- 
höhen bilden, die um dieselben Maafse von einander abweichen. Auf diese 
Art beschränkt sich die etwas schwierige Ermittelung der Niveau - Differenz 
zwischen dem Wasserspiegel im Reservoir und der Ausflufs- Öffnung der 
Röhre auf eine einzige Messung, und zwar bestimmte ich immer die Höhe 
der Ausflufs-Öffnung gegen den obern gehörig geebneten Rand des Reser- 
voirs. Zu diesem Zwecke hob ich das Speisegefäfs zunächst so hoch, dafs 
der constante Wasserspiegel in das Niveau dieses Randes fiel. Das Gestelle, 
welches den Bolzen mit der durchlochten Stange trug, konnte mittelst 
Schrauben verstellt werden, und während der Austlufs stattfand, hob ich es 
soweit, dafs der Wasserspiegel genau diesen Stand einnahm, was sich sehr 
sicher beurtheilen liefs. Steckte ich später den Bolzen in ein anderes Loch 
der Stange, und senkte dadurch das Speisegefäfs um eine gewisse Anzahl von 
Zollen; so stellte sich, nachdem das darüber stehende Wasser abgeflossen 
war, der constante Wasserspiegel in der entsprechenden Tiefe unter dem 
ersten ein. 

Dieser constante Wasserspiegel fand augenscheinlich nur so lange 
statt, als das Speisegefäfs iu Wirksamkeit war, und in vielen Fällen konnte 
ich mich hiervon leicht überzeugen, indem die eintretenden Luftblasen ein 
sehr bemerkbares Geräusch verursachten. Dieses wurde jedoch oft von dem 
ausströmenden Wasser übertönt, so dafs ich das Ohr dicht an das Gefäfs 
halten mufste, um wahrzunehmen, ob der Wasserspiegel bereits tief genug 

Math. Kl. 1854. 


26 Hasen über den Einflufs der Temperatur 


herabgesunken sei, oder ob andrerseits das Speisegefäfs sich schon entleert 
habe. Um hierüber in weiterer Entfernung ein sicheres Urtheil zu gewinnen, 
verband ich das Speisegefäfs mit einem Schwimmer. Derselbe konnte im 
vorliegenden Falle wegen des beschränkten Raumes nur neben dem untern 
Halse oder dem Zwischengefäfse angebracht werden. Er bestand aus einem 
ganz verschlossenen Prisma aus dünnem Bleche, dessen Querschnitt eine 
sichelförmige Gestalt hatte, und das mittelst eines feinen Drahtes zur Seite 
des Speisegefäfses so geführt wurde, dafs es sich nur lothrecht auf und ab 
bewegen konnte. Eine Marke aus Papier am obern Ende des Drahtes liefs, 
indem sie eine ähnliche feste Marke beinahe berührte, den Stand des 
Schwimmers und sonach auch den des Wassers im Reservoir sehr sicher 
beurtheilen. So lange der Wasserspiegel höher war, lehnte sich der Schwim- 
mer gegen den Boden des Speisebassins, und die bewegliche Marke befand 
sich in gröfserer Höhe, als die feste: während der Wasserspiegel seinen un- 
veränderten Stand behielt, stimmten beide mit einander überein, und in 
dieser ganzen Zeit gaben sich die Schwankungen beim stofsweisen Zufliefsen 
des Wassers auch in den Vibrationen der Marke deutlich zu erkennen. Die 
letzte Erscheinung hörte aber auf, und die bewegliche Marke fing an zu sin- 
ken, sobald das Speisebassin sich entleert hatte. 

Bei andern Beobachtungen, die mit Benutzung eines geräumigeren 
Reservoirs angestellt wurden, konnten solche Schwimmer gebraucht werden, 
wie sie oben beschrieben wurden. Indem an denselben das Maafs mittelst 
der Loupe abgelesen wurde, so gaben sie nicht nur den Wasserstand sehr 
genau an, sondern liefsen auch die Gröfse der Schwankungen sicher beur- 
theilen. 

Demnächst entstand die Frage, ob die Röhren, mit welchen experi- 
mentirt wurde, den Strahl frei ausgiefsen, oder ob sie unter Wasser 
münden sollten, indem ihre äufsern Ausflufsmündungen durch die Wand 
eines niedrigen Gefäfses gezogen wären, welches stets mit Wasser gefüllt 
blieb. Die letzte Anordnung hatte ich früher gewählt, und dieselbe empfahl 
sich vorzugsweise dadurch, dafs sie ein leichtes Mittel zur genauen Bestim- 
mung der Druckhöhen zu bieten schien. Man durfte zu diesem Zwecke nur 
das Reservoir sich soweit entleeren lassen, dafs die Strömung in der Röhre 
ganz aufhörte, worauf der Wasserstand, welchen das Maafs am Schwimmer 


ergab, den Nullpunkt der Druckhöhe bezeichnete. In dem kleinen Gefäfse, 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 97 


worin das Wasser aufgefangen wurde, blieb jedoch das Niveau keineswegs 
constant, vielmehr sank es augenscheinlich immer um so tiefer, je stärker 
der Zuflufs war. Diese kleinen Differenzen liefsen sich indessen mittelst 
einer feinen Drahtspitze, die jedesmal bis zur Berührung der Oberfläche 
herabgeschroben wurde, sehr scharf messen. Demnächst gewährt diese Me- 
thode auch noch den Vorzug, dafs die ganze Erscheinung sich etwas verein- 
facht, wie aus dem Folgenden sich ergeben wird. 

Dagegen ist die Sicherheit dieser Beobachtungsart insofern höchst 
zweifelhaft, als in dem kleinen Gefäfse, welches das ausfliefsende Wasser 
aufnimmt, keineswegs ein ebener und horizontaler Wasserspiegel sich bildet. 
Der austretende Strahl reifst nämlich die umgebende Masse mit sich fort, 
und sonach entsteht vor der Röhrenmündung eine merklich vertiefte Furche 
in der Oberfläche, während neben der gegenüber befindlichen Wand, die 
vom Stofse getroffen wird, eine Stauung nicht zu verkennen ist. An beiden 
Seiten bilden sich dagegen Wirbel, über welchen gleichfalls die Oberfläche 
nicht eben und horizontal ist. Die Höhe des Wasserstandes, oder der Ge- 
gendruck ergiebt sich daher ganz verschieden (und zwar betragen die Unter- 
schiede oft 0,1 Zoll und mehr) jenachdem man eine oder die andere Stelle 
mit dem Mefsapparate untersucht. 

Diese Unterschiede vermindern sich allerdings, wenn das Gefäfs recht 
grofs und recht tief ist, aber im vorliegenden Falle wird hierdurch wieder 
die genaue Messung der Temperatur verhindert. Es kommt nämlich darauf 
an, den Wärmegrad des Wassers zu kennen, während dasselbe die Röhre 
durchfliefst, und zu diesem Zwecke mufs es’ ganz unvermischt aufgefangen 
werden, was bei dieser Anordnung nicht möglich ist. Die Bestimmung der 
Temperatur aus dem Wärmegrade des eingegossenen Wassers ist aber ganz un- 
zulässig, da theils schon während der Füllung des Reservoirs und des Speise- 
gefäfses, theils aber auch während mehrere Beobachtungen hinter einander 
gemacht werden, die Temperatur sich derjenigen nähert, welche die umge- 
bende Luft hat. Aus diesen Gründen ist in den hier mitgeiheilten Beob- 
achtungen der Strahl jedesmal frei ausgetreten und nicht unter Wasser auf- 
gefangen. 

Die Vorrichtung zur Aufstellung des Thermo meters zeigt Fig. 3 
im Durchschnitte. Ein kieines Gefäfs von sehr dünnem Bleche, das nur we- 
nig gröfser ist, als die Thermometer-Kugel, nimmt den ausfliefsenden Strahl 


D2 


28 Hasen über den Einfluss der Temperatur 


zunächst auf, indem die hintere Wand sich als ein Schirm erhebt, der ihn 
vollständig auffängt und seinen Inhalt in dieses Gefäfs hineinleitet, wenn er 
auch mit Heftigkeit aus der Röhre herausspritzt. Durch angemessene Krüm- 
mung des Schirmes läfst sich aber selbst der Verlust einzelner Tropfen leicht 
vermeiden. Andrerseits mufs in das erwähnte Gefäfs auch das Wasser noch 
geleitet werden, wenn es nicht mehr einen zusammenhängenden Strahl bildet, 
sondern sich tropfenweise von der Röhre löst. Zu diesem Zwecke bildet 
der Stiel, der das Gefäfs trägt, eine flache Rinne, die alle Tropfen auffängt. 
Dieser Stiel ist aber, um das Hinziehen der Tropfen längs der Röhre zu 
verhindern, mit einem durchbohrten Korke verbunden, der auf die Röhre 
gesteckt wird. Bei dieser Anordnung gelang es mir, nicht nur unter allen 
Umständen alles Wasser aufzufangen, sondern auch dasselbe auf das Ther- 
mometer zu leiten. 

Das erwähnte kleine Gefäfs, worin die Thermometer - Kugel ruht, ist 
am Boden mit einer Öffnung versehn, damit die aufgefangene Wassermenge 
sich stets erneut, und das Thermometer jederzeit die Temperatur des zuletzt 
aus der Röhre ausgeflossenen Wassers angiebt. Um diesen Zweck vollstän- 
dig zu erreichen war es noch nöthig, die Öffnung nach Maafsgabe der Er- 
giebigkeit des Strahles theilweise zu schliefsen, und am passendsten wäre es 
gewesen, sie mit einem Schieber zu versehn, wodurch jedesmal der Abflufs 
in der Art hätte regulirt werden können, dafs er dem Zuflusse vollständig 
entsprach, sobald der Wasserstand eben die Thermometer - Kugel über- 
deckte. Diese Anordnung verbot sich theils dadurch, dafs dieser Apparat 
nicht viel Masse erhalten durfte, weil er sonst nicht schnell genug die Tem- 
peratur des Wassers angenommen haben würde, theils aber waren manche 
Beobachtungen auch von so kurzer Dauer und nahmen so sehr die volle Auf- 
merksamkeit in Anspruch, dafs diese Regulirung des Wasserstandes doch 
nicht auszuführen gewesen wäre. Ich bemühte mich demnach, der Öffnung 
nung eine solche Gröfse zu geben, dafs nur ein mäfsiger Strahl hindurch trat, 
der jedoch noch kräftig genug war, den Inhalt des Gefäfses in wenig Secun- 
den abzuführen. Bei schwachem Zuflusse würde indessen der Wasserstand 
sich so tief gesenkt haben, dafs die Thermometer-Kugel grofsentheils mit der 
Luft in Berührung gekommen wäre und nicht mehr die Wärme des Wassers 
angenommen hätte. Um dieses zu verhindern, wurde in solchem Falle eine 
dünne Blechschleibe auf den Boden gelegt, dienur noch das Austreten ein- 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 39 


zelner Tropfen gestattete. Wenn sich dagegen ein starker Strahl aus der 
Röhre ergofs; so füllte derselbe ohnerachtet des kräftigen Abflusses das Ge- 
fäfs nicht nur vollständig an, sondern trat auch über den Rand desselben 
hinüber. Um in diesem Falle keinen Theil des Wassers beim Auffangen zu 
verlieren, umigab ich das erwähnte Gefäfs noch mit einem zweiten gröfsern 
von conischer Form, in welchem sich unter allen Umständen die ganze Was- 
sermasse wieder sammelte, und durch die Öffnung in der abwärts gekehrten 
Spitze des Kegels abgeführt wurde. 

Die Beobachtungen bestanden darin, dafs die aus der letzterwähnten 
Öffnung abfliefsende Wassermenge während einer gewissen Anzahl von 
Secunden in einem darunter gestellten Gefäfse aufgefangen und alsdann 
mit diesem Gefäfse gewogen wurde. Die Dauer der Beobachtungszeit 
mufste bei starkem Drucke und bei Anwendung der weitesten Röhre auf 
eine halbe Minute und zuweilen sogar auf 20 Secunden beschränkt werden. 
Es entstand daher die Frage, ob die Resultate alsdann noch genügende 
Sicherheit behielten, oder wie grofs ihr wahrscheinlicher Fehler sei. Ich be- 
stimmte den letztern durch directe Messung, nachdem das Wasser lange Zeit 
hindurch im Zimmer gestanden hatte, und eine Änderung der Temperatur 
während dieser Versuche nicht mehr eintreten konnte. Es ist jedoch nöthig 
vorher einiger Vorsichtsmaafsregeln zu erwähnen, deren Berücksichtigung 
von wesentlichem Einflusse ist. 

Zunächst darf man das Gefäfs nicht frei in der Hand halten, während 
es vorgeschoben und zurückgezogen wird, weil es in der Zwischenzeit leicht 
unwillkürlich gehoben und gesenkt werden könnte. Geschähe dieses aber, 
und würde das Gefäfs etwa um einen Zoll gehoben; so würde man nicht 
nur die Wassermasse auffangen, die während der Beobachtungszeit ausge- 
flossen ist, sondern diese würde noch vermehrt durch den Inhalt des Strahls 
von 1 Zoll Länge. Wie geringfügig letzterer auch erscheinen mag, so giebt 
er bei der Genauigkeit der Messung sich dennoch schon sehr merklich zu er- 
kennen. Es ist daher nothwendig, das Gefäfs auf eine horizontale Platte zu 
stellen, und es auf dieser nur zu verschieben. Man erreicht dadurch noch 
den Vortheil, dafs man in der Zwischenzeit mit Bequemlichkeit das Thermo- 
meter ablesen kann. 

Um ein starkes Spritzen des Wassers zu vermeiden, wodurch die Ge- 
nauigkeit der Messung offenbar leiden würde, mufs diese Platte sich in sol- 


30 Hasen über den Einflufs der Temperatur 


cher Höhe befinden, dafs das Gefäfs möglichst nahe unter der Ausflufs-Öff- 
nung steht, und nur so eben, ohne sie zu berühren, unter ihr hindurch ge- 
schoben werden kann. 

Das Vor- und Zurückschieben des Gefäfses erfolgt nach dem Pendel- 
schlage einer daneben stehenden Uhr. Um dem Schlage genau zu folgen, 
fing ich schon 5 Secunden vorher zu zählen an, und mit der fünften Secunde 
schob ich das Gefäfs, das ich bereits gefafst hatte, vor oder zurück. Bei bei- 
den Bewegungen mufste aber die möglichste Übereinstimmung stattfinden, 
und um diese zu erreichen, durfte der Weg, den der Rand des Gefäfses 
machte, bis er den Strahl erreichte, nicht verschiedene Länge haben. Ich 
stellte daher, ehe jede dieser Bewegungen erfolgte, das Gefäfs so, dafs der 
Abstand des Randes vom Strahle ungefähr einen halben Zoll betrug, in die- 
ser Entfernung fiel also vor dem Beginne der Beobachtung der Strahl aus- 
wärts, und vor dem Schlusse derselben binnenwärts nieder, und in beiden 
Fällen durfte man annehmen, dafs der Rand, sobald ich das Gefäfs verschob, 
in gleicher Zeit diesen kleinen Weg zurücklegte und den Strahl durchschnitt. 
Dafs das Gefäfs vor jeder Beobachtung von innen, und ehe es mit seinem 
Inhalte gewogen wurde, auch von aufsen trocken abgewischt werden mulfste, 
bedarf kaum der Erwähnung. | 

Die versuchsweise angestellten Beobachtungen zur Bestimmung des 
wahrscheinlichen Fehlers dieser Messung sind folgende: 

Beim Wasserstande von 4 Zoll unter dem obern Rande des Reservoirs 
flossen in fünf Versuchen und zwar jedesmal während 20 Secunden ab 

37,56 — 38,53 — 38,44 — 38,60 und 38,63 
also durchschnittlich 38,35 Loth. 

Hieraus ergiebt sich der wahrscheinliche Fehler der einzelnen Messung 
gleich 0,303 Loth, der einem Fehler in der Zeit von 0,158 Secunden 
entspricht. 

Bei dem Wasserstande von 8 Zoll unter dem Rande des Reservoirs 
flossen in 30 Secunden aus 

39,30 — 39,11 — 39,31 — 39,61 und 39,39 Loth, 
also im Mittel 39,344 und der wahrscheinliche Fehler ist 0,122 Loth oder 
0,093 Secunden. 
Bei dem Wasserstande von 10 Zoll flossen in 40 Secunden aus: 
30,69 — 30,89 — 30,85 — 30,90 und 30,95 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 31 


also im Mittel 30,896 Loth. Daher der wahrscheinliche Fehler 0,024 Loth 
oder 0,031 Secunden. 

Endlich bei einem Wasserstande von 11 Zoll unter dem obern Rande 
flossen in 60 Secunden aus: 

21,36 — 2,24 — 21,19 — 21,38 und 21,23 
also im Mittel 21,26 Loth. Der wahrscheinliche Fehler der einzelnen Mes- 
sung beträgt 0,0407 Loth oder 0,115 Secunden. 

Der wahrscheinliche Fehler in der Dauer jeder Beobachtungszeit ist 
daher nach diesen directen Messungen durchschnittlich gleich 0,099 oder er 
beträgt nahe ein Zehntel Secunde. Er setzt sich aber zusammen aus den bei- 
den Fehlern beim Vorschieben und Zurückziehn des Gefäfses und die wahr- 
scheinliche Gröfse jedes derselben beträgt nur 0,070 oder den vierzehnten 
Theil einer Secunde. 

Wenn demnach die Beobachtungszeit auch, wie im ersten dieser Ver- 
suche, auf 20 Secunden beschränkt wird; so darf man doch voraussetzen, 
dafs das Resultat noch bis auf ein halbes Procent richtig ist. Dieses schien 
mir vollständig zu genügen, und ich nahm daher keinen Anstand, in einzel- 
nen Fällen die Messung auf solche kurze Zeit zu beschränken, während sie 
durchschnittlich 1 Minute und bei schwachem Zuflusse sogar 2 Minuten 
betrug. 

Beim Auffangen des heifsen Wassers tritt der Übelstand ein, dafs 
dieses stark verdampft, und die Masse desselben sich daher beim Abwie- 
gen etwas geringer herausstellt, als sie beim Durchgange durch die Röhre 
war. Wenn ich ein Gefäfs mit heifsem Wasser wog, und das Abwiegen nach 
einigen Minuten wiederholte, so war jedesmal eine Differenz von einigen 
Hunderttheilen und selbst von Zehntheilen des Lothes bemerkbar. Zum 
Theil kann man die hieraus hervorgehende Unrichtigkeit der Messung nicht 
umgehn, weil während der Dauer der eigentlichen Beobachtung das Verdam- 
pfen nicht verhindert werden kann. Sobald aber das Gefäfs zurückgezogen 
war, schlofs ich es sogleich mit einem Deckel, und stellte es in kaltes Was- 
ser. Der Deckel wurde aber erst nach dem Abwiegen gelöst und sonach 
wurde auch der Dampf, der sich daran niedergeschlagen hatte, bei der Be- 
stimmung des Gewichts vollkommen berücksichtigt. Die Wassermenge, 
welche bei Anwendung dieser Vorsicht noch entweicht, ist selbst bei höhern 
Temperaturen gewifs sehr unbedeutend, während die Messungen in der Nähe 


32 Hasen über den Einflufs der Temperatur 


des Siedepunktes schon aus andern Gründen sehr unsicher werden. Es er- 
giebt sich indessen, dafs dieser unvermeidliche Fehler die ausströmende Was- 
sermenge jedesmal geringer erscheinen läfst, als sie wirklich ist, und sonach 
bei hohen Temperaturen die Geschwindigkeiten wirklich noch mehr wach- 
sen, als die folgenden Resultate ergeben. Es gelang mir nicht, die Gröfse 
des Fehlers auch nur annähernd zu schätzen, doch mufs ich erwähnen, dafs 
die Dampfmassen, die ich während der kurzen Beobachtungszeiten auf star- 
ken Metallplatten auffing, so unbedeutend waren, dafs der ganze Verlust kei- 
nen wesentlichen Einflufs auf die gefundenen Resultate zu haben scheint. 

Bei Anwendung der beschriebenen Beobachtungsart wird nicht un- 
mittelbar das Volum des ausfliefsenden Wassers gemessen, vielmehr kann 
dasselbe mit hinreichender Schärfe nur aus dem Gewichte bestimmt werden, 
und um diese Reduction vorzunehmen, mufs man die Ausdehnung oder 
die Veränderung des specifischen Gewichtes des Wassers bei den ver- 
schiedenen Temperaturen kennen. Dieser Gegenstand ist häufig nä- 
her untersucht worden, jedoch vorzugsweise nur in Bezug auf destillirtes 
Wasser, das ich zu den vorliegenden Messungen nicht füglich benutzen 
konnte. Ich war gezwungen, bei allen Beobachtungen Brunnenwasser, und 
zwar aus einem nahestehenden Brunnen, zu verwenden, daher entstand die 
Frage, in welcher Weise sich dieses Wasser bei verschiedenen Temperaturen 
ausdehnt. Demnächst scheinen auch die Abwiegungen des destillirten Was- 
sers bisher noch zu keinem befriedigenden Resultate geführt zu haben. Am 
zuverlässigsten sind die Beobachtungen von Hällström, die in der That 
für mäfsige Temperaturen sehr befriedigend unter sich übereinstimmen, aber 
die Formeln, die Hällström in der letzten Untersuchung über diesen Ge- 
genstand (Poggendorffs Annalen Band 110 oder Band 34 der neuen Folge, 
Seite 220 ff.) mittheilt, erregen in sofern Verdacht, als bei der Temperatur 
von 30 Graden Celsius das Gesetz sich ändern soll. Indem die Ursache einer 
solchen plötzlichen Änderung ganz unbekannt ist, so begründet sich die Ver- 
muthung, dafs die gewählte Form des Ausdrucks nicht die richtige ist, und 
daher nur innerhalb gewisser nahe liegender Grenzen unter Beibehaltung 
derselben Constanten die Beobachtungen genau genug daran angeschlossen 
werden können. 

Ich stellte mir demnach die Aufgabe, für dasjenige Brunnenwasser, 
welches ich bei meinen Beobachtungen benutzte, die specifischen Gewichte 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 33 


bei den verschiedenen Wärmegraden möglichst genau zu bestimmen, so dafs 
ich in allen Fällen mit hinreichender Sicherheit den Rauminhalt aus dem 
Gewichte leicht berechnen könnte. 

Zunächst versuchte ich die Abwiegung mittelst eines Aräometers, das 
etwa 5,8 Rheinländ. Cubikzolle Wasser verdrängte: die Messungen befrie- 
digten indessen nicht, da es unmöglich war, die Eintauchung des Glasstieles 
mit hinreichender Genauigkeit zu beobachten. Ich stellte daher einen andern 
Apparat zusammen, der mit demjenigen, den Hällström benutzt hatte, 
sehr genau übereinstimmte. 

Das zu untersuchende Wasser befand sich in einem Gefäfse aus dün- 
nem Bleche, von elliptischem Querschnitte. Zu beiden Seiten der darin 
schwebenden Glaskugel befanden sich Thermometer, deren Kugeln in der- 
selben Höhe gehalten wurden, in welcher der Mittelpunkt der ersten Kugel 
sich befand. Dieses Gefäfs wurde im Abstande von nahe einem Zolle von 
einem zweiten Gefäfse umschlossen, das aus demselben Material bestand und 
dieselbe Form hatte. Der Zwischenraum zwischen beiden war mit Wasser 
gefüllt, und dieses wurde entweder durch eine darunter stehende Lampe 
erwärmt, oder durch die umgebende Luft, auch wohl durch zugeleitetes kal- 
tes Wasser und selbst durch eingeschüttetes gestofsenes Eis abgekühlt. 

Die Glaskugel, die etwa 24- Zoll im Durchmesser hielt, hing an einem 
feinen Stahldrahte, von dem 3 Fufs nur 0,166 Gramme wogen. Der Durch- 
messer des Drahtes mafs daher nicht mehr, als 0,0775 oder nahe den drei- 
zehnten Theil einer Linie. Hieraus ergiebt sich, dafs wenn der Wasserstand 
im Gefäfse sich auch um eine volle Linie verändert hätte (was jedoch nie der 
Fall war) oder wenn der Draht um diese Länge mehr oder weniger tief ein- 
getaucht wäre, der Fehler in der Bestimmung des Gewichts nur 0,0004 Gramme 
betragen würde. Die Wage, deren ich mich bediente, gab bei der Belastung 
während dieser Messung 


5 
daher durften die geringen Änderungen des Wasserstandes von einer hal- 


en nur die ganzen Milligramme mit Sicherheit an, 


ben Linie, die in der That nicht zu vermeiden waren, ganz unbeachtet blei- 
ben. Damit jedoch die Änderungen in der Eintauchung des Drahtes nicht 
gar zu grofs würden, befestigte ich an demselben in einiger Höhe über 
dem Wasserspiegel ein kleines Stückchen Messingdraht und war stets darauf 
aufmerksam, dafs dieses, sobald die Wage einspielte, nahe in derselben 
Höhe über dem Wasser schwebte. 

Math. Kl. 1854. E 


34 Hagen über den Einflufs der Temperatur 


Der erwähnte Stahldraht war an den Bügel des Wagebalkens befe- 
stigt, worin gewöhnlich die eine Schale hing, die ich jedoch bei diesen Ver- 
suchen ausgehoben hatte, um die Wage möglichst wenig zu belasten. Die 
Wage, deren Balken 11 Zoll lang war, gab, wie schon erwähnt, nur die gan- 
zen Milligramme mit Sicherheit an, während ein halbes Milligramm den 
Stand der Zunge so wenig veränderte, dafs die Abweichung sich nur zuwei- 
len noch erkennen liefs. Um den Einflufs der Wärme des darunter stehen- 
den Wassers auf den Wagbalken möglichst zu beseitigen, stellte ich die Wage 
44- Fufs höher, oder diese Länge erhielt der Draht, woran die Kugel hing. 
Der Tisch, auf dem die Wage stand, war durchbohrt und die Tischplatte 
verhinderte die Verbreitung der Wärme. 

In der Nähe des Gefrierpunktes, wo das specifische Gewicht des Was- 
sers sich nur wenig verändert, mufste durch versuchsweises Auflegen und 
Abheben von Gewichten das Gleichgewicht dargestellt werden. Bei höhern 
Temperaturen war die Beobachtung aber viel bequemer und sicherer, wenn 
ich das Gegengewicht so weit vergröfserte oder verminderte, dafs die Zunge 
stark überwich, und ich das Wasser langsam abkühlte oder erwärmte, bis die 
Zunge wieder einspielte, und alsdann die Thermometer ablas. Die Messun- 
gen wurden zuerst bei steigenden und hierauf bei fallenden Temperaturen 
angestellt. Indem ich beidemale dieselben Gegengewichte benutzte, so ge- 
langte ich in vielen Fällen zu genau übereinstimmenden Resultaten, während 
die Differenzen gewöhnlich 1 bis 2 Zehntheile eines Reaumurschen Grades 
betrugen. Aus diesen zusammengehörigen Beobachtungen, die bei den Tem- 
peraturen von mehr als 12 Graden gemacht wurden, habe ich für die fol- 
gende Rechnung sogleich die mittleren Werthe dargestellt, während bei den 
niedrigern Temperaturen zwei und drei und einmal selbst vier Beobachtun- 
gen, die sich nahe auf denselben Wärmegrad bezogen, zusammengefafst und 
dafür die mittleren Werthe gewählt wurden. 

Bei diesen Versuchen konnte ich die Erwärmung des Wassers nicht 
weiter, als bis auf 73 Grad Reaumur treiben, weil später das Ansetzen der 
Luftbläschen auf der Kugel zu schnell erfolgte, und keine sichere Messung 
mehr möglich war. Derselbe Umstand verursachte auch schon früher grofse 
Schwierigkeit, und namentlich bei höhern Temperaturen mufsten viele Be- 
obachtungen, die sehr abweichende Resultate und zwar jedesmal zu kleine 
Gewichte ergaben, deshalb verworfen und durch andere ersetzt werden. Ich 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 35 


glaubte mich aber berechtigt in diesem Falle von der allgemeinen und sehr 
begründeten Regel, dafs man keine Beobachtung ausschliefsen müsse, abwei- 
chen zu dürfen, weil die Ursache des Fehlers ganz augenscheinlich war. Die 
Luftbläschen liefsen sich sehr leicht beseitigen, indem die Kugel nur so eben 
aus dem Wasser ausgehoben werden durfte. Nachdem sie unmittelbar dar- 
auf wieder versenkt wurde, war sie etwas schwerer geworden. Liefs ich sie 
aber etwa 10 Minuten lang in dem warmen Wasser hängen, so konnte ich 
die Blasen, die sich auf ihr angesetzt hatten, schon sehr deutlich sehen und 
ihr Gewicht hatte sich stark vermindert. Ich mufs erwähnen, dafs ich die- 
ses Absetzen der Blasen in gleichem Maafse wie früher, auch noch bemerkte, 
nachdem das Wasser längere Zeit hindurch im Kochen erhalten war. 

Bei Vergleichung der in dieser Weise gefundenen Resultate konnte 
die Einführung einer Hypothese über die Ausdehnung des Glases nicht um- 
gangen werden. Hällström hat aus Beobachtungen gefunden, dafs diese 
Ausdehnung nicht gleichmäfsig ist, vielmehr bei höheren Temperaturen die 
Verlängerung, welche derselben Wärme-Zunahme entspricht, grölser ist, als 
bei niedrigen Temperaturen. Andere Physiker haben die Richtigkeit dieses 
Resultates in Zweifel gezogen. Indem ich die Untersuchung auf diesen Ge- 
genstand nicht ausdehnen mochte, so entschlofs ich mich die einfachere Vor- 
aussetzung einzuführen, dafs das Glas bei zunehmender Erwärmung sich 
gleichmäfsig ausdehnt. Sollte diese Annahme unrichtig sein; so können die 
gefundenen Resultate nur soweit einer Berichtigung bedürfen, als sie sich 
auf die niedrigen Temperaturen beziehn. Schon bei 20° R. vergröfsert sich 
das Volum des Wassers bei zunehmender Erwärmung zehnmal stärker, als 
das des Glases, und man kann daher die Ausdehnung des ersteren viel ge- 
nauer bestimmen, als die des letztern bekannt ist. Ich nahm an, dafs das 
Glas bei der Erwärmung vom Gefrierpunkte bis zum Siedepunkte sich lineär 
um 0,00089 oder dem Volumen nach um 0,00267 ausdehne. 

Das Preufsische Pfund soll nach der Maafs- und Gewicht-Ordnung 
von 1516 mit dem Gewichte des sechs und sechszigsten Theiles eines Cubik- 
fufses destillirten Wassers übereinstimmen, und zwar wenn dieser bei der 
Temperatur von 15° Reaum. im luftleeren Raume gewogen wird. Das specifische 
Gewicht der atmosphärischen Luft ist nach der gewöhnlichen Annahme bei der 
Temperatur des Gefrierpunktes gleich -1;, bis zum Siedepunkte dehnt sich 

E2 


36 Hasen über den Einflufs der Temperatur 


aber die Luft um 0,37 des Raumes aus, den sie bei 0 Graden einnahm. Hier- 
nach wiegt der Cubikfufs Luft bei 15 Graden 
0,07968 Pfund, 

oder der Cubikfufs destillirten Wassers bei dieser Temperatur in der Luft nur 
65,92032 Pfund. 

Indem jedoch auch die Gewichte, die aus Messing bestehen, in der 
Luft leichter sind, als im luftleeren Raume, so wiegt der Cubikfufs Wasser 
an der Luft 

65,93028 Pfund, 
oder der Cubikzoll 
1,22093 Loth. 

Die Glaskugel nebst einem Stückchen des erwähnten Drahtes, das 
ebenso lang war, als der eingetauchte Theil des später daran befestigten Drah- 
tes, wog bei 15° an der Luft 13,5530 Loth 

in destillirtem Wasser 4,5488 Loth. 

Ihr Gewichts - Verlust beim Eintauchen in dieses Wasser beträgt daher 
9,0042 Loth, oder ihr Volum ist bei der Temperatur von 15 Graden gleich 
7,3748 Cubikzoll. 

Unter Einführung der obigen Hypothese über die Ausdehnung des 
Glases, wobei das hiervon verschiedene Verhalten der sehr kleinen Stahl- 
masse nicht weiter berücksichtigt ist, findet man das Volum des eintauchen- 
den Theiles des Apparates bei der Temperatur von r Graden Reaum. gleich 

7,37111 (1 -+ 0,0000333. 7) 

Indem auf diese Weise das Volum des verdrängten Wassers für jede 
beliebige Temperatur gefunden werden konnte, und die Beobachtungen das 
Gewicht desselben bei den verschiedenen Wärmegraden unmittelbar ergaben, 
so war es leicht, die Dichtigkeit des untersuchten Brunnenwassers, oder 
worauf es bei allen ferneren Messungen vorzugsweise ankam, den Raumin- 
halt eines Lothes dieses Wassers bei den verschiedenen Temperaturen zu 
ermitteln. Diesen Rauminhalt nenne ich G, und ich berechnete denselben 
aus den einzelnen Beobachtungen. Von letzteren zog ich jedoch, wie bereits 
erwähnt, diejenigen zusammen, die sich nahe auf dieselbe Temperatur bezo- 
gen. Diese Resultate sind in der zweiten und dritten Spalte der Tabelle zu- 
sammengestellt. Die erste Spalte giebt die Anzahl der einzelnen Beobach- 
tungen an, woraus die angegebenen Werthe von r und G als Mittelwerthe 


- 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 37 


hergeleitet sind. Die beiden letzten Spalten beziehn sich auf die Verglei- 
chung mit einer Rechnung, von der im Folgenden die Rede sein wird. 


Zusammenstellung der Beobachtungen über das Gewicht des 
Brunnenwassers bei verschiedenen Temperaturen. 


Anzahl der Temperatur. 4 Loth hält berechnete Differenz. 
Beobachtungen Grade R. Cubikzolle Fa EEE Grade 

2 0,3 | 0,81714 
2 1,0 0,81714 
3 1,93 0,81712 
1 3,0 0,8171 
1 a RR 5,3 os | 504 | — 086 
4 9,45 0,81752 9,32 sa | 92 | 018 — 0,13 
3 11,7 0,81788 11,87 + 0,17 
2 er 12,75 0,81806 | 12,96 | + 0,21 
1 15,0 0,81846 15,11 + 0,11 
2 Jaabauı\ ahssag,aeb ıleyo; 17,4 0,81884 | 16,91 siosa | 1691 | Zoom — 0,49 
3 19 38 ur es 10110,81935 19,08 — 0,42 
1 21,0 0,81981 a | a | Zum 20,87 — 0,13 
2 22,6 0,82032 22,70 + 0,10 
2 24,2 0,82083 | 2441 + 0,21 
3 ER RT 26,7 | 0,82153 153 | 2061 | 000 26,61 | — 0,09 
2 28,5 0,82220 | 28,57 + 0,07 
2 29,9 0,82271 30,00 + 0,10 
3 31,4 :|2]|2 0,82343 31,92 ale [Ei + 0,52 
2 34,4 0,82441 34,39 — 0,01 
2 36,35 | 0,82525 36,39 25 | 360 | +00 + 0,04 
1 38,6 0,82626 38,69 + 0,09 
3 41,6 0,82761 41,60 0 
2 44,05 0,82895 44,33 + 0,28 
1 45,4 0,82962 45,65 + 0,25 
2 | 47,4 |  0,83064 00 | ar, 47,61 | + 021 
2 49,8 '  0,83198 198 | 50, 50,06 + 0,26 
3 54,2 0,83436 54,21 + 0,01 
2 | 56,35 | 0,83571 | 56,47 + 012 
2 58,3 | 0,83674 58,14 — 0,16 
2 | 05 |  0,83810 cs | — 02 
2 62,65 0,8946 | 62,38 336 | 2 | — 0,27 
1} 65,0 0,84116 64,90 — 0,10 
2 | 66,95 0,84253 66,90 — 0,05 
2 68,9 0,84390 68,84 — 0,06 
2 | _ 5 | os | 705 | 090 
1 | 72,8 0,81666 | 72,63 Dia: Sn 


38 Hasen über den Einflufs der Temperatur 


Indem ich in gehörig grofser Zeichnung die Temperatur -Grade als 
Abscissen, die zugehörigen Volumina eines Lothes Wasser aber als Ordina- 
ten auftrug, so bildete sich eine sehr regelmäfsige Curve, die einer halben 
Parabel ziemlich ähnlich zu sein schien, deren Axe in diejenige Temperatur 
fallen mulste, welche der stärksten Verdichtung des Wassers entsprach. Ein 
plötzlicher Übergang aus einer Curve in eine andere, wie Hällström bei 
30° C. oder 24° R. angenommen hat, war nirgend zu bemerken, nur stellten 
die geringen Unterschiede der Ordinaten in der Nähe des Gefrierpunktes 
sich nicht regelmäfsig dar, und überhaupt waren die Beobachtungen hier 
auch am wenigsten sicher gewesen. 

Der Versuch, die Form der gewöhnlichen Parabel einzuführen, mifs- 
glückte, als ich dagegen den Exponent der Abscisse als unbekannte Gröfse 
einführte, und denselben aus sechs gleichmäfsig vertheilten Beobachtun- 
gen nach der Methode der kleinsten Quadrate berechnete, so fand ich den- 
selben = 1,743. Da diese Beobachtungen den ganzen Zug der Curve um- 
fafsten, so schien es mir angemessen, den Exponent nur so weit zu verän- 
dern, dafs er in einfachem Verhältnisse zur Einheit stand, ich setzte ihn also 
gleich 1,75 oder 7. Die beiden Coordinaten des Scheitelpunktes bestimmte 
ich alsdann aus allen Beobachtungen, die entschieden zu Temperaturen ge- 
hörten, die gröfser waren, als die der stärksten Verdichtung. Die vier ersten 
Beobachtungen der vorstehenden Tabelle blieben daher unberücksichtigt, 
alle übrigen wurden dagegen gleichmäfsig benutzt, um die wahrscheinlichsten 
Werthe der beiden Coordinate des Scheitelpunktes zu finden. Bezeichne 
ich diese mit x und y, nämlich x die Temperatur der gröfsten Verdichtung 
und y das zugehörige Volum eines Lothes Wasser, so war die Form des 
Ausdrucks, wenn r und @ die obige Bedeutung behalten, und n eine Con- 
stante ist, 

(7 _ a (G —y) 
Durch Einführung der Zahlenwerthe, welche die Rechnung ergab, verändert 


sich dieser Ausdruck in 
B 


(T — 3,030) ° = 56691 (G — 0,81708) 


Aus dem durch die Beobachtungen gegebenen Werthe von G berech- 
nete ich nach dieser Formel die zugehörigen Temperaturen r. Diese sind 
in der vorstehenden Tabelle in der vierten Spalte angegeben, und die fünfte 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 39 


Spalte enthält die Unterschiede derselben von den beobachteten Temperatu- 
ren. Die Summen der Quadrate der Abweichungen ist 1,423, daher bei den 
dreifsig Beobachtungen der wahrscheinliche Fehler 0,1469 oder nahe 4 Grad. 
Die stärksten Differenzen, die jedoch nur zweimal vorkommen, betragen 
einen halben Grad. Diese Übereinstimmung schien mir voliständig der ge- 
wählten Beobachtungsart zu entsprechen, da die Zehntheile der Thermome- 
ter-Grade nur geschätzt wurden. 

Vergleicht man diesen Ausdruck mit dem von Hällström angegebe- 
nen, so ist er der Form nach bedeutend einfacher, und obwohl beide die- 
selbe Anzahl von Constanten enthalten, so führt er dennoch zu einer leich- 
teren Rechnung. Der wesentlichste Vorzug besteht aber darin, dafs er das 
Gesetz der Ausdehnung des Wassers bis nahe an den Siedepunkt, nämlich 
so weit die Beobachtungen reichen, umfafst, ohne dafs die Constanten ver- 
ändert werden dürfen. Für diejenigen Temperaturen, welche kleiner, als 
3,03 Grade sind, stellen sich freilich unmögliche Werthe für G dar, aber 
gerade hier fallen nach allen Beobachtungen die Resultate so unregelmäfsig 
aus, dafs wohl keine Formel dieselben genügend darstellen möchte. 

Die stärkste Verdichtung fällt in 3,03 R. oder 3,79 C. während man 
gemeinhin dafür 4,0 C. oder 3,2 R. anzunehmen pflegt. Da der wahrschein- 
liche Fehler in der Bestimmung des ersten Werthes nur 0,0535 Grade be- 
trägt, so darf man nicht füglich voraussetzen, dafs der letzte Werth auch im 
vorliegenden Falle der richtige sei, vielmehr dürfte sich die Annahme recht- 
fertigen, dafs das Brunnenwasser, welches ich untersuchte, bei einer niedri- 
geren Temperatur, als das destillirte Wasser, sich am stärksten verdichtet. 

Aus dem vorstehenden Ausdrucke findet man das Volum eines Lothes 
Wasser, oder 

T — 3,030)% 
Dee 
Um diese Berechnung, welche in den spätern Untersuchungen sich mehr als 
tausendmal wiederholte, nicht immer von Neuem anstellen zu dürfen, so 
bearbeitete ich gleich eine vollständige Tabelle, die für jeden einzelnen Grad 
von 3° bis 80 Grad die Werthe von G@ und deren Logarithmen angab. Ich 
setzte dieselbe unter Annahme eines einfachen Gesetzes für die vier ersten 
Beobachtungen auch bis zum Gefrierpunkte fort, da mehrere Messungen 
bei sehr niedrigen Temperaturen gemacht wurden. Eine Mittheilung dieser 


+ 0,51708 


40 Hasen über den Einflufs der Temperatur 


Tabelle dürfte jedoch ohne Interesse sein, da sie nur für dasjenige Wasser 
gilt, welches ich benutzte. 

Ein sehr wichtiger Theil des Apparates sind die Röhren, in welchen 
die Bewegung des Wassers beobachtet wurde. Es kam theils darauf an, sie 
möglichst regelmäfsig in cylindrischer Form darzustellen, theils auch ihren 
Querschnitt sehr genau zu ermitteln. Eine grofse Offnung durften sie nicht 
haben, weil sonst zu bedeutende (Quantitäten Wasser von den hohen Tem- 
peraturen erforderlich gewesen wären, als dafs ich dieselben leicht hätte be- 
schaffen können. Aufserdem vermuthete ich auch, wie sich später wirklich 
bestätigte, dafs gerade an den engen Röhren die Eigenthümlichkeiten der 
Bewegung sich am auffallendsten darstellen. Die Weiten betrugen aus die- 
sem Grunde nur 11 bis 2} Linien. Es wurden drei Röhren benutzt, die aus 
zusammengelöthetem Messingbleche über Stahldrähten gezogen waren. Ich 
hatte dieselbe schon früher benutzt, da ich jedoch zweifelhaft war, ob ihre 
Öffnungen wirklich gehörig eylindrisch seien, so liefs ich sie noch sorgfältig 
ausschleifen. Hierdurch stellte sich für jede eine so gleichmäfsige Weite dar, 
dafs ein Messingkolben von angemessener Stärke beim Durchziehn an allen 
Stellen einen gleichen Widerstand erkennen liefs. An einem Ende war jede 
Röhre in eine Platte gelöthet, die mit Schraubengewinden versehen war. 
Mit Hülfe einer schwachen Liederung liefsen sie sich daher leicht und was- 
serdicht an das Reservoir befestigen. Der Versuch, die Röhren abwechselnd 
auch senkrecht anzubringen, mifsglückte, weil alsdann zu grofse Wassermen- 
gen abgeführt, oder die Beobachtung auf zu kurze Zeit beschränkt wurde. 
Die Röhren erhielten daher in allen Beobachtungen, die den folgenden Rech- 
nungen zum Grunde gelegt sind, eine nahe horizontale Lage, und es wurde 
grofse Sorgfalt darauf verwendet, die Röhren fest zu unterstützen und die 
Niveau-Differenz zwischen ihrer Ausflufs-Offnung und dem Rande des Re- 
servoirs genau zu messen. Das Reservoir selbst war auf eine starke Messing- 
platte gelöthet, die von drei Fufsschrauben getragen wurde. Letztere ruhten 
aber in entsprechenden Vertiefungen einer schweren Bleischeibe. Hierdurch 
erhielt der Apparat eine so feste Aufstellung, dafs er selbst bei zufälligen 
Erschütterungen während des Anfüllens nicht verändert wurde. Vor der 
Ausmündung der Röhre befand sich endlich die bereits beschriebene Vor- 
richtung zum Auffangen des ausströmenden Wassers. Um während der Fül- 
lung den Abflufs zu unterbrechen, wurde die Mündung der Röhre nach 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 4 


jedem Versuche mit einem Korkstöpsel geschlossen, der vor dem Beginne 
des neuen Versuches geöffnet wurde. Es mufs bemerkt werden, dafs nach- 
dem Letzteres geschehn, jedesmal wenigstens eine halbe Minute verstrich, 
ehe das Gefäls zum Auffangen des Wassers untergeschoben wurde, und so- 
nach die Röhre, sobald dieses geschah, schon die Temperatur des Wassers 
angenommen hatte, wie sich durch das Gefühl erkennen liefs. 

Die erwähnten Kolben boten schon ein Mittel, die Weiten der Röh- 
ren wenigstens aunähernd zu bestimmen. Ich theile die Resultate dieser er- 
sten, mit einem mikrometrischen Apparate angestellten Messungen mit, in- 
dem ich die Röhren der Kürze wegen mit den Buchstaben A, B und (’ be- 
zeichne. 

Radius der Röhre A... 0,0539 Zolle 
Be: 
re OTIIHN- 

Eine gröfsere Genauigkeit erreichte ich dadurch, dafs ich die Röhren 
abwechselnd mit Wasser anfüllte und rein austrocknete, und sie jedesmal an 
einer empfindlichen Wage wog. Die Füllung geschah durch Ansaugen, da- 
mit die Luft vollständig entfernt würde, und da hierauf die untere Öffnung 
unter Wasser durch einen Kork geschlossen wurde, so mufste jedesmal noch 
durch eine besondere Messung bestimmt werden, wie weit der Kork in der 
Röhre. steckte. Überhaupt machte diese Messung verschiedene Vorsichts- 
maafsregeln nöthig, die jedoch endlich zu einer grofsen Übereinstimmung 
führten. Nach dreimaliger Wiederholung fand ich die folgenden Mittelwer- 
the und zwar bei der Temperatur von 15 Graden. 

Radius der Röhre A... 0,053844 Zolle 
B.... 05077394 ©- 
ee 
Diese Bestimmungen sind allen folgenden Rechnungen zum Grunde gelegt. 
Die Längen der Röhren bei derselben Temperatur waren 
A... 18,092 Zolle 
B... 41,650 - 
E93 %808  - 

Für die Ausdehnung des Messings wurde angenommen, dafs das- 
selbe sich von dem Gefrierpunkte bis zum Siedepunkte um 0,00189 und zwar 
gleichmässig verlängert. Unter dieser Voraussetzung berechnete ich wieder 


Math. Kl. 1854. F 


42 Hasen über den Einflufs der Temperatur 


eine Tabelle, die von 5 zu 5 Graden die Logarithmen der Radien, der Quer- 
schnitte und der Längen angab. Im Allgemeinen stellten sich die Unter- 
schiede so geringfügig heraus, dafs sie ohne wesentlichen Nachtheil auch hät- 
ten vernachlässigt werden können, nichts desto weniger schien es angemessen, 
jede Correetion einzuführen, welche zur gröfsern Sicherheit der Resultate 
beitragen konnte. 


2. Zusammenstellung der Beobachtungen. 


Jede einzelne Beobachtung ergab das Gewicht des Wassers, das unter 
einem bestimmten Drucke und bei einer bestimmten Temperatur in einer ge- 
wissen Zeit durch die Röhre abflofs. Aus der erwähnten Tabelle, welche den 
cubischen Inhalt eines Lothes Wasser für jede Temperatur angab, konnte leicht 
die in einer Secunde ausfliefsende Masse, und zwar inCubikzollen ausgedrückt, 
gefunden werden. Wenn ich diese Masse durch den Querschnitt der Röhre 
bei derselben Temperatur dividirte, so erhielt ich die mittlere Geschwindig- 
keit. In dieser Art wurden zunächst die Beobachtungen redueirt. Die An- 
zahl derselben betrug im Ganzen über 2000, wovon jedoch etwa der dritte 
Theil nicht mit Anwendung des Speisegefäfses, sondern bei variabelm 
Niveau angestellt war, für welchen daher die Reduction in anderer Weise 
vorgenommen werden musste. Der gröfste Theil der Messungen mit con- 
stantem Niveau hatte indessen nicht diejenige Schärfe, welche bei dem Ap- 
parate und dem Verfahren, das sich nach und nach verbesserte, erreichbar 
war. Die Mängel, welche zunächst in beider Beziehung stattfanden, gaben 
sich erst bei der fortgesetzten Anwendung zu erkennen, und auf die vorste- 
hend erwähnten verschiedenen Vorsichtsmaafsregeln konnte ich nur nach 
und nach aufmerksam werden. Ich entschlofs mich daher, mit möglichster 
Vorsicht noch einmal alle Beobachtungsreihen zu wiederholen: dadurch ge- 
langte ich unbedingt zu richtigeren Resultaten, und diese theile ich nachste- 
hend allein mit. In den folgenden Rechnungen sind sie auch ausschliefslich 
benutzt, nur habe ich die Maxima und Minima der Geschwindigkeiten zum 
Theil durch die frühern viel vollständigern Messungen ergänzt. 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 43 


A. Beobachtungen mit der engen Röhre. 


1. Druckhöhe 11,08 Zoll. 2. Druckhöhe 8,08 Zoll. 
Temp. Geschw. Temp. Geschw. 
33 Grade 2s,29 Zolle 3,4 Grade 21,79 Zolle 
6,7 30,60 6,7 23.59 
8.4 31,34 8,3 21,19 
10,3 32,37 10,3 21,87 
15,8 35,13 15,7 27,47 
19,6 35,61 19,8 28.60 
22,5 34,47 22,2 29,59 
25,5 33,40 25,3 29,86 
31,0 31,84 31,0 28.00 
37,5 32,05 36,5 27,01 
39,0 32,14 39,0 27,18 
47,0 32,73 46,0 27,47 
65,0 33,60 64,5 27,97 
3. Druckhöhe 6,08 Zoll. 4. Druckhöhe 4,8 Zoll. 
Temp. Geschw. Temp. Geschw. 
3,3 Grade 16,93 Zolle 3,4 Grade 11,86 Zolle 
6,7 18,20 6,8 13,14 
8,4 18,97 8,4 13,80 
10,2 19,85 10,1 14,47 
15,5 21,79 15,2 15,70 
19,3 23,12 19,0 16,80 
21,9 23,73 21,6 17,94 
25,0 24,63 24,9 18.37 
30,8 25,44 30,2 19.33 
36,2 24,15 39,1 20,35 
40,0 23,63 39,0 20,37 
45,5 23,19 45,0 19,95 
64,0 23,95 64,0 19,08 
5. Druckhöhe 3,08 Zoll. 6. Druckhöhe 2,08 Zoll. 
Temp. Geschw. Temp. Geschw. 
35 Grade 9,03 Zolle 3,7 Grade 5,95 Zolle 
6,8 10,14 6,8 6,61 
85 10,69 84 7,13 
10,1 11,09 10,1 7,56 
15,0 12,57 15,1 8,59 
18,8 13,61 19,3 9,19 
21,5 14,23 21,4 10,18 
245 15,03 24,1 10,68 
30,0 15,50 29,5 11,16 
35,2 16,38 33,5 11,79 
335 17,00 39,0 12,67 
44,5 17,25 43,8 13.45 
62,0 16,40 67,0 13,60 


Hasen über den Einflufs der Temperatur 


7. Druck höhe 1,58 Zoll. 8. Druckhöhe 1,08 Zoll. 
Temp. Geschw. Temp. Geschw. 
3,8 Grade 4,57 Zolle 4,0 Grade 3,31 Zolle 
6,85 4,94 6,7 3,55 
84 5,21 85 3,26 
10,1 5,15 10,0 3,43 
15,0 6,51 14,5 4,03 
19,0 7,28 18,6 4,46 
21,2 7,60 21,0 4,98 
23,8 8,20 23,5 5,53 
29,0 8,76 29,0 5,91 
33,0 9.32 33,0 6,36 
38,0 9,94 37,0 7,00 
43,8 10,54 43,0 7,53 
64,0 12,26 62,0 9,81 


B. Beobachtungen mit der mittleren Röhre. 


1. Druckhöhe 11,48 Zoll. 2. Druckhöhe 8,48 Zoll. 
Temp. Geschw. Temp. Geschw. 
3,2 Grade 26,75 Zolle 3,3 Grade 20,85 Zolle 
4,3 27,09 4,4 21,53 
7,0 29,60 7,9 23,30 
7,9 29,79 11,3 25,12 
11,2 28,81 13,5 25,17 
13,9 27,53 14,0 25,15 
14,1 27,44 18,2 23,83 
18,6 26,54 23.4 22,64 
23,6 26,61 29,2 22,82 
30,0 26,99 38,2 23,25 
39,0 27,47 48,6 23,75 
49,5 28,28 51,2 23,72 
53,8 27,97 
3. Druckhöhe 648 Zoll. 4. Druckhöhe 4,48 Zoll. 
Temp. Geschw. Temp. Geschw. 
3,3 Grade 16,65 Zolle 3,4 Grade 12,00 Zolle 
4,4 17,25 4,5 12,45 
7,0 18,48 7,0 13,51 
7,9 18,77 7,9 13,76 
11,2 20,28 11,2 14,99 
13,4 20,91 13,3 15,54 
14,0 21,34 13,8 15,78 
18,2 21,32 18,0 16,88 
23,2 20,10 23,0 17,88 
29,0 19,78 28,5 17,08 
37,7 20,01 37,2 16,41 
47,3 20,32 46,3 16,55 


63,0 20,85 49,6 16,54 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 


5. Druckhöhe 3,48 Zoll. 6. Druckhöhe 2,48 Zoll. 
Temp Geschw. Temp. Geschw. 
3,4 Grade 9,61 Zolle 35 Grade 6,94 Zolle 
4,6 10,01 4,6 7,23 
7,0 10,75 7,0 7,86 
7,8 11,02 7,8 8,03 
11,1 12,03 11,1 8,87 
13,2 12,42 13,1 9,33 
13,7 12,81 13,7 9,51 
17,8 13,63 18,0 10,27 
22,8 15,11 22,9 11,49 
28,3 15,70 28,8 12,63 
36,5 14,70 37,0 13,12 
45,8 14,42 45,0 12,34 
49,4 14,31 58,9 12,04 
7. Druckhöhe 1,48 Zoll. 8. Druckhöhe 0,9 Zoll. 
Temp. Geschw. Temp. Geschw. 
3,6 Grade 4,08 Zolle 3,8 Grade 2,61 Zolle 
4,6 4,21 4,6 2,44 
7,0 4,88 7,0 3,39 
7,8 4,69 7,8 2,97 
10,8 5,23 13,1 3,57 
13,1 5,61 17,5 4,07 
13,4 5,71 21,8 4,69 
17,8 6,49 27,3 5,59 
22,5 7,24 35,2 6,35 
28,1 821 
36,0 9,30 
43,5 8,82 
56,5 9,56 
C. Beobachtungen mit der weiten Röhre. 
1. Druckhöhe 821 Zoll. 2. Druckhöhe 6,21 Zoll. 
Temp. Geschw. Temp. Geschw. 
25 Grade 26,18 Zolle 2,6 Grade 23,85 Zoll. 
2,6 26,45 4,0 23,47 
4,0 26,36 6,3 22,88 
6,2 26,60 11,0 23,07 
11,1 26,86 12,1 22,85 
12,2 27,27 15,7 23,17 
16,0 27,39 18,9 23,45 
19,1 27,31 21,2 23,69 
21,5 27,62 21,3 23,77 
21,8 27,94 25,8 24,02 
22,2 27,78 27,6 23,99 
26,2 28,14 32,0 24,32 
28,2 28,28 42,0 25,03 
32,5 28,57 67,0 26,01 
52,5 29,46 


67,0 30,72 


DS 


46 Hasen über den Einflufs der Temperatur 


3. Druckhöhe 421 Zoll. 4. Druckhöhe 221 Zoll. 
Temp. Geschw. Temp. Geschw. 
2,6 Grade 15,57 Zolle 27 Grade 11,40 Zolle 
4,0 19,44 4,1 11,76 
6,2 19,42 6,1 12,04 
11,0 19,29 10,7 13,44 
12,0 18,96 11,4 13,62 
15,6 18,78 15,3 14,08 
18,7 19,02 18,1 14,30 
2ı,l 19,09 20,8 14.01 
21,6 19,24 22,7 13,56 
25,5 19,45 24,1 13,79 
27,3 19,39 28,6 13,67 
32,3 19,69 32,8 13,67 
44,0 20,19 46,0 14,12 
59,0 14,47 
5. Druckhöhe 121 Zoll. 6. Druckhöhe 0,71 Zoll. 
Temp. Geschw. Temp. Geschw. 
2,7 Grade 6,64 Zolle 2,8 Grade 3,92 Zolle 
4,1 6,98 4,2 4,16 
6,0 7,27 6,0 4,48 
11,0 8,91 10,8 5,05 
11,5 8,39 11,4 5,09 
15,4 9,00 15,3 5,68 
18,2 9,48 18,1 5,98 
21,0 9,54 21,0 6,17 
22,7 10,09 22,2 651 
24,1 10,26 24,0 6,74 
29,1 10,49 29,4 7,17 
33,0 10,37 33,1 7,59 
42,0 10,00 43,5 7,81 
59,0 10,22 55,0 7,59 


Aus der Vergleichung dieser Beobachtungen ergiebt sich augenschein- 
lich der grofse Einflufs der Temperatur auf die Beweglichkeit des Wassers 
und man bemerkt schon in diesen Zahlen die eigenthümliche Erscheinung, 
die ich oben andeutete. Letztere trilt indessen viel deutlicher hervor, wenn 
die Resultate der Beobachtungen graphisch dargestellt werden. Ich trug die 
Wärme-Grade als Abscissen und die zugehörigen Geschwindigkeiten als Or- 
dinaten auf, und verband die obern Endpunkte der letztern durch Curven, 
welche sich diesen Punkten möglichst anschlossen, ohne jedoch die kleinern 
Unregelmäfsigkeiten zu verfolgen, die offenbar nur von Beobachtungsfehlern 
herrührten. Fig. 4 zeigt diese Curven in kleinerem Maafsstabe, und zur Er- 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 47 
klärung derselben mufs ich hinzufügen, dafs die Abweichungen der einzel- 
nen Geschwindigkeiten von den dargestellten Linien durchschnittlich nur 
ein Zehntel Zoll betragen, und der gröfste Fehler, der jedoch nur viermal 
sich wiederholt, ein halber Zoll ist. 

Augenscheinlich folgen diese sämtlichen Curven einem bestimmten 
Gesetze, das nicht nur die verschiedenen Temperaturen und Druckhöhen, 
sondern auch die Weiten der Röhren berücksichtigt, und darnach die Nei- 
gungen der beiden ziemlich geradlinigen Schenkel und die Lage der beiden 
Wendepunkte, oder der Maxima und Minima bestimmt. Die Aufsuchung 
dieses Gesetzes in seiner Allgemeinheit schien mir indessen so schwierig, 
dafs ich hiervon ganz abgestanden habe, und mich nur bemühte, die Bezie- 
hungen zu ermitteln, welche zwischen den gleichartigen Theilen der ver- 
schiedenen Curven und zwischen den einzelnen Punkten derselben Curve 
innerhalb dieser Grenzen stattfinden. Ich habe hiernach zunächst die ersten 
Schenkel untersucht, welche zu Temperaturen gehören, die niedriger sind, 
als diejenigen, wobei sich die Maxima der Geschwindigkeiten einstellen. So- 
dann habe ich diese Maxima und zugleich auch die Minima verglichen, und 
die Temperaturen zu ermitteln mich bemüht, bei welchen sie unter den ver- 
schiedenen Druckhöhen und in den verschiedenen Röhren eintreten. End- 
lich habe ich auch die hintern Schenkel der Curven, die jenseits der beiden 
Wendepunkte liegen und wieder geradlinigt zu sein scheinen, untersucht. 
Dieser letzte Theil der Curven ist insofern von besonderer Wichtigkeit, als 
die Geschwindigkeiten in allen gröfsern Röhrenleitungen in ihn fallen. 

Um zu ermitteln, in welcher Weise die Geschwindigkeit des Wassers 
von der Druckhöhe, von der Weite und Länge der Röhre, so wie von der 
Temperatur abhängt, habe ich diese verschiedenen Umstände zunächst von 
einander zu trennen gesucht. Ich machte daher den Anfang damit, dafs ich 
für einen bestimmten Wärmegrad und für dieselbe Röhre die Beziehung 
zwischen der Druckhöhe und der Geschwindigkeit aufzufinden mich be- 
mühte. Dasselbe Verfahren wurde sodann für die zweite und zuletzt für die 
dritte Röhre wiederholt. Die Vergleichung dieser drei Resultate ergab den 
Einflufs, welchen die Weite und Länge der Röhre auf jede der gefundenen 
Constanten ausübt, oder in welcher Potenz sie als Factoren (vielleicht auch 
auf andere Weise) eingeführt werden müssen. Dieser Theil der Untersu- 
chung bezieht sich nur auf den einen, beliebig gewählten Wärmegrad, der 


48 Hagen über den Einflufs der Temperatur 


Einflufs der Temperatur giebt sich also daraus noch nicht zu erkennen, und 
um letztern zu ermitteln, mufs dieselbe Rechnung für andere Wärmegrade 
angestellt werden. 

Bei diesen Zusammenstellungen durften aber nicht ungleichartige 
Theile der Geschwin digkeits-Scalen mit einander verglichen werden, vielmehr 
waren nur immer diejenigen Beobachtungsreihen zu benutzen, bei welchen 
die gewählte Temperatur in denselben Schenkel der Curve fiel. Die Anzahl 
der gesuchten Constanten war meist viel geringer, als die der Beobachtun- 
gen oder Gleichungen, woher die Rechnungen nach den bekannten Metho- 
den der Wahrscheinlichkeits- Rechnung geführt sind. Ich hatte dabei den 
Vortheil, dafs die Übereinstimmung der berechneten Resultate mit den be- 
obachteten ein Urtheil über die Sicherheit der gefundenen Resultate begrün- 
dete. Ich werde ım Folgenden, so weit es von Interesse ist, die wahrschein- 
lichen Fehler der gefundenen Constanten mittheilen. 

Am schwierigsten war es, die Form zu finden, in welcher die Varia- 
beln am passendsten eingeführt werden sollten, und zuweilen sah ich mich 
sogar gezwungen, verschiedene Gleichungen zu versuchen und deren Wahl 
von der Summe der Quadrate der übrig bleibenden Fehler abhängig zu ma- 
chen. Nachdem hierüber jedoch nur für einen Wärmegrad entschieden war, 
so konnte kein Zweifel sein, dafs in allen ähnlichen Fällen dieselbe Form 
wieder gewählt werden dürfe. Aufserdem vereinfachte sich die Rechnung 
oft sehr bedeutend dadurch, dafs man aus andern Betrachtungen und Erfah- 
rungen die Form der Glieder errathen und selbst die Bestätigung dafür fin- 
den konnte, dafs der aus einzelnen Rechnungen ermittelte Werth der Con- 
stanten der richtige und allgemein gültige sei. 

Die Beobachtungen sind, wie sich aus der tabellarischen Zusammen- 
stellung ergiebt, nicht bei gleichen Temperaturen gemacht, vielmehr war der 
Wärmegrad durch äussere Umstände bedingt, und fiel in einer Reihe ganz 
anders, als in der andern aus. Hiernach konnte die zu einer gewissen Tem- 
peratur gehörige mittlere Geschwindigkeit nicht unmittelbar aus den Beob- 
achtungen entnommen werden, vielmehr war dazu die Anwendung eines ge- 
wissen Interpolations-Verfahrens nothwendig. Dieses gewährte den Vortheil, 
dafs nicht nur keine einzelne Beobachtung zum Grunde gelegt werden durfte, 
sondern auch die zunächst liegenden mitberücksichtigt werden konnten, also 
der Einflufs zufälliger grofser Beobachtungsfehler zum Theil vermieden 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. _ 49 


wurde. Da jedoch das Gesetz, nach welchem die Geschwindigkeit mit der 
Temperatur zunimmt, noch unbekannt war, so war es schwer, die passende 
Rechnungsart dafür zu wählen, auch blieb es ungewils, wie viele Beobachtun- 
gen man bei diesem Interpoliren benutzen solle. Ich entschlofs mich daher 
statt durch Rechnung, die gesuchte Geschwindigkeit durch Zeichnung zu fin- 
den. In so grofsem Maafsstabe, dafs die zweite Decimale sich noch merkbar 
darstellte, trug ich die Beobachtungen durch Abeissen und Ördinaten auf, 
und bemühte mich alsdann eine gerade Linie oder, wenn es nöthig war, eine 
einfache Curve, zwischen den gegebenen Punkten so hindurchzuziehn, dafs 
sie sämmtlich möglichst nahe getroffen wurden, besonders aber dafs keiner 
derselben sehr weit von der Linie entfernt blieb. Dabei bin ich noch von 
der Ansicht ausgegangen, dafs es nach der befolgten Methode der Beobach- 
tung immer etwas wahrscheinlicher war, für die Geschwindigkeiten zu kleine, 
als zu grolse Werthe zu finden: namentlich aber schienen mir einzelne Be- 
obachtungen , welche vergleichungsweise zu den nächst liegenden, sehr ge- 
ringe Geschwindigkeiten ergaben, weniger Berücksichtigung zu verdienen, 
weil es sehr wahrscheinlich war, dafs bei denselben etwa Luftbläschen in der 
Röhre oder andere Umstände die volle Ergiebigkeit der Leitung verhindert 
hätten. Aus diesem Grunde sind die erwähnten Linien so gezogen, dafs bei 
auffallender Abweichung der einzelnen Beobachtungen mehr die gröfsern 
Werthe, als die kleineren beachtet sind. Das ganze Verfahren ist augen- 
scheinlich etwas willkürlich, bei der Unsicherheit der vorliegenden Messun- 
gen schien es indessen nicht nur zulässig, sondern sogar sicherer, als wenn ich 
in bekannter Art die gesuchten Werthe durch Interpolation ermittelt hätte. 


BE Untersuchung des ersten Schenkels der Geschwindigkeits- 


Scale. 


Zunächst wurden für den ersten Schenkel der Curve die Geschwin- 
digkeiten untersucht, die bei der Temperatur von 5 Graden sich dar- 
stellen. Das so eben beschriebene Verfahren ergab aus den einzelnen Beob- 
achtungsreihen die nachstehenden Geschwindigkeiten für diesen Wärmegrad, 
soweit derselbe in diesen Schenkel fällt. Die erste Spalte bezeichnet die 
Nummer der Beobachtungsreihe, die zweite die Druckhöhe oder A und die 
dritte die mittlere Geschwindigkeit, oder c. 

Math Kl. 1854. G 


50 Hagen über den Einflufs der Temperatur 


Für die Röhre A. ı. A= 1108 c = 2945 
2 8,08 22,70 
3 6,08 17,54 
4 4,08 12,47 
5 3,08 9,56 
6 2,08 6,25 
7 1,58 4,70 
8 1,08 3.15 

Für die Röhre 2. 1 11,48 27,88 
3 8,48 21,79 
3. 6,48 17,47 
4 4,48 12,64 
5 3,48 10,12 
6 2,48 733 
7 1,18 4,30 
8 0,98 2,62 

Für die Röhre C. 3. 4,21 19,55 
4. 221 11,99 
5. 1,21 7,12 - 
6. 0,71 4,27 


Man bemerkt leicht, dafs für jede einzelne Röhre die Werthe von c 
annähernd denen von A proportional sind. Hiernach schien es angemessen, 
in dem Ausdrucke von 4 ein Glied anzunehmen, welches c in der ersten Po- 
tenz enthält. Aufserdem mufste ein zweites Glied die zweite Potenz der Ge- 
schwindigkeit enthalten, weil augenscheinlich der Druck oder die Druckhöhe 
nicht allein die Widerstände in der Röhre überwinden, sondern auch die 
Geschwindigkeit darstellen mufs, womit das Wasser die Röhre durchfliefst. 
Der hierauf verwendete Theil von A, den man die Geschwindigkeits- 
Höhe nennt, ist nach den allgemeinen mechanischen Gesetzen dem Qua- 
drate der Geschwindigkeit proportional. Aus der weiteren Betrachtung die- 
ses Gliedes wird sich aber ergeben, ob dasselbe wirklich nur die Geschwin- 
digkeitshöhe ausdrückt, oder ob vielleicht auch noch ein Theil der Wider- 
standshöhe darin liegt, das heifst, ob ein Theil des Widerstandes gleich- 
falls der zweiten Potenz der Geschwindigkeit proportional ist, wie Prony 
angenommen hat. 

Ich versuchte hiernach für jede einzelne Röhre den Ausdruck 


h —= sc tc” 


einzuführen, worin s und # constante Factoren sind. Diese Annahme befrie- 
digte indessen nicht, weil bei Berechnung der Werthe von A unter Zugrunde- 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 51 


legung der wahrscheinlichsten Werthe der Constanten sehr merkliche Ab- 
weichungen von den gemessenen Druckhöhen sich zeigten und diese Abwei- 
chungen namentlich bei der engen Röhre, so wie in etwas minderem Grade 
auch bei der mittleren, sehr regelmäfsig ausfielen. Es ergab sich also, dafs 
die gewählte Form des Ausdrucks nicht die richtige sei. Viel vollständiger 
und sogar ganz zufriedenstellend schlossen sich dagegen die Beobachtungen 
an den Ausdruck 
khz=zr+sc—+ tc” 
an, wobei ein constantes, also von der Geschwindigkeit ganz unabhängiges 
Glied eingeführt wurde. Ich erhielt hiernach 
für die Röhre 4... r = 09,212 + 0,27257.c ++ 0,0033274. c” 

B...h = 0,171 + 0,28386. c -# 0,0043338. c” 

C...h = 0,079 + 0,13133.c ++ 0,0038730. c” 
Wenn ich aus diesen Formeln für die gegebenen Geschwindigkeiten die 
Druckhöhen berechnete, so fielen die Differenzen ganz unregelmäfsig und 
waren so geringe, dafs ich sie unbedingt als Beobachtungsfehler ansehn 
konnte. Die wahrscheinlichen Fehler von A waren nämlich nach dieser Probe 

bei der Röhre A... 0,0347 Zoll 
B ... 0,0360 - 
C .0,0013%b- 

Die geringe Gröfse des Fehlers für die weite Röhre ist offenbar nur ein zu- 
fälliges Resultat, da die Druckhöhen nicht so genau gemessen waren. 

Ich gehe nunmehr zur nähern Betrachtung und Vergleichung dieser 
Constanten über, die bei dem gewählten Wärmegrade am sichersten bestimmt 
werden konnten, insofern eines Theils die Anzahl der zum Grunde gelegten 
Beobachtungen gröfser ist, als bei jeder höhern Temperatur, aufserdem auch 
die einzelnen Beobachtungen jeder Reihe bei den niedrigen Temperaturen 
am besten unter einander übereinstimmen. 

Die erste Constante, deren wahrscheinliche Fehler für die drei 
Röhren gleich 

0,039... 0,029 und 0,002 
sind, läfst eine sehr einfache Beziehung zur Weite der Röhre erkennen, wäh- 
rend sie ganz unabhängig von deren Länge ist. 

Die Bedeutung dieses constanten Gliedes ist leicht zu errathen. Es 
zeigt, dafs bei gewissen geringen, aber doch noch sehr wahrnehmbaren, 


G2 


32 Hasen über den Einflufs der Temperatur 


Druckhöhen die Bewegung aufhört, oder dafs der Wasserspiegel im Reser- 
voir nicht bis zum Niveau der Ausflufs-Offnung herabsinkt, vielmehr bei 
engen Röhren in einiger Höhe darüber stehn bleibt. Die Beobachtuug be- 
stätigt dieses wirklich, und die Erklärung der Erscheinung ist sehr einfach, 
indem bei geringem Drucke die Spannung der convexen Oberfläche 
des Wassers an der Ausfluls-Öffnung den Gegendruck bildet und die fer- 
nere Bewegung verhindert. Das erste Glied stellt sonach nichts andres, als 
den Einflufs der sogenannten Capillar-Erscheinungen dar. Diese Annahme 
bestätigt sich auch dadurch , dafs ich bei meinen früheren Beobachtungen, 
wobei die Röhren nicht an der Luft, sondern unter Wasser ausmündeten, 
keine Veranlassung zur Einführung eines solchen constanten Gliedes gefun- 
den hatte (Poggendorff’s Annalen Band 46). 

In den vorliegenden Beobachtungen bildete sich der Gegendruck aber 
nicht in einer sphärischen Oberfläche, vielmehr (die geringsten Geschwin- 
digkeiten ausgenommen) in dem cylindrischen Mantel des Strahles. Die 
Spannung im letztern wirkt in zwiefacher Richtung, nämlich theils parallel 
zur Axe und theils transversal. Parallel zur Axe drückt die Spannung aber 
nicht auf die eingeschlossene Flüssigkeit, weil der gespannte Faden nicht 
gekrümmt ist, auch mit dem Ende der Röhre in keiner Verbindung steht. Ist 
nämlich die Stirnfläche der Röhre zufällig benetzt, und schliefst sich die 
Fläche des Strahles an ein hier haftendes Tröpfchen an, so wird dasselbe, 
so lange der Strahl noch frei ausspritzt, sehr schnell von diesem abgezogen 
und fortgerissen, und der Strahl steht mit keiner Wasserfläche in Verbin- 
dung, welche ihn zurückhalten sollte. Aus diesen Gründen rechtfertigt sich 
die Annahme, dafs die Spannung in der Richtung des Strahles den Abflufs 
des Wassers nicht verhindert. Ganz anders verhält es sich mit der Trans- 
versal-Spannung, diese schnürt an allen Stellen den Strahl zusammen, und 
bildet dadurch einen Gegendruck, der zum Theil den Druck des Wassers im 
Reservoir aufhebt. 

Dieser Gegendruck und seine Beziehung zum Halbmesser des Strah- 
les sind leicht zu ermitteln. Die Spannung eines 1 Zoll breiten Streifen 
Wasser-Oberfläche sei gleich » Loth und zwar in ihrer Längenrichtung ge- 
messen. Wenn dieser Streifen um einen Cylinder vom Halbmesser g ge- 
schlungen wird, so ist der dadurch verursachte Normaldruck nach einem 
bekannten Satze der Statik gleich 24r. Die Fläche dieses 1 Zoll breiten 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 58 


Mantels ist aber 29, und sonach ist der Druck, der gleichmässig auf die 
9 > 8 5 
ganze Oberfläche ausgeübt wird, eben so grofs, als wenn eine Wassersäule 
von der Höhe — darauf drückte. Dabei bedeutet y das Gewicht von 1 Cu- 
er 


bikzoll Wasser, oder y—= +. Wenn demnach die erste Constante in dem 
Ausdrucke für A wieder mit r bezeichnet wird, so ist 
7 =5 
oder vn =[r. 9 5% 
die obigen Werthe von r ergeben hiernach für die Temperatur von 5 


Graden 
aus A ... a = 0,0140 


aus" Bi». .u@= 0,0162 
ause Or OO 
Indem der Gegendruck, den diese Spannung ausübt, um so stärker wird, 
sich also um so sicherer zu erkennen giebt, je kleiner der Halbmesser des 
Cylinders ist, so gebe ich dem aus den Beobachtungen mit der Röhre A 
hergeleiteten Resultate das dreifache und dem zweiten Resultate das doppelte 
Gewicht des mit der Röhre € gefundenen Werthes. Daraus folgt 
u = 0,01423 
und hieraus ergeben sich die Constanten r 
0,2316: #1. 0, 150. 90,102 
während sie früher gefunden waren 
0,42 2...0,171.... 20,079] 

Dafs man den vorstehend berechneten Werth der Spannung in der 
ganz frischen Oberfläche des Wassers als den richtigen ansehn darf, ergiebt 
sich auch aus den direeten Beobachtungen der Capillar-Erscheinungen. Ich 
habe aus diesen gefunden (Abhandlungen der Academie der Wissenschaften 
1545. S. 79), dafs die Spannung eines Streifen von der Breite einer Pariser 
Linie in möglichst frischer Oberfläche 0,27 Gran beträgt. Auf die Breite 
von 4 Rheinländischem Zolle ist daher die Spannung gleich 

0,01304 Loth 
also nahe übereinstimmend mit dem obigen Werthe, und selbst die geringe 
Differenz zwischen beiden erklärt sich genügend dadurch, dafs die Oberfläche 
in dem Strahle bei ihrer fortwährenden Erneuung viel frischer ist, daher 
gröfsere Spannung besitzt, als während der Beobachtung der gewöhnlichen 
Capillar-Erscheinungen. 


Qu 


en 


Haczn über den Einflufs der Temperatur 


Um von diesem ersten Gliede, das in allen folgenden Untersuchun- 
gen wieder vorkommt, den Werth vollständig zu ermitteln, mufs man noch 
den Einflufs kennen, den die Temperatur darauf ausübt. Dafs ein solcher 
Einflufs und zwar in bedeutender Gröfse wirklich statt findet, hat bereits die 
Untersuchung der Oapillar-Erscheinungen aufser Zweifel gestellt. Letztere 
bieten jedoch nur sehr unvollständig die Gelegenheit, bei höheren Tempera- 
turen directe Messungen anzustellen, da das schnelle Trocknen der Wände 
die gleichmäfsige Spannung der Oberflächen verhindert, und die bald ein- 
tretende Dampfbildung die genaue Beobachtung der Erscheinung ganz un- 
möglich macht. Ich wählte demnach eine andre Methode zur Ermittelung 
der Capillar-Attraction bei verschiedenen, und selbst bei höheren 
Temperaturen. Dieselbe bestand darin, dafs ich die Gröfse der abfal- 
lenden Tropfen mafs. In der erwähnten Abhandlung habe ich die Abhän- 
gigkeit dieser Gröfse von der Festigkeit der Oberfläche der Flüssigkeiten be- 
reits nachgewiesen, und wenn die Beziehung zwischen beiden auch nicht so 
vollständig aufgeklärt ist, dafs man den absoluten Werth der Capillar - At- 
traction aus der Gröfse der Tropfen unmittelbar berechnen könnte, so bie- 
tet die Beobachtung doch ein ziemlich sicheres Mittel, die Änderungen in 
ihrem Werthe nachzuweisen. Unter der Voraussetzung, dafs das Gewicht 
der von derselben Scheibe und in gleichen Zeitintervallen abfallenden 
Tropfen der Spannung der Oberfläche proportional sei, ist es leicht die 
letztere für sehr verschiedene Temperaturen zu ermitteln. 

Der Apparat bestand in einem Blechgefälse, worin ich das Wasser 
beliebig abkühlen und erwärmen konnte. Im Boden befand sich eine Aus- 
gufsröhre, die in einer kleinen Scheibe von 0,104 Zoll Durchmesser endigte. 
An dieser bildeten sich die Tropfen, und damit die Scheibe nicht trocken, 
auch während der Tropfenbildung die Verdampfung möglichst verhindert 
würde, so umgab eine Hülse den äufsern Theil der Röhre, und nur unter 
der letzten befand sich eine hinreichend grofse Öffnung, durch welche die 
Tropfen frei abfallen konnten. Der obere Theil der Röhre war konisch ge- 
formt, und in denselben reichte ein Kegel-Ventil hinab, das mittelst einer 
Schraube jederzeit so weit geöffnet wurde, dafs die Tropfen in Intervallen 
von einer Secunde sich lösten. Je dreifsig Tropfen wurden in einer leichten 
Blechschale aufgefangen, und dieselbe stand auf gestofsenem Eise, damit die 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 95 


heifse und noch dampfende Wassermasse, sobald sie die Schale berührte, 
möglichst schnell erkaltete, und die Verdampfung unterbrochen wurde. 

Das Resultat dieser Beobachtungen war, dafs 30 Tropfen bei der 
Temperatur von 3 Graden 0,0955 Loth wogen. Bei höherer Temperatur 
nahm ihr Gewicht ab, und zwar, und zwar, wie die graphische Darstellung 
ergab, geschah dieses sehr gleichmässig, so dafs ich annehmen konnte, eine 
Gleichung des ersten Grades drücke die Beziehung zwischen beiden aus. Bei 
73 Graden war das Gewicht der Tropfen 0,0780 Loth. Das Gewicht drückt 
sich daher durch die Formel aus: 

G = 0,09656 — 0,0002543. r 
wo r wieder den Grad der Reaumurschen Scale bedeutet. Indem nun bei 
5 Graden die Spannung eines 1 Zoll breiten Streifen der Oberfläche gleich 
0,01423 gefunden wurde; so ist die Spannung desselben Streifen bei r 
Graden 

u =: 0,01442 — 0,0000380. + 
Unter Zugrundelegung dieses Werthes sind im Folgenden jedesmal die Con- 
stanten berechnet, welche das erste Glied des obigen Ausdrucks bilden und 
den Gegendruck der Capillar-Attraction bezeichnen. 

Für die Temperatur von 5 Graden ergeben sich dieselben, wıe oben, 
gleich 0,216... 0,150 und 0,102. Werden diese Gröfsen von den Druck- 
höhen abgezogen, so ist der Rest 4 — r = A’ durch die beiden letzten Glie- 
der darzustellen, welche die erste und zweite Potenz der Geschwindigkeit 
als Factoren enthalten, also 

"ms.c-#1L..c? 
Berechne ich nach dieser etwas veränderten Gröfse von A’ die wahrschein- 
lichsten Werthe der Constanten s und 7; so finde ich 
aus, 1... 0,27102. e+.0,0033104: 2? 
und den wahrscheinlichen Fehler für s gleich 0,00230 
denselben für 2 .... 0,000096 
aus B... A = 0,28779. ce + 0,0042636. c? 
den wahrscheinlichen Fehler für s gleich 0,00100 
für 2... 0,000040 
aus C... % = 0,123599. c + 0,0040871. c? 
den wahrscheinlichen Fehler für s gleich 0,00086 
für 2 .... 0,000050 


56 Hasen über den Einflufs der Temperatur 


Indem ich zur nähern Betrachtung der zweiten Constante oder 
des Coefficienten in demjenigen Gliede übergehe, welches die erste Potenz 
der Geschwindigkeit enthält, so stellt sich sogleich heraus, dafs diese Werthe 
nahe den Längen der Röhren dividirt durch deren Querschnitte proportio- 
nal sind, also 

oh 
wo ß eine neue Constante, Z die Länge der Röhre und 9 ihren Halbmesser 
bezeichnet. Die zuletzt gefundenen Werthe von s, nämlich 
0,27102 .° ...0,28779 und 0,12599 
ergeben hiernach ß = 0,000043431 
—= 0,000041386 
— 0,000041014 
also im Mittel ® — 0,000041944 
Berechnet man ungekehrt hieraus wieder s, so findet man dafür 
0,26175 ..... 0,29167 und 0,12884 
Diese Zahlen weichen von den früheren sehr bedeutend ab, nämlich für die 
Röhren A und B um das Vierfache des wahrscheinlichen Fehlers und für 
die Röhre C noch stärker. Man darf aber um so weniger mit dieser Form 
für s sich begnügen, als die Abweichungen auch sehr regelmäfsig fallen, wie 
sich aus den Zahlenwerthen von ® ergiebt, und sonach mufs man voraus- 
setzen, dals sie nicht zufällig sind, vielmehr davon herrühren, dafs der für s 
gewählte Ausdruck nicht der richtige ist. 

Die Art, wie die Länge der Röhre oder / eingeführt ist, erscheint ganz 
angemessen, da dieses Glied augenscheinlich den Widerstand bezeichnet, den 
das Wasser in der Röhre erfährt, und die Voraussetzung, dafs dieser der 
Länge der Röhre proportional sei, kann kein Bedenken erregen. 

Anders verhält es sich mit dem Nenner. Die Einführung der zweiten 
Potenz des Radius in denselben wiederspricht theils den gewöhnlichen An- 
nahmen, theils aber läfst sie sich auch nicht rechtfertigen, wenn man die 
Wassermasse als einen cylindrischen Körper denkt, der ohne gegenseitige 
Bewegung seiner einzelnen Theile durch die Röhre geschoben wird. Diese 
Betrachtung führt dazu, dafs man den Widerstand dem Umfange, ‘oder der 
ersten Potenz des Radius umgekehrt proportional setzen müfste. Dieser An- 
nahme widersprechen aber vollständig die hier mitgetheilten, so wie auch 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 37 


meine frühern Beobachtungen. Man mufs nach diesen entweder mehrere 
Glieder einführen, oder eine Potenz für g wählen, welche sehr wenig von 
der zweiten abweicht. Beides hielt ich nicht für wahrscheinlich, dagegen 
liefs sich noch auf anderm Wege eine durchaus genügende Übereinstimmung 
erreichen. Nach allen sonstigen Erfahrungen darf man nämlich annehmen, 
dafs jedesmal die bewegten Wassertheilchen die daneben befindlichen mit 
sich ziehen, oder von diesen zurückgehalten werden, so dafs nirgend ein 
scharfer Ubergang stattfindet, vielmehr überall der bewegte Wasserfaden 
von einem andern begrenzt wird, der etwas langsamer in gleicher Richtung 
fortrückt. Diese Voraussetzung schliefst sich, wie später gezeigt werden soll, 
an die aus der Beobachtung gefundenen Resultate sehr gut an, und erklärt 
dieselben. Hiermit steht aber wieder die Vorstellung in Verbindung, dafs 
eine sehr dünne Wasserschicht neben der Röhrenwand an der 
Bewegunggar keinen Theil nimmt, also der Halbmesser der Röhre, 
soweit das Wasser darin sich bewegt, nicht ge, sondern eg — «ist. Hierdurch 
lassen sich leicht die bemerkten Abweichungen in den Werthen von @ be- 
seitigen. 

Man darf indessen in dieser Untersuchung nicht unbeachtet lassen, 
dafs die aus den Beobachtungen gefundenen Werthe der mittleren Ge- 
schwindigkeiten in demselben Verhältnisse sich vergröfsern, wie die Quer- 
schnitte kleiner werden, während die in einer Secunde hindurch fliefsende 
Wassermenge m dieselbe bleibt. Durch die Verminderung des Halbmessers 
um « wird die mittlere Geschwindigkeit 


zn 
ve —— 
(e—«) ?r 
während 


zn 


o°r 

war. Die mittlere Geschwindigkeit ist daher 
2 

—— ea)? c 


und wenn das zweite Glied 
1 


sv= — 


=)? 
sein soll, so ist es unter Beibehaltung der aus den einzelnen Beobachtungen 
berechneten Werthe von c 
Math. Kl. 1854. H 


58 Hasen über den Einflufs der Temperatur 


oder 


Vergleiche ich mit diesem Ausdrucke die aus den Beobachtungen 
mit den drei Röhren hergeleiteten Zahlenwerthe von s, so finde ich als die 
wahrscheinlichsten Werthe der beiden Constanten 

ß = 0,000039093 

a —= 0,0012625 
und hieraus folgt s gleich 

0,26823 .... 0,29032 und 0,12554 

Diese Werthe weichen von den obigen um das Einfache, das Doppelte und 
die Hälfte des wahrscheinlichen Fehlers ab, im ersten und letzten Falle sind 
die Abweichungen aber negativ, während sie bei der mittleren Röhre posi- 
tiv sind. Die Abweichungen sind daher nicht nur bedeutend kleiner gewor- 
den, sondern sie fallen auch so unregelmäfsig, dafs man sie unbedingt als die 
Resultate der Beobachtungsfehler ansehn kann. 

Obwohl die Voraussetzung einer sehr dünnen ruhenden Wasserschicht 
neben der festen Röhrenwand an sich nicht unwahrscheinlich ist; so bedarf 
sie dennoch der Bestätigung durch andre Beobachtungen oder sonstige 
Rechnungs - Resultate, ehe sie unbedingt als richtig angesehn werden kann. 
Es wird daher im Folgenden hierauf zurückgekommen werden. 

Das dritte Glied des Ausdrucks für die ganze Druckhöhe enthält 
augenscheinlich die bereits oben erwähnte Geschwindigkeitshöhe, oder den- 
jenigen Theil der Druckhöhe, der zur Darstellung der Geschwindigkeit ver- 
wendet wird, womit das Wasser die Röhre durchfliefst. Die sehr auffallende 
Verschiedenheit der gefundenen Werthe von /, nämlich 

Ü 0,0033104 ... 0,0042636 und 0,0040871 
zeigt aber offenbar, dafs diese Coefficienten noch durch andre Umstände be- 
dingt sind, und zwar stellt sich deren Beziehung zur Länge der Röhren als 
sehr wahrscheinlich heraus. 

Wähle ich demnach die Form 

i—=d > @ı 
wobei «’ und @ zwei neue Constanten sind; so finde ich die wahrscheinlich- 
sten Werthe für 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 59 


« — 0,0026119 

® = 0,000038452 
und daraus ergiebt sich 7 gleich 

0,0033076 ..... 0,0042131 und 0,0041444 
Die Abweichungen gegen die obigen Werthe sind 
— 0,0000028 ... — 0,0000505 und + 0,0000573 

Obwohl in diesen Unterschieden sich keine Regelmäfsigkeit erkennen läfst, 
so schien es doch nöthig zu versuchen, welche Gröfse der ruhenden Schicht 
die drei gefundenen Werthe von i ergeben, falls man, wie bei der Bestim- 
mung von s geschehn, annimmt, dafs die Bewegung sich nicht über den gan- 
zen (Querschnitt ausdehnt. Unter Beibehaltung der obigen Bezeichnung 
würde in diesem Falle das dritte Glied im Ausdrucke für die Druck- 


höhe sein 
ic = (+ je) u? 


m 4 
=- 8 z (+) ec? 
(e-«) 
also 
e* an 
(e-a)* SR 


= 


oder 


RN! 
? gzel) =«+P1 


und indem « sehr klein gegen p ist 
t—At e = «+1 
2 


Es sind also drei Unbekannte «, « und £ aus den drei Werthen von zZ und p 
herzuleiten, und man findet 
« = 0,001320 
« = 0,0022280 
£& = 0,000041892 
Also « sehr nahe übereinstimmend mit dem aus dem zweiten Gliede 
gefundenen Werthe. 
Für die Temperatur von 10 Graden ergeben sich aus den obigen 
Beobachtungs-Reihen die nachstehenden mittleren Geschwindigkeiten c: 


H2 


60 Hacenw über den Einflufs der Temperatur 


Röhre 4.... 1. kA= 11,08 c = 32,20 
2. = 8,08 —= 24,82 
3. = 6,8 —= 19,68 
4. = 4,08 — 14,42 
5. = 3,08 —= 11,08 
6. = 2,08 = 750 
7. = 158 = 5,50 
8. = 1,08 = 348 
Röhre B...." a. = 848c — 24,34 
3. = 6,48 — 19,74 
4. = 4,48 —= 1454 
5. = 3,48 = 11,65 
6. = 2,48 = 860 
72 = 1,43 = 512 
8. = 098 = 320 
Röhre C.... 4 A= 22l c = 13,27 
5. = 121 = 805 
6. = 0,71 = 4,93 


Indem ich wieder den frühern Ausdruck 
h=r+s.c+te? 
wähle, jedoch für r sogleich den Zahlenwerth nach der Formel 


Neun 
ey 
berechne, indem für #, g und y die der Temperatur von 10 Graden ent- 
sprechenden Werthe eingeführt werden, so ergeben sich für die drei Röhren 
die ersten Glieder oder r 
0,2132... 0,1484 und 0,1008 
Wenn diese Gröfsen von den Druckhöhen abgezogen werden, so verwandelt 
sich der Ausdruck in 
R =sc+ ic? 
Man findet alsdann die wahrscheinlichsten Werthe der beiden Constanten 
für die drei Röhren: 
für A... 4 = 0,22313.c + 0,0036005. c? 
der wahrscheinliche Fehler von s = 0,00362 
desgl. von 2 = 0,000140 
für B...ı = 0,23361. c + 0,0044395. c’ 
wahrscheinliche Fehler von s = 0,00123 
desgl. von 2 = 0,0000619 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 61 


für C ... 7% = 0,10292. ce + 0,0042089. c? 
wahrscheinliche Fehler von s = 0,00097 
desgl. von 2 = 0,0000834 
Behandle ich diese Werthe von s und ? in derselben Art, wie oben 
angegeben, indem die Halbmesser und Längen der Röhren nach den früher 
mitgetheilten Voraussetzungen über die Ausdehnung des Messings nach 
Maafsgabe der Temperatur corrigirt worden, so ergiebt zunächst die Ver- 


gleichung der Factoren von e mit der Formel 
nn Ig? 
Berl (e—«)* 
die wahrscheinlichsten Werthe von 
ß = 0,00003176 


« —= 0,00136 


Dagegen finde ich aus den letzten Constanten ?, oder den Factoren 
von c’, indem wieder 
ht nr = «+1 
gesetzt wird, 
a = 0,00197 
« = 0,002385 
&' = 0,00003879 
Was die Gröfse « oder die Dicke der ruhenden Wasserschicht zu- 
nächst der Röhrenwand betrifft; so stellt sich dieselbe nach den vorste- 
henden Ermittelungen nicht gerade sehr verschieden heraus, obwohl ihr letz- 
ter Werth allerdings von den früheren merklich abweicht. Eine einfache 
Untersuchung läfst erkennen, dafs eine grofse Genauigkeit hierbei überhaupt 
nicht erreichbar ist. Der wahrscheinliche Fehler dieser Bestimmung aus den 
Factoren s ist nach den Beobachtungen bei 5 Graden 0,0003 
desgl. bei 10 Graden 0,0005 
für 20 Grade fand ich ihn sogar 0,0012 
Die Messungen bei höheren Temperaturen sind sonach zu dieser Untersu- 
chung ganz unbrauchbar. 
Für die Herleitung von « aus den Factoren £ ist dagegen der wahr- 
scheinliche Fehler gar nicht anzugeben, da die Anzahl der Unbekannten 
eben so grofs, als die der Gleichungen ist. Man überzeugt sich indessen 


62 Hacezn über den Einflufs der Temperatur 


leicht, dafs sehr geringe Änderungen in den Werthen von Z schon wesentli- 
chen Einflufs auf « ausüben. Ich habe deshalb ın allen folgenden Unter- 
suchungen 


« = 0,0013 

angenommen, und zwar vorausgesetzt, dafs die Temperatur keinen Einflufs 
darauf hat. Ob diese Voraussetzung richtig ist, mufs freilich dahingestellt 
bleiben, doch bot sich kein Mittel dar, mir hierüber ein bestimmes Urtheil 
zu bilden, und jedenfalls verschwindet der Einflufs von « bei höheren Tem- 
peraturen wegen der zunehmenden Unsicherheit der Beobachtungen so sehr, 
dafs ein geringer Fehler in seiner Gröfse wenig Bedeutung behält. Ich er- 
wähne noch, dafs die angenommene Dicke der ruhenden Wasserschicht nur 
dem 770ten Theile eines Zolles, oder dem 64ten Theile einer Linie gleich 
kommt, daher nicht stärker ist, als das allerfeinste Brief-Papier. 

Unter Zugrundelegung dieses Werthes von a finde ich, indem ich den 
Beobachtungen mit der engen Röhre etwas gröfseres Gewicht beilege, als 
denen mit der weiten Röhre 

für die Temperatur von 5 Graden 
ß = 0,0000391 
« = 0,002248 
und @ = 0,00004161 
mit den wahrscheinlichen Fehlern 
für ® . . . 0,00000024 
für @ ... 0,0000055 
für @ . . . 0,00000016 
dagegen für die Temperatur von 10 Graden 
ß = 0,0000320 
« = 0,002605 
® — 0,00003632 
mit den wahrscheinlichen Fehlern 
für ß » . . 0,00000035 
für d ... 0,000057 
für ®’ .. . 0,00000163 
Bei der Temperatur von 20 Graden ergeben die früher mitge- 
theilten Beobachtungsreihen, soweit sie den ersten Schenkel der Curve noch 
treffen, folgende mittlere Geschwindigkeiten: 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 63 


Röhre 4... 1. h=808 c= 2388 
2 = 6,08 —= 23,2 
3. —= 4,08 —= 17,2 
4. = 3,08 = 138 
5. = 2.08 = 98 
6. = 1,58 = 
7 —= 1,08 = 49 
Röhre 3... 5. h=383 c= 144 
6. = 2483 = 10,8 
7: —= 1,48 = 68 
8. —= 098 = 45 
Röhrtere Sr NRZETRINMEIZEFINT 
6. — ll = 62 


Die ersten Glieder im Ausdruck für die ganze Druckhöhe oder 


sind, wenn für u, g und y die der Temperatur von 20 Graden entsprechen- 
den Werthe eingeführt werden, für die drei Röhren 


0,2079... . 0,1447 und 0.0983 


Indem diese Gröfsen von den Druckhöhen abgezogen werden, findet man in 
gleicher Weise wie früher als wahrscheinlichste Werthe der Constanten 
s und 
für die Röhre 4... A = 0,15143. c + 0,0042633. c? 
der wahrscheinliche Fehler von s = 0,00197 
desgl. von 2 = 0,0000943 
für die Röhre B... A = 0,16497. c + 0,0046617. c? 
der wahrscheinliche Fehler von s = 0,00016 
desgl. von 2 = 0,0000128 
für die Röhre C... %# = 0,06945. c + 0,004617. c? 
Bei der letzten Bestimmung kann man die wahrscheinlichen Fehler nicht an- 
geben, weil nur zwei Beobachtungen zum Grunde liegen. 
Behandelt man die Constanten s, oder die Coeflicienten von e in glei- 
cher Weise, wie früher; so ergiebt sich als wahrscheinlichster Werth 
a = 0,00196 
wenn man dagegen die Beobachtungen mit der weiten Röhre, die am wenig- 
sten sicher sind, unbeachtet läfst; so findet man 
a = 0,00099 


64 Haczn über den Einflufs der Temperatur 


Es rechtfertigt sich daher, den früher gefundenen Werth 
« = 0,0013 
hier wieder einzuführen. Alsdann ergiebt sich aus 
A... B = 0,000022008 
B ... ß= 0,000022171 
C ... ß = 0,000021597 
daher im Mittel, wenn man der letzten Bestimmung nur halbes Gewicht 
beilegt, 
ß = 0,000021991 
Die Factoren des zweiten Gliedes ergeben dagegen, wenn man « als 
bekannt voraussetzt, und wieder den Beobachtungen C ein geringeres Ge- 
wicht beigelegt, 
« = 0,0034898 
= 0,000020797 
Nachdem nunmehr für drei verschiedene Temperaturen, nämlich für 
5, 10 und 20 Grade die Constanten berechnet sind, ist zu untersuchen, 
welche unter diesen von der Temperatur abhängen, und welche davon 
unabhängig sind. Für « ist bereits angenommen und nachgewiesen (soweit 
die Beobachtungen ein sicheres Urtheil gestatteten), dafs die Temperatur kei- 
nen Einflufs darauf habe. 
Für 8 wurden für diese drei Wärmegrade die folgenden Werthe ge- 
funden : 
0,000039 . . . 0,0000320 und 0,0000220 
die Abhängigkeit von der Temperatur ist daher augenscheinlich. 
Die entsprechenden Werthe von «’ waren 
0,002248 ... . 0,002605 und 0,003490 
es ist sonach auch hierbei eine Beziehung zur Wärme sehr wahrscheinlich, 
die jedoch in einer andern Untersuchung, zu der sogleich übergegangen wer- 
den wird, ihre Bestätigung nicht findet. 
Die Werthe von £ sind endlich 
0,00004161 ... 0,00003632 und 0,00002080 
die Abhängigkeit von dem Wärmegrade leidet daher keinen Zweifel. 
Die Constante «’ enthält jedenfalls diejenige Zahl k, die mit dem 
Quadrate der Geschwindigkeit multiplieirt, die Geschwindigkeitshöhe dar- 
stellt. Wenn demnach die Röhre so kurz wäre, dafs nur so eben die Con- 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 65 


traction des Strahles verhindert würde, die.bei Öffnungen in dünner Wand 
eintritt, so mülste 
h=kc? 

sein, und der Einflufs der Temperatur würde sich alsdann noch vollständig 
zu erkennen geben. Directe Beobachtungen mit sogenannten Ansatzröh- 
ren (deren Länge nur etwa das anderthalbfache der Weite beträgt) bestä- 
tigten dieses aber durchaus nicht. Ich habe diese Beobachtungen von 4 Gra- 
den bis 72 Graden ausgedehnt, und für alle Temperaturen sehr nahe den- 
selben Coefficient gefunden, sobald dieselben Ansatzröhren und dieselben 
Druckhöhen angewendet wurden. Dagegen bestätigten diese Messungen 
wieder die Erfahrung, die man auch sonst gemacht hat, dafs nämlich dieser 
Coefficient zum Theil von der Weite der Röhre und zum Theil von der 
Druckhöhe abhängig ist, und zwar vergrölsert er sich sehr bedeutend, wenn 
die Druckhöhe abnimmt. Hierin liegt ohne Zweifel der Grund der obiger. 
Verschiedenheit der Werthe für «'. Bei den höheren Temperaturen mufsten 
nämlich diejenigen Beobachtungen ausfallen, welche mit den stärksten 
Druckhöhen angestellt waren, und sonach verminderten sich der Tempera- 
tur entsprechend auch die Druckhöhen. Dazu kommt, dafs die Bestimmung 
von «' für 20 Grad schon ziemlich unsicher ist, woher kein Grund vorliegt, 
eine Abhängigkeit von der Temperatur vorauszusetzen. 

Man pflegt diesen Coefficient in der Hydraulik gemeinhin in etwas an- 
derer Form einzuführen. Die Druckhöhe 4 erzeugt in einem Strahle, der 
durch eine Öffnung in dünner Wand tritt, die Geschwindigkeit 

ce = 2Vgeh 
also die Wassertheilchen strömen eben so aus, als wenn sie von der Höhe 
h frei herabgefallen wären. Beim Durchflufs durch eine kurze Ansatzröhre 
ist ihre Geschwindigkeit aber merklich geringer : setzt man dieselbe 

ce = 2k\/gh 
so findet man k bei weiten Öffnungen und starken Druckhöhen ziemlich 
übereinstimmend gleich 0,82. Bei geringen Druckhöhen vermindert der 
Werth sich aber bis gegen 0,7. Indem nun die Geschwindigkeitshöhe gleich 
«'c”, oder 
f 


Aktg 


’ 


ist, so ergeben sich für die so eben bezeichneten Grenzen von k, und unter 


Math Kl. 1854. I 


66 Hıczn über den Einflufs der Temperatur 


Zugrundelegung des Rheinländischen Zollmaafses (wonach für Berlin g = 
187,59) die äufsersten Werthe von «’ gleich 

0,0019852 und 0,002720 
Die für die Temperaturen von 5 und 10 Graden gefundenen Werthe fallen 
in der That zwischen diese Grenzen, dagegen ist das Resultat der bei 20 Gra- 
den angestellten Beobachtungen ansehnlich gröfser, und man darf wohl an- 
nehmen, dafs der Unterschied von Beobachtsfehlern herrührt. 

Indem die Erscheinungen beim Durchflusse des Wassers durch Ansatz- 
röhren noch keineswegs aufgeklärt sind, so mufs man dafür ein möglichst 
einfaches Gesetz annehmen, und ich bin daher dem üblichen Verfahren ge- 
folgt, und habe einen constanten Factor gewählt, dem ich aber diejenige 
Gröfse gab, welche durchschnittlich den Weiten der Röhren und den Druck- 
höhen zu entsprecheu schien. Ich setze k = 0,76 

oder « = 0,0023073 

Für die beiden Constanten «@ und «' sind demnach die Werthe ermit- 
telt, und wenn man diese in die obige Gleichung einführt, so müssen wegen 
der Abweichungen von den gefundenen Werthen dieser Gröfsen auch Q und 
£ sich etwas verändern. Es schien mir indessen angemessen, nachdem nun- 
mehr die Form des Ausdruckes feststand, bei Berechnung von £ und £’ al- 
len einzelnen Beobachtungen gleichen Werth zu geben, während nach der 
bisherigen Rechnungsweise die für die drei Röhren gefundenen Constanten 
in gleicher Weise eingeführt wurden, also die wenigen Beobachtungen mit 
der weiten Röhre überwiegenden Werth erhalten hatten. 

Die Gleichung für die Druckhöhe hat nunmehr folgende Form er- 
halten: 


7 U) 22 r o* 
h= — 2 NE — (5 
EI... „ee ( A (e—«)* 
oder 
% a'o'c? lo®c lo*c? . 
h— — — — = — rege) 
By 3 (0 Bj e)" (e—«)* 


Indem alle einzelnen, oben mitgetheilten Beobachtungen nach dieser Formel 
berechnet wurden, ergaben sich für die drei Wärmegrade nach der Methode 
der kleinsten Quadrate die folgenden Wcrthe 
für 5°... ß = 0,000038874 und @ = 0,000040602 
die wahrscheinlichen Fehler 0,000000114 und 0,00000062 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 67 


für 10°... 2 — 0,000032417 und & = 0,000039045 
die wahrscheinlichen Fehler 0,000000309 und 0,00000245 
für 20°... 8 = 0,000023852 und 8 = 0,000035539 
die wahrscheinlichen Fehler 0,000000722 und 0,00000788 
Für die Temperatur von 35 Graden ergeben sich aus den Beob- 
achtungen, soweit dieselben in den ersten Schenkel der Curve fallen, die 
folgenden Geschwindigkeiten: 


Röhre 4..... Ah=40%8 c= 2,3 
5; = 3,08 —I6A 
6. = 2.08 ==aR2ar 
7: —5638 —agie 
8. = 1,08 N Ef} 
Röhren 2 Tan: h=11 c= 92 
8. —= 0,98 —= 64 
Röhre C....6 hkh=s0rn1 c= 76 


Wenn diese Beobachtungen in der so eben bezeichneten Weise be- 
rechnet werden, so findet man, indem die Werthe von r 
0,2003 . . . 0,1394 und 0,0947 
sind, 
bei 35°... @ = 0,000016525 und %’' = 0,000031292 
die wahrscheinlichen Fehler sind aber 
0,000000966 und 0,00001289 


Die Vergleichung dieser Werthe zeigt sehr deutlich, dafs dieselben 
bei höheren Temperaturen immer unsicherer werden, was ohne Zweifel da- 
von herrührt, dafs die Anzahl der zum Grunde liegenden Beobachtungen 
sich vermindert, auch letztere weniger genau ausfallen. Für noch höhere 
Wärmegrade konnte keine Beobachtungsreihe benutzt werden, und es bot 
sich nur noch eine einzelne Messung bei 60 Graden zum Vergleiche dar, die 
mit der Röhre A angestellt war. Eine grofse Sicherheit war bei dieser nicht 
vorauszusetzen, indem ein sehr geringer Irrthum in der Druckhöhe darauf 
entschiedenen Einflufs haben mufste. Die Vergleichung mit den Beobach- 
tungen bei geringeren Temperaturen zeigte in der That eine starke Abwei- 
chung , woher ich sie nicht zur Bestimmung der Werthe von Rund 


@ benutzen, vielmehr sie später nur vergleichungsweise mittheilen will. 
12 


68 Hasen über den Einflufs der Temperatur 


Indem ich die Werthe von ®’ graphisch auftrug, fielen dieselben sehr 
nahe in eine gerade Linie, und ich durfte sonach den Ausdruck wählen 
B=x—y.r 
Durch Einführung der wahrscheinlichsten Werthe für x und y erhält man 
& = 0,00004208 — 0,0000003121. r 
wobei r wieder den Thermometer-Grad bezeichnet. Der wahrscheinliche 
Beobachtungsfehler dabei ist gleich 0,00000017. Die wahrscheinlichen Feh- 
ler in der Bestimmung von x und y sind aber 
0,00000003047 und 0,00000000728 
Schwieriger war es, die Beziehung zwischen ® und r aufzufinden. 
Die Einführung verschiedener Glieder, welche ganze Potenzen von r zu Fac- 
toren hatten, gab kein genügendes Resultat, dagegen schlossen die obigen 
Zahlenwerthe sich recht befriedigend an die Formel 
B=&-y.)r 
oder 
ß = 0,00006338 — 0,000014413. V 


an, wobei der wahrscheinliche Fehler von x gleich 0,000000524 und der 
von y gleich 0,000000207 ist. Für die Temperatur von 80 Graden wird 
ß = 0,00000128, also es beträgt alsdann nur noch den funfzigsten Theil 
von der Gröfse, die es im Gefrierpunkte hatte, und ohne die Grenze der 
wahrscheinlichen Fehler zu überschreiten, kann man auch annehmen, dafs 
für den Siedepunkt @=0 wird. Durch Verbindung dieses Werthes von ß 
mit den aus den Beobachtungen gefundenen ergiebt sich der sehr einfache 
Ausdruck 

8 = 0,000015 80V) 
Derselbe schliefst sich ziemlich nahe an die obigen Werthe an. Er giebt 
nämlich 

fürr = 5°....= 0,00003898 

= 10°.... = 0,00003232 

— 20°. 7..2.:.=,0,00002392 

er = .0,.00001557 
Der Unterschied erreicht nur bei der Temperatur von 35° den wahrschein- 
lichen Fehler des Werthes von A. 


Endlich hatte ich mit der Röhre A noch eine einzelne und zwar wenig 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 69 


sichere Beobachtung für die Temperatur von 60 Graden. Nämlich für A = 
1,08 ergab sich ce = 9,6. Unter Zugrundelegung der obigen Werthe für « 
und «', und des Ausdruckes für &', der &' = 0,00002335 ergab, fand ich 
ß = 0,00000930, während nach der vorstehenden Formel 8 — 0,00000696 
sein sollte. Der Unterschied erklärt sich leicht, wenn in der Beobachtung 
von c ein geringer Fehler angenommen wird. 

Nachdem im Vorstehenden die Gesetze der Bewegung, und zwar für 
den ersten Schenkel der Geschwindigkeits - Scale, aus den Beobachtungen 
hergeleitet worden, kommt es darauf an, die Bedeutung dieser Resul- 
tate zu erklären, und deren Zusammenhang mit den eigenthümlichen Er- 
scheinungen nachzuweisen, die bei höheren Temperaturen eintreten. 

Über das erste Glied in dem Ausdrucke für die Druckhöhe, welches 
von der Geschwindigkeit ganz unabhängig ist, war bereits oben ausführlich 
die Rede, und es wurde nachgewiesen, dafs dasselbe nichts anders, als den 
Gegendruck bezeichnet, den der Strahl, sobald er frei in die Luft tritt, 
durch die Spannung der Oberfläche oder die sogenannte Capillar-Attraction 
erleidet. 

Das zweite Glied, welches augenscheinlich denjenigen Theil der 
Druckhöhe darstellt, der zur Überwindung der Widerstände verwendet 
wird, enthält die erste Potenz der mittleren Geschwindigkeit als 
Factor. Die gewöhnliche Annahme, dafs diese Widerstandshöhe der zwei- 
ten Potenz der Geschwindigkeit proportional sei, wird sonach durch diese 
Beobachtungen vollständig widerlegt. Sie ist indessen auch an sich wenig 
wahrscheinlich, und der Grund, den Eytelwein dafür angiebt, spricht so- 
gar mehr für die erste, als für die zweite Potenz. Eytelwein sagt nämlich 
(Handbuch der Mechanik und Hydraulik. Dritte Ausgabe 1842. Seite 167), 
dafs bei einer doppelten Geschwindigkeit noch einmal soviel Wassertheile, 
und jedes in halb soviel Zeit, als bei einfacher Geschwindigkeit sich losreis- 
sen mülsen, und hierauf fährt er fort: daher werden sich unter übrigens 
gleichen Umständen die Widerstandshöhen, wie die Quadrate der Geschwin- 
digkeiten verhalten. In dieser Schlufsfolge sind augenscheinlich die Begriffe : 
Widerstand und Widerstandshöhe, mit einander verwechselt. Das angeführte 
Räsonnement, wie wenig es auch ein wirklicher Beweis ist, macht es aller- 
dings plausibel, dafs die Widerstände, oder die zur Überwindung derselben 
erforderlichen lebendigen Kräfte den zweiten Potenzen der Geschwindigkei- 


70 Hagen über den Einflufs der Temperatur 


ten proportional sind. Diese Kraft ist aber jedesmal das Product aus der 
Wassermasse in das Quadrat der Geschwindigkeit oder in die Fallhöhe, und 
insofern die Wassermasse bei gleichem (Juerschnitte der Röhre wieder der 
Geschwindigkeit proportional ist; so folgt, dafs die Fallhöhe, also hier die 
Widerstandshöhe, nur durch die erste Potenz der Geschwindigkeit ausge- 
drückt werden kann, wie die Beobachtungen auch ergeben. 

Die Weite oder der Halbmesser der Röhre tritt gleichfalls in ganz an- 
derer Weise in dieses zweite Glied des Ausdruckes ein, als man gewöhnlich 
annimmt. Nach Eytelwein ist nämlich die Widerstandshöhe umgekehrt 
dem Halbmesser proportional, nach den vorliegenden Beobachtungen stellt 
sich dagegen heraus, dafs die Widerstandshöhen sich umgekehrt wie 
die Quadrate der Halbmesser verhalten. Dieses Resultat ist augen- 
scheinlich mit der gewöhnlichen Vorstellungsart ganz unvereinbar, dafs näm- 
lich ein Wasser-Cylinder sich ohne alle innere Bewegungen durch die Röhre 
schiebt, und sonach keinen andern Widerstand, als an seinem Umfange, er- 
fährt. Bei der grofsen Beweglichkeit des Wassers ist ein solches ganz gleich- 
mäfsiges Vorschreiten gröfserer Massen durchaus undenkbar und man kann 
sich in jedem Falle auch leicht überzeugen, dafs dieses nie vorkommt. Wenn 
dagegen bei niedrigen Temperaturen die Beweglichkeit des Wassers noch 
beschränkt ist und die geringe Röhrenweite derselben gleichfalls eine nahe 
Grenze setzt, so kann es allerdings geschehn, dafs die ganze Wassermenge 
unter so starker Spannung die Röhre durchfliefst, dafs keine innere Bewe- 
gungen eintreten, und jedes Wassertheilchen nur parallel zur Axe sich fort- 
bewegt. Man darf dabei indessen nicht annehmen, dafs ein Wassereylinder 
von melsbarem Querschnitte sich gleichmäfsig bewegt, weil in diesem Falle 
die Wassertheilchen relativ in Ruhe sich befinden, und dadurch veranlafst 
würden, sogleich in innere Bewegungen überzugehn. Die erwähnte Span- 
nung, welche allein die regelmäfsige Bewegung erhalten kann, stellt sich 
vielmehr nur ein, wenn jede einzelne dünne Wasserschicht von zwei andern 
begrenzt wird, von denen die eine etwas schneller, und die andere etwas 
langsamer, als sie selbst, vorrückt. 

Diese Vorstellungsart, von der ich schon früher und zwar bei ver- 
schiedenen Gelegenheiten Gebrauch gemacht habe, empfiehlt sich dadurch, 


dafs sie mit den vielfach bemerkten Adhäsions-Erscheinungen der Flüssigkei- 


5 
ten vollständig in Einklang steht. Unmittelbar neben ruhendem Wasser kann 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. na 


niemals eine merkliche Strömung stattfinden; die Bewegung des letzten theilt 
sich dem ersten mit und jedesmal bildet sich ein allmähliger Ubergang zwi- 
schen beiden. Eine nähere Betrachtung der hierdurch veranlafsten Verhält- 
nisse erklärt nicht nur die Zusammensetzung des in Rede stehenden zweiten 
Gliedes, sondern, was besonders wichtig ist, sie zeigt auch, dafs diese regel- 
mälsige Bewegung nach den allgemeinen mechanischen Gesetzen nur bis zu 
einer gewissen Grenze möglich bleibt, und dafs alsdann die Spannung auf- 
hört und die innern Bewegungen eintreten, welche einen grofsen Theil der 
lebendigen Kraft consumiren. 

Ich setzte hiernach voraus, dafs bei dieser regelmäfsigen Bewegung 
des Wassers in Röhren, worauf die vorstehenden Untersuchungen sich allein 
bezogen, nicht gröfsere Massen gleichmäfsig vorrücken, vielmehr eine un- 
endlich grofse Anzahl dünner Wasserröhren sich in einander fortschieben. 
Der mittlere Wasserfaden, der in die Axe der Röhre trifft, hat sonach die 
gröfste Geschwindigkeit, die nächste dünne Wasserschicht bewegt sich etwas 
langsamer und sofort, bis unmittelbar oder nahe an der festen Röhrenwand 
die Bewegung ganz aufhört. Es findet sonach nirgend ein plötzlicher Über- 
gang der Geschwindigkeit statt, vielmehr wird dieselbe in steter Zunahme 
und zwar dem Abstande von der Wand entsprechend immer gröfser , bıs sie 
in der Axe ihr Maximum erreicht. Ob man hierbei eine ruhende Wasser- 
schicht neben der Röhrenwand voraussetzt, also den Halbmesser um eine 
bestimmte Quantität vermindert oder nicht, ist für die fernere Untersu- 
chung ganz gleichgültig, weil durch die erste Annahme nur eine etwas 
engere Röhre eingeführt wird. Daher mag im Folgenden g nicht den Halb- 
messer der messingenen Röhre, sondern den Halbmesser des bewegten 
Wasserkörpers bedeuten. 

Denkt man den aus der Röhre ausgetretenen Strahl plötzlich be- 
seitigt, und nimmt man an, dafs die ferner austretende Wassermasse in 
derselben Art, wie sie nach vorstehender Auseinandersetzung innerhalb der 
Röhre sich bewegt, diese Bewegung auch aufserhalb fortsetzt, und am 
Ende der ersten Secunde in unveränderter Form fixirt werden könnte, 
so würde an der Röhre nicht ein Wasser-Cylinder, sondern ein Wasser- 
kegel haften, dessen Grundfläche den Radius der Röhre oder e zum Halb- 
messer haben würde, und dessen Höhe der Geschwindigkeit des mittleren 
Fadens gleich wäre. Nenne ich letztere v, so ist v—=3c, wenn c die mitt- 


72 Hagen über den Einflufs der Temperatur 


lere Geschwindigkeit, oder die Wassermasse dividirt durch den Querschnitt, 
bezeichnet. Für einen beliebigen Abstand r von der Axe des Kegels 
würde aber die zugehörige Geschwindigkeit 


o—r 


sein. ; tor e 
Als Maafs des Widerstandes oder der zu dessen Überwindung erfor- 


UV 


derlichen lebendigen Kraft nehme ich diejenige Kraft an, welche nöthig ist, 
um die Form eines Wasserwürfels von 1 Zoll Seite in einer Secunde so zu 
verändern, dafs die eine Seitenfläche um 1 Zoll verschoben wird. Diese 
Kraft sei gleich n. 

Um in einem andern Wasserprima von der Grundfläche f und der 
Höhe 5 die eine Grundfläche wieder in einer Secunde um den Abstand p zu 
verschieben, wird alsdann eine Kraft / erforderlich sein, die sıch in folgen- 
der Art ausdrückt. Zunächst ist diese Kraft der Grundfläche oder dem 
Querschnitte, also / proportional; ferner auch der Höhe d, weil & mal mehr 
oder weniger Schichten im letzten Falle sıch über einander schieben. p be- 
zeichnet die Geschwindigkeit im Abstande 5 von der ruhenden Grundfläche, 
und um die Vergleichung mit jenem Würfel darzustellen, mufs man den Weg 
der bewegten Grundfläche auf den Abstand von 1 Zoll reduciren. Dadurch 
wird die Geschwindigkeit gleich n. In welcher Potenz diese Geschwindig- 
keit einzuführen sei, ist noch unbekannt, wenn man jenes eben mitgetheilte 
Räsonnement nicht gelten lassen will. Ich führe daher einen unbekannten 
Exponenten x ein, der durch die Vergleichung mit den Beobachtungen ge- 
funden werden soll. Hiernach ergiebt sich 


N=fb (2) 7 


und wenn diese Bewegung ? Secunden hindurch anhält, so ist die darauf 


Ihe (2) er 


Hiernach ist es leicht, die lebendige Kraft zu bestimmen, welchen der 


verwendete lebendige Kraft 


in einer Secunde ausgetretene Wasserkegel beim Durchgange durch die 
ganze Röhre zur Überwindung der Widerstände consumirt hat. Ich nenne 
diesen ganzen Widerstand w und betrachte eine dünne Röhre vom Halbmes- 
ser r, deren Dicke gleich dr ist. Es kann aber augenscheinlich keinen Un- 


terschied machen, ob krumme Flächen oder Ebenen sich über einander fort- 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 13 


schieben, wenn nur die Richtung der Bewegung geradlinig und für alle 
Theile dieselbe ist. Man hat in diesem Falle 


K==2T7T. U 
B==ıdr 
p= du 
1 
und = -— 
u 


letzteres begründet sich dadurch, dafs jeder Theil in dieser dünnen Röhre 


N 
sich mit der Geschwindigkeit u bewegt, also — Secunden braucht, um den 


Weg / oder die Länge der Röhre zu durchlaufen. Hiernach ist 


AND 
dw = 2nI!r 5) rdr 
dr 


d 
aber == = 2. , also 
dr 2 


dw» = 2n!r = rdr 
g 


und das Integrale vonr=o bis = R 


v E22 
 o= nImo” E) 
g 


Diesen Widerstand hat die in einer Secunde austretende Wassermenge bei 
ihrem Durchgange durch die ganze Röhre erfahren, und darauf die lebendige 
Kraft verwendet, die sie beim Herabsinken von der Widerstandshöhe A er- 
hielt. Da beide Gröfsen einander gleich sein müssen, so ist 


i e 2 v > 
30 rvyh= nImg @) 


Ind uN\N” 
0) 
vuy & 


oder wenn man statt der gröfsten Geschwindigkeit v, die mittlere ce einführt 


ni 3c 
a) 
Aus den Beobachtungen hatte ich für die Widerstandshöhe den Ausdruck 


h= 2 L 
hy) 
gefunden, und beide Ausdrücke stimmen in Bezug auf /, c und mit einan- 


der genau überein, sobald man x — 2 setzt. Man erhält alsdann 


oder 


Math. Kl. 1854. K 


also 
9n 
B=— 
m 
oder 
n=+. yß 


Der Widerstand, den der Wasserwürfel bei der Temperatur von 0 Graden 
der oben bezeichneten Verschiebung seiner Theile entgegensetzt, und zwar 
wenn diese mit der angegebenen Geschwindigkeit erfolgt, ist demnach so ge- 
ringe, dafs er schon durch die lebendige Kraft eines Gewichts überwunden 
wird, welches dem 116000‘ Theile eines Lothes gleich ist, und 1 Zoll tief 
herabfällt. Bei der Temperatur von 80 Graden hört der Widerstand aber 
ganz auf. Dabei mufs jedoch daran erinnert werden, dafs die bezeichnete 
Kraft allein auf die Überwindung des Widerstandes oder der Reibung sich 
bezieht, und keineswegs der Impuls, der die Masse in Bewegung setzt, hierin 
mit inbegriffen ist. 

Ein andrer Theil der Druckhöhe, nämlich die sogenannte Geschwin- 
digkeits-Höhe, theilt dem in die Röhre tretenden Wasser die Geschwin- 
digkeit mit, womit es diese durchfliefst. In dem obigen Ausdrucke für 
die Druckhöhe wird dieser Theil durch dasjenige Glied bezeichnet, welches 
die zweite Potenz der mittleren Geschwindigkeit als Factor enthält. Auch 
in Bezug auf dieses Glied gewährt die Untersuchung der mechanischen Ver- 
hältnisse unter Voraussetzung der angenommenen Bewegung, den grofsen 
Vortheil, dafs der eine Zahlen-Coefhieient seine volle Begründung findet. 

Indem wieder die obige Bezeichnung eingeführt wird; so ist die Masse 
einer sehr dünnen Röhre, deren Halbmesser 9 ist, gleich 2?ryurdr, daher 
die lebendige Kraft derselben 

dL=2r yu’rdr 


N) 
= Ir yv’ ar dr 


oder 


L=01. myv?o? 


Die Geschwindigkeit in der Axe ist das Dreifache der mittleren Geschwin- 
digkeit, daher 

L=327. myc?o* 
Diese lebendige Kraft erhält die Wassermenge beim Herabsinken von der 


Geschwindigkeits-Höhe 7’, daher auch 
L=4gryh'co’ 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 75 


und wenn man beide Ausdrücke einander gleich setzt 
2,7 
ig 


c® 


= 
oder 
e= VW) 
= 0,7662 .2/(g h’) 
Der letzte Faetor ist nichts anders als der sogenannte Geschwindigkeits- 
Coefficient bei kurzen Ansatzröhren, dessen Werth sich aus den oben mit- 
getheilten Versuchen durchschnittlich gleich 0,76 ergab. Dagegen ist — = 
0,0035982 allerdings grölser, als die oben aus den Beobachtungen mit den 
Röhrenleitungen gefundene Werthe. Der Überschußs vertritt indessen noch 
den zweiten Theil dieses Gliedes, der die Länge der Röhre als Factor 
enthält. 
Welche Bewandnifs es mit diesem zweiten Theile haben mag 


5) 
ich nicht bestimmt anzugeben. Die oben mitgetheilten Resultate der Rech- 


weils 


nung wiesen so entschieden auf die Trennung hin, dafs ich sie nicht unter- 
lassen durfte, und die mechanischen Verhältnisse sind so eigenthümlich, dafs 
eine Verstärkung des Druckes nach Maafsgabe der Länge der Röhre sich zu 
begründen scheint. Die eintretende Wassermasse bewegt sich nämlich mit 
constanter Geschwindigkeit durch die ganze Röhre, weil der Querschnitt 
überall derselbe ist und keine andre Bewegung als in der Richtung der Axe 
stattfindet. Die Wassertheilchen behalten also ihre volle lebendige Kraft bei, 
während sie nichts desto weniger die Widerstände, denen sie begegnen, 
überwinden müssen. Man mufs annehmen, dafs durch die bewegte Wasser- 
masse hindurch, und zwar in der Richtung ihrer Bewegung, der Druck sich 
überträgt, wodurch vielleicht dieser Zusatz zu erklären ist. 

Der Werth von £’ ist bei 0 Graden gleich 0,00004208 und bei 80 
Graden gleich 0,00001712. Wenn daher «' = 0,002307, so mufs bei 0 Gra- 
den für je 55 Zoll und bei 80 Graden für je 137 Zoll dieses «' oder der ur- 
sprüngliche Werth der Geschwindigkeitshöhe zugesetzt werden. Bei der un- 
regelmäfsigen Bewegung, die in engen Röhren bei höheren Temperaturen 
und in weiteren Röhren beständig stattfindet, treten ähnliche Verhältnisse 
nicht mehr ein, weil eben diese Bewegungen, die sich nach und nach ver- 
mindern, die erforderliche Kraft zur Überwindung der Widerstände darstel- 
stellen. 


K2 


76 Hasen über den Einflufs der Temperatur 


4. Untersuchung der Maxima und Minima der Geschwindig- 
keits-Scale. 


Indem ich die Geschwindigkeits-Scalen wieder in gröfserem Maafs- 
stabe zeichnete, und in einzelnen Fällen, wo die Beobachtungen gar zu weit 
auseinander lagen, auch die zahlreichen früheren Messungen benutzte, so er- 
gaben sich die nachstehenden Geschwindigkeiten c als Maxima und Minima, 
und zwar traten dieselben in den mit r bezeichneten Temperaturen ein: 


A. Für die enge Röhre: 


Maxima. Minima. 

1. hA= 11,8 c=3,)0 T=18 | ce =318 = 325 
2 8,08 29,9 24,5 27,0 35,5 
3. 6,08 25,5 30 23,5 44 
4. 4,08 20,4 37,5 19,1 60 
5. 3,08 17,3 44 

6. 2,08 | 14,0 54 

B. Für die mittlere Röhre: 

1. A= 11,48 c=2398 = 8 =%%5 = 2 
2. 8,48 25,3 12,5 22,6 24,5 
3. 6,48 21,7 16 19,7 26 
4. 4,48 17,9 23 16,4 35 
5. 348.1 15,7 27 

6. 2,48 13,2 35 

C. Für die weite Röhre: 

2a hi=1621 e=N83 r= 9 
3. 4,21 CHI BEE 18,8 14 
4. 2,21 14,3 17,5 13,6 26 
5 1,21 10,6 27 10,0 40 
6 0,71 8,0 40 


Eine gewisse Regelmäfsigkeit giebt sich schon aus dieser Tabelle zu er- 
kennen, zeigt sich aber viel auffallender, wenn man die Geschwindigkeiten 
als Ordinaten, und die Druckhöhen oder die Thermometergrade als Abseis- 
sen aufträgt. Man bemerkt alsdann, dafs die Curven für die drei Röhren ein- 
ander ähnlich sind, und dafs die Curven der Maxima denen der Minima ent- 
sprechen. Für alle diese Curven scheinen daher dieselben Gesetze zu gelten, 
während nur die constanten Coefficienten verschieden sind. Nichts desto 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 77 


weniger sind die angegebenen Werthe der Geschwindigkeiten keineswegs als 
besonders genau anzusehn, und noch weniger ist dieses mit den Temperaturen 
der Fall, da die Lage der beiden Scheitelpunkte nicht direct gemessen war, 
sondern nur aus dem Zuge der Linien zu beiden Seiten hergeleitet werden 
konnte. Die folgende Untersuchung zeigt auch, dafs dabei nicht entfernt die- 
selbe Genauigkeit, wie für den ersten Schenkel der Curve, erreicht werden 
konnte. 

Die Werthe A in der vorstehenden Tabelle bezeichnen die ganzen 
Druckhöhen. Es leidet keinen Zweifel, dafs der früher gefundene Gegen- 
druck, den die Spannung der Oberfläche in dem ausfliefsenden Strahle aus- 
übt, wieder abgezogen werden mufs. Die alsdann noch bleibende Druck- 
höhe ist die Summe der Widerstandshöhe und Geschwindigkeitshöhe. 

Zunächst bemühte ich mich, die Beziehung zwischen dieser 
Druckhöhe und der Geschwindigkeit darzustellen, indem ich 
die Form 

W"=rec no sc” 
wählte. Dabei ergab sich aber, dafs sowol für die Maxima, als auch für die 
Minima der Coffieient r bei den Röhren A und B positiv, bei der Röhre C 
dagegen negativ wurde. Die Einführung eines dritten, von der Geschwindig- 
keit unabhängigen Gliedes änderte dabei nichts, und trug überhaupt nur we- 
nig zur Verminderung der übrig bleibenden Fehler bei. Auch die Form 


h—=n.c" 
gab kein befriedigendes Resultat, indem der Exponent x bald etwas gröfser 


und bald etwas kleiner, als zwei, sich darstellte. Unter diesen Umständen 
schien es mir am angemessensten, den einfachsten Ausdruck, nämlich 


2 ‚ 
een, 


zu wählen. Die Werthe von m und deren wahrscheinliche Fehler ergaben 
sich alsdann 


für die Maxima 
bei der Röhre A... m = 109,8 wahrsch. Fehler — 1,0 

BD, a, = 175 

CR 


- 
w 


I 
Ne) 
so 
[> } 
I 
[97 
er 


78 Hasen über den Einflufs der Temperatur 


für die Minima 
bei der Röhre A...m= 9,3 wahrsch. Fehler = 0,5 
Iyocnoı = 0,3 
een A 1,4 


II 


Diese Werthe beziehn sich sowol auf die Widerstands-Höhen, als auf die 
Geschwindigkeits- Höhen : trenne ich dieselben, indem ich wieder den Ge- 
schwindigkeits-Coefficienten für kurze Ansatzröhren gleich 0,76 annehme, so 


findet sich der Coefficient der Widerstandshöhe 
M= 1 — 0,0023073 
zn 


daher 
Maxima Minima 
bei der Röhre A... M = 0,00680 M — 0,00840 
ö = 0,01098 == 0,0139 
CET EHE 0,0070% — 0,00919 


Man bemerkt leicht, dafs die Factoren M bei den verschiedenen Röhren den 


Quotienten = ungefähr proportional sind, und es ergiebt sich daher allge- 
mein die Widerstandshöhe 4 


für die Maxima H = 0,00002095 
für die Minima H = 0,00002573 


Die Beziehung zwischen der Temperatur und der Ge- 
schwindigkeit ergab sich sehr einfach, indem für die einzelnen Röhren 
und zwar sowohl in den Maximis, als in den Minimis, die oben eingeführten 
Gröfsen £, die allein von der Temperatur abhängen, sehr nahe den Ge- 
schwindigkeiten proportional sind. Mit Ausschlufs der einen Beobachtung 
bei der Temperatur von 60°, wobei in der That die sehr flache Curve die 
Lage des Scheitelpunktes am wenigsten mit Sicherheit erkennen läfst, erge- 
ben sich folgende Mittelwerthe 


für die Maxima 


bei der Röhre A... BB 0,0000007055 
B © — 0,0000012090 
C — 0,0000017993 


ST 
de) 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 


für die Minima 


bei der Röhre A... B,se 0,0000005253 
B “ = 0,0000009298 
& — 0,0000014394 


Diese Werthe sind augenscheinlich nur von den Weiten der Röhren, aber 
nicht von deren Längen abhängig, und man findet 

für die Maxima 
2 = - 0,000000263 + 0,00001836. p 


c 
und für die Minima 


2 = — 0,000000263 + 0,00001509. 9 
Substituirt man den oben gefundenen Werth 


ß = 0,00006338 — 0,000014413. Vr 
so folgt 
für die Maxima 
Vr = 4,397 + 0,0182. c — 1,274. ge 


und für die Minima 
3 


Vr = 4,397 + 0,01825. c — 1,047. gc 
Indem ich in diese Ausdrücke die oben angegebenen Werthe von c einführe, 
und die Thermometer-Grade r berechne, so finde ich den wahrscheinlichen 
Fehler in der Bestimmung der letztern 
für die Maxima gleich 1,30 Grade 
und für die Minima gleich 1,84 Grade. 

Wichtig ist noch die Untersuchung, in welchem Falle die Maxima und 
Minima in oder unter den Gefrierpunkt fallen. Indem man z gleich Null 
setzt, erhält man 
für die Maxima m 4,397 

1,274. g — 0,01825 
oder mit Vernachlässigung des zweiten Gliedes im Nenner 
3,452 


c=—— 


eg 
und für die Minima u 
e= — 


1,047. — 0,01825 
alla 


[I 


oder 4,200 


s0 Hasen über den Einflufs der Temperatur 


Bei einer Röhre von 4 Zoll Weite wird demnach die Geschwindigkeit 
schon im Gefrierpunkte ein Maximum, wenn sie alsdann 1,7 Zoll beträgt. 
Hierdurch erklärt es sich, dafs in den gröfseren Röhrenleitungen, worin theils 
stärkere Geschwindigkeiten stattfinden, theils auch die lichten Weiten, oder 
die Werthe von o bedeutender sind, die Maxima und Minima gar nicht be- 
obachtet werden können. 

Im Vorstehenden sind die Beziehungen zwischen den Widerstandshö- 
hen, Temperaturen und Geschwindigkeiten aus den beohachteten Maximis 
und Minimis der letztern hergeleitet, ohne die Frage zu berühren, aus wel- 
chem Grunde bei gewissen Temperaturen unter übrigens gleichen Um- 
ständen die Geschwindigkeiten Maxima und Minima werden. Die Beob- 
achtungen gaben zur Erklärung dieser auffallenden Erscheinung schon eine 
sehr wichtige Andeutung. Indem ich nämlich den ausfliefsenden Strahl stets 
vor Augen hatte, so bemerkte ich, dafs sein Verhalten beim Ausspritzen aus 
der Röhre nicht immer dasselbe blieb. Bei geringen Temperaturen stand er 
ganz unbeweglich, als wenn er ein fester Glasstab wäre. Sobald das Wasser 
dagegen stärker erwärmt war, stellten sich sehr auffallende Schwankun- 
gen in kurzen Perioden ein, die bei weiterer Erwärmung des Wassers sich 
zwar mälsigten, aber doch bis zu den höchsten Temperaturen nicht ganz 
verschwanden. Indem ich anfangs vermuthete, dafs diese Bewegungen von 
irgend welchen äufseren Störungen herrühren möchten, und die betreffen- 
den Beobachtungen daher weniger sicher wären, als die andern, so bezeich- 
nete ich sie als zweifelhaft. Bei jeder Wiederholung des Versuchs, wieder- 
holte sich indessen dieselbe Erscheinung, und als ich endlich die graphische 
Zusammenstellung machte, fand ich, dafs die stärksten Schwankungen sich 
jedesmal in dem Theile der Curve gezeigt hatten, wo die Geschwindigkeit bei 
zunehmender Temperatur abnahm. 

Hieraus ergiebt sich, dafs die innern Bewegungen sich bilden, 
oder wenigstens sehr stark zunehmen, sobald die Geschwindigkeit das Maxi- 
mum erreicht, und die Vermuthung liegt sehr nahe, dafs diese innern Bewe- 
gungen die Ursache sind, weshalb die mittlere Geschwindigkeit bei weiterer 
Erwärmung des Wassers sich nicht vergröfsern kann, sondern sich sogar ver- 
kleinert. Die bisher mit c bezeichnete Geschwindigkeit ist nämlich aus der 
ausfliefsenden Wassermenge hergeleitet; sie ist daher nur in der Richtung 
der Röhrenaxe gemessen und bezieht sich nicht auf die innern Bewegungen 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 51 


und Wirbel. Sie stellt daher keineswegs die ganze Bewegung des Wassers 
dar, vielmehr nur denjenigen Theil derselben, der das Fortschreiten der 
ganzen Masse bezeichnet. Besondere Beobachtungen, die ich mit Glasröhren 
anstellte, zeigten beide Arten der Bewegungen sehr deutlich. Indem ich 
durch dieselbe Röhre zugleich mit dem Wasser auch Sägespähne hindurch 
treiben liefs; so bemerkte ich, dafs dieselben bei geringem Drucke nur in 
der Richtung der Röhre fortschritten, bei starkem Drucke dagegen, von der 
einen Seite zur andern geschleudert wurden, und oft in wirbelnde Bewegung 
geriethen. 

Man darf hiernach wohl annehmen, dafs die Temperatur-Zunahme 
ganz allgemein die Beweglichkeit des Wassers und sonach auch die absolute 
Geschwindigkeit desselben in der Röhre vergröfsert. Diese Vergröfserung 
giebt sich sehr deutlich in der Ergiebigkeit der Röhrenleitung zu erkennen, 
so lange die Bewegung nur der Röhre parallel ist. Sobald aber die Wider- 
stände sich soweit vermindert haben, dafs die Spannung aufhört und das 
Wasser, indem es dem Impulse frei folgt, dem Drucke ganz entzogen wird, 
so hindert nichts das Entstehen der innern Bewegungen, welche durch jede 
kleinste Unregelmäfsigkeit der Röhrenwand, oder vielleicht auch schon 
durch das Eintreten in die Röhre veranlafst werden. Diese Bewegungen 
nehmen einen Theil der einwirkenden lebendigen Kraft auf, und schwächen 
dadurch die fortschreitende Bewegung, die allein gemessen werden kann. 
Letztere wird daher bei einer gewissen Temperatur ein Maximum. Indem 
die Ausdehnung der innern Bewegungen aber ihre Grenze hat, so verstärkt 
sich bei höheren Temperaturen aufs Neue die ausflielsende Wassermenge, 
oder jene beobachtete Geschwindigkeit hat nicht nur ein Maximum, sondern 
auch ein Minimum. 

Die obige Untersuchung über die regelmäfsige Bewegung des Wassers 
bei geringeren Temperaturen läfst schon den Umstand errathen, der bei zu- 
nehmender Beweglichkeit das Aufhören der Spannung veranlassen mufs. 
Die Geschwindigkeit nimmt nämlich mit dem Abstande von der Röhrenwand 
zu, und am grölsten ist siein der Axe der Röhre. Sie milst daselbst das drei- 
fache der mittleren Geschwindigkeit, und wenngleich letztere immer unter 
derjenigen bleibt, welche die Druckhöhe erzeugen würde, falls gar keine 
Widerstände vorhanden wären, so kann doch die Geschwindigkeit des mitt- 

Math. Kl. 1854. L 


82 Hacrn über den Einflufs der Temperatur 


leren Fadens diese Grenze erreichen, und sobald dieses geschieht, hört die 
Spannung darin auf, und die innern Bewegungen beginnen. 

Wenn man das erste Glied, welches den Gegendruck der Capillar- 
Attraction darstellt, von der ganzen Druckhöhe abzieht, so ist nach der obi- 
gen Entwickelung die Druckhöhe, die im vorliegenden Falle in Betracht 
kommt, 


2 
Be 


a, ’ AT ER: 
(ea)? ° 00 (a) 


Der Einfachheit wegen und insofern eine grofse Genauigkeit in dieser Unter- 


m 
h= 
&) 


suchung doch nicht erreicht werden kann, führe ich einen mittleren Zahlen- 


werth für « + £'lein, und setze aufserdem, wie schon früher geschehn 
2 


g Ei 
(ea)? Zr 
Alsdann ist 
— Er v + 0,0036 v? 
a 


v ist die mittlere Geschwindigkeit in demjenigen Theile der Röhren- 
öffnung, worin überhaupt Bewegung stattfindet, und die Geschwindigkeit 
des mittleren Fadens ist gleich 3v. Wenn diese letzte Geschwindigkeit der 
Druckhöhe A, als der zugehörigen Fallhöhe, entsprechen soll, so ist 

9.0” —4gh 
Hiernach kann man v durch A ausdrücken, und man erhält eine Gleichung, 
welche die Beziehung zwischen A und @ angiebt, nämlich 


ß 


1 
'h = 13,117 ——— 
It (ee)? 


Führe ich statt @ den oben gefundenen Werth 
=) 
2 = 0,00006333 — 0,000014413. Vr 
ein, so erhalte ich 
(ea)? 
1 


3 
Vr = 4,3975 — 5318,0 


Vh 


Die Dimensionen der Röhren 9 und / sind eigentlich auch von der Tempera- 
tur abhängig, doch darf man wieder diese geringen Verschiedenheiten ver- 
nachlässigen, wenn man eine mittlere Temperatur voraussetzt. Ich habe 
demnach die Werthe von / und p für r = 25° zum Grunde gelegt. Hiernach 
finde ich diejenigen Temperaturen, in welchen die Spannung des mittleren 
Fadens für die beobachteten Druckhöhen aufhört: 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 83 


Bei der Röhre A. 


fürk= 1088...r= 5,08 
= 788 = 950 
= 588 = 14,32 
= 3,588 = 21,91 
—= 2,388 = 27,53 
= 188 = 34,60 
Bei der Röhre B. 
fürk = 1131... .7r= 69 
= 831 —= 11,56 
= 631 —= 16,29 
= 434 = 23,30 
= 334 = 25,25 
= 2,34 —= 314,33 
BeiderRöhreC. 
fürrh= 41l5...r = 0,89 
= 2115 = 75 
—_ NE — 1 We) 
= 0,615 —= 28,93 


Vergleicht man diese Temperaturgrade mit den oben angegebenen, welche 
dem Maximum der Geschwindigkeit entsprechen, so stimmen sie bei der 
Röhre B so genau überein, wie man irgend erwarten kann, indem der wahr- 
scheinliche Fehler nur etwa einen halben Grad beträgt. Bei beiden andern 
Röhren zeigen sich dagegen sehr bedeutende, jedoch nahe constante Diffe- 
renzen. Bei der Röhre 4 sind nämlich die Temperaturen, wobei das Maxi- 
mum der Geschwindigkeit eintritt, durchschnittlich um 14 Grade, und bei 
der Röhre C um 10 Grade grölser, als die letztere Formel angiebt. Hier- 
nach ist eine gewisse Beziehung zwischen beiden Temperaturen unverkenn- 
bar, und der Umstand, dafs die Abweichungen um so gröfser werden, je 
kürzer die Röhre vergleichungsweise zu ihrer Weite ist, läfst vermuthen, 
dafs die Länge ein gewisses Vielfaches der Röhrenweite sein mufs, damit 
beim Aufhören der Spannung im mittleren Faden sogleich das Maximum der 
Geschwindigkeit eintritt, dafs aber bei kürzeren Röhren die innern Bewegun- 
gen weniger Einflufs haben, und die ausfliefsende Wassermenge bei der zu- 
nehmenden Beweglichheit sich noch vermehrt, wenn auch bereits im Kerne 
des Wassereylinders ein Theil der lebendigen Kraft vernichtet wird. 


L2 


84 Haczn über den Einflufs der Temperatur 


5. Untersuchung des zweiten Schenkels der Geschwindigkeits- 
Scale. 


Es ist bereits bemerklich gemacht, dafs in weiteren Röhren die Maxima 
und selbst die Minima der Geschwindigkeiten gemeinhin gar nicht vorkom- 
men, weil sie zu Temperaturen gehören, die unter dem Gefrierpunkte liegen. 
Die Bewegung des Wassers in den gewöhnlichen Röhrenleitungen erfolgt da- 
her nach denjenigen Gesetzen, welche die zweiten Schenkel der Geschwin- 
digkeits-Scalen darstellen. Die Anzahl der hieher gehörigen, oben mitge- 
theilten Beobachtungen ist weniger zahlreich, weil ihre Ausführung grofse 
Schwierigkeiten bot: nichts desto weniger scheinen sie doch zur Herleitung 
der Gesetze sich zu eignen, und vor allen sonstigen Beobachtungen nicht nur 
den Vorzug zn haben, dafs die Temperaturen dabei angegeben sind, sondern 
dafs sie auch in der Genauigkeit der ganzen Messung jene übertreffen. 

Für die Temperatur von 50 Graden liefsen sich die Geschwindig- 
keiten bei den verschiedenen Druckhöhen und zwar in allen drei Röhren 
mit mehr Sicherheit, als bei andern Wärmegraden, ermitteln. Ich legte da- 
her diese Temperatur zum Grunde, um die Gesetze der Bewegung herzu- 
leiten. 

Diese Geschwindigkeiten sind: 


Röhre 4....ı. A= 11,08 c = 32,85 
2. = 8,08 = 277,52 
3. = 6,08 = 23,60 
Röhre Z....ı. A=1148 c = 28,43 
2. = 848 = 23,75 
3. = 6,8 = 20,40 
4. = 4,48 = 16,58 
Röhre C....ı. hA= 821 c = 29,48 
2. = 621 = 25,22 
3. = 421 = 20,75 
4. =. 221 = 14,21 
5. = 121 = 10,10 


Zunächst versuchte ich dieselbe Form des Ausdruckes für die Ge- 
schwindigkeit, die bei der Untersuchung des ersten Schenkels sich als pas- 
send dargestellt hatte, nämlich 

Ri rl-4=is}ic Eee 
Diese Annahme erwies sich aber als ganz unstatthaft, denn die wahr- 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 85 


scheinlichsten Werthe der Constanten liefsen keine einfachen Beziehungen 
zu den Längen und Weiten der drei Röhren erkennen: am auffallendsten 
war es aber, dafs die Constante r für die Röhre A negativ wurde, während 
sie für B und C positiv war. 

Um zu ermitteln, ob eine höhere, oder vielleicht eine gebrochene Po- 
tenz von c eingeführt werden müsse, um die Widerstandshöhe darzustellen, 
verminderte ich zunächst die Druckhöhe um dasjenige Glied, welches den 
Gegendruck der gespannten Oberfläche im ausfliessenden Strahle bezeichnet, 
und sodann auch um die Geschwindigkeitshöhe, indem ich für letztere den 
Geschwindigkeits- Coefficient k = 0,76 einführte, oder diese Geschwindig- 


keitshöhe gleich 
0,0023073. c? 


setzte. Hierdurch erhielt ich die folgenden Widerstandshöhen HZ 

für die Röhre A... 8,397 ... 6,139 und 4,602 

für die Röhre B... 9,480 ... 7,045 ... 9,386 und 3,712 

für die Röhre C ... 6,114... 4,651 ... 3,126... 1,653 und 0,884 


Indem ich nunmehr 
H=nc 
oder 
lg =logn-+x logc 
setzte, fand ich die nachstehenden Werthe von x und deren wahrscheinliche 
Fehler 
für A... x = 1,7949, wahrsch. Fehler = 0,0690 
für B....... — 1,4393 —= 0,0181 
Die € 34.4.1 1,7987 — 0,0168 
Hiernach durfte ich keinen Anstand nehmen, x = 1,75 zu setzen, 
also dem Exponenten von c wieder denselben Werth zu geben, den Wolt- 
man dafür schon im vorigen Jahrhunderte vorgeschlagen hatte. , (Beiträge 
zur hydraulischen Architectur. Band I. 1791. Seite 165 ff.) 
Unter dieser Voraussetzung sind die wahrscheinlichsten Werthe der 
Coefficienten n 
für die Röhre A... n = 0,01845 
Bi 2. (ı=.0,02735 
C.... = 0,01593 


Ss6 Hasen über den Einflufs der Temperatur 


Um zu ermitteln, welche Beziehung zwischen n und 9 stattfindet, 
setzte ich 
n = Imp? 
und fand, indem ich für Z und p die zur Temperatur von 50 Graden gehö- 
rigen Werthe einführte 


y= — 1,2470 mit d. wahrsch. Fehler = 0,0108. 


Der Exponent von 9 durfte sonach = — 1,25 gesetzt werden, und der Aus- 
druck nahm die Form an 
H—nlos oe 


Unter gleichmäfsiger Berücksichtigung aller einzelnen Beobachtungen fand ich 
H = 0,00002657. 1. ch“ 


und der wahrscheinliche Fehler von m war 
— 0,000000355 

Die Angemessenheit dieser Herleitung bedurfte indessen noch in zwei- 
facher Beziehung einer nähern Begründung. Zunächst entstand nämlich die 
Frage, ob nicht vielleicht in gleicher Weise, wie bei Betrachtung des ersten 
Schenkels, so auch hier eine bessere Übereinstimmung herbeizuführen sei, 
wenn man wieder eine ruhende Schicht zunächst der Röhrenwand annimmt, 
oder die Halbmesser g um eine gewisse constante Gröfse « vermindert. Ich 
setzte demnach die drei gefundenen Werthe der ersten Constante 


Im 


Mm — 
G-0° 


und berechnete daraus die drei Unbekannten m, « und y. Der Exponent 
y fand sich etwas gröfser, als früher‘, nämlich nahe 1,4. Dagegen wurde 
«—= — 0,0112, oder man mufste den Radius um diese sehr bedeutende 
Quantität vergröfsern, wenn man die Werthe von n in volle Übereinstim- 
mung bringen wollte. Eine solche Vergröfserung ist indessen ganz unmög- 
lich, daher bleibt die wahrscheinlichste Voraussetzung, dafs « = ist. Es 
ist auch denkbar, dafs die unregelmäfsigen innern Bewegungen sich über 
den ganzen Querschnitt der Röhre ausdehnen, und dafs selbst die neben der 
Röhrenwand befindlichen Wasserschichten daran Theil nehmen. 

Sodann fragte es sich, ob die Geschwindigkeitshöhe, die ich gleich 
0,0023073. c’ gesetzt hatte, die richtige sei. In diesem Ausdrucke ist näm- 
lich nur diejenige Geschwindigkeit berücksichtigt, welche sich in der aus- 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 87 


fliefsenden Wassermenge zu erkennen giebt, oder deren Richtung der Röh- 
renaxe parallel ist. Die Geschwindigkeit ist aber wirklich viel gröfser, und 
sonach wäre es nicht unwahrscheinlich, dafs bei Untersuchung dieser Art der 
Bewegung der Coefficieut desjenigen Gliedes vergröfsert werden mülste, 
welches die zweite Potenz der aus der Wassermenge hergeleiteten mittleren 
Geschwindigkeit als Factor enthält. Ich habe in dieser Beziehung die vor 
stehende Untersuchung vollständig wiederholt, indem ich zuerst die Druck- 
höhen, nachdem ich den Gegendruck der Spannung abgezogen hatte, für die 
einzelnen Röhren 
Re Eee 

setzte. Die Werthe von i fielen dabei ziemlich unregelmäfsig aus, doch wa- 
ren sie durchschnittlich etwa um die Hälfte gröfser, als sie früher gefunden 
sind. Der Exponent ., gleichfalls mit grofsem wahrscheinlichen Fehler be- 
haftet, stimmte ziemlich nahe mit dem früher gefundenen überein. Wählte 
ich sodann wieder zur Vergleichung der für die drei Röhren gefundenen Re- 
sultate die Form 


so stellte sich auch für y wieder nahe der frühere Werth heraus, wogegen 
sehr bedeutende Differenzen zwischen dem zum Grunde gelegten und den 
berechneten Werthen von n blieben. 

Unter diesen Umständen durfte ich die Exponenten x und y als be- 
kannt ansehn, und sie gleich 1,75 und 1,25 setzen, so dafs nur die beiden 
Factoren / und m zu bestimmen waren. Ich führte daher alle einzelnen Be- 
obachtungen in die Formel 

R—ıe ml" cn. 
ein, und fand als wahrscheinlichsten Werth 
—= 0,0023547 

also sehr nahe übereinstimmend mit der zuerst gemachten Voraussetzung. 
Der Unterschied erreichte aber noch nicht den wahrscheinlichen Fehler, und 
sonach war kein Grund vorhanden, die frühere Annahme 

2 = 0,0023073 
zu verändern. 

Man mufs hiernach annehmen, dafs diejenige Geschwindigkeit, welche 
normal gegen die Axe gekehrt ist, und welche die innern Bewegungen er- 


88 Hasen über den Einflufs der Temperatur 


zeugt, ausschliefslich in dem zweiten Gliede des obigen Ausdruckes oder in 
der Widerstandshöhe ihre Berücksichtigung findet. Diese innern Bewegun- 
gen mäfsigen sich aber wahrscheinlich, während das Wasser die Röhre durch- 
fliefst, und indem dadurch die lebendige Kraft sich nach und nach vermin- 
dert, so stellt sich in der ganzen Länge der Röhre die nöthige Kraft dar, um 
die Widerstände zu überwinden, ohne dafs der Druck unmittelbar übertra- 
gen werden darf. 

Nach diesen Untersuchungen schien sowol die oben angenommene 
Gröfse der Geschwindigkeitshöhe, als auch die gefundenen Exponenten von 
o und c begründet, und ich habe demnach bei der Untersuchung anderer 
Temperaturen für die Widerstandshöhe die Form 

mie Ne 
zum Grunde gelegt. Da aber in allen Fällen die Beobachtungen sich in be- 
friedigender Art hieran anschlossen, auch die übrigbleibenden Fehler keine 
Regelmäfsigkeit zeigten, und sonach als Beobachtungsfehler angesehn werden 
konnten; so lag hierin eine neue Bestätigung für die Richtigkeit dieser An- 
nahme. 

Für die Temperatur von 65 Graden waren die Geschwindigkei- 
ten folgende: 


für die Röhre A... Ah 


MMNosWe ce — 133160 


— 3,08 — 28,00 
— 6,08 — 23,98 
— 1,08 = 19,08 
für die Röhre B...Ah= 648...c= 20,9 
für die Röhre C...h= 3,1...c= 30,50 
— — 25,94 
= 223 — 11,61 
he = 10,30 


Hieraus ergeben sich die Widerstandshöhen 
für A... H= 8,290... 6,085... 4,568 und 3,054 
für B... H = 5,342 
für C...4=5,96.. . 4,570... 4,629 und 0,878 
und m = 0.00002521 
mit dem wahrscheinlichen Fehler 0,000000 179. 
Für die Temperatur von 35 Graden fand ich die Geschwindig- 
keiten und Widerstandshöhen 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 


Röhre A... A=1,8...c=319.. 

Röhre B...A=1,j8...c= 273 
—=18,48 3, 
— = 19,93 

Röhre C...2R= 321...C= 3286 
0121 = 
— u = 198 
= 221 — 443,75 


Die Rechnung ergab 
m —= 0,00002374 
mit dem wahrscheinlichen Fehler 0,000000212 


Für die Temperatur von 25 Graden 


RöhreB...h=1,18...c=%17.. 
=: 8,18 = 22,6 

Röhre C...h= s21...0c=23,0..: 
— —; FEAT 
— 21 19535 
= 2321 — 13,5 


Hieraus ergiebt sich 
m = 0,00003030 
mit dem wahrscheinlichen Fehler 0,000000292 


Für die Temperatur von 15 Graden 


Röhre,C u... A821... c=21724.. 


6,21 
4,21 


— 23,2 
— 813 
Der Werth der Constante ist 
m — 0,00003270 
mit dem wahrscheinlichen Fehler 0,000000401. 


H 


.H = 3,532 
.H = 9621 


== 7,110 
— 5,425 
—16,227 
= 4,129 
= 3,210 


1,679 


.H = 9,693 


= 7,158 


«H = 6,304 


= 4,198 
= 3,249 
== 1,693 


. H= 6,399 


4,869 
3,300 


I 


89 


Endlich hatte ich für die Temperatur von 6 Graden noch eine 


einzelne Messung 


kön BZ Maar; 6,475 


woraus folgte 
m — 0,00003450 


Die Werthe von m sind demnach bei den verschiedenen Tempera- 


turen : 


r= 6°... m = 0,00003450 


Math. Kl. 1854. 


M 


90 Hagen über den Einflufs der Temperatur 


= .15°...m = 0,00003270 


— 25° — 0,00003030 
— 35° — 0,00002874 
— 50° — 0,00002657 
— 65° — 0,00003521 


Indem ich die Beziehung zwischen r und m zunächst in derselben Art, 

wie für den ersten Schenkel gefunden, durch die Form 
m=r—s Vr 
auszudrücken versuchte, so fand ich nach der Methode der kleinsten Qua- 
drate: 
m = 0,000042939 — 0,0000043778. Vr 
Die Vergleichung der hiernach berechneten Werthe mit den obigen zeigte 
indessen Unterschiede, die sehr regelmäfsig zunahmen, woher eine andere 
Form des Ausdruckes gesucht werden mufste. Die Übereinstimmung wurde 
ganz befriedigend, sobald ich statt der dritten Wurzel des Thermometer- 
Grades, die zweite einführte. Hierdurch ergab sich 
m —= 0,000038941 — 0,0000017185. Vr 
Die wahrscheinlichen Fehler sind 
für die erste Constante 0,0000000397 
für die zweite - 0,0000002268 

Die Summe der Quadrate der übrig bleibenden Fehler ist bei der letzten 
Annahme noch nicht halb so grofs, als sie bei der Einführung der dritten 
Wurzel von 7 war. 

Dieser letzte Ausdruck 

m = 0,0000017185 (22,62 — Vr) 


ergiebt, dafs 
bei 0°... m = 0,00003894 


bei 80°... = 0,00002357 
ist, oder dafs m bei der Erwärmung des Wassers vom Gefrierpunkte bis 
zum Siedepunkte sich nahe um vier Zehntel seines Werthes vermindert. 

Es leidet wohl keinen Zweifel, dafs dieser Factor m zum Theil von 
der Reibung abhängt, welche die bewegten Wassertheilchen erfahren, woher 
er zu dem oben untersuchten Widerstands - Coefficient 8 in gewisser Be- 
ziehung stehn mufs. Beide vermindern sich bei zunehmender Temperatur, 
wenn indessen für siedendes Wasser % gleich Null wird, m dagegen noch 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 91 


einen bedeutenden Werth behält; so erklärt sich dies durch die innern Be- 
wegungen, deren Darstellung einen grofsen Theil der lebendigen Kraft con- 
sumirt, und die bei der zunehmenden Beweglichkeit des Wassers keineswegs 
aufhören, sondern sich wahrscheinlich sogar verstärken. Hiernach steht die- 
ses Resultat nicht in Widerspruch zu dem früher gefundenen. 

Eine nähere Begründung dieser zuletzt gefundenen Resultate und eine 
Erklärung der Potenzen, in welchen die mittleren Geschwindigkeiten und 
die Halbmesser der Röhren vorkommen, vermag ich nicht zu geben. 


6. Vergleichung der gefundenen Resultate mitden an gröfse- 
ren Leitungen angestellten Beobachtungen. 


Die Anzahl dieser Beobachtungen, soweit solche bekannt geworden, 
ist überaus geringe, und noch mehr mufs es befremden, dafs sie ohnerach- 
tet ihrer grolsen practischen Wichtigkeit, dennoch meist höchst unzuverläs- 
sigssind. Der Grund, weshalb man sie durch keine sichern Messungen in 
neuerer Zeit vervollständigt hat, liegt zum Theil in der Schwierigkeit, womit 
deren Anstellung verbunden ist, vorzugsweise scheint hierzu indessen der 
Glaube Veranlassung gegeben zu haben, dafs der Gegenstand durch die oben 
erwähnten Untersuchungen von Prony und Eytelwein bereits erschöpft sei. 

Die Beobachtungen, welche Dubuat, Woltman, Prony und Ey- 
telwein ihren Untersuchungen zum Grunde legten, sind vorzugsweise die- 
jenigen, die Couplet schon im Jahre 1732 der Pariser Academie vorlegte, 
und die sich auf verschiedene ausgedehnte Röhrenleitungen bei Versailles 
beziehn, so wie auch die von Bossut angestellten Messungen. (Dieselben 
sind im traite d’hydrodynamique Bd. II. ausführlich mitgetheilt.) Aufser 
diesen sind noch einige Beobachtungen benutzt, welche Dubuat machte. 

Die Beobachtungen von Couplet, deren Zahl im Ganzen fünfzehn 
beträgt, beziehn sich auf Leitungen von 4 bis 18 Zoll Weite und von 1700 
von 11400 Fuls Länge. Wie wichtig sie indessen wegen der sehr bedeuten- 
den Dimensionen auch erscheinen, so sind sie doch in anderer Beziehung 
wenig geeignet, einer Theorie zum Grunde gelegt zu werden. Unter allen 
Röhrenleitungen, die benutzt wurden, befand sich keine einzige, die ganz 
gerade war: mehrere hatten sogar sehr scharfe Krümmungen, und in andere 
trat das Wasser ein, oder aus, durch besondere senkrechte Zweigröhren. 

M2 


92 Hagen über den Einflufs der Temperatur 


Über die sorgfältige Ausführung und genaue Zusammensetzung der Röhren, 
und ob sie von erdigen Niederschlägen und Luftansammlungen ganz frei wa- 
ren, wird nichts mitgetheilt. Die Resultate dieser Beobachtungen schliefsen 
sich an keine Theorie vollständig an, daher hat schon Dubuat und ebenso 
auch Prony und Eytelwein einen grofsen Theil dieser Messungen ganz 
unbeachtet gelassen. 

Weit zuverlässiger sind die Beobachtungen von Bossut, die ich ‚voll- 
ständig berechnet habe. Endlich hat der englische Ingenieur Provis noch 
in neuerer Zeit eine grofse Anzahl Messungen mit 14 zölligen Röhren ange- 
stellt (Transactions of the Institution of eivil Engineers. Bd. II.), die jedoch 
unter sich sehr wenig übereinstimmen. 

Die Beobachtungen von Bossut beziehn sich auf drei Röhren- 
leitungen von 1, 14 und 2,01 Pariser Zoll Weite. Die erste Röhre war nur 
30 Fufs lang, die beiden andern wurden dagegen in Längen von 30, 60, 90, 
120, 150 und 180 Pariser Fufs dargestellt. Für jede dieser Röhren betrug 
die Druckhöhe, oder die Niveau - Differenz zwischen dem Wasserspiegel im 
Speisebassin und der Mitte der Ausflufsmündung (oder dem Wasserspiegel 
in dem Bassın, in welches die Röhre eintrat) einmal 12 Zoll und einmal 
24 Zoll. Je zwei an derselben Röhre gemachte Messungen ergeben sonach 
schon die Beziehung der Druckhöhe zur Geschwindigkeit. Um die Wider- 
standshöhe zu finden, mufs man indessen von der Druckhöhe die Geschwin- 
digkeitshöhe abziehn, und letztere ist unter Zugrundelegung des Pariser Zoll- 
maalses —= 0,002229.c? 

Die Berücksichtigung des Gegendruckes, der aus der Spannung der Ober- 
fläche in den frei austretenden Strahlen entspringt, durfte unterbleiben, da 
derselbe bei der Weite der Röhren ganz unmerklich wird. 

Wenn ich die Widerstandshöhe wieder einer unbekannten Potenz der 
mittleren Geschwindigkeit proportional setzte, so ergab sich dieser Exponent 
x für die Röhre 

von 1 Zoll Weite und 360 Zoll Länge... x = 1,81 


von 14 „ u „ 360 Zoll Länge... x = 1,77 
BL HER h az20 Zoll. “, = 1,75 
BR, anti, r „1080 Zoll ,, — 1,74 
ea; ri 014407011305, = 4,73 
x mo), a „ 1800 Zoll „ — ll zfıl 


„2160 Zoll „ — 1,69 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 93 


von 2,04 Zoll Weiteund 360 Zoll Länge ... == 1,77 


5 aus „ 0,000720,Zollin,, — ars 
n „ınmy „elsd080 Zoll X, 1,68 
” el FRE EAN Zolla", —e 7,1 
» che + 39.4800:Z010V, 1,68 
5 AT, sh 2160 Zollo.,, = 1,65 


Der mittlere Werth des Exponenten ist also 1,725 und der wahrscheinliche 
Fehler dieser Bestimmung 0,0305. Man kann daher, ohne die Grenze des 
wahrscheinlichen Fehlers zu überschreiten, x = 1,75 setzen. 
Wenn ferner angenommen wird, dafs die Widerstandshöhe der Länge 
der Röhre proportional ist, also 
H = ulc"" 
so ergiebt sich für die drei Röhren die Constante » und deren wahrscheinli- 
cher Fehler W 
fürg=0,5 8 = 0,00007742 2... W = 0,00000142 
für g = 0,6667... . u = 0,00006054 . . . W = 0,00000141 
für g = 1,005... = 0,00003751 .. . W = 0,00000075 
Um die Beziehung zwischen dieser Gonstante » und dem Halbmesser 
der Röhre zu finden, setze ich 
n=m.g”’ 
Die vorstehenden drei Werthe von u ergeben nach der Methode der klein- 
sten Quadrate 
y = 1,0461 
also nahe Wins. Bei der Einführung dieses Exponenten zeigen sich jedoch 
sehr starke Abweichungen und namentlich ist dieses in dem zweiten Werthe 
von «der Fall. Offenbar haben auch die drei Werthe ganz ungleiches Ge- 
wicht, weil der erste nur auf zwei, die beiden letzteren aber auf je zwölf 
Beobachtungen beruhn. Vergleiche ich nur die Resultate, die aus den Be- 
obachtungen mit der mittleren und der weiten Röhre hergeleitet sind, so fin- 
det sich 


y— 1,166 
also schon sehr genähert dem obigen Werth. In der Voraussetzung, dafs der 
Exponent — 1,25 auch hier gilt, findet man durch Einführung desselben 


in die 26 einzelnen Beobachtungen 
m — 0,00003676 
mit dem wahrscheinlichen Fehler 0,00000125 


94 Hacew über den Einflufs der Temperatur 


Redueirt man diese Constante auf Rheinländisches Zollmaafs, so wırd 
m —= 0,00003613 
oder die Beobachtungen von Bossut ergeben in letzterem Maafse als wahr- 
scheinlichsten Werth 
3 =:0,00005132 Le.” 

Nach Obigem ist die Constante von der Temperatur abhängig, man 
kann daher aus ihr die Temperatur ableiten, welche das Wasser bei der Be- 
obachtung hatte. Diese ergiebt sich nach der früher aufgestellten Formel 

m=r—sVr 

7 = 2,3 Grade 
Wenn man dagegen m um die Gröfse des wahrscheinlichen Fehlers verän- 
dert; so ergiebt sich schon 

7 = 5,9 Grade 
Es ist jedoch anzunehmen, dafs die Röhren, die Bossut benutzte, weder so 
vollständig eylindisch, noch auch so sorgfältig zusammengesetzt waren und 
stets so vorsichtig gereinigt wurden, wie mein Apparat, woher der Wider- 
stand etwas gröfser, als in regelmäfsigen Röhren sich herausstellen mufste. 
Jedenfalls ist die Übereinstimmung dieses letzten Resultats so vollständig, 
dafs sie nicht nur den Zweifel in Betreff der Potenz des Radius beseitigt, 
sondern auch eine sehr befriedigende Bestätigung des aus meinen Messungen 
hergeleiteten Gesetzes giebt‘ 

Noch mufs erwähnt werden, dafs bei den Röhrenweiten und Geschwin- 
digkeiten, welche in diesen sämmtlichen Beobachtungen vorkommen, die 
Maxima und Minima der Geschwindigkeiten unter den Gefrierpunkt treffen. 
Ganz dasselbe ist auch bei den von Couplet angestellten Beobach- 
tungen der Fall, die ich noch kurz mit der obigen Formel vergleichen will, 
indem ich die Temperatur von 9 Graden voraussetze. Dabei sind die Wider- 
standshöhen in Rheinländischen Zollen, alle übrigen Gröfsen aber im alten 
Pariser Maafse ausgedrückt. 

In einer vierzölligen Röhre von 1781 Fufs Länge bildeten sich bei 
dem Drucke von 9... 21 und 31 Zoll die Geschwindigkeiten von 2,07. . 
3,39 und 4,60 Zoll. Die Widerstaudshöhen waren sonach in Rheinländi- 
schem Maafse 9,31... 21,73 und 32,08 Zoll, während sie nach meiner 
Formel bei regelmäfsigen cylindrischen Röhren nur 1,15... . 2,73 und 4,66 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 95 


Zoll betragen durften. Das Verhältnifs dieser berechneten Widerstandshö- 
hen zu den wirklich vorhandenen stellt sich in allen drei Beobachtungen 
ziemlich nahe auf 1 zu 8. Diese Beobachtungen schliefsen sich auch an keine 
der sonst aufgestellten Theorien an, und sind daher immer unbeachtet ge- 
blieben. 

Die wichtigste Beobachtungsreihe, die bei allen spätern Untersuchun- 
gen auch vorzugsweise benutzt ist, bezieht sich auf eine fünfzöllige Röhre 
von 7021,6 Fufs Länge. Couplet sagt, dafs dieselbe mehrere Biegungen 
mache: er gab ihr nach einander den Druck von 5 Zoll 7 Linien, 11 
Zoll 4 Linien, 16 Zoll 9 Linien, 21 Zoll 1 Linie, 24 Zoll und 25 Zoll. 
Dabei ergaben sich die Geschwindigkeiten von 2,01 ...3,15...4,13... 
4,81... 5,21 und 5,32 Zoll. Die Widerstandshöhen waren wirklich 5,78 
2... 141,73. ..17,34 .... 21,83... 24,84 und 25,87 Rheinländische Zolle, 
während sie nach der obigen Formel 3,24...7,13...11,43... 14,92 
... 17,21 und 17,84 Zoll desselben Maafses sein sollten. Die Verhältnisse 
der Zahlen in beiden Reihen sind nicht constant, verändern sich vielmehr 
ziemlich regelmäfsig, indem sie von 1 : 1,8 bis 1 : 1,45 übergehn. 

Bei einem Versuche, aus diesen fünf Beobachtungen den Exponent 
der Geschwindigkeit zu ermitteln, fand ich denselben nach der Methode der 
kleinsten Quadrate gleich 1,52. Die Beobachtungen schliefsen sich daher 
viel besser an die Form 
H=nc"' 


an, als an die gewöhnliche Annahme 
Hı=ınct 


Im ersten Falle beträgt die Summe der Quadrate der übrig bleibenden Feh- 
ler nur 3,93, während dieselbe im letzten Falle 12,29 ist. 

Sodann wurde eine sechszöllige Röhre von 1712,8 Fufs Länge unter 
dem Drucke von 3 und 5+ Zoll geprüft, und es stellten sich dabei die Ge- 
schwindigkeiten von 2,75 und 3,96 Zoll ein. Die Widerstandshöhen waren 
wirklich 3,10 und 5,43 Rheinländische Zolle, während sie nach der Rech- 
nung nur 1,11 und 2,09 Zoll, also etwa den dritten Theil der ersten Gröfsen 
sein sollten. 

In einer achtzölligen Röhre von 11400 Fufs Länge stellte sich unter 
dem Drucke von 30 Zollen die Geschwindigkeit von 4,77 Zoll ein. Die Wi- 


96 Hasen über den Einflufs der Temperatur 


derstandshöhe war wirklich 31,05 Zoll, während sie nur 13,26 sein durfte. 
Sie war also in dem Verhältnisse von 2 : 5 zu grofs. 

Bei einer zwölfzölligen Röhre von 3600 Fufs Länge war die zur Ge- 
schwindigkeit von 23,50 gehörige Widerstandshöhe wirklich 150,20 Zoll, 
während sie nach obiger Formel sich nur auf 42,21 stellt. Das Verhältnifs 
zwischen beiden Zahlen ist nahe wie 2:7. 

Endlich wurden noch zwei achtzehnzöllige Röhren, deren Längen 
3600 und 4740 Fufs mafsen, unter dem Drucke von 145 und 55 Zollen ge- 
prüft. Die berechnete Widerstandshöhe verhält sich zu der beobachteten 
für die erste Röhre wie 2: 5 für die letzte dagegen, wie 1 : 4. 

Die grolse Verschiedenheit dieser Zahlen-Verhältnisse zeigt deutlich, 
dafs die Abweichungen der Beobachtnngen von Couplet gegen die meini- 
gen weder mit der Weite, noch der Länge der Röhre, noch auch mit der 
Geschwindigkeit zunehmen, daher von äuflsern Umständen , also ohne Zwei- 
fel allein von der Unregelmäfsigkeit der Röhren abhängen. Wichtig ist es 
aber, dafs die Widerstandshöhen jedesmal gröfser ausfallen, als sie nach der 
Rechnung sein sollten. Die Rechnung stellt also auch nach diesen Messun- 
gen ein gewisses Minimum der Widerstandshöhe dar, das bei unvollkomme- 
nen Röhrenleitungen zur Erzeugung der beobachteten Geschwindigkeiten 
nicht genügt. 

Dubuat theilt zunächst eine Anzahl von Beobachtungen mit, die er 
an Röhren von 1 bis 3 Linien Weite anstellte. Ich übergehe dieselben, 
weil sie theils wegen der fehlenden Angabe‘ der Temperatur, theils 
auch wohl in andern Beziehungen nicht die Sicherheit meiner Messungen 
haben, die mit ähnlichen Röhren gemacht wurden. Sodann hat Dubuat 
auch Röhren von 1 und 2 Zoll Weite angewendet. Am ausgedehntesien ist 
die Reihe von Beobachtungen, welche sich auf eine einzöllige Röhre von 
737 Zoll Länge bezieht. Sie besteht aus 11 einzelnen Messungen und die 
Druckhöhen wechseln darin zwischen 2 Linien und 24 Zoll. Wenn ich die 
Widerstandshöhe einer unbekannten Potenz der mittleren Geschwindigkeit 
proportional setzte, so ergab sich der wahrscheinlichste Werth dieses Expo- 
nenten gleich 1,80. 

Mit einer andern einzölligen Röhre von 138-4 Zoll Länge, wurden 
nur drei Beobachtungen gemacht, und dasselbe war auch mit einer gleich 
weiten Röhre von 117 Zoll Länge der Fall. Für jene ist der Exponent von 


auf die Bewegung des Wassers in Röhren. 97 


c gleich 1,69 und für diese 1,83. Endlich benutzte Dubuat auch noch 
zwei andere Röhren von derselben Weite und 24 und 4 Zoll Länge, wobei 
er indessen so grofse Unregelmäfsigkeiten bemerkte, dafs er selbst die Be- 
rechnung der Beobachtungen unterliefs. 

Die drei ersten Beobachtungsreihen führen demnach wieder zu dem 
Ausdrucke 

H=ne:'' 

Die zweizöllige Röhre von 255-- Zoll Länge wurde nur zweimal, 
nämlich unter dem Drucke von 16,33 und 36,35 Zoll versucht. Die Ver- 
gleichung dieser beiden Beobachtungen ergiebt den Werth jenes Exponenten 
sehr abweichend, nämlich x = 2,05. 

Es ergiebt sich hieraus, dafs eine Vergleichung der Coefhicienten n, 
wie sich dieselben für die einzölligen und die zweizöllige Röhre ergeben, sehr 
unsicher ist. Wenn man indessen den Exponent von c gleich 1,75 annimmt, 
und darnach unter Berücksichtigung der Längen die Werthe von n aus jeder 
Beobachtungsreihe berechnet, so findet man für den Ausdruck 


mi 


e” 
a rl 


also einigermafsen annähernd an den oben gefundenen Werth. 

Unter allen Beobachtungsreihen ist die erste, aus 11 Messungen be- 
stehende, die sicherste, und zwar theils wegen ihrer gröfsern Ausdehnung, 
theils aber auch, weil die Resultate der Beobachtungen unter sich am besten 
übereinstimmen, wie dieses namentlich bei einer graphischen Zusammenstel- 
lung sich ergiebt. Berechne ich diese Beobachtungen nach der Formel 

H=zmla..e“. 
so folgt 
m — 0,00003464 
oder nach der Reduction auf Rheinländisches Zollmaafs 
m = 0,00003405 


Dieses Resultat stimmt mit den oben entwickelten Formeln genau überein, 
wenn man voraussetzt, dafs die Temperatur des Wassers 7,9 Grade betragen 
habe, was allerdings möglich ist. Es ist auch denkbar, dafs Dubuat mit 
kaltem Wasser zu experimentiren anfıng, und dafs nach Verkürzung der 


Math. Kl. 1854. N 


95 Hıcen über den Einflufs der Temperatur u. s. w. 


Röhre die Temperatur auf 13,1 Grad gestiegen war. Unter dieser Voraus- 
setzung stimmt auch das aus der zweiten Beobachtungsreihe gefundene Re- 
sultat noch genau mit meinen Untersuchungen überein. Für die dritte ein- 
zöllige Röhre müfste man aber die Temperatur von 28 Graden, und für die 
zweizöllige sogar von 30 Graden voraussetzen, was nicht zulässig ist. Ein- 
zelne Beobachtungen dieser beiden Reihen schliefsen sich aber wieder an viel 
geringere Wärmegrade an. 


"le an a j tg Er IDEE 
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HR 


Vereinfachung der Theorie der binären quadra- 
tischen Formen von positiver Determinante. 


Von f 
H®- LEJEUNE DIRICHLET. 


mmnanNNNNNneNaN 


[Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 13. Juli 1854.] 


J. gröfser der Umfang ist, welchen die höhere Arithmetik durch das Epoche 
machende Werk von Gaufs und andere spätere Arbeiten gewonnen hat, um 
so wünschenswerther erscheint es, dafs der Zugang zu diesem schönen Zweige 
der Analysis durch Vereinfachung des elementaren Theiles desselben so viel 
als möglich erleichtert werde. In solcher Absicht habe ich schon in meh- 
reren früheren Abhandlungen meinen Untersuchungen die dazu erforderli- 
chen bekannten Sätze mit neuer Begründung vorausgeschickt: eine ähnliche 
Vereinfachung bezweckt der gegenwärtige Aufsatz, welcher der Theorie der 
quadratischen Formen von positiver Determinante gewidmet ist. Bekanntlich 
erfordert diese Lehre in ihrer bisherigen Gestalt sehr ins Einzelne gehende 
Betrachtungen, die sich, wie die folgende Darstellung zeigen wird, daraus 
entfernen lassen. Ich beginne mit einigen Bemerkungen über Kettenbrüche, 
die, obgleich ihrem wesentlichen Inhalte nach nicht neu, in der für die hier 


davon zu machende Anwendung geeigneten Form vorauszuschicken sind. 


S1. 


Ein endlicher oder unendlicher Kettenbruch wie 
f 
@—+ ge 4 
=> y-tetc. 
soll im Folgenden durch 
(«, ß, Sy. or) 
bezeichnet werden und wir bemerken sogleich, dafs wir nur Kettenbrüche 


zu betrachten haben, deren sämmtliche Glieder ganze Zahlen sind, natürlich 


N2 


100 DixıcuLer: Vereinfachung der Theorie 


mit Ausnahme des letzten für den Fall wo die Entwicklung nicht zu Ende 
geführt ist und wo dieses Glied alsein sogenannter vollständiger Quotient jeden 
andern Werth haben kann. Von besonderer Wichtigkeit für arithmetische 
Untersuchungen sind diejenigen Kettenbrüche, deren Glieder bis auf das 
erste, für welches auch der Werth Null zulässig ist, positiv sind; durch einen 
solchen Kettenbruch läfst sich eine positive Irrationalgröfse w nur auf eine 
Weise ausdrücken, und wir wollen die Darstellung von w in dieser Form, 
oder wenn w negativ ist, die Darstellung ihres absoluten Werthes mit vor- 
gesetztem negativen Zeichen die normale Kettenbruch-Entwicklung von w 
nennen. 

Wir haben nun zunächst die Aufgabe zu behandeln, aus einem Ket- 
tenbruche wie 


BEN ur Uere.) 


in welchem die Glieder erst von p incl. ab sämmtlich positiv sind, die nor- 
male Entwicklung der Irrationalgröfse w abzuleiten. Es wird sich leicht zei- 
gen lassen, dafs dies durch eine Reihe von Umformungen bewerkstelligt wer- 
den kann, bei welchen die Glieder, die auf ein hinlänglich entferntes z fol- 
gen, unberührt bleiben, und dafs die Anzahl der neuen Glieder, welche 
schliefslich an die Stelle von «,£, ..... u getreten sind, von der Anzahl der 
letzteren um eine gerade oder ungerade Zahl verschieden sein wird, je nach- 
dem w positiv oder negativ ist. 

Um sich hiervon zu überzeugen, betrachte man zunächst den Fall wo 
v nicht das erste Glied ist. Unter dieser Voraussetzung kann man u, v und 
einige der unmittelbar folgenden Glieder, während alle übrigen ungeändert 
bleiben, durch neue Glieder ersetzen, deren Anzahl von der Anzahl jener 
um eine gerade Zahl verschieden ist, und welche mit Ausnahme des ersten, 
welches Null oder negativ sein kann, sämmtlich positiv sind, so dafs die Un- 
regelmäfsigkeit in der gegebenen Entwicklung wenigstens um eine Stelle zu- 
rücktritt. Bei dieser partiellen Umformung hat man zu unterscheiden ob v 
Null ist, oder einen negativen Werth —n hat. Im ersteren Falle sind die 
drei Glieder u, 0, p, durch das einzige Glied 4 + p zu ersetzen, wogegen der 
andere Fall in die drei Unterabtheilungen zerfällt 


na n=1p>1; n=h,p=1; 


der binären quadratischen Formen von positiver Determinante. 101 


denen entsprechend eine der folgenden Gleichungen, welche sich leicht ve- 
rificiren lassen, in Anwendung zu bringen ist: 


NE 1 1 RR )=kR—- 44,2 —3,1,P—-490...)(') 

(u — 1 Page ese.e 0 )=#—31,P—239...) 

(—,,,1,85..)=M—-9—34,r7r—1,8,...) 

Wie man sieht, beträgt die durch eine solche partielle Umformung 
hervorgebrachte Anderung in der Gliederzahl resp. 2, o, — 2 Einheiten, und 
es bedarf kaum der Erwähnung, dafs wenn eine der Differenzen n— 2, p—1, 
P— 3% r— 1, die nach unseren Voraussetzungen nicht negativ werden können, 
sich auf Null reducirt, für die Null und die beiden benachbarten positiven 
Glieder ein einziges der Summe der letzteren gleiches Glied zu setzen ist. 

Durch wiederholte Anwendung desselben Verfahrens läfst es sich 
bewirken, dafs alle Glieder, vom zweiten incl. ab, positiv werden. Ist dann 
zugleich das erste nicht negativ, so ist die Operation geschlossen und das 
Resultat dem oben Gesagten gemäfs, indem alle nach und nach in der Glie- 
derzahl eingetretenen Änderungen durch gerade Zahlen ausgedrückt sind. 
Hat hingegen das erste Glied einen negativen Werth — a, und folglich der 
Kettenbruch die Form 

v=(—a,b,c,d,...), 
so hat man für denselben, je nachdem 5 > ı oder = 1 ist, 
v=—(a—1,,5—1,c,...)oderw= —(a—1,c+1,d,...) 
zu setzen, so dafs das Resultat wieder mit dem früher Behaupteten über- 
einstimmt. 
Gr 

I. Finden zwischen zwei Gröfsen w, Q und den ganzen Zahlen «, ß, 

y, d, deren erste nicht Null ist, die Relationen 


82 
w—_?*+ 


—werayerpe ad— By, 


(') Dafs sich die negativen Glieder aus einem Kettenbruche entfernen lassen, hat schon 
Lagrange bemerkt (Me&m. de l’Acad. de Berlin, annee 1768, pag. 152); aber die von ihm 
zu diesem Zwecke gegebene Gleichung, welche mit der ersten der obigen zusammenfällt, 
reicht nicht aus, da sie für den Fall n=1, ein neues negatives Glied einführt. Will man 
dieses durch abermalige Anwendung derselben Gleichung beseitigen, so wird man zu dem 
ursprünglichen Kettenbruche zurückgeführt. 


102 Dirıcntrr: Vereinfachung der Theorie 


Statt, so läfst sich immer eine Gleichung der Form 
IN IRIETNTE) 

bilden, in welcher von den ganzen Zahlen A, m,...r, o nur die erste und 
letzte Null oder negativ sein können, die Zwischenglieder aber, wenn sie 
nicht ganz fehlen, positiv und in gerader Anzahl sind. 

Da man nach der Form der vorausgesetzten Gleichungen die Zeichen 
von «,ß, %, d gleichzeitig ändern kann, so darf « positiv angenommen werden. 
Ist nun «= !, so hat man sogleich 


_YyHeyHNR 
yet ED 
1 BR 


INH ER 2). 


Ist hingegen @ > ı, so verwandle man auf die gewöhnliche Weise in 


einen Kettenbruch, indem man alle Divisionsreste positiv wählt. Man er- 
hält so den Kettenbruch 
Y 


„=A&m,...,T) 


in welchem nur A Null oder negativ sein kann, und die Anzahl der Glieder 
m,...r gerade vorausgesetzt werden kann, da sich das Glied 7, für welches 
man zunächst einen Werth > ı erhält, nöthigen Falles in (# — 1, ı) auflösen 
läfst. Da die zu diesem Kettenbruche gehörigen Näherungsbrüche 


A Am 1 & y 
2 77 NE 


irreductibel sind und positive Nenner haben, so wird der letzte derselben, 
wie im Werthe, so auch in der Form mit X zusammenfallen. Da ferner nach 


einem bekannten Satze «a® — yf = 1, so ergiebt die Vergleichung mit der 
zwischen a, £, y. d Statt findenden Relation, 


B=ar+f, d=eyo+B 
wo r eine ganze Zahl ist. Der Bruch läßt sich also vermittelst des neuen 
Gliedes r der Reihe der Näherungsbrüche anschliefsen, und man hat 
AT rar, iR): 
II. Für das Folgende ist noch der besondere Fall näher zu betrach- 


ten, wo .«, 0, y, d sämmtlich positiv sind und zugleich die Bedingungen yS «, 
ö>y erfüllen. Wie leicht zu sehen, sind alsdann A und r positiv. Ist 


der binären quadratischen Formen von positiver Determinante. 103 


@ = i, so liegt dies schon in unserer Voraussetzung, da für diesen FallA = y, 
e—ß. Ist dagegen @> 1, so ist wenigstens sogleich klar, dafs A, welches 


nach Obigem der unmittelbar unter D liegenden ganzen Zahl gleich ist, po- 


sitiv sein wird. Dafs aber auch r positiv ist, erhellt wie folgt. Da A positiv 
ist, so sind auch die Zähler der oben gebildeten Näherungsbrüche positiv und 
bilden vom ersten incl. ab eine wachsende Reihe, so dafs also y>&. Danun 
ö=YTr-+-d, so wäre, wenn r—=0 angenommen würde, d—=y, und wenn 
man co negativ voraussetzte, ö ebenfalls negativ gegen unsere Annahme. 

Bezeichnen wir zu gröfserer Gleichförmigkeit die positiven Zahlen 
?, vr mit /, s, so ist also in unserem besonderen Falle 


ö 
2 = (I,m,...,r) za u ars). ll 70.5.7830), 


wo die Glieder Z, m, ....,r, s sämmtlich positiv und in gerader Anzahl sind. 


$. 3. 


Indem wir jetzt zu dem eigentlichen Gegenstande dieser Abhandlung 

übergehen, bemerken wir dafs alle quadratischen Formen 
ax?+2bay+cy?’=(a,b,c) 

die hier zu betrachten sind, dieselbe positive Determinante D=b5B?— ac 
haben, welche daher nicht weiter zu erwähnen sein wird. Die positive ganze 
Zahl D ist beliebig bis auf die Beschränkung, dafs sie keinem Quadrate gleich 
sein darf. Da hiernach die äufseren Coefficienten a, c immer von Null ver- 
schieden sind, so erhellt dafs, sobald aufser D noch der mittlere und einer 
der äufseren Coeffieienten gegeben sind, auch der andere, und folglich die 
Form selbst völlig bestimmt sein wird. 

Jeder Form (a, b, c) lassen wir eine aus denselben Coefficienten ge- 
bildete Gleichung 

arzbu+rcw=o 
entsprechen, deren Wurzeln 
—bz VD 


c 
immer auf dieselbe Weise wie es hier geschieht, nämlich so dargestellt wer- 
den sollen, dafs der unveränderte dritte Coefficient c den Nenner bildet. 
Unter dieser Voraussetzung können die beiden Werthe von w, dem oberen 


104 Dirıcater: Vereinfachung der Theorie 


und unteren Zeichen entsprechend, als die erste und zweite der zur Form 
(a, b, c) gehörigen Wurzeln unterschieden werden. Wie leicht zu sehen, ist 
eine Form durch ihre Determinante und eine der zu ihr gehörigen Wur- 
zeln völlig bestimmt. Gehört nämlich derselbe Werth zu beiden Formen 
(a,b, c), (A,B,C) als erste Wurzel oder zu beiden als zweite, so hat man 
die Gleichung 


in welcher entweder die oberen oder die unteren Zeichen gelten, und aus 
der wegen der Irrationalität von VD sogleich B=5, C=c, d. h. die Iden- 
tität der beiden Formen folgt. 

Wenn im Folgenden zwei Formen 
(1) ax®+2dbxy+cy’, AX?+:BXY+CY 
äquivalent genannt werden, so ist darunter immer die eigentliche Äquivalenz 
zu verstehen, so dafs also dieser Ausdruck die Existenz einer Substitution 


air kat ,£ 
(2) z=aX+ßY, y=yX+SY, N) 
einschliefst, deren Coeffhieienten die Bedingung 
(3) ad—ß DR 


erfüllen und durch welche die erste Form in die zweite übergeht. Aus jeder 
solchen Substitution folgt dann durch Auflösung der Gleichung (2) nach X 
und Y, eine ähnliche, welche die zweite Form in die erste verwandelt. 

In gewissen singulären Fällen giebt es bekanntlich aufser den eben be- 
sprochenen Substitutionen andere, durch welche äquivalente Formen in ein- 
ander übergehen und die statt der Bedingung (3) die entgegengesetzte ad — By 
— — ı erfüllen. Wir bemerken hier ausdrücklich, dafs Substitutionen die- 
ser letzteren Art im Folgenden überall auszuschliefsen sind. 

Nach diesen vorläufigen Feststellungen ist es nun leicht die folgenden 
Sätze zu beweisen. 


I. ‚Zwischen den gleichnamigen zu den äquivalenten Formen (1) ge- 
hörigen Wurzeln w und 2, und den Coefficienten der Substitution (2) besteht 
immer die Gleichung: 


.y+82 " 
(4) " Tarße 


der binären quadralischen Formen von positiver Determinante. 105 


2 b R e 9 f Y— du 
Bringt man die zu beweisende Gleichung in die Form _... . 
setzt für » seinen Werth und befreit den Nenner von der Irrationalität, so 
wird die zweite Seite mit Berücksichtigung der Gleichungen «8 — By = ı, 
D=b’-—-.ac, 
— M#+VD 
N 


wo M=aaß+b(ad+ßBy)+ceyd, N=aß?+25ß3+ cd? geselzt 
ist. Da nun die Ausdrücke M] und N mit denjenigen zusammenfallen, welche 
man für Bund C erhält, wenn man die Substitution (2) auf die erste der 
Formen (1) anwendet, so ist die Behauptung bewiesen. 

II. ‚‚Findet die Gleichung (4) für ein Paar gleichnamiger zu den 
Formen (1) gehöriger Wurzeln » und 0 Statt und erfüllen zugleich die gan- 
zen Zahlen «,ß, y, 6 die Bedingung (3), so sind die Formen äquivalent und 
die erste geht durch die Substitution (2) in die zweite über”. 


In Folge der Voraussetzung hat man ohne neue Rechnung 


— BE VD — MEVD. 
c N 

wo entweder die oberen oder .die unteren Zeichen gelten. Es ist folglich 
B=M,C=N,d.h. die Form, in welche (a, 5b, c) durch die Substitution 
(2) übergeht, fällt mit der Form (A, B, €) zusammen. 

Es versteht sich übrigens von selbst, dafs die Gleichung (4), sobald sie 
für ein Wurzelpaar gültig ist, auch für das andere Statt findet. 

III. Es werden später häufig sogenannte benachbarte Formen, d.h. 
Formen zu betrachten sein, die sich wie 


(a,b, a‘), (a', b', a") 
so an einander schliefsen, dafs der letzte Coefficient der ersten mit dem ersten 
der zweiten zusammenfällt und deren mittlere Coefficienten 5, d’ zugleich die 
Bedingung 6 + d’= 0, (mod.a') erfüllen. Solche Formen sind immer äquiva- 
lent. Wendet man nämlich auf die erste die Substitution WE » s) an, welche 
die Bedingung (3) erfüllt, ohne dafs ö bestimmt wird, so erhält man eine 
neue Form, deren erster Coefficient = a’ ist, während der zweite =—5b—.«'d 


u e 
setzt. Für unsere 


Formen wird die Gleichung (4) zwischen den gleichnamigen zu denselben 


Math. Kl. 1854. 10) 


dem gegebenen 5’ gleich wird, wenn man d = — 


106 Dirıcnter: Vereinfachung der Theorie 


gehörigen Wurzeln », w, 
1 


1 
vm—-d6—-—, oder = — „use 
w WI 


5.4. 


Wenn von den beiden zur Form (a, 5, c) gehörigen Wurzeln 


za D,.. BD) 
c ? C 


die erste ihrem absoluten Werthe nach über, die zweite unter der Einheit 
liegt, und diese Wurzeln überdies entgegengesetzte Zeichen haben, so heilst 
die Form eine reducirte. In Folge der ersten Bedingung ist 4 > 0, in 
Folge der zweiten d < VD. Das Produkt —ac—= D- b: ist demnach 
positiv, d.h. die äufseren Coefficienten a, ce haben entgegengesetzte Zeichen, 
und es leuchtet zugleich ein, dafs das Zeichen der ersten Wurzel mit dem 
von a übereinstimmt und dem Zeichen von c entgegengesetzt ist. 

Ist die Form (a, b, c) eine reducirte, so ist es auch die Form (c, 5, a), 
wie dies daraus folgt, dafs offenbar jede zu der einen gehörige Wurzel 
dem reciproken Werthe der zur andern gehörigen ungleichnamigen Wurzel 
gleich ist. 

Für jede Determinante D giebt es nur eine endliche Anzahl von re- 
ducirten Formen, die man sämmtlich erhält, wenn man für jedes positive 
b<YVD, alle positiven und negativen Faktoren c von )— 6? aufsucht, welche 
ihrem absoluten Werthe nach zwischen YD+5 und YD — 5 liegen, und 


dann für jede so erhaltene Combination 5, e den ersten Coefficienten @ durch 
D-—-b: 


die Formel &« = — bestimmt. 


c 

Es soll jetzt mit Beibehaltung der $. 3, III gebrauchten Zeichen und 
unter der Voraussetzung dafs (a, d, a’) eine gegebene reducirte Form sei, un- 
tersucht werden, ob unter den dieser nach der rechten Seite benachbarten 
Formen (a', b', a’), deren mittlere Coefficienten durch die Gleichung d’ — 
— b— ad bestimmt werden, es eine oder mehrere reducirte giebt. Hierzu 
bemerke man zunächst, dafs, wenn (a', b', a’) eine reducirte Form sein soll, 
die zu ihr gehörige erste Wurzel w’ in ihrem Zeichen der ersten zu (a,b, a‘) 
gehörigen Wurzel w entgegengesetzt sein mufs, da dieselbe Zahl a’ in der 
einen Form als erster, in der andern als dritter Coefficient vorkommt. Hier- 


der binären quadratischen Formen von positiver Determinante. 107 


nach ist also in der Gleichung vw’ = — ng , wenn darin » den ersten Werth 
von w bedeutet, die willkürliche ganze Zahl d so zu wählen, dafs w' ein un- 
echter Bruch werde und w im Zeichen entgegensetzt sei. Diese Forderung, 
ganz gleichbedeutend mit der, dafs — ö ein echter Bruch werde und im 
Zeichen mit w übereinstimme, läfst sich offenbar immer und zwar nur auf 
eine Art erfüllen, indem man für d diejenige der beiden w unmittelbar be- 
nachbarten ganzen Zahlen zu wählen hat, welche auf derselben Seite von w 
liegt, wo sich die Null befindet. Da w numerisch gröfser als die Einheit ist, 
so kann diese völlig bestimmte ganze Zahl 8 nie Null sein, stimmt im Zei- 
chen mit w überein, und liegt ihrem absoluten Werthe nach unmittelbar un- 
ter dem von w. Es ist hierdurch schon dargethan, dafs es unter den Formen 
(a’, b', a’) nicht mehr als eine reducirte geben kann. Dafs aber die dem 


eben definirten Werthe von d entsprechende Form wirklich eine redueirte 


ist, erhellt wie folgt. Läfst man in unserer Gleichung w' = — — ‚w die 


zweite Wurzel bedeuten, so hat w dasselbe Zeichen wie —d, da d im Zeichen 
mit dem ersten Werthe von w übereinstimmt. Der Nenner »— ö, dessen 
zweiter Bestandtheil wenigstens der Einheit gleich ist, ist also ein unechter 
Bruch und folglich w' ein echter Bruch, dessen Zeichen mit dem von & und 
also auch mit dem der ersten Wurzel w übereinstimmt d.h. dem Zeichen 
der ersten Wurzel w entgegengesetzt ist, wie es sein mufs. 

Um den mittleren Coeffhicienten 5’ der völlig bestimmten reducirten 
Form (a‘, 5’, a’), welche der gegebenen (a, 5, a’) nach der rechten Seite 
benachbart ist, bequem darzustellen, bemerke man, dafs nach Obigem, wenn 
w—d=r7 gesetzt wird, wo w die erste Wurzel bezeichnet, 7 ein echter 
Bruch von demselben Zeichen wie w sein wird. Setzt man nun w — o statt 
ö in die Gleichung / = — 5 — a, und führt zugleich für » seinen Werth 
ein, so erhält man ’/—= VD -+ as. Hiernach und da der echte Bruch r hin- 
sichtlich seines Zeichens mit » übereinstimmt und folglich « entgegengesetzt 
ist, liegt also 5’ zwischen VYDundVYD > a, wo das obere oder das untere 
Zeichen gilt, je nachdem a’ positiv oder negativ ist. Durch diese Bedingung 
mit der Congruenz d’ = — b, (mod. a’) verbunden, wird Ö’ leicht und ohne 
Zweideutigkeit erhalten. 

Auf dieselbe Weise oder noch einfacher, indem man vermittelst der 
oben gemachten Bemerkung die Frage auf die eben behandelte zurückführt, 


02 


108 Dirıcnzer: Vereinfachung der Theorie 


überzeugt man sich, dafs es eine und nur eine reducirte Form (’a, 'b, a) gibt, 
welche der gegebenen nach links benachbart ist. 


S. 5. 


Bildet man aus einer reducirten Form &, die ihr nach rechts benach- 
barte $,, aus dieser auf dieselbe Weise die Form $,, u.s. w., und verfährt 
ähnlich nach der entgegengesetzten Seite, so dafs die reducirte Form &_, der 
gegebenen nach der linken Seite benachbart ist, u. s. w., so erhält man die 
nach beiden Seiten unendliche Reihe äquivalenter Formen 


3 P_2> P_1> Pos Pı> Pay ++» 

von welcher wegen der Endlichkeit der Anzahl der zu einer gegebenen De- 
terminante gehörigen redueirten Formen zunächst klar ist, dafs die in ihr 
enthaltenen Formen nicht alle von einander verschieden sind, so wie auch 
dafs zwei dieser Formen, deren erste Coefficienten abwechselnd positiv und 
negativ sind, nur dann identisch sein können, wenn die Differenz ıhrer In- 
dices gerade ist. Andrerseits folgt aus der Bildungsweise unserer Reihe, nach 
welcher jedes Glied das vorhergehende und folgende völlig bestimmt, dafs 
wenn zwei Formen identisch sind, je zwei andere, welche von diesen nach 
derselben Seite gleich weit abstehen, d.h. je zwei andere, deren Indices den- 
selben Unterschied wie die Indices jener haben, ebenfalls identisch sein wer- 
den. Da sich hiernach jede Form nach beiden Seiten wiederholt, so sei un- 
ter den auf ®, folgenden Formen &,, die erste mit dieser identische. Als- 
dann sind die Formen 


Dos 5 [U IPELErER Pnyr- Pan-ı 


alle von einander verschieden. Dafs die erste mit keiner der übrigen iden- 
tisch sein kann, liegt schon in unserer Voraussetzung und wären von den 
letzteren zwei, deren Indices um 2% verschieden seien, identisch, so wäre 
nach der vorhin gemachten Bemerkung auch &, mit &,, identisch, was of- 
fenbar unserer Voraussetzung widerstreitet, da 2A<2n ist. Die eben be- 
trachteten 2 Formen bilden eine Periode, die sich nach beiden Seiten ins 
Unendliche wiederholt, so dafs also zwei Formen &,, $, identisch oder nicht 
identisch sind, je nachdem ihre Indices der Congruenz u = v, (mod ?n) ge- 
nügen oder nicht genügen. Übrigens versteht sich von selbst, dafs man die 
Periode bei irgend einem ihrer Glieder beginnen kann und dafs unsere Reihe 


der binären quadratischen Formen von positiver Determinante. 109 


auch durch Wiederholung der aus denselben Formen gebildeten Periode 
Dn> Dazı 2 ade Paa-ı) Do» ®> u Dn-ı 


erzeugt werden kann. 


Da nach $. 3 eine Form $, und die zu ihr gehörigen Wurzeln w, sich 


gegenseitig bestimmen, so ist auch für die Gleichheit von zwei gleichnamigen 


{e) 


e in der Con- 


Wurzeln »,, w, die erforderliche und ausreichende Bedingung 


gruenz u=v, (mod. 2n) gegeben. 

Bezeichnet ferner d, die in dem absoluten Werthe der ersten Wurzel 
w, enthaltene gröfste ganze Zahl, mit dem Zeichen von w, genommen, so 
findet nach $. 4 zwischen den gleichnamigen Wurzeln »,, »,,, die Gleichung 


1 


ee 
v v Wyrı 


Statt. Da d, durch die erste Wurzel w, völlig bestimmt wird, so hat die 
Congruenz u =v, (mod. 2n) die Gleichung 3, = Ö, zur Folge, aber natürlich 
nicht umgekehrt. 

Da es gleichgültig ist, welchem Gliede der Reihe wir den Index Null 
beilegen, so soll zur Vermeidung unnützer Unterscheidungen angenommen 
werden, dafs die ersten Coefficienten der Formen mit geradem Index positiv 
sind. Unter dieser Voraussetzung stimmt also das Zeichen jeder ersten Wur- 
zel w, und des entsprechenden Werthes d, mit dem von (— ı)"überein, wo- 
gegen die zweite Wurzel w, das entgegengesetzte Zeichen hat. 

Wir bezeichnen endlich noch den absoluten Werth von d, mit k,, so dafs 


also d, = (— 1)’k, und wieder k, —=k, sein wird, wenn x und v nach dem 


v 


Modul 2n congruent sind. 
1 1 


Multiplieirt man obige Gleichung w, =, — — (—- ı)k’ — 
Wyrı Wyrı 
und alle ähnlichen folgenden, je nachdem v gerade oder ungerade ist, ab- 
wechselnd mit # ı, $ 1, so erhält man 
1 a > 
a SA) a — k,+ a EL — 0 IE Sn etc 
Versteht man nun unter den gleichnamigen Wurzeln w,, w,,,, %,4., - . erste 


Wurzeln, so snd&w,, Fu ... positive unechte Brüche. Man hat also 


v+1) 
die normale rein periodische Kettenbruchentwicklung 
Eee 


Rule} us) Ikader 


110 Dirıcnter: Vereinfachung der Theorie 


W, = (— 1)" (k,;, Ran as dayn zualı; k,, kun > .) 
Auf dieselbe Weise erhält man aus der Gleichung vw, , = &,_, — ; 


der man die Form - — ee — geben kann, und den ähnlichen dieser 


v 


wi 


vorhergehenden, für den reciproken Werth der zweiten Wurzel 
1 = 
Er =(—1) ; (ey ’ lu, are RE Be ’ Rh, A .) 


und man sieht, dafs die hier vorkommende Periode, deren Glieder sich auch 
k .. k,,., k,,; durch Umkehrung 
der in der Entwicklung der ersten Wurzel enthaltenen Periode entsteht. 

Es ist noch zu bemerken, dafs für die Zahlenreihe, deren allgemeines 
Glied k, ist, eine 2ngliedrige Periode die kürzeste Periode von gerader 
Gliederzahl ist, durch deren Wiederholung sie erzeugt werden kann. Gäbe 


es nämlich eine kürzere mit der Gliederzahl 2m, so würden nach der oben 


wie folgt schreiben lassen %k 


Za-+-v—1) 2rn +v—2) 


für die erste Wurzel w, gefundenen Entwicklung, », und w,,, und folglich 
auch #, und $,, zusammenfallen, gegen unsere Voraussetzung, dafs 2 der 
kleinste Index ist, für den $,, mit ®, identisch wird. 

Endlich werde noch erwähnt, dafs man die Gesammtheit der zu einer 
gegebenen Determinante gehörigen reducirten Formen immer in Perioden 
vertheilen kann, wie wir sie in diesem $ betrachtet haben. Nachdem man 
aus einer reducirten Form die Periode der sie angehört, gebildet hat, ver- 
fährt man, falls nicht schon alle reducirten Formen in dieser ersten Periode 
enthalten sind, auf dieselbe Weise mit einer der noch übrigen Formen. Die 
so gebildete zweite Periode besteht aus Formen, die wie sie von einander, so 
auch offenbar von denen der ersten verschieden sind. Auf diese Weise fährt 
man fort neue Perioden zu bilden, bis alle reducirten Formen erschöpft sind. 


S. 6. 


Wir kommen nun zu der Frage, welche die Entscheidung betrifft, ob 
zwei gegebene Formen äquivalent sind oder nicht. Da man aus jeder Form 
leicht eine mit ihr äquivalente reducirte ableiten kann, andrerseits aber For- 
men, welche derselben Periode angehören, immer äquivalent sind, so bleibt 
nur zu untersuchen, ob Formen aus verschiedenen Perioden äquivalent sein 
können. Da offenbar bei dieser Untersuchung jede der beiden mit einander 


der binären quadratischen Formen von positiver Determinante. 441 


zu vergleichenden Formen beliebig in ihrer Periode gewählt werden kann, 
so wollen wir die ersten Coefficienten beider Formen 


9, = lad co) elAd,B, lc) 
positiv voraussetzen, jeder in ihrer Periode den Index o beilegen, für die 
Periode der ersten alle in $. 5 gebrauchten Zeichen beibehalten und uns für 
die der zweiten der entsprechenden grofsen Buchstaben bedienen, so dafs 
also die zu unseren Formen gehörigen ersten Wurzeln durch die normalen 
Kettenbrüche 
NE EN); RE) 

dargestellt werden. Werden nun die Formen äquivalent vorausgesetzt und 
geht die erste in die zweite durch die Substitution ( E über, so ist nach 8.3, I 


ad By=ı,w= ar ° 
Wie leicht zu sehen, kann « nicht Null sein. Alsdann wäre nämlich y=+1, 
und folglich 4=c, was der hinsichtlich der Zeichen der Coefficienten ge- 
machten Voraussetzung widerspricht. Wir haben also nach $. 2, I eine Glei- 
chung der Form 

nz rm Te a) 
wo die Glieder A, ın,.. r, r in gerader Anzahl >g sind. Wird nun der Ket- 
tenbruch nach $. 1 in einen normalen umgeformt, so wird, da w, positiv ist, 
die Anzahl der Glieder bis zu einem hinlänglich entfernten, unberührt blei- 
benden Gliede X, gezählt, sich um eine gerade Zahl 2% ändern, wo A posi- 
tiv oder negativ sein soll, je nachdem die Anzahl wächst oder abnimmt, und 
h= 0 auch den Fall in sich begreift, wo der ursprüngliche Kettenbruch schon 
ein normaler ist. Nach der Umformung mufs der Kettenbruch mit dem oben 
für w, angenommenen zusammenfallen. Es ist daher, wenn der Index v eine 
gewisse Grenze überschreitet, 


15 
Schreibt man 2Vi-+v stattv, wo 2/i ein hinlänglich grofses Multiplum 


28 +2h+97* 


von 2/V bedeutet, so kann das neue v jeden positiven Werth mit Einschlufs 
der Null annehmen, und man erhält, wenn man 2 Vi im Index von Ä weg- 
läfst und im Index von%k, 2g+24+2Ni auf seinen nach dem Modul 2n 
genommenen Rest 2m reducirt, 


112 Diricuuer: Vereinfachung der Theorie 


Kıık a 


Es ist mithin ©, = w,, und folglich ®$, = #,, d.h. die zweite Form ist in 
der zur ersten gehörigen Periode enthalten und entspricht in dieser dem In- 
dex 2m. Formen aus verschiedenen Perioden können demnach nicht äqui- 
valent sein. 


ST: 


Nachdem wir den schwierigsten Satz der Theorie der quadratischen 
Formen von positiver Determinante auf eine einfache Weise bewiesen 
haben, bleibt uns noch mit wenigen Worten anzudeuten, wie die übrige 
Lehre in denjenigen Punkten, die nicht sowohl auf diesem Satze als viel- 
mehr auf der Begründung desselben beruhen, unserem Beweise gemäfs zu 
modifieiren ist. 

Da die Operationen, durch welche man die Äquivalenz zweier For- 
men erkennt, immer eine erste Substitution ergeben, durch welche die eine 
Form in die andere übergeht, so bleibt hinsichtlich der Äquivalenz nur noch 
die Aufgabe aus einer gegebenen Transformation einer Form in eine andere 
alle übrigen abzuleiten. Diese Aufgabe wird leicht auf die einfachere zurück- 
geführt, alle Transformationen einer Form in sich selbst darzustellen, und 
man kann dabei voraussetzen, dafs die Coefficienten der Form ohne gemein- 
schaftlichen Theiler sind, da jede Substitution, durch welche eine Form in 
sich selbst übergeht, bei der durch Entfernung des gemeinschaftlichen Thei- 
lers entstandenen neuen Form denselben Erfolg hervorbringt und umge- 
kehrt. Ist nun (a, 5, c) eine Form, deren Coefficienten a, d, c keinen ge- 
meinschaftlichen Theiler haben, so wird der gröfste gemeinschaftliche Theiler 
von a, 25, c, den wir, positiv genommen, co nennen wollen, ı oder 2 sein, 
von welchen beiden Fällen der letztere übrigens nur Statt finden kann, wenn 
die Determinante D= 5b? — ac die Form 4A + ı hat. Dies vorausgesetzt, 
beweist man (!), dafs alle Substitutionen Si 2); welche die Form in sich 
selbst verwandeln, durch die Gleichungen 


t— bu eu au t+ bu 
’ B=—--, MW Zi = 


oa o oa (v2 


04. == 


(') Disq. arith. pag. 181 oder Crelle’s Journal. Band 24, S. 328. Der am letzteren Orte 
gegebene Beweis gilt für complexe Zahlen, bleibt aber wörtlich für reelle anwendbar, wenn 
man unter dem dort gebrauchten Zeichen w dasselbe versteht, was hier mit bezeichnet ist. 


der binären quadratischen Formen von positiver Determinante. 1443 


erhalten werden, wenn man in diese alle ganzen Zahlen z, u einsetzt, welche 


der Gleichung 
ti Du — 0: 


genügen, und zeigt zugleich, dafs die vollständige Auflösung dieser unbe- 
stimmten Gleichung leicht aus der in den kleinsten positiven Zahlen ausge- 
drückten Auflösung abzuleiten ist. 

Man kann nun den Zusammenhang zwischen beiden Problemen zur 
Auflösung der unbestimmten Gleichung benutzen, da sich das Transforma- 
tionsproblem für den Fall einer reducirten Form direct lösen läfst. Wir 
können hierbei @ in der reducirten Form positiv voraussetzen und uns auf 
die Betrachtung derjenigen Substitutionen beschränken, deren Coeffieienten 
a, ß, y, d sämmtlich positiv sind. Ist 


ER ER BE Re FE 


der normale periodische Kettenbruch, welcher die erste der zur Form 
£ : 9 ö E : 

(a, 5, c) gehörigen Wurzeln darstellt, und bezeichnen = ,‚ „ zwei aufeinan- 

der folgende Näherungswerthe desselben, deren zweiter dem Endgliede %,,_, 


irgend einer Periode entspricht, so hat man 


ad— Ay=ı, re 


aus welchen Gleichungen nach $. 3, II, wenn man die dort vorkommenden 
Formen identisch voraussetzt, folgt, dafs unsere Form durch die aus vier 
positiven Coefficienten gebildete Substitution «, ®, y, d in sich selbst 
übergeht. Umgekehrt ist leicht zu zeigen, dafs man alle Substitutionen 
der bezeichneten Art auf diese Weise erhält. Sind nämlich «, £, y, d die 
Coeffieienten einer solchen, so schliefst man aus $. 3, I, dafs obige zwei 
Gleichungen Statt finden. Gibt man nun der zweiten, welche für beide 
Wurzeln w gilt, die Form 


Bw? + («a — 2) v—y=0, 
und bemerkt, dafs von diesen Wurzeln die erste zwischen ı und x, die 
zweite zwischen — ı und o liegt, so folgt, dafs die erste Seite für » = ı ne- 
gativ, für » = — ı positiv sein mufs. Man erhält so die beiden Ungleich- 


heiten 
Math. Kl. 1854. ; B 


114 DiricHLert: F ereinfachung der Theorie 
y-a>ß-8, o—-y>a—ß, 
aus welchen leicht diese neuen 


ey ze 


abgeleitet werden. Die Richtigkeit der ersten ergibt sich, indem man von 
der entgegengesetzten Annahme ö <y ausgeht, aus welcher wegen «ad > ßy, 
@a>% oder a—ß>o, und dann nach der zweiten der obigen Ungleich- 
heiten, d>y folgt. Setzt man zweitens <>, so kann nicht zugleich d&> ß 
sein, da dann «d um wenigstens 3 Einheiten gröfser als ®y sein würde. Aus 
ß—6 5 o folgt aber nach der ersten der obigen Ungleichheiten y>a. Da 
so die Annahme @>y auf einen Widerspruch führt, so ist nothwendig 


> 
y2a. 
Es finden hiernach alle $. 2, II gemachten Voraussetzungen Statt und 
man hat 
— — ur r- ==/(L, m... 7,8), Wellm,. 37,50): 


Setzt man für die erste Wurzel w obige Entwicklung ein, so erhält 
man zwei gleiche und folglich identische normale Kettenbrüche, so dafs die 
Reihe /, m, .. r, s nothwendig aus einer oder mehreren Perioden k,, k,, .. 
k,,_, besteht und z ; . ‚ wie vorhin behauptet wurde, zwei aufeinander- 
folgende dem Ende einer Periode entsprechende Näherungswerthe sind. Da 
nun a, @, y, d offenbar wachsen, wenn man von einer Periode zur folgen- 
den übergeht, so werden die kleinsten positiven Substitutionscoefficienten 
dem Ende der ersten Periode entsprechen und man überzeugt sich auch 
leicht, dafs sie in den oben angeführten Gleichungen aus den kleinsten po- 
sitiven Werthen von Z und u erhalten werden. Nach der ersten und vierten 
jener Gleichungen ist nämlich 

ne. e— b2u: Mr An ei acu? ni acu? 


a? a? r 


Da nun — ac positiv ist, so haben « und Ö immer dasselbe Zeichen, welches 
21 : : > 
wegen @ + = — das Zeichen von Zt ist. Eben so sieht man aus den Aus- 


drücken für @ und y, dafs auch diese, wenn sie nicht beide Null sind, was 
u = 0 voraussetzt, im Zeichen mit w übereinstimmen. Die oben unter- 


der binären quadratischen Formen von positiver Determinante. 115 


suchten positiven Substitutionen «, ß, y, d werden also aus positiven z, u 
erhalten und da ß, y mit u wachsen, so entspricht die in den kleinsten Zah- 
len ausgedrückte Substitution den kleinsten positiven Werthen von Z,u, 
die folglich, sobald jene aus dem Kettenbruche bestimmt ist, durch die 
Gleichungen 

= — (+ a), u=-, (da) 


sefunden werden. 
Le) 


—HETD—— 


a 

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Philologische du historische 


Abhandlungen 


der 


Königlichen 


Akademie der Wissenschaften 


zu Berlin. 


anne 


Aus dem Jahre 


E80A. 


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Berlin. 
Gedruckt in der Druckerei der Königlichen Akademie 
der Wissenschaften. 


1855. 


In Commission in F. Dümmler’s Verlagsbuchhandlung. 


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K 


kKah'a!'t: 


v.D. HAGEN: Die romantische und Volks-Litteratur der Juden in Jüdisch-Deutscher 


Sprächesg(Eirsters Het) n 2 Sa Nee ee ae Seite 1 
RIEDEL: Die Ahnherren des Preulsischen Königshauses bis gegen das Ende des 

43 Jahrhundertst 22 ren ee ee ee ee ee u 
HoMEYER: Der Prolog zur Glosse des sächsischen Landrechts ...........- - 155 
Currıus: Zur Geschichte des Wegebaus bei den Griechen... .....2..... - 211 
Ir GRimmuber dievnamen desdonners.r... 0 2 RER EEE -#303 


RıTTER über einige verschiedenartige charakteristische Denkmale des nördlichen 


SEETBLS 0 56 Do Die v0 Ban due a a oe ER - 333 
RıEDEL über den Ursprung und die Natur der Burggrafschaft Nürnberg ... . - - - 369 
RANKE: Zur Kritik fränkisch-deutscher Reichsannalisten .... 2... 22.2.2000. - 415 
Bopp über das Albanesische in seinen verwandtschaftlichen Beziehungen... . . - - 459 
PANOFKA: Archäologischer Commentar zu Pausanias B. II. Kap. 24... ...... - 551 


——m—— um 


u, 


Die romantische und Volks-Litteratur der Juden 
in Judisch - Deutscher Sprache. 


Von ,# 
r 


H=: yo. HAGEN. 


Erster Theil. 


mann 


[Gelesen in der Akademie der Wilsenschaften am 18. August 1853.] 


Wan Goethe, aus Anlafs seiner früheren alttestamentlichen Arbeiten, von 
den Juden sagt, dafs sie von jeher nicht viel getaugt haben, so gilt dafselbe 
von dem Menschen überhaupt, dessen Urgeschichte zugleich ihre Stamm- 
geschichte ist; und wie, laut derselben, der Mensch sogleich mit Hochmut, 
Wollust, Blutschande und Brudermord glänzend auf die Weltbühne trat, 
so taugten auch seine nächsten Abkömmlinge, durch ihre im selben Gleise 
fortgehende Geschichte, zum Beispil und Vorbild in der Weltgeschichte, als 
Weltspiegel, welcher Anfang und Ende der Dinge umschliefst. 

Es war und ist das Schicksal der Juden, bei der stärksten innern Ein- 
heit und dem festesten Zusammenhang und Halt, bei der schärfsten Abson- 
derung, in alle Welt, unter alle Völker zerstreut zu werden und zu bleiben 
bis ans Ende der Tage, eben wie der ewige Jude. 

Und so sind es zwei entgegengesetzte Richtungen, welche von jeher 
das Jüdische Volk zur Führung und Erziehung des Menschengeschlechts eig- 
neten und bestimmten: nämlich daszähe Festhalten der unvertilgbaren, leibli- 
chen, wie geistigen Grundzüge ursprünglicher Eigentümlichkeit; und dabei 
die leichte Beweglichkeit und Gewandtheit, sich auch die entfernteste Volks- 
tümlichkeit anzueignen. In beidem zeigt sich zugleich eine gewisse Än- 
lichkeit mit dem Deutschen Volke. Dise letzte Gefügigkeit, welche bei 
den Juden sich, im Streite mit jener Halsstarrigkeit, schon in der Aegyptischen 
Dienstbarkeit offenbarte, dann in dem unaufhörlichen Bulen mit fremden 
Göttern, sowie in der Babylonischen Gefangenschaft, und endlich seit der 
völligen Vertreibung aus dem gelobten Lande bis zur Zerstreuung in alle 
Welt unter alle Völker, hatte zur Folge, dafs die Juden nicht nur an der 

Philos. - histor. Kl. 1854. A 


2 v.D. Hacken: die romantische und V olks-Litieratur 


Litteratur, Gelahrtheit und Dichtkunst diser Völker Theil nahmen, sondern 
auch die Sprachen derselben mehr oder minder sich aneigneten. Dabei gaben 
sie zwar ihre Ursprache, welche Gott selber im Paradise, auf dem Sinai und 
fürder mit seinem Volke redete, die Sprache ihres Gesetzes und der auch uns 
Heiligen Schrift, keinesweges auf, und lernen sie immerdar noch, wenn auch 
nur fast als eine todte, kaum noch gesprochene, jedenfalls im Gebrauche 
manigfaltig veränderte Sprache. In dieser bildete sich auch in den ver- 
schiedensten Ländern eine Art gemeinsamer Litteratur der Juden, als Fort- 
setzung der Althebräischen, fürder aus, und diente noch als Vereinigung der 
Zerstreuten, für welche es zu verschiedenen Zeiten verschiedene, oft weit 
entlegene Orte der Nachblüte gab, z. B. in Portugal und Polen. Diser 
Teil des Jüdischen Schriftwesens hat bisher noch die meiste litterargeschicht- 
liche Berücksichtigung auch für die übrige gelehrte Welt gefunden. Erst in 
späteren Zeiten hat man auch den Teil desselben mer beachtet, der sich 
an die Litteratur der neueren Völker, unter welchen die Juden lebten, be- 
stimmter anlehnt, und der schon im Mittelalter als ein Zweig der romanti- 
schen Litteratur anzusehen ist. Als solcher tritt sie sowol in der eignen 
Hebräischen Sprache, als in den neueren Landessprachen hervor, und hier 
zwar, wie es mir scheint, am reichhaltigsten, manigfaltigsten, und überhaupt 
merkwürdigsten, in Deutscher Sprache. Und darum gebürt disem Ge- 
genstande wol eine nähere Betrachtung; wobei ich hier besonders die der 
Dichtkunst zugewandte Seite hervorhebe, als die lebhafteste und bedeutendste 
für die gesammte übrige Bildung. 

Die Juden sind freilich kein eigentliches Volk der Kunst, in welcher 
die alten heidnischen Völker sie weit übertrafen: ihre Dichtkunst jedoch, auf 
dem Urgrunde der Wahrheit beruhend, überragt alle diese Völker ebenso 
durch Erhabenheit, Heiligkeit und Sittlichkeit, wie sie weniger in manigfalti- 
gen Kunstformen ausgebildet ist. Auch nach dem Abschlufse des alttesta- 
mentlichen Kanons (nach der Heimkehr aus Babylon), und selbst nach der 
Zerstörung Jerusalems, hat es den Juden nicht an Dichtern gefehlt, wie einige 
Gebete des Amoräers Samuel (st. 250 n. Ch.) im Talmud, und der Rab- 
biner Nechonja und Elieser, im Gebetbuche für alle Wochentage, be- 
zeugen. Dise Gedichte befleifsigen sich, dem Inhalte gemäfs, auch der 
altertümlichen Sprachreinheit; obschon einige (namentlich Elieser) sich der 
Sprache des Talmud anschliefsen; dessen beide grofse Sammlungen in Jeru- 


der Juden in Jüdisch-Deutscher Sprache. 3 


salem und Babylon, in den ersten Jahrhunderten n. Ch., alle Kräfte auf- 
boten zu einem nochmaligen Babylonischen Bau. Die ängstliche Sorge für 
die Sprachreinigung zeigten die Juden selbst darin, dafs sie andere weltliche, 
ergetzliche und fremdartige Gegenstände auch meist nur in fremden Sprachen 
dichteten. In solchem guten Sinne begannen sie damals schon ihre seitdem 
so häufig, auch im anderen Sinne widerholten Arbeiten diser Art. Aus der 
vorchristlichen Zeit sind noch einige Überbleibsel in der damals seit Alexan- 
der d. G. weit durch das Morgenland herrschenden Griechischen Sprache: 
Bruchstücke einer Tragödie, der Auszug der Kinder Israels aus Äg gypten, 
von einem Juden Ezechiel; (!) und zwei heroische Gedichte, von einem 
Philo, der älter ist als der Alexandrinische Philo, und von Theodotos. 
Eines Jüdischen Dichters Theodorus in Lateinischer Sprache gedenkt 
Martial (Epigr. XI, 54. 94), als seines Zeitgenofsen. 

Nicht minder'erfuhren die Juden die Einwirkungen der Araber, als 
dise Söhne der Wüste seit und durch Muhamed die Griechisch - Römische 
Weltherrschaft ergriffen, auch deren Bildung zum Teil sich aneigneten, und 
zumal unter den Abassidischen Chalifen, in Wifsenschaften und Künsten 
wetteiferten, und dadurch zugleich die Höhe ihrer Macht bezeichneten, 
welche sich auch weit ins Abendland über die zerstreuten Juden erstreckte. 
Arabische Gedichte von Juden sind zwar eben nicht bekannt: aber durch die 
ursprüngliche Stammes- und Sprachverwandtschaft standen die Juden in 
eigentümlich günstigen Verhältnissen zu den Arabern. Wie der Kirchen- 
vater Origines die aus Aegypten von den Kindern Israels mitgenommenen 
kostbaren Gefäfse, schön und auch wahr, durch die in Aegypten angenom- 
mene Bildung deutet, welche sie durch einen würdigen heiligen Inhalt wei- 
chen sollten, — zu goldenen Früchten in silbernen Schalen — : so entlehn- 
ten die Juden auch die kunstreich ausgebildeten Formen der Arabischen 
Dichtkunst. Die derselben eigentümliche Verbindung einer wirklichen 
Vers-Mefsung mit Sylbenzählung und Reim bildeten die Juden sich 
um so leichter an, als der Reim nicht allein schon in den genannten Hebräi- 
schen Gebeten ganz entschieden auftritt (als durchgehender Reim des ganzen 
Gedichts, und als abwechselnder), sondern auch schon in den ältesten Mosai- 
schen Urkunden (Gen. 4 und Num. 22) lautbar wird, und im Sprachbau 
(den Flexionen des Nomens und besonders i in den Suffixen) begründet, sich 


&) PFarton rt of English aa ed. Dre 1777333 
A2 


4 v.d. Hasen: die romantische und V olks- Litteratur 


den, noch des Mafses und der Zal ermangelnden Hebräischen Versen desto 
stärker empfahl, sowie durch den herrschenden Parallelismus der Sätze der 
einfachste, gepaarte Reim fast gefordert ward. Mit den Arabischen kunst- 
gemäfsen Versen, deren Länge die Hebräer zwischen 3 bis 13 Sylben fest- 
stellten, verbanden sie nun ihre schon beschribene Reimweise, und fügten 
dazu die übrigen Arabischen Reimgebäude, der überschlagenden, dreimal 
widerholten und weiter verschlungenen Reime, zu manigfaltigen Strophen ('). 
Ihre Kunstausdrücke für Strophe, Stanze und deren Glieder sind ebenfalls 
die Arabischen, schon aus der Wüste her, nämlich: Hütte oder Zelt, Bal- 
kon, Pflock oder Zeltpfahl: welche bildlichen Ausdrücke, überall sehr nahe 
ligend, wie noch Versbau bezeugt, auch bei unseren Meistersängern wider- 
kehren, in ihren Stollen (Pfosten) und Gegenstollen (Strophe und Anti- 
strophe) ; sowie unsere älteren Sangesmeistern ihr Dichten kunstgerechter 
und sinnvoller Stanzen als das Errichten und Decken eines Hauses oder Zim- 
mers vorstellen. 

In solchen Formen dichtete nun seit der Arabischen Herrschaft eine 
grofse Menge Jüdischer Reimer, wie sie heifsen, und zum Theil hoch ge- 
rühmt werden, vornämlich lyrische Gedichte, darunter auch Festlieder, und 
die schon von Jeremias angestimmten Klagelieder; deren ernster und from- 
mer Inhalt sie als würdige Fortsetzung der frühern Hebräischen Dichtkunst 
anreihte (?). 

Daneben versuchten sich die Juden, nach Vorgang der Araber, auch 
in anderen zum Theil noch verwandten Gattungen, vornämlich in Sitten- und 
Lehrgedichten, Sprüchen, Fabeln, Rätseln, Sinngedichten. Das erste 
seiner Art ist das sittliche Lehrgedicht des Hai Gaon im 10 — 11. Jar- 
hundert; dann das Schachspil des Rabbi Abra Esra im 12. Jarhun- 
dert, welcher, nächst Maimonides, „unstreitig der gelehrteste, geistreichste 
und vorurtheilsfreiste Jude diser und der folgenden Zeiten” genannt 
wird. Ihm gleichzeitig ist das ärztliche Lehrgedicht des Rabbi Jehuda, 


(') Darunter auch die dreimalige Widerholung desselben Reims in Bindung mit einer 
vierten Zeile, welche durch das ganze Gedicht reimt. 


(2) Eine sinnige Auswahl solcher Gedichte in Deutscher gereimter Uebersetzung bietet 
„die religiöse Poesie der Juden in Spanien. Von Dr. M. Sachs”, mit Beilagen in der Ur- 
sprache und geschichtlicher Darstellung (Berlin 1845). — Zum Folgenden verdanke ich 
freundliche Mittheilungen und Nachweisungen dem Prof. Petermann. 


der Juden in Jüdisch-Deutscher Sprache. 5 


genannt Charizi, d. h. der Dichter, der auch den Hariri übersetzte 
und änliche Makamen, lehrreiche Erzälungen, verfafste. Im 13. Jarh. 
dichtete Rabbi Isaak lehrhafte Fabeln, Rabbi Ephraim das Märtyrtum 
des Rabbi Ammon, und Rabbi Joseph brachte die ganze Gemara in Verse. 
Rabbi Hyssopäus im 15. Jahrh. verfafste ein schönes Hochzeitgedicht: aber 
Abraham Ben Jabal und Imanuel Ben Salomo, welche zu den 
besten Dichtern dieser Zeit gehörten, wurden gleichwol von den Juden 
verachtet, weil sie die heilige Sprache so sehr entweihten, dafs sie erotische 
Gedichte nach Catullischer Weise darin sangen. Der neuste Geschicht- 
schreiber der Jüdischen Poesie, Fr. Delitzsch (1836) stellt das Verhältnis 
diser letzten Dichter zu den ihnen überwigend entgegenstehenden und 
dem Judenvolke gemäfseren Dichtern näher dar: er falst beide Richtungen 
als Jüdische mittelalterliche Romantik zusammen, nennt die eine aber 
„die synagogische, oder katholische, welche, auf die Legende gegrün- 
det, die rein spiritualistische Idee des Judentums nach Auflösung des Jüdi- 
schen Staats, als Einheitsband der Juden, in mysteriöser Sprache und Hie- 
roglyphen der Mythe darstellt, wie das Pijuth aus der Hagada thut. In der 
profanen Richtung dagegen hat, aus Einwirkung der Dichtkunst des Islams 
und der Limosinischen und Italienischen Minnesängerei, der unjüdische Sen- 
sualiamus fast Überhand genommen, namentlich in den beiden Jüdischen 
Divanen (Gedicht-Sammlungen), weniger in dem des Spaniers Al-Cha- 
rizi, fast ganz in dem des Imanuel. Die Macberot Imanuels, des Rö- 
mers, sind in der Jüdischen Romantik Seitenstück zu Tristan und Isolde: 
die spiritualistische Idee unterliegt in beiden dem Sensualismus der Minne.” 

Der hier bemerkte Einflufs des Romantischen tritt noch stärker 
und manigfaltiger hervor in den Gedichten der Juden, welche nun auch in 
den Romanischen Sprachen verfafst sind. Solcher Jüdischen Dichter, 
die in Spanischer, Portugiesischer und Italienischer Zunge sangen, 
gibt es eine namhafte Anzahl. Besonders von solchen Spanischen Dichtern 
gibt Daniel Levi de Barrios, selber im 17. Jarh. als Dichter berühmt, 
ein langes Verzeichnis, (!) unter welchem im 14. Jarh. hervortritt: Rabbi 
Salomo Usque durch ein Trauerspiel und als Übersetzer des Petrarca; im 


17.Jarh. Manasse als Übersetzer des Thucydides, und Jakob Ben Usiel 


(') ARelacion de los poetas Iudaycos. — Die Jüdischen Provenzaldichter 1190-1492 
verzeichnet alphabetisch Zunz „Zur Geschichte und Litteratur” Bd. 1 (Berlin 1845). 


6 v.d. Hasen: die romantische und Volks- Litteratur 


durch sein Heldengedicht David. Unter den Potugiesen verdient vor allen 
genannt zu werden Salomoncino, der, ein Freund des Camoöns, diesem 
bei seiner Lusiade thätigen Beistand leistete. Von den Italienern erwähne 
ich nur den Rabbi Jehuda benannt Arjeh di Modena, oder, wie er gewön- 
lich genannt wird, Leo Mutinensis, welcher im 17. Jarh. lebte, und unter 
andern in dem Alter von 18 Jahren ein poetisches Kunststück lieferte, wie 
es wol nur in dem Gehirn eines durch den Talmud geschulten Juden ent- 
springen konnte, aber auch den Witz und Scharfsinn eines solchen sattsam 
bekundet. Es ist difs ein Gedicht auf den Tod seines Lehrers Moses Ba- 
sula, welches zugleich Hebräisch und Italienisch lautend einen Trauergesang 
bildet, in der achtreimigen Stanze: (!) 
Ya TER DEI ma iR Sad mp 
Chi nafce muor, Oime, che pals’ äcerho. 
joy ON Pr ur ol Day ah 53 
Colto. vien l’huom, cosi ordin’ il Cielo. 
2 927 > mia a mon 
Mofe mori Mole gia car de verbo. 
Ho mr Nm Tea Dr jr mon Di 
Santo fia ogn’ huom, con puro zelo. 
Na mn ar Tu mar Dun mn 
Ch’ alla en gia mai l[enza rilerbo. 
"> MB RI PR 99 na DIR Sm 
Aria huom, ma vedran in cangiar pelo, 
Bas may 2 "bp D3 maEO 
Se fin habiam, ch’ al Cielo vero ameno, 
Sad iwı au naar Din 
Val’ huomo vä le viva aflaiı, [e meno. 

Wie bei den Romanischen Völkern, wegen ihrer nähern Beziehung 
auf das Morgenland, überhaupt die Juden wenig oder gar nicht von ihnen 
zu unterscheiden sind, in Gestalt und Tracht, in Aussprache, eigentümlicher 
Betonung und einer gewissen Sangweise der fremden Sprache: so haben sie 
auch bei der Teilname an deren Dichtkunst und Schriftentum überhaupt, 
keine leicht erkennbare Eigenheit kund gegeben. Dafselbe Verhältnis hin- 
sichtlich des Sprachgebrauchs zeigt sich zwar auch noch bei unseren Mittel- 


(') Sota. lib. Mischnicus de uxore adulterii suspecta, cum excerplis Gemarae, Hebr., C. 


vers. Lat. et comm. ed. I. Ch. Wagenseil. Altdorf. 1674. 4. (88 und 1234 S.) p. 50. 


der Juden in Jüdisch-Deutscher Sprache. 7 


deutschen Liederdichtern (Minnesingern), unter welchen Süfskind der 
Jude von Trimberg (!) sich nur durch den gezierten Namen kund 
gibt, dergleichen damals schon mehre vorkommen(?); sowie die Juden bei dem 
Staatsgebot, anstatt der Stammesnamen bestimmt unterscheidende Familien- 
namen anzunehmen, in diser Richtung vil weiter gegangen sind, und neben der 
Benennung von Ländern und Orten (Schlesinger, Breslauer), besonders 
gerne poetische Namen sich beigelegt haben (Rosenhain, Rosenbaum, Rosen- 
kranz, Rosenberg etc.): zum Teil aus Anklang alter Hebräischer Namen 
(Löwe, Löbel aus Levi), überhaupt aus Nachwirkung dem allgemein im Mor- 
genlande, mit den weniger veränderten Sprachen, sichtlichen Bestreben be- 
deutsamer Namengebung. Dann aber zeigt sich bei den Deutschen Juden 
eine eigne Erscheinung, und zwar erst seit der Zeit, dafs die Deutsche Dicht- 
kunst, völlig in die Städte gezogen, meist nur noch durch die Meistersänger 
betriben ward, und als neben dem durch Luther geschaffenen volksmäfsigen 
Kirchenliede, und der ungebundenen Rede, das neue Volkslied, zumal 
das geschichtliche, in Stadt und Land aufkam. Difs alles, zumal das Letzte, 
geschah mit einer unläugbaren Misbildung und Verwilderung der früher 
so manigfaltig gebildeten Sprache und Dichtkunst; welche Bildung noch 
durch die pedantische Einmischung der gelehrten (Lateinischen) Sprache, 
und weiter durch die mit anderen fremden Einflüfsen über Deutschland ge- 
kommenen Italienische, Spanische und endlich, am stärksten, durch die 
Französische Sprache barbarisirt ward: sodafs die Herstellung und Wider- 
geburt unserer Sprache seitdem ein warhaft geistiges Wunder, ein Zeugnis 
unverwüstlicher Lebens- und Auferstehungskraft, eine Verheifsung unaufhör- 
lich fortschreitender Bildung der Deutschen ist. Jene Rohheit und Verwil- 
derung aber vermehrten die daran teilnemenden Juden nun noch durch die 
Einmischung ihrer eigenen, unter den Fremdvölkern schon längst todten und 
verdorbenen Hebräischen Zunge. Und so entstand ein Mischmasch und Jar- 
gon, welcher teils an die Zigeunerisch- Jüdische Spitzbubensprache, teils an 
die jetzt eben wildwachsende anglisirte Sprache der Deutschen in Nordame- 


(') Minnesinger 119. 
(?) In einer den Sülskind betreffenden Würzburger Urkunde 1218 die Juden - Zeugen 


Liebermann, Schönemann u. a. Ein Mainzer Jude Seidenfaden 1340. Minnesinger 
IV, 536. 


s v.D. Hasen: die romantische und Volks - Litteratur 


rika erinnert, aber alle noch überbietet im Kunterbunt der Bestandteile und 
im Hohnsprechen aller unserer noch so bedeutsamen und freilich dem Frem- 
den schwierigen Sprachgesetze. Das Letzte geschah und geschiht zum Teil 
aus Jüdisch übertribener Folgerichtigkeit, z. B. die so eigentümlich im Deut- 
schen ablautenden Zeitwörter nach den früher auch von Deutschen Sprach- 
lehrern sogenannten regelmäfsigen Endung zu machen: gebe! er nehmt; 
reitete, gereitet. 
Einem solchen Rotwälsch gemäfs, sind auch den Gedichten darin 
Vers und Reim angepafst: der Reim, weit entfernt von Reinheit, ist häufig 
blofser Anklang; die Verse sind von ungemefsener Länge, bald sehr kurz, 
bald atemlos lang, nach Art der Jean Paul’schen Streckverse. Solche in 
den weit vorherrschenden Reimparen verbundene Reimzeilen scheinen so 
noch eine Nachwirkung des schon erwähnten Parallelismus der beiden Glie- 
der von ungleicher Länge, in der Hebräischen Rede überhaupt, vornämlich 
in Gedichten (Psalmen) und Sprüchen. Selten sind daher auch die Jüdisch- 
Deutschen Gedichte mit überschlagenden Reimen, überhaupt in mehrrei- 
migen Stanzen, aufser einigen geschichtlichen Liedern, meist nach solchen 
Deutschen Volksweisen, wie das Vinzenzlied im Tone der Pavia- 
schlacht. Und wird ja einmal ein Anlauf zu einer künstlichen Stanzen- 
bildung genommen (wie bei der achtreimigen Italienischen Stanze im Baba- 
Buehe), so hält es doch nicht lange an und verläuft sich alles bald in unregel- 
mäfsige, acht-, sechs- und vierreimige Sätze, meist auch mit Streckversen. 
So stellt sich die Jüdisch-Deutsche Rede und Dichtung dar in ihren 
eigentümlichen Erzeugnissen, Erzälungen, längeren Gedichten, Liedern und 
Schauspilen; welche zum Teil zwar übertragen sind aus anderen Sprachen, 
und auch aus dem reinen Deutsch selber (z. B. Ritter Wieduwilt aus 
Wigalois), aber auf ebenso absonderliche Weise verarbeitet wurden. 
Daneben bestehen allerdings auch mehr oder minder rein Deutsche 
Übersetzungen der Juden, sowol von ihrer ganzen Bibel, als von einzelnen 
Büchern derselben, auch wol in Reimen; ebenso Übersetzungen aus ande- 
ren Sprachen; und selbst gut Deutsche Werke, zumal ältere und Gedichte, 
werden so erneut, oder nur umgeschriben für Jüdische Leser. 
Denn, was dise gesammte Jüdisch-Deutsche Litteratur ferner inner- 
halb der Deutschen Gesamtlitteratur eigentümlich auszeichnet und abson- 
dert, das ist ihre Abfafsung und Vervielfältigung in einer eignen, aus der alt- 


der Juden in Jüdisch- Deutscher Sprache. 9 


hebräischen Quadrat-Schrift verkürzten und dem Deutschen angepafsten 
Jüdisch-Deutschen Schreibe- und Druckschrift. 

Von jenen, der Absicht nach im gebildeten Schriftdeutsch verfafsten 
Werken der Juden, wenn sie auch in Jüdisch-Deutsche Buchstaben umgeschri- 
ben sind, sehen wir hier ganz ab, weil sie, wie solche Bücher anderer Undeut- 
scher Schriftsteller, der allgemeinen Deutschen Litteratur angehören, und 
auch meist in Deutscher oder Lateinischer Schrift gedruckt sind. Ebenso 
sehen wir hier ab von den älteren und neueren Deutschen volksmäfsigen und 
schriftgelehrten Werken, welche fast unverändert nur in Jüdisch - Deutscher 
Schrift gedruckt sind, und denen allerdings sonst auch in der Deutschen 
Litteraturgeschichte ihre bisher vernachläfsigte Aufname gebürt, zumal, 
wenn sich ergibt, dafs solche volksmäfsige Bücher in der Deutschen Ur- 
schrift nicht mehr zu finden sind (!). 

Dagegen die eigentliche Jüdisch-Deutsche Litteratur in folgen- 
der Übersicht, ist hienach nicht wegen ihrer Ausbildung und Schönheit an- 
ziehend, sondern merkwürdig, als eigentümliches Gewächs, wie andere 
Volksmundarten und deren eigene Erzeugnisse. Dabei hat sie noch die be- 
sondere Bedeutung, dafs sie völlig dem ursprünglichen Wesen und den fort- 
wärenden Zuständen dises zum allgemeinen Beispil bestimmten Volkes am 
Eingange der Menschengeschichte, entspricht. 

Alle dise Jüdisch-Deutschen Hervorbringungen zeugen weniger von 
Erfindung, als von eigentümlicher Auffafsung und Verarbeitung des Über- 
lieferten. Freilich gehört ein Teil des Letzten ursprünglich ihnen selber an, 
nämlich die wundersamen, fabelhaften, abenteuerlichen, ungeheuerlichen 
und unglaublichen, dabei ächt Jüdischen Umdichtungen, welche sie von und 
neben den Büchern ihrer Bibel haben, nicht nur von denen, wo eine solche 
Um- und Ausdichtung nahe lag, wie bei Judith, Ruth, Tobias, Esther, 
Daniel, überhaupt in den Apokryphen, sondern auch von den übrigen, wie 
Moses, Richter, Könige ete. Welche märchen- und sagenhaften Erzeugnisse, 
Midraschim genannt, in der Auffafsung und eignen Aus- und Fortbildung 
der Muselmänner, vornämlich der Araber (?), sich der 1001 Nacht anreihen. 


(') S. die Beilagen. 


(*) „Biblische Legenden der Muselmänner. Aus Arabischen Quellen zusammengetragen 
und mit Jüdischen Sagen verglichen von Dr. G. Weil.” Frankfurt a. M. 1845. 


Philos.- histor. Kl. 1354. B 


10 v.d. Hagen: die romantische und Volks- Litteratur 


Demnächst haben die Juden in der weitschichtigen Fortsetzung ihrer 
biblischen Litteratur in den beiden Talmuden, von Jerusalem und Babylon, 
eine bedeutende Reihe änlicher, zwar minder ausschweifender, kurzer Er- 
zälungen, Parabeln u. dgl., welche, Aggadoth genannt, auch bei ihnen ge- 
sammelt, sowie durch Neudeutsche Auswal und poetische Darstellung be- 
kannt sind ('). 

Beiderlei Erfindungen gehören jedoch einer frühern Zeit an, und 
sind für das Jüdisch-Deutsche Schriftentum auch nur noch Überlieferung; 
nicht minder wie die aus anderen, Romanischen und Germanischen Spra- 
chen entlehnten Gegenstände. 

In diser letzten Hinsicht ist nun die Jüdisch- Deutsche Litteratur für 
uns besonders merkwürdig durch ihre Teilname än der Romanischen 
Ritter- und Volksdichtung, sowol unmittelbar, wie das Baba-Buch aus 
dem Italienischen, als vermittelst Deutscher Übertragung, wie Ritter 
Wieduwilt aus dem Altdeutschen Wigalois. 

Mit beiden genannten Büchern zeigt sich schon ihre Teilname an den 
beiden grofsen Romanischen Sagenkreisen von König Artus mit der 
Tafelrunde und von Karl dem Grofsen mit seinen Paladinen, auf än- 
liche Weise, wie in der Altdeutschen Ritterdichtung; wobei nicht unwichtig 
ist, dafs eben in dem genannten Baba-Buch ein bedeutendes Rittergedicht 
und Volksbuch nicht Altdeutsch, sondern nur Jüdisch-Deuitsch vor- 
handen ist, und zwar in Stanzen-Nachbildung. 

Aufser mehren anderen, nicht den beiden Sagenkreisen angehörigen 
romantischen Dichtungen, z.B. Magelona, sowie dem übrigen grofsen Mor- 
gen- und Abendländischen Gemeingute kürzerer Erzälungen (Mäseh), Mären 
und Märchen der kleinen und grofsen Kinder, Wundergeschichten und 
Schwänke(?), — fehlt es dem Jüdisch-Deutschen Schriftwesen auch nicht an 


(') Durch Engel und Andere. Dann „Sagen der Hebräer aus den Schriften der alten 
hebräischen Weisen. Nebst einer Abhandlnng über den Ursprung, den Geist und Werth 
des Talmuds. Aus dem Englischen des Heiman Hurwitz von *r.” Leipzig 1826. N. A. 
1828. — „Das Buch der Sagen und Legenden Jüdischer Vorzeit. Nach den Quellen be- 
arbeitet nebst Anmerkungen und Erläuterungen von Abraham M. Tendlau. Zweite ver- 
mehrte Auflage. Stuttgart 1845. Meist in manigfaltigen Reimstanzen. — Jüdische Sagen und 
Dichtungen von Dr. C. Krafft. Ansbach 1839. 

(?) „Gesammtabenteuer. Hundert Altdeutsche Erzählungen: — meist zum erstenmal gedruckt 
und herausgegeben von F. H. v. d. Hagen.” 3 Bde. Stuttgart 1850. mit Geschichte derselben. 


der Juden in Jüdisch-Deutscher Sprache. 11 


nächster Aufname und Verarbeitung ursprünglich Deutscher Dichtung, 
wenn auch nicht aus dem grofsen Sagenkreise des Heldenbuchs und der 
Nibelungen, doch aus den sich daran reihenden späteren Heldensagen , 
z. B. das Gedicht und Volksbuch vom Herzog Ernst, und andere nidrigere 
Deutsche Volksbücher, wie die Schildbürger und Eulenspiegel. 

Es ergibt sich also, dafs die Jüdisch-Deutsche Litteratur wirklich eine 
alte volksmäfsige innerhalb und mit der Altdeutschen ritterlichen, Hel- 
den- und Volkslitteratur ist, welche dabei noch so manches davon allein 
bewahrt, neben vilem Eigentümlichen. 

Sie gehört wesentlich zur vollständigen Geschichte aller diser Dich- 
tungen. Allerdings ist sie dafür weit überwigend stofflicher Art, bei 
ihrer dargelegten ungebildeten Darstellung und verwilderten Sprache. 

Aber selbst noch dise Sprache ist nicht unbeachtet zu lafsen, indem 
sie, dem Altdeutschen der Volksbücher und Lieder zunächst verwandt, 
daran festhält, sodafs sie noch- manche alte Wörter und Formen gebraucht, 
die schon aus unserm Schriftdeutsch verschwunden und kaum noch in den 
neuen Widerholungen der Volksbücher vorkommen: Recke; han, stahn, 
lan. Ja es finden sich da noch sonst unerhörte Wörter und Bildungen. 

Das eigentümlich und wirklich Volksmäfsige diser Jüdisch-Deutschen 
Litteratur zeigt sich endlich noch darin, dafs ein Teil derselben innig mit 
den Festen, Spilen, Sitten und Gebräuchen der Deutschen Juden verbunden 
war, und wol noch ist, wie einige Festlieder, die freudige Östererzälung 
(Haggada), die Schauspile Joseph und seine Brüder, Esther und 
Haman u. a. — 

Es ist eine im allgemeinen richtige Bemerkung, welche sich hier manig- 
fach bestätigt, dafs die Juden, wenn sie den ihnen ursprünglich angewisenen 
Kreis der Dichtung und Darstellung verlafsen, meist nachläfsig ins Formlose 
und Geschmacklose geraten. Dabei sind sie aber auch in der Litteratur, so- 
wol durch ihre Zerstreuung, als durch den ihnen inwonenden Geist des Ver- 
kehrs und Betriebs, zu der weitesten Vermittelung des Morgenlandes und 
Abendlandes geeignet: wie sich hier vor allen an zwei der ältesten Volks- 
bücher, welche die folgende Übersicht diser Litteratur eröffnen (Sendabar 
und Sindbad), bewährt. 


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Die Ahnherren des Preufsischen Königshauses bis 


gegen das Ende des 13. Jahrhunderts. 


"Von 


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[Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 16. Februar 1854.] 


Einleitung. 
E; dürfte an der Zeit sein, die alte Streitfrage über den Ursprung des 


Preufsischen Königshauses einmal wieder aufzunehmen, um zu versuchen, sie 
jetzt endlich zur Entscheidung zu bringen. Denn während eine endgültige, 
auf gründliche Beweisführung gestützte Entscheidung früher in der That 
nicht möglich war, haben die in der neuesten Zeit aufgefundenen Geschichts- 
quellen dahin geführt, dafs sich gegenwärtig nicht nur die Abkunft des Burg- 
grafen Friedrich I. von Nürnberg (1192-1201) aus Zollernschem Stamme 
von seinem Urgrofsvater her, sondern auch das Hervorgehen aller spätern 
Burggrafen von Nürnberg aus seiner Nachkommenschaft zuverlässig nachwei- 
sen läfst; wodurch die Zollernsche Abstammung des Preufsischen Königs- 
hauses allem Zweifel überhoben wird. 

Die Geschichte des Zollernschen Stammes auf diesen Punkt gebracht 
zu haben, ist vorzüglich das Verdienst des Freiherrn von Stillfried. 
Theils allein von ihm, theils von ihm in Verbindung mit dem gelehrten könig- 
lichen Haus-Archivar Dr. Traugott Märcker, sind die auf die gräflich- 
Zollernsche und auf die burggräflich-Nürnbergische Geschichte bezüglichen 
ältern Urkunden sorgfältig gesammelt und herausgegeben und ist zugleich der 
erste Versuch gemacht, dieselben mit Hülfe dessen, was Siegel, Wappen und 
andere Denkmale des Alterthums darbieten, gründlich zu durchforschen. 
Dazu kam, dafs auch Stälin’s treffliche Geschichte Wirtembergs im zweiten 
Bande (Stuttg. u. Tüb. 1847) die älteste Geschichte der Zollernschen Grafen 


14 Rırver: die Ahnherren des Preufsischen Königshauses 


und der Burggrafen von Nürnberg durch umfassende Zusammenstellung des 
dieselben betreffenden urkundlichen Materials neu zu begründen half. 

Es liegt zwar in der Natur einer blofs auf Urkunden, Denkmalen und 
dergleichen beruhenden Forschung, dafs ihre Resultate leicht fragmentarisch 
bleiben, wie auch im vorliegenden Falle der genealogische Zusammenhang der 
in den Urkunden einzeln vorkommenden Grafen von Zollern der ältesten Zeit 
durch diese Untersuchungen noch nicht vollständig festgestellt werden konnte. 
Glücklicher Weise hatjedoch diesem Mangel jetzt ein Überrest alter Geschichts- 
schreibung, den wir hier zum ersten Mal an das Licht treten lassen, in ge- 
wissem Grade abgeholfen. In dem Handschriftenschatze der Universitäts- 
bibliothek zu Giefsen, über den der gelehrte Professor Dr. Otto Kunde 
verbreitete, hat sich eine alte Handschrift auffinden lassen, die einen voll- 
kommen glaubhaften Bericht über die Herkunft des Burggrafen Friedrich I. 
von Nürnberg aus Zollernschem Stamme enthält. Erasmus Sayn von 
Freisingen, der aus verschiedenen historischen Quellenschriften eine 
Sammlung der ihm bemerkenswerth erschienenen historischen Thatsachen 
aus dem Zeitraume von 1100 bis 1316 compilirte, hat dieses werthvolle Frag- 
ment einer wahrscheinlich längst untergegangenen Chronik, die der reichen 
Büchersammlung Freisingens angehören mogte, unserer Zeit als köstliche 
Reliquie aufbewahrt. Wir theilen sie in der Anmerkung 8 des folgenden 
I. Abschnittes dieses Vortrages mit. 

Erasmus Sayn lebte und schrieb zwar erst im 15. Jahrhundert und be- 
handelte die von ihm benutzten Quellen auch nur äufserst mangelhaft. Doch 
kündigt sich seine Genealogie schon durch die auffallende Übereinstimmung 
ihrer Überlieferung mit urkundlichen Angaben, die erst in der neuesten Zeit 
an das Licht getreten sind, als eine Arbeit an, die nicht im 15. Jahrhundert 
entstanden sein kann, sondern einer ältern Aufzeichnung, — wahrscheinlich 
einer Aufzeichnung des dreizehnten Jahrhunderts, worüber ihr Inhalt nicht 
hinausreicht, — entnommen sein mufßs. 

Besonders in Verbindung mit den Urkundensammlungen des Freiherrn 
von Stillfried ist unserer Giefsener oder Freisinger genealogischen Mitthei- 
lung grofser Werth beizumessen. Denn ihr Inhalt wird durch den Inhalt 
jener gleichzeitigen diplomatischen Beläge in keinem Punkte verdächtigt oder 
enikräftet, vielmehr durch alles Bezügliche auffallend bestätigt und also 
gleichsam beglaubigt. Geordnet stellt sie den genealogischen Zusammenhang 


bis gegen das Ende des 13. Jahrhunderts. 15 


zwischen den einzelnen Familiengliedern dar, die in den ältesten Zollern- 
schen Urkunden, meistens nur als Zeugen, ohne alle nähere Angabe ihrer 
Familienverbindung unter einander vorkommen. Andererseits gewährt uns 
der gesammelte Schatz von gleichzeitigen Urkunden einen Blick in die poli- 
tischen Beziehungen, die Besitzverhältnisse und die Thätigkeit der einzelnen 
Glieder des alten Zollernschen Stammes, welchen die Genealogie, die selbige 
nur nach der Reihenfolge ihrer Abkunft gruppirt, ohne ihre Lebensverhältnisse 
weiter zu erörtern, vermissen läfst. In dieser Weise ergänzen sich gegen- 
seitig die Angaben der Genealogie und die gleichzeitigen Urkunden und wird 
es dadurch einer jetzt unternommenen Bearbeitung dieses Stoffes möglich, 
manche Dunkelheit, die auf dem ältesten Theile des Zollernschen Stamm- 
baumes bis jetzt noch ruhte, zu erhellen und manche blofse Vermuthung, 
worauf man die Ahnentafel des Königlichen Hauses gründen mufste, zu be- 


5 
richtigen oder in historische Gewifsheit zu verwandeln. 


I. Die Grafen von Zollern. 


Die Herkunft des edlen gräflichen Geschlechtes, das von der Burg 
Zollern seinen Namen trug, hat man bald von Hego aus dem Römischen 
Hause Colonna (144 n. Christo), bald von Pharamund dem Frankenkönige 
(417 n. Chr.), bald von Isenbard, einem Heerführer Karls des Grofsen, und 
von Thassilo dessen Sohn oder auch wohl von Helden des Trojanischen 
Krieges abgeleitet. 

Bemerkenswerth ist rücksichtlich dieses Sageskreises, der sich um den 
Ursprung der Zollern bewegt, das hohe Alter der Tradition, nach welcher 
ihr Geschlecht aus Römischem Patriciate hervorgegangen sein soll. Denn 
keineswegs ist diese Annahme eine erst auf die Ähnlichkeit der Säule in dem 
Wappen des Hauses Colonna und des Reichszepters im Kurfürstlich Bran- 
denburgischen Wappen gestützte Conjectur (!). Vielmehr wird schon zur 
Zeit des ersten Zollernschen Markgrafen von Brandenburg, der das Reichs- 


(') „— eine Verwandschaft des Brandenburgischen Hauses mit der Familie Colonna — 
für die kein anderer Grund angegeben wird, als die zufällige Ähnlichkeit des Kurfürstlichen 
Scepters in dem Brandenburgischen Wappen mit der Säule in dem Colonnaischen.” 
C. W. v. Lancizolle Gesch. der Bildung des Preuls. Staats I, 98. 


16 Rırver: die Ahnherren des Preufsischen Königshauses 


zepter noch nicht im Wappen führte, diese Annahme in Beziehung auf 
die Zollernschen Burggrafen von Nürnberg als eine damals schon alte 
Tradition erwähnt. Der Papst Martin V., welcher aus dem Hause Colonna 
stammte, bemerkt in einem Schreiben vom Jahre 1421 oder 1422, dafs nach 
alten Schriften und Überlieferungen über das Römische Haus Colonna dieses 
und das Haus der Burggrafen von Nürnberg, welches letztere ebenfalls für 
ein Römisches gehalten werde, aus einer Wurzel entsprofsen sei (?). 

Echten Glanz kann die Geschichte eines Geschlechtes jedoch nur der 
Wahrheit entlehnen und nicht dem täuschenden Schimmer genealogischer 
Mythen, mögen diese immerhin auch ihr eigenthümliches Interesse haben. 
Einer historisch begründeten Zurückführung der Deutschen Adelsgeschlech- 
ter setzt aber das elfte oder zwölfte Jahrhundert eine bestimmte, selten über- 
steigliche Grenze; da es um diese Zeit überhaupt erst üblich wurde, sich 
nach Wohnsitzen zu benennen und dadurch Geschlechter zu unterscheiden 
möglich wird. 

Die ersten (?) in zuverläfsiger Weise erwähnten Männer, die sich von 
der Zollerburg nannten, finden wir in „Burchard und Wezil von Zolorin” 


() — Ex hoc matrimonio declarasti benignitates tue uoluntatis erga Alemannum 
sanguinem, apud quem tam carum et dulce pignus tuum collocare uoluisti. Nos quoque 
cum prosapia nostra de Columna, ex qua carnaliter nati sumus, obstrinxisti uinculo affıni- 
tatis. Nam sicut ab antiquo accepimus, qui pristinam originem nostram per manus tradi- 
tam ab antiquioribus retulerunt, nostra de Columna Romana et presentium Borg- 
grafiorum Nevrenburgensium domus, que etiam Romana fuisse dieitur, ab eodem 
stipite derivate sunt etc. (Ludewig’s Religu manuseript. T. V, 409.) — Worte eines Schrei- 
bens, welches der Papst Martin V. an den König Wladislav von Polen richtet und worin 
er diesem Glück wünscht zu der Verlobung seiner Tochter mit einem Sohne des Kurfürsten 
Friedrich I. von Brandenburg. 


(°) Nach einer in von Lancizolle’s Geschichte der Bildung des Preufs. Staats (I, 100) 
erneueten älteren Notiz käme der erste geschichtlich bekannte Graf von Zollern im J. 1003 
mit dem Namen Friedrich vor, indem eine Urkunde von diesem Jahre den comitatus Fride- 
rici, qui iudicat in Hachingen erwähnt, Hechingen aber uralter Stammbesitz und der Name 
Friedrich durchaus herrschender Name im Zollerschen Hause ist. Indessen ist hiergegen 
schon von Andern mit gutem Grunde bemerkt, dals unter dem hier erwähnten Orte nicht 
Hechingen in der Nähe des Zollerberges, sondern Hächingen in dem alten Sondergau, im 
späteren Hofkastenamte München gemeint sei. G. W. von Raumer in L. v. Ledebur’s Archiv 
B. XVI, S. 338. — Es kommt dann ein Graf Rudolph von Zollern in einem Documente 
vom Jahre 1031 als Zeuge des Kaiser Conrad II. zu Augsburg in der Form „Rudolf comes 
de Zolrn” vor. Es ist dies die schon oft besprochene Zollrolle der Lechbrücke zu Augsburg. 


bis gegen das Ende des 13. Jahrhunderts. 17 


welche im Jahre 1061 in einer nicht näher bezeichneten Art, wahrscheinlich 
im Kriege, getödtet wurden (*). Diese Nachricht gewährt uns ein vollkom- 
men trauwürdiger Schwäbischer Geschichtsschreiber, der zwischen den Jahren 
1073 und 1075 seine Berichterstattungen verfafste und mit den gedachten 
Edlen, derselben Diöcese, dem Stiftssprengel von Constanz angehörte, ihnen 
daher nach der Zeit und nach der Örtlichkeit nahe stand. Die Erwähnung 
des Unglücksfalles bekundet zugleich, dafs der Tod jener Zollernschen Män- 
ner von den Zeitgenossen als ein geschichtlich denkwürdiges Ereignifs be- 
trachtet wurde. 


1. Die Haigerlocher Nebenlinie. 
Beide Edle, Burchard und Wezil von Zollern, die nach spätern Nach- 


richten Brüder waren, — hinterliefsen vermuthlich Nachkommen. Doch 
gewähren uns die Urkunden der Zeit darüber keine Auskunft. Die Reihe 
der Urkunden, welche Glieder des Zollernschen Hauses namhaft machen, 
beginnt erst gegen das Ende des 11. Jahrhunderts und zwar mit der Erwäh- 
nung eines Adelbert von Zollern. Dieser stiftete um das Jahr 1095, an- 
scheinend schon hochbejahrt, in Gemeinschaft mit zwei andern Edlen, auf 
seinem Erbgute Alpirsbach, im wildesten Theile des Schwarzwaldes ein Klo- 
ster. In dieses geistliche Stift zog er sich später selbst aus dem Weltleben 
zurück, um sein Dasein darin zu beschliefsen (°). 


Allein in der Abfassung, worin wir diese Zollrolle nur besitzen und worin auch Stillfried’s 
Monumenta (I, 1.) dieses Document nur mittheilen, ist sie keineswegs der Zeit angehörig, 
welcher sie zugeschrieben wird. Worte und Form weisen auf eine Abfassung oder wenig- 
stens durchgängig veränderte Redaction in einer viel späteren Zeit hin. Wir können daher 
auch dem nur hier erwähnten Grafen Rudolph von Zollern nicht den ersten Platz unter 


den durch unverdächtige Zeugnisse nachgewiesenen Ahnen des Zollernschen Hauses zugestehen. 


(*) Burchardus et Wezil de Zolorin occiduntur. Bertholdi Annales ad a. 1061. bei Pertz 
Seript. V, 272. bei Pistor Script. I, 229. und mit denselben Worten in Hermanni Con- 
tracli chronicon ed. Urstisii p. 338. Nach Bucellin waren es Brüder. Naugart Episc. 
Const. 371. 


(°) Adalbert von Zollern soll 1085 als Zeuge vorkommen. Sattler Topographische Gesch. 
des Herzogth. Würtemberg S. 499. Die Stiftungsurkunden des Klosters Alpirsbach findet 
man in Stillfrieds Mon. Zoll. I, 6-13. Stillfried und Märckers Mon. Zoll. I No. 1 und 12. 
dem neuen Wirtembergischen Urkundenbuche Thl. I. Neugart Cod. dipl. Alemann. I, 843. 
und Besold. Doc. rediv. 251. Die Nachricht dals er selbst im Kl. Alpirsbach als Conventual 


Philos.-histor. Kl. 1854. C 


18 Rırver: die Ahnherren des Preufsischen Königshauses 


Gleich zu Anfang des folgenden Jahrhunderts finden wir indessen 
wieder einen Wezil von Zollern, der im Jahre 1115 als Sohn einer 
Gräfin von Eberstein, in den Jahren 1125 und 1139 als Graf von Hai- 
gerloch bezeichnet wird und zum letzten Male im Jahre 1141 in Gemein- 
schaft mit einem wieder Adelbert genannten Sohne vorkommt (°). Die 
Sitte Söhnen in der Taufe den Namen der Grofsväter, des Vaters oder 
sonstiger älterer Familienglieder beizulegen, war im Mittelalter so herrschend 
und wurde im Zollernschen Hause so strenge beobachtet, dafs man später 
einmal drei Brüder denselben Namen Friedrich führen und diese, da jeder 
im Mittelalter nur einen Taufnamen besafs, hiermit alle sonst durch Namen 
beabsichtigte Unterschiedenheit aufgeben sieht. Fast immer begegnen wir 
daher in den Taufnamen einer Familie, wenn nicht besondere Umstände Ab- 
weichungen veranlafsten, einer wechselnden Wiederholung derselben Tauf- 
namen. Gewifs ist darnach auch im vorliegenden Falle die Vermuthung zu 
rechtfertigen, dafs der im Jahre 1061 gefallene Wezil von Zollern, so wie 
Adelbert von Zollern, der Stifter von Alpirsbach mit dem Wezil von Zol- 
lern, Grafen von Haigerloch des 12. Jahrhunderts und dessen Sohne Adel- 
bert einem und demselben Familienzweige angehörte und dafs diese Per- 
sonen die sogenannte Haigerlochsche Nebenlinie des Hauses Zollern aus- 
machten. 

Indessen diese Nebenlinie führt uns nicht zu der Ahnenreihe hin, in 
welcher die spätern Grafen und Fürsten von Hohenzollern, die Burggrafen 
von Nürnberg, die Kurfürsten von Brandenburg und die Könige von Preu- 
fsen ihre Stammväter zu erblicken haben. Von dem Dasein der Haigerloch- 
schen Linie gebricht es nach der Mitte des 12. Jahrhunderts an jeder sichern 


gelebt und gestorben sei, ist zwar nur aus der spätern Zimmernschen Hauskronik entnommen, 
wird aber durch die zwischen 1125 bis 1127 ausgefertigte erneuete Stiftungs-Urkunde be- 
stätigt, welche erzählt, dals Adelbertus de Zolro seculi actibus renunciaturus praeter 
illa predia, que antea dederat, iterum Deo sanctoque Benedicto prorsus in proprietatem tra- 
didit quiequid in his villis hereditario iure possessum habuit Uzin, Geroltisdorf, Sulzo. Adal- 
bert begab sich also nicht gleich nach der Stiftung des Klosters in dasselbe, aber später falste 
er den Entschluls dem Weltleben zu entsagen und machte nun von Neuem dem Kloster 
eine Schenkung mit Erbgütern. 


(°) Stillfried und Märcker Mon. Zoll. I No. 8. 11. 18. 20 Ders. Hohenzoll. Forschun- 
gen $. 88. 89. 


bis gegen das Ende des 13. Jahrhunderts. 19 


Spur. Sie mufs um diese Zeit erloschen sein, da wir Haigerloch bald her- 
nach im Besitz der Hauptlinie des Zollernschen Hauses wahrnehmen (7). 


2. Die Zollernsche Hauptlinie. 


Der älteste, nach der Freisinger Genealogie jetzt erweisliche Stamm- 
vater dieser Hauptlinie war Graf Burchard von Zollern, der Urgrofsvater 
des ersten Zollernschen Burggrafen, des Burggrafen Friedrich I. von Nürn- 
berg(°). Wir können diesen Burchard nicht für dieselbe Person mit dem 
im Jahre 1061 getödteten Burchard von Zollern halten, sondern müssen in 
ihm einen zweiten Burchard erblicken, dessen Lebenszeit der letzten Hälfte 
des 11. Jahrhunderts angehörte. Doch dürfen wir diesen Burchard I. mit 
grofser Wahrscheinlichkeit als einen Descendenten des im Jahre 1061 ge- 
tödteten Burchard I. betrachten, da der im Hauptzweige des Zollernschen 
Stammes damals vorherrschende Name Burchard noch eine Reihe von Gene- 
rationen hindurch vom Vater auf den ältesten Sohn überging. 

Burchard H. Graf von Zollern, über dessen Lebensverhältnisse wir 
sonst nicht unterrichtet sind, hinterliefs vier Söhne und zwei Töchter (?). Von 


() Johann von Würzburg, der im Anfang des 14. Jahrhunderts dichtete, kennt beide 
Grafen (Burchard und Friedrich) von Zollern-Hohenberg, die den Kreuzzug des Kaisers 
Friedrich I. mitgemacht haben sollen. Den einen nennt er „von Hohenberg”, den andern 


„von Rotenburg grav Czoller, — sein geschlecht man nennet von Hohenberg, von Heyger- 
loch”. Stillfrieds Burggrafen von Nürnberg I, 50. 51. Auch Graf Albrecht von Hohen- 
berg, — der Schwager und Zeitgenosse Rudolphs von Habsburg, — wird von Haigerloch 


genannt und hatte diese Besitzung also gewils inne: „für Hohenberg ist Hayerloch komen” 
sagt Johann von Würzburg. Haupt Zeitschrift I 221. 

(°) Burchardus comes de Zolr genuit quatuor filios et duas filias, Burchardum, Egenonem, 
Friderieum et Gottfridum et matrem palentini de Tuwig et alteram, quam duxit Wernherus 
comes. Burchardus duxit quandam de stahla et genuit ex ea Burchardum et Fridericum co- 
mites de Hohenburch. Gotfridus sine herede decessit. Fridericus genuit Fridericum et 
Perchtholdum. Berchtoldus genuit filiam, que nupsit comiti de sancto monte. Fridericus ge- 
nuit Friderieum puregrauium de Nurnberch. Egeno genuit Egenonem. Supra dictorum 
soror, que nupsit comiti de tuwig, genuit per eum Hugonem palatinum et heinricum de ruke 
et Itam, que nupsit comiti Eberhardo de Nelenburch. Hugo palatinus genuit Rudolphum 
Palatinum. Altera soror supra dietorum, que nupsit Werzihero comiti, genuit per eum Wer- 
nherum eomitem et Itam, que Ita nupsit Dyethalmo de Tokkenburch. Dyetalmus genuit Dye- 
talmum. Mortuo Dyetalmo de Tokkenburch Ita nupsit Gotfrido de Mar. Handschrift 
des Erasmus Sayn de Frisinga. 

(°) Vgl. die Note 8 citirte Freisinger Handschrift. — Gleich aus diesen Nachrichten 
über die Tochter des Grafen Burchard I. tritt die Alterthümlichkeit und Glaubwürdigkeit 


C2 


20 Rızrver: die Ahnherren des Preufsischen Königshauses 


den Töchtern wurde die eine einem Grafen Wernher vermählt und dadurch 
die Mutter eines gleichnamigen Grafen und einer an Diethalm von der Tog- 
genburg, später an Gottfried von Mar vermählten Tochter Ida. Die andere 
Tochter des Grafen Burchard II., namens Gemma, wurde die Gemahlin des 
Grafen Hugo von Tübingen (; c. 1150), die Mutter der Pfalzgrafen Heinrich 


des Autors der Freisinger Genealogie sehr entschieden hervor. Nur dem 12. oder dem An- 
fange des 13. Jahrhunderts entsprach es, den Gemahl der einen Tochter Burchards blofs 
als Grafen Werner ohne Anzeige seines Wohnsitzes oder seines Familiennamens zu nennen. 
Der in zwei Generationen sich wiederholende Name Werner weist uns auf die Familie der 
Grafen von Habsburg zunächst hin. Die beiden Diethalme von der Toggenburg finden wir 
am Ende des 11. und im Anfange des 12. Jahrhunderts oft in Urkunden erwähnt. 

Noch augenfälliger sind die urkundlichen Bestätigungen, welche die Freisinger Genealo- 
gie in den Mittheilungen, die sie über die andere nach Tübingen vermählte Tochter giebt, 
beglaubigen. Pfalzgraf Rudolph von Tübingen nennt im Jahre 1188 den Grafen Burchard 
von Hohenberg seinen consanguineum, indem er eine Urkunde für das Kloster Bebenhausen 
ausfertigt — in presencia consanguineorum nostrorum — comitis B. de Hohenberg (Stälin’s 
Wirt. Gesch. U, 402). Es wird dadurch eine Familienverbindung angezeigt, nach deren 
Ursprunge man bis jetzt vorgeblich geforscht hat. Aus der Freisinger Genealogie erhellt 
nun, dafs Rudolphs Grolsmutter und Burchards Vater Geschwister waren, wonach die Con- 
sanguinität beider als nachgewiesen erscheint. Pfalzgraf Rudolph war der Sohn des im Jahre 
1182 verstorbenen Pfalzgrafen Hugo, der sich nach dem tödlichen Abgange seines bis 1162 
in den Urkunden vorkommenden Bruders Friedrich und seines im Jahre 1167 verstorbenen 
Bruders Heinrich, den die Freisinger Genealogie sehr characteristisch nach einer der erweis- 
lich ältesten Stammbesitzungen des Hauses Tübingen, dem Schlosse Ruck bei Blaubeuren, 
wornach sich Glieder des Tübinger Hauses im 11. und 12. Jahrhundert bisweilen nannten, 
von Rucke nennt, im Alleinbesitz der Pfalzgrafschaft und der Stammgüter seines Hauses be- 
fand. Sein Vater der in Urkunden aus dem Anfange bis um die Mitte des 12. Jahrhunderts 
vorkommt, hiefs ebenfalls Hugo. Es ist bemerkenswerth richtig, dals der Genealog ihn im 
Gegensatz zu seinem Sohne und Enkel, die er Pfalzgrafen nennt, nur als Grafen bezeichnet. 
Auch die Urkunden nennen diesen Hugo, der die Pfalzgrafschaft erwarb, bis gegen sein 
Lebensende nur Grafen von Tübingen. Stälin’s Wirt. Geschichte II, 438. Dieser Hugo 
muls der Gemahl der Zollernschen Gräfin gewesen sein — vielleicht in zweiter Ehe, so dals 
Hugos erstgeborner Sohn nicht ihr Sohn war. Den Namen der Gräfin, welchen der Frei- 
singer Chronist verschweigt, erfahren wir aus der Überlieferung des Klosters Hirschau: 
Gemma comitissa de Tuwingen cum filiis suis Heinrico et Hugone pro iarito suo Hugone 
ad Eickenwiler dedit vnam salicam terram et tres hubas. Codex Hirsaugiensis in der Biblio- 
thek des Lit. Vereins in Stuttgart B. I S. 34. — Im Zwifaltner Necrolog findet sich unter 
dem X Kal. Febr. erwähnt „Hemma comitissa”, wozu der Herausgeber (Hels Mon. Guelf. 
238) bemerkt hat: Videtur illa Comitissa de Tubingen esse, cujus ceu Benefactricis mona- 
sterii Hersaugensis mentionem faeit Tritthem. in Chron. ad a. 1118. Maritus erat Hugo, 
filii Hugo und Heinricus eodem teste. 


bis gegen das Ende des 13. Jahrhunderts. DA 


(+ 1167) und Hugo (+ 1182) von Tübingen und einer an den Grafen Eber- 
hard von Nellenburg vermählten Tochter, die gleichfalls Ida hiefs. Nach 
der gleichen Benennung beider Enkeltöchter läfst sich vermuthen, dafs Ida 
auch der Name der Gattin Burchards II. war. 

Die vier Söhne des Grafen Burchard II. waren Burchard (IIl.), Egeno, 
Friedrich und Gottfried, von denen wir den jüngsten und die beiden ältern 
Brüder Friedrichs I. wohl noch in den Grafen Burchard, Egino und Gott- 
fried von Zollern zu erkennen haben, welche urkundlich um das Jahr 1134 
oder etwas später einer Bestätigung des Klosters Salem beiwohnten ('°). Sie 
erscheinen hier in der gedachten Reihfolge neben einander, zugleich mit 
einem nach Gottfried genannten, daher wohl schon einer jüngern Generation 
angehörigen Grafen Friedrich von Zollern und mit dem Gemahl ihrer Schwe- 
stertochter Grafen Eberhard von Nellenburg. Von den vier Brüdern starb 
jedoch der jüngste, Gottfried, kinderlos. Von dem zweiten der Brüder, Egeno, 
wissen wir nur, dafs er einen wieder Egeno genannten Sohn hatte. Eine 
weitere Nachkommenschaft ist auch von ihm nicht bekannt. Nur Burchard III, 
der älteste, und Friedrich I. der dritte unter den Brüdern, wurden durch ihre 
Nachkommen erweislich die Stifter von zwei neuen Linien, worin sich das 
Haus Zollern durch sie spaltete, und von denen der ältere Zweig später den 
Namen der Grafen von Hohenberg annahm, der jüngere Zweig aber den 
Zollernschen Grafentitel beibehielt. 


a. Der ältere Zweig, die Grafen von Hohenberg. 


Graf Burchard III. von Zollern, war mit einer von Stahla vermählt, 
die ihm die Söhne Burchard (IV.) und Friedrich gebar (?). Am 8. Januar 
1125 zeigt er sich im Gefolge des Königs Heinrich V. in Strafsburg, wo er 
mit dem stammverwandten Grafen Wetzel von Haigerloch, mit seinem Schwa- 
ger Hugo von Tübingen und dem Gemahl seiner Schwestertochter Diethalm 
von Toggenburg einer Bestätigung des Stifts St. Blasien beiwohnte ('!°). Nach 


('°%) Wecelo comes de Hegerlo, Hugo comes de Tuingen, Burchardus comes de Zolre — 
Thiethelmus de Tochenburch, Zeugen in einer Urk. vom 8. Jan. 1125. Dümge Reg. Bad. 
34. — Eberhardus comes de Nellinburc, Burcardus, Egino, Gotfridus, Fridericus comites de 
Zolr — Hugo comes palatinus de Tuwingen — Heinricus comes et Conradus frater suus 
advocatus de Sancto monte — Z. einer nach dem J. 1134 ausgefertigten Urkunde in Mone’s 
Quellensamlung I, 179. Vgl. Stälin am a. O. S. 508. Stillfried n. Märcker Mon. No. 11 
und 16. 


22 Rırveu: die Ahnherren des Preufsischen Königshauses 


einer nochmaligen etwa in das Jahr 1134 fallenden Erwähnung ist dieses 
Burchards dann nicht weiter gedacht. Die ältere Linie der Zollern hielt so 
lange, als Lothar von Sachsen den Königsthron einnahm, sich diesem fern. 
Sobald indefs nach König Lothars Tode der Schwabenherzog Conrad zum 
Reichsoberhaupte erwählt war, erblicken wir unter den zahlreichen jüngern 
Gliedern Schwäbischer Herrengeschlechter, die an seinen Hof eilten, auch 
erst Friedrich, dann Burchard IV., Grafen von Zollern, die Söhne Bur- 
chards III. Schon 1139 erscheint Graf Friedrich neben seinem Oheim Hugo 
von Tübingen in der Umgebung des Königs und zwar am 28. Mai zu Strafs- 
burg, wo die Grolsen des Reiches dem Könige die Heeresfolge gegen die 
wider ihn aufgestandenen Sachsen gelobten, so wie am 14. October zu Grö- 
ningen in der Ausführung dieses Feldzuges. In der Folge wird neben 
Friedrich auch sein Bruder Burchard mehrere Mal am königlichen Hoflager 
genannt (!'). 

Mit dem Tode König Conrads hörte diese nahe Beziehung der Grafen 
Burchard IV. und Friedrich zum Reichsoberhaupte und ihre Erwähnung in 
gleichzeitigen Urkunden für längere Zeit auf. Dagegen waren sie vermuth- 


('') Zu Stralsburg am 28. Mai 1139 — wo jubente rege principes, qui aderant, contra 
Saxones regnum commoventes juraverunt (Schöpflin Zar. Bad. IV, 81) wird unter den 
Zeugen einer für das im Schwarzwalde gelegene Kloster Zell ausgestellten Urkunde Graf 
Friedrich ohne weitere Bezeichnung gedacht. Dals darunter Friedrich von Zollern zu ver- 
stehen sei, scheint nicht zweifelhaft, da wir ihn gleich darnach auf dem beschlossenen Feld- 
zuge nach einer für das Kloster Denkendorf ausgestellten Urkunde vom 14. Oct. 1139 
finden, wo er als Comes Fridericus de Zolro bezeichnet ist und neben dem Grafen Hugo 
von Tübingen genannt ist. Besold. Prodrom. vind. Wirt. 1636. v. Raumer Reg. Br. 168. 
Stälin IL, 500. Stillfried u. Märcker Mon. No. 17. Graf Burchard IV. tritt dann im Jahre 
1140 bei einer Bestätigung des Klosters Gengenbach mit Gottfried von Zimmern als Zeuge 
auf (Comes Burchardus de Zolra, dominus Gotefridus de Zimbern. Stälin’s Wirt. Gesch. II, 
509 Stillfr. und Märcker Mon. Zoll. I, No. 19.) und im Jahre 1142 bei einer feierlichen 
Bestätigung, welche König Konrad IH. am 19. März dem Kloster Salem über eine ihm ge- 
machte Schenkung zu Constanz ertheilte, werden beide Brüder neben einander genannt und 
als Brüder bezeichnet, wiewohl also, dals Friedrichs Name, als des wohl am königlichen Hofe 
schon bekanntern Grafen, gegen die Ordnung des Alters dem Namen Burchards vorgesetzt 
ist (Fridericus comes de Zolren eiusque frater Burchardus — Wernherus comes de habeches- 
burc. Hergott Gen. II, 168 ohne Datum, mit demselben in Stillfr. u. Märcker Mon. Zoll. 
I, No. 21.) Am 24. Sept. 1150 ist Burckardus comes de Zollern zu Langenau anwesend 
bei dem Abschluls eines Tausches zwischen zwei geistl. Stiftern. Stllfried u. Märcker a. a. O. 
No. 23. Stälin a. a. O. 


bis gegen das Ende des 13. Jahrhunderts. 23 


lich die Zollernschen Grafen, welche nach dem Berichte älterer Geschichts- 
schreiber über die Herzöge Welf und Berthold von Zäringen den Pfalzgrafen 
Hugo von Tübingen und den Herzog Friedrich von Schwaben bei Tübingen 
einen glänzenden Sieg erfechten halfen ('*). Im Jahre 1170 tritt Graf Bur- 
chard von Zollern am Hofe Kaiser Friedrichs I. einmal wieder auf, und zwar 
zugleich mit dem HerzogBerthold von Zäringen und mit dem Pfalzgrafen Hugo 
von Tübingen ('?). Doch bald hernach, im Jahre 1175 standen Zollernsche 
Grafen, wobei wohl zunächst nur an die Grafen Burchard IV. und Friedrich 
zu denken ist, mit dem Herzog Berthold von Zäringen wieder in offener 
Fehde (!*). 

Dagegen war es wohl nur ein ungegründeter Argwohn, wornach man 
die Grafen von Zollern beschuldigt hat, mit dem Herzoge Heinrich dem 
Löwen um das Jahr 1180 gegen den Kaiser Friedrich I. Parthei genommen 
zu haben ('’). Um diese Zeit scheinen die Grafen vielmehr dem kaiser- 
lichen Hofe fest verbunden gewesen zu sein. Schon seit dem Jahre 1179 
bis zu Kaiser Friedrichs Tode begegnen sie uns oft wieder am Hofe und im 


(') Stälin a. a. O. S. 98 Guelfo Tubingam obsidens ope Friderici ducis Rotenburgensis 
et cujusdam Zollerensis comitis a Tubigensi palatino profligatus fuit. Crusius Annal. II, 
l. 8 c. 6. Die Hohenzoll. Forschungen, welche diese Stelle hervorheben, halten den Grafen 
Berthold von Zollern für den Gehülfen des Pfalzgrafen. Berthold erscheint aber niemals 
mit diesem in irgend einer Verbindung. Nach dem Anonymus Weingartensis